NAZARETH
beim
"Bang Your Head!!!"-Festival 2007
Balingen, Messegelände
23.06.2007
Eigentlich fängt ja jeder Gig mit dem Soundcheck an, oder? Anstelle des üblichen Monologs erfreute uns hier ein netter Mann mit: "This is Dan McCafferty's microphone, can you hear me? Now comes the most boring sound of rock'n'roll: ooone two, ooone two!" Der Mann hat's erfaßt! Und darf sich den diesjährigen Preis für kreative Checks mit seinem Kollegen vom Vortag teilen, der sich nicht mit unkreativem Zählen sondern mit kreativem Buchstabieren abgab: "ac, ac, dc, dc."
Auf jeden Fall waren die beiden Herren lustiger als der hauptamtliche Ansager, der mit dem Kalauer "Die Herren aus Schottland werden bestimmt nicht mit ihren Hits geizen" vergeblich versuchte zu punkten... Wenigstens hat er nicht mit "Schotten-Rock" angefangen...
Ganz gentlemanlike geht es pünktlich los. Zuerst darf Nesthäkchen Lee Agnew (zarte 36 Jahre, ersetzt seit 1999 den plötzlich verstorbenen Originaldrummer Darrell Sweet) auf die Bühne und zum Dudelsack-vom-Band-Intro trommeln. Danach sein Vater (!) Pete Agnew (noch 60) mitsamt seinem Baß, beide Herren in dezentem Schwarz gehalten. Etwas Farbe kommt dann mit Gitarist Jimmy Murrison (42, seit 1994 dabei - übrigens weil er damals in der damaligen Band von Lee Agnew positiv auffiel...) ins Spiel - weniger wegen seiner blauen Jeans als mit dem knallroten SLAYER-Schriftzug auf dem T-Shirt. Damit hat er zumindest den ersten Achtungserfolg erzielt - und die eventuell folgenden Rufe kann man so auch abfangen... ;-)
Mittlerweile haben wir uns aus dem Intro hinaus - und in den ersten Songs hineingeschlichen und Sänger Dan McCafferty (ebenfalls noch 60) betritt offiziell die Bretter. Seine durchaus alters- aber irgendwie nicht ganz BYH-gerechte Kleidungswahl: strahlend weißes Hemd und graue Stoffhose... Irgendwie scheinen sich aber alle intoleranten Banger verzogen zu haben - oder erliegen sofort dem typisch britischen Altherren-Charme. Sei es die Feststellung "Mein Deutsch ist scheiße" oder die Behauptung "150 years ago, when I was young and beautiful", alle Ansagen zeugen von der Bühnenerfahrung und sind weder zu kurz noch zu lang (was man ja nun wirklich nicht von allen Acts des BYHs behaupten kann *hüstel*).
Zuerst geht es mit vier Songs der Alben »Razamanaz« und »Loud'n'Proud« auf Zeitreise ins Jahr 1973: ›Night Woman‹, ›Razamanaz‹, ›This Flight Tonight‹ (im Original 1971 von Joni Mitchell) und ›Alcatraz‹. Eigentlich haben die Herren da schon gewonnen, setzen dann aber mit dem Jüngling des Sets noch einen drauf: ›Dream On‹ (vom 1982er Album »2XS«) - mit dem kaum älteren, aber unbekannteren und sehr bluesigen ›Holiday‹ (1980: »Malice in Wonderland«) geht die Stimmung allerdings etwas zurück...
Also wieder rein in die Zeitmaschine, Landung 1975, Titelsong »Hair Of The Dog« (Den Songtitel kennt kaum ein Hund, kommt ja schließlich auch im Text nicht vor. Wesentlich bekannter firmiert er unter »Son of a bitch«;-). Und noch eins weiter zur Hitsingle ›Love Hurts‹ (von 1974) - immer wieder schön, wenn sich wildfremde, hartgesottene und geringfügig verdreckte Metaller in den Armen liegen;-)
Den, für ein Festival etwas sonderbar gewählten, Abschluß bildet dann die Hippie-Hymne (Wikipedia.com listet elf Aufnahmen aus den 60ern und elf weitere bis 2006 - das können aber nicht alle sein, da die Autorin dieser Zeilen noch andere besitzt...) ›Morning Dew‹ (1971 von NAZARETH auf ihrem Debutalbum aufgenommen, als Ursprung gilt die 1967 von Tim Rose veröffentlichte Version, der aber wohl seinerseits nur geklaut hat...). Keine Ahnung, ob außer mir noch jemand was mit dem Song anfangen konnte - in meinem Gesichtsfeld war ich jedenfalls die einzige Mitsingerin...
Und wieder einmal haben ein Haufen alter Herren bewiesen, daß sie sich auf einem Metalfestival durchaus gut schlagen können - nicht ganz so glorreich wie seinerzeit COMPANY OF SNAKES oder URIAH HEEP, aber immerhin! ;-)
Photo: Stefan Glas
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