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"Bang Your Head!!!"-Festival 2014

Balingen, Messegelände & Messehalle

10.-12.07.2014

Während im letzten Jahr Mitte Juli tagelang Kaiserwetter auf der schwäbischen Alb herrschte, nistete sich in diesem Jahr eine knappe Woche vor dem Festival eine hartnäckige Regenfront in der Region ein. Diese sorgte zu Beginn der Woche für sintflutartige Niederschläge, deren Auswirkungen zwar am Wochenende immer noch zu spüren waren, doch immerhin legte Petrus zumindest am Freitag diesbezüglich eine Ruhepause ein. Sämtlichen Wetterkapriolen, die den Samstag wie einen ungemütlichen, typischen Apriltag erscheinen ließen und nahezu im Halbstundentakt für veränderte Verhältnisse sorgten, trotzten jedoch mehrere Tausend Metalfans, die sich von derlei "Nebenerscheinungen" selbstredend nicht den Spaß verderben haben lassen. Davon, wie in diversen Lokalmedien in den Tagen danach vermeldet worden war, daß die Veranstaltung am Samstag knapp vor dem Abbruch stand, war im Auditorium allerdings nichts mitzubekommen. Im Gegenteil, die Veranstaltung wurde offenbar mit reichlich Fingerspitzengefühl über die Bühne gebracht und dadurch den Anwesenden einmal als gelungene in Erinnerung bleiben.

Anreisebedingt fällt bei unserem diesjährigen Familienausritt (den wir zum ersten Mal als Quartett bestreiten, da auch der zweitgeborene Sohnemann in diesem Jahr die 12-Jahres-Schallmauer durchbricht) gen Zollernalbkreis zwar die Warm-up-Show in der Messehalle flach, Augen- und Ohrenzeugen berichten am ersten Festivaltag jedoch ausnahmslos Gutes von DYNAMITE, STORMWARRIOR und VICTORY, die durchweg zufriedenstellenden Performances abgeliefert haben. Ganz besonders abgeräumt allerdings scheinen die Herren von GRAVE DIGGER bei der Release-Show für ihr brandaktuelles Scheibchen »Return Of The Reaper« sowie die Schweden-Bomben BULLET zu haben, was auch an der Anzahl an Band-T-Shirts im Publikum nachvollziehbar ist.

Zwar sind zur eigentlichen Eröffnung des Festivals auch davon erst ganz wenige zu sehen, der überschaubaren Anzahl an Frühaufstehern bläst jedoch eine amtliche Brise Thrash Metal entgegen. Auch wenn es nicht alle mitbekommen haben dürften, daß TRAITOR den Opener-Slot sehr kurzfristig aufgrund einer Sehnenscheidenentzündung von WARRANT-Drummer Thomas Rosemann geerbt hatten, können die vier Burschen aus Balingen diesen Auftritt mit Sicherheit als erfolgreich verbuchen. Zu Recht, denn ihr brachialer, aber dennoch wohldosierter Thrash-Mix mit Anleihen an KREATOR und SLAYER erweist sich als idealer Wachmacher und sorgt zudem dafür, daß die ersten Häupter bereits in aller Frühe den Festival-Titel in die Tat umsetzen.

ACCU§ER-Liveshot

Die Anzahl an Zusehern ändert sich jedoch schlagartig als kurz darauf die deutsche Thrash-Institution ACCU§ER ihren akustischen Angriff auf die am frühen Vormittag noch recht dichte Wolkendecke startet. Mit Erfolg, denn zum einen verstehen es Frank Thoms und seien Mitstreiter, sowohl mit Tracks ihrer "neuen" Phase (sprich mit Material, das nach der Reunion von 2009 aufgenommen wurde) ebenso wie mit klassischem Stoff zu überzeugen. Mit einer musikalischen Breitseite nach der anderen gelingt es nicht nur, locker mehr und mehr Banger vor der Bühne zu versammeln, ein Großteil ist sogar schon bereit mitzumachen. Ob die dunklen Wolken aus Angst vor dem zwar merklich gutgelaunten, aber dennoch sehr grimmig ins Mikro röhrenden Thoms die Flucht ergreifen, oder aber die Herren selbst im Himmel für Frohlocken zu sorgen wissen, kann zwar nicht in Erfahrung gebracht werden, Fakt bleibt jedoch, daß der furztrockene und brachiale Sound der Siegener perfekt funktioniert und die Zuseher am Ende des Sets mit der die Wolkendecke durchdringenden Sonne (!) um die Wette strahlen. Daumen hoch!

WARLORD [US]-Liveshot

Auftritte von Kult-Formationen gehören zum "Bang Your Head!!!"-Festival wie schwäbische Maultaschen zur Speisekarte im Restaurant der Messehalle, woran sich selbstredend auch bei der 19. Auflage nichts geändert hat. Zwar sind im Vorfeld durchaus kritische Stimme diesbezüglich zu vernehmen, die dem Veranstalter unterstellen, man würde eben jene Klientel in diesem Jahr ein wenig vernachlässigen, doch die Mehrheit zeigt sich dennoch mehr als nur dankbar, um sich zunächst einmal an den epischen Hymnen der Herren von WARLORD ergötzen zu dürfen. Und die Underground-Legende macht es dem Zuhörer auch nicht sonderlich schwer, ins Geschehen einzusteigen und läßt zunächst die beiden Klassiker ›Lucifer's Hammer‹ und ›Child Of The Damned‹ vom Stapel. Die durch den aus Griechenland stammenden Keyboarder Angelo Vafeiadis (der auch bei ILLUSION mit dabei ist) und den zypriotischen Sänger Nicholas Leptos (der immer noch bei ARRAYAN PATH tätig ist und wohl auch ASTRONOMIKON noch am Laufen hat) inzwischen zur "Multi-Kulti"-Truppe mutierten US-Band beläßt es jedoch keineswegs dabei, sich nur auf die 80er Jahre (auch wenn das dem Motto des Festivals "Back to 80s" entsprechen würde) zu berufen, sondern läßt uns in Folge sowohl Material des von Joacim Cains (HAMMERFALL) eingesungenen 2002er Albums »Rising Out Of The Ashes«, wie auch Stoff vom aktuellen Album »The Holy Empire« stammende Songs (das nach den weiteren Klassikern ›Winter Tears‹ und ›Aliens‹ plazierte ›Kill Zone‹ und den elegischen Schlußakkord ›70.000 Sorrows‹) hören. In Anbetracht der Stimmung die sich trotz der eher atmosphärisch angelegten Klänge im Auditorium bildet, erweist sich ihre Position im Billing als durchaus berechtigt, auch wenn ich bis zum Ende der Meinung bleibe, daß WARLORD in der Halle wohl noch besser zur Geltung gekommen wären. Doch das bleibt der einzige (zugegebenermaßen obendrein sehr subjektive) Grund für Gemecker, ansonsten liefert die Band rund um das immens spielfreudig agierende Bandoberhaupt William Tsamis an der Klampfe einen denkwürdigen Auftritt. Feine Sache!

VAIN [US]-Liveshot

Nicht nur am Firmament regiert inzwischen strahlender Sonnenschein, auch auf und vor der Bühne zeigt das Stimmungsbarometer steil nach oben als die San Francisco-Sleazer-Rock-Ikone VAIN die Bretter entert. Das Quintett präsentiert einen feinen Querschnitt seines Schaffens und weiß dabei sowohl mit Kamellen des 1989er-Debuts »No Respect« zu gefallen wie auch mit Stoff vom immer noch aktuellen Dreher »Enough Rope« aus dem Jahr 2011. Der barfuß über die Bretter tänzelnde Sänger Davy Vain erweist sich nicht nur als Aktivposten und sympathischer Frontmann, sondern auch als routinierter Entertainer, der gegen Ende hin sogar noch darauf hinweist, daß er es war, der einst das DEATH ANGEL-Debut produziert hat und somit auch mit "Evil Metal Guys" umzugehen weiß. Recht hat er, denn gemeckert hat nach dem Auftritt seiner Band niemand.

KISSIN' DYNAMITE-Liveshot

Mit einer gehörigen Portion Sleaze geht es auch weiter, allerdings wirken die Jungspunde von KISSIN' DYNAMITE - allen voran ihr Frontmann Hannes Fuchs - heute mehr als nur übermotiviert. Vor allem was das Posen und die Mitsingspielchen angeht, übertreibt es der Kerl, so daß er zwar sehr wohl für beste Stimmung innerhalb seiner inzwischen mehr als nur beachtlichen Fanschar sorgen kann, sich der "Rest" der Zuseher jedoch zu sehr "animiert" fühlt und die Flucht nach hinten antritt. Was die Setlist betrifft, macht der Fünfer dagegen alles richtig und setzt auf inzwischen etablierte Live-Knaller wie ›She's A Killer‹, › I Will Be King‹ oder ›Money, Sex & Power‹, ehe kurz vor dem Ende noch ›DNA‹, der Opener des im September erscheinenden nächsten Albums mit dem (leider perfekt zur Vorstellung passenden...) Titel »Megalomania« zu hören ist.
Nichts gegen das Selbstvertrauen, mit dem die Schwaben momentan agieren, doch man muß die Jungs wohl demnächst ein wenig bremsen, um nicht komplett abzuheben und dadurch karrieretechnisch einen "Rückschritt" zu tätigen. Wär' schade drum, denn in einigen Jahren könnte man durchaus einen höheren Rang im Billing einnehmen, zu dem dann auch die entsprechende Show paßt.

RIOT V-Liveshot

Als krassen Kontrast zu so viel jugendlichem Überschwang und Posen bis zum Abwinken gibt es danach einen deutlich weniger auf den optischen Aspekt angelegten Auftritt von gestandenen Recken. Noch dazu von solchen, von denen zumindest ich ganz ehrlich überhaupt nicht mehr erwartet hatte, jemals wieder etwas unter diesem Banner zu hören zu bekommen. Doch Mike Flyntz und Don Van Stavern haben sich vor nunmehr knapp zwei Jahren dazu entschieden, das Vermächtnis ihres leider verstorbenen Gitarristen und Band-Oberhauptes Mark Reale unter dem Namen RIOT V zu verwalten. Mit Frank Gilchriest (VIRGIN STEELE) an den Drums, dem zweiten Gitarristen Nick Lee und REVERENCE-Sänger Todd Michael Hall haben die beiden Haudegen kompetente Mitstreiter gefunden. In dieser Besetzung scheint man im Studio bereits länger gut aufeinander abgestimmt zu sein, schließlich weist Todd im Laufe des Sets darauf hin, daß im September ein neues Album - das erste unter dem neuen Banner - erscheinen wird. Davon gibt es zwar im Laufe des Sets leider nichts zu hören, dafür aber jede Menge ausgewählte Klassiker aus dem reichhaltigen RIOT-Repertoire. Vom etwas steif wirkenden, eröffnenden ›Narita‹, über das von den wunderbaren Gitarrenharmonien geprägte ›Angel Eyes‹ und ›Flight Of The Warrior‹ reicht der Reigen bis hin zu ›Swords And Tequilla‹ und dem Finale Grande in Form von ›Thundersteel‹, das zumindest hinsichtlich der Stimmung im Publikum mit offenen Armen empfangen wird. Zum Ende hin also doch noch alles bestens, alles wunderbar? Leider nicht ganz, denn irgendwie wirken die Nummern zwar allesamt technisch einwandfrei, lassen das Flair vergangener Gigs aber dennoch vermissen. Vielleicht liegt es ja am Umstand, daß sich Todd einfach zu sehr bemüht, möglichst perfekt zu klingen, vielleicht aber auch an seiner Nervosität und der mangelnden Erfahrung, die seine Bühnenpräsenz einschränken. Egal, auf zukünftige Darbietungen darf man dennoch bereits neugierig sein, denn auch wenn zu einem perfekten Auftritt heute noch einiges fehlt, ist festzustellen, daß die Freude ob der Existenz dieser Formation überwiegt und RIOT V mit mehr als nur wohlwollendem Applaus bedacht werden.

EXODUS [US, CA]-Liveshot

Immense Vorfreude macht sich auch bei der nächsten Band breit, schließlich war es nicht zu erwarten, daß uns EXODUS in Balingen einen neuen Frontmann präsentieren würden. Doch wenige Wochen vor dem Festival hatte sich die Bay Area-Legende vom seit Anbeginn seiner Zeit im Schoße dieser Band polarisierenden Sänger Rob Dukes getrennt und stapft nun erstmals seit langen Jahren zusammen mit "Neuling" Steve "Zetro" Souza zu den Klängen von ›Bonded By Blood‹ auf die Bretter. An Spielfreude hat es dieser Band zwar ohnehin noch nie gemangelt, dennoch erwecken die Herrschaften rund um den inzwischen zum "Rübezahl" gewordenen Gary Holt einen besonders ambitionierten Eindruck. Inwiefern dieser ihrem Neuzugang zugeschrieben werden kann, ist schwierig zu beurteilen, jegliche Kommentare bezüglich eventuell zu rüder Ansagen oder zu derbem Gehabe gehören jedenfalls definitiv der Vergangenheit an. Der stilvoll im HATRIOT-Shirt auftretende Sänger erweist sich nämlich als das krasse Gegenteil von Rob und weiß mit Reife ("Take care of each other when you start a pit") wie auch mit "Schmäh" (etwa bei der Ankündigung von ›Piranha‹, das "Zetro" mit dem Hinweis "The next song ain't about a tuna-fish and not about a gold-fish" angekündigt) zu überzeugen. Doch nicht nur mit Sympathie wissen EXODUS zu glänzen, auch an der Setlist der Herren gibt es nichts zu meckern, und so erweisen sich die Bay Area-Thrasher mit ihrem "Best Of"-Programm, aus dem für mich eine sensationelle, alles in Grund und Boden stampfende Version von ›Toxic Waltz‹ heraussticht, einmal mehr als eines der absoluten Glanzlichter des Festivals. Auf das zum Ende des Sets in der aktuellen Besetzung angekündigte nächste Studioalbum freue ich mich jetzt schon. Danke, meine Herren!

Michael Schenker's TEMPLE OF ROCK-Liveshot

Während die Anhängerschaft von heftigerer Kost voll auf ihre Kosten gekommen ist, liegt es nun an Michael Schenker und seinem TEMPLE OF ROCK, den Freunden des traditionellen Hard Rock zu Glücksmomenten zu verhelfen. Und dieses Unterfangen gelingt der deutschen Gitarren-Ikone auch von Beginn an. Nicht zuletzt deshalb, weil der Klassiker ›Doctor, Doctor‹ als Set-Opener schon die halbe Miete ist und für Partystimmung par excellence sorgt. Doch der Meister und seine "Templer" Francis Buchholz, Herman Rarebell, Wayne Findlay und Doogie White belassen es keineswegs dabei, nur auf Klassiker zu setzen, sondern wissen mit ›Where The Wild Wind Blows‹ und dem Ronnie James Dio gewidmeten ›Before The Devil Knows You're Dead‹ auch Songs zu präsentieren, die erst unter dem aktuellen Banner entstanden sind. Logischerweise ist allerdings bei Klassikern wie ›Armed And Ready‹ oder ›Rock You Like A Hurricane‹ (in dem sich Herman als "Hermanimator" der Sonderklasse erweist!) sowie dem finalen, von einem wunderschönen Solo des Meister garnierten ›Rock Bottom‹ die Stimmung am besten, und so kommt es, daß sich die Truppe spätestens mit dem besagten Abschluß in tosendem Applaus suhlen darf. Gelungener Auftritt einer Formation, die ich mir mit einem solchen Programm problemlos auch an noch viel höherer Position im Billing vorstellen hätte können!

Sebastian Bach-Liveshot

Ehe es mit dem nächsten deutschen Gitarrenhero weitergeht, darf erst noch ein ›American Metalhead‹ auf die Bretter und dieser, so ist schon auf den ersten Eindruck im nun sehr dicht gedrängten Platz unmittelbar vor der Bühne zu erkennen, zieht die Damenwelt immer noch magisch an. Nachvollziehbar, denn von seinem Charisma und seiner Anziehungskraft hat Sebastian Bach nichts eingebüßt. Allerdings muß man sehr wohl anmerken, daß sich diverse SKID ROW-Classics wie ›Big Guns‹, ›18 And Life‹ oder ›Monkey Business‹ auch schon mal besser und weniger "gekreischt" angehört haben. Zwar hat der gebürtige Kanadier, der im Posen immer noch einer der ganz großen Meister aller Klassen ist, nicht an Stimmvolumen verloren, warum er allerdings seine "Szene-Zugehörigkeit" durch den Einsatz seiner krampfhaft aggressiven Stimme (die dabei mitunter sogar Schiffbruch erleidet...) unter Beweis zu stellen versucht, darf man durchaus hinterfragen. Dem Großteil des Publikums ist das aber völlig egal, denn anhand der Stimmung, die er mit seinen Entertainer-Qualitäten (die ihn in seiner Euphorie sogar dazu verleiten, sich als Huldigung an Deutschland an kurzen Intonation von ›Balls To The Wall‹ und des berühmten ›Fast As A Shark‹-Intros zu versuchen) immer wieder an den Siedepunkt bringt, läßt sich auch aus der Ferne nachvollziehen, daß hier ein uneingeschränkt beliebter Künstler auf den Brettern steht.

EVOCATION [S]-Liveshot

Kurz nach dem Ende des Sets von Sebastian Bach startet das mittlerweile etablierte "Parallel-Programm", zu dem sich auch in diesem Jahr - neben unzähligen Kurzbesuchern - eine gehörige Schar an Stammgästen in der "Messehalle" einfindet. Die Idee, den Anwesenden dabei eine Alternative zum Geschehen auf der Hauptbühne zu bieten, geht erneut auf, so gibt es am Festivalfreitag dreimal Death Metal der deftigen Sorte um die Ohren geballert. Den Einstieg liefern die Schweden EVOCATION, die ihre Tracks mit reichlich Dynamik darbieten und ihren irgendwo in der Grauzone zwischen den "Schulen" Stockholms und Göteborgs anzusiedelnden Sound sowohl mit Wucht aber auch mit feinen Melodien kredenzen. Diese Mischung kommt von Anfang an ebenso gut bei den Zusehern an wie die quirlige Art und Weise mit der Sänger Tjompe über die Bretter stampft.

GRAVE [S, Stockholm]-Liveshot

Mit weniger Melodien, dafür um so dreckiger gehen danach die Sverige-Urgesteine GRAVE zu Werke, deren Set ebenso ganz im Zeichen der "alten Schule" steht, auch wenn die Band "erst" 1991 debütierte. Zeremonienmeister Ola Lindgren und seine Mannen lassen es aber nicht nur gehörig rumpeln, sondern zeigen sich zudem auch von einer besonders spielfreudigen Seite. Allen voran der spindeldürre Bassist Tobias Cristiansson, der förmlich über die Bühne fliegt. Allerdings muß man sich bei ihm durchaus Gedanken machen, ob er es mit Musik tatsächlich auf sein "tägliches Brot" bringt. Immerhin macht aber die Tatsache, daß er auch bei den Classic-Rock/Metal-Durchstarter THE DAGGER aktiv ist, Hoffnung, daß uns der arme Kerl nicht demnächst verhungert.

Diesbezüglich weniger Sorgen muß man sich um Gord Kirchin machen, der immer noch den Piledriver gibt und die Truppe seit bald zehn Jahren unter dem "neuen" Banner THE EXALTED PILEDRIVER am Start hat. Das in erster Linie auf den optischen Aspekt angelegte Geschehen in der Halle verfolgen zwar einige Hundertschaften, der rauhe wie krude Mix aus derbem Power und wenig melodischem Thrash Metal trifft aber nach wie vor ganz offensichtlich nicht jedermanns Geschmack, weshalb wir uns auch vom Gelände verabschieden.

Da sich Death Metal als "Rahmenprogramm" erneut als gewinnbringend erweist, steigt die Vorfreude der Zuseher wohl in Anbetracht der Tatsache, daß es einem anderen Szene-Urgestein vorbehalten ist den ersten Festivaltag spät in der Nacht zu beenden, noch weiter. Zu recht, denn kein Geringerer als Martin Schirenc gibt sich die Ehre und kredenzt mit seinen Komparsen einige erlesene Kompositionen aus dem reichhaltigen Fundus von PUNGENT STENCH. Zwar darf Martin aus rechtlichen Gründen nicht den ursprünglichen Bandnamen verwenden, dennoch ist von Anfang an klar, was den Zuhörer von diesem Trio, das unter dem Banner Schirenc PLAYS PUNGENT STENCH in diesem Festivalsommer durch halb Europa gondeln darf, zu erwarten ist. Klaro, Old School-Death Metal der derbsten Manier. Der soll Augenzeugen zur Folge auch mit dem für den Chef typischen Wiener Schmäh dargeboten worden sein und selbst zu schlaftrunkener Uhrzeit noch für Beifall gesorgt haben. Ob es tatsächlich viele der drei Stunden vor der Hauptbühne ausharrenden Gestalten in die Halle zu Meister Schirenc verschlagen hat, weiß ich zwar nicht, sehr wohl jedoch, daß man im Verlauf des Auftrittes des Freitags-Headliners durch die Bank glückliche Gesichter zu sehen bekommt.

Axel Rudi Pell-Liveshot: STEELER-Reunion

Absolut berechtigt, denn es ist bei Gott nicht bloß einer der bewährten Auftritte des ARP genannten Unternehmens, den es an diesem Tag zu sehen gibt, sondern sehr viel mehr. Aus Anlaß seines 25-jährigen Bühnenjubiläums hat Axel Rudi Pell zunächst einmal seinen früheren Kollegen von STEELER flottgemacht. So bringen die Herrschaften, angeführt vom damaligen Frontmann Peter Burtz, zunächst einmal einige Tracks jener Schaffensperiode zur Aufführung. Den Opener ›Call Her Princess‹ kennt der langjährige Pell-Fan zwar noch aus der Frühzeit des "Solo-Programms" von Axel Rudi, mit ›Night After Night‹ oder auch ›Undercover Animal‹ wird der hungrigen Meute allerdings auch Kost serviert, die man - wenn überhaupt - schon seit knapp dreißig Jahren nicht mehr zu Ohren bekommen hat. Nette Geschichte, auch wenn ich persönlich der Meinung bin, man hätte den STEELER-Block durchaus auch in der Mitte des Sets oder noch später bringen können.

Axel Rudi Pell-Liveshot: mit Gast Ronnie Atkins

Aber egal, Moderator "Harry" (bekannt aus der Fernsehserie "Toto & Harry" und ein Kumpel von Axel seit Kindheitstagen) kommt aus den Superlativen bei den Ansagen ohnehin nicht heraus, denn als nächstes sind ARP ohne Jonny Gioeli am Start, der von seinen Vorgängern Rob Rock für ›Nasty Reputation‹ und Jeff Scott Soto für ›Warrior‹ und ›Fool, Fool‹ vertreten wird. Klar, daß die Stimmung längst dem Anlaß entsprechend auf "Party" ausgerichtet ist, so daß sich Axel und seine Mannschaft danach mühelos auf ihr "reguläres" Programm konzentrieren können. Dieses enthält zunächst neben dem showtechnisch durch etliche Feuersäulen umgesetzte ›Burning Chains‹, das intensive und die Stimmung weiter anschwellen lassende ›Long Way To Go‹ sowie das doch ein wenig zu sehr in die Länge gedehnte ›Strong As A Rock‹. Es folgt zunächst die hinreißende Version des Neil Young-Klassikers ›Hey, Hey, My My‹ mit einer Gioeli-Glanzleistung, und auch ›Mystica‹ darf nicht fehlen, wobei die an sich übliche Integration des DEEP PURPLE-Klassikers ›Mistreated‹ im Mittelteil heute leider nicht zu hören ist. Doch das stört zu diesem Zeitpunkt kaum jemanden, zumal nach dem ebenfalls zu lange ausgeführten ›Into The Storm‹ als letzter Teil des Auftritts der Party-Faktor nochmals drastisch erhöht wird und die angekündigten "Friends" nach und nach auf die Bretter gebeten werden, um zusammen mit Axel diverse Klassiker der Rockgeschichte darzubieten. Zunächst gibt es jedoch noch den (zeitlich wie auch vom technischen Aufwand her übertrieben dimensionierten) ›Drum Battle‹ zu verfolgen, den Bobby Rondinelli und Vinny Appice austragen, ehe das Geschehen (ohne unser Beisein wohlgemerkt, da sich die Strapazen des ersten Festivaltages irgendwann doch einmal auswirken - ihr wißt ja, das Alter (beziehungsweise die "Jugend" der Kids...) ) mit Klassikern der Rock-Geschichte von ›Since You've Been Gone‹ (mit Graham Bonnet am Mikro), über ›Long Live Rock'n'Roll‹ und dem Finale ›Smoke On The Water‹ ein umjubeltes Ende nimmt. Als Fazit läßt sich festhalten, daß man sich die Frage nach der Kompetenz des Herrn Axel Rudi Pell als Headliner absolut nicht stellen muß, denn was die Show als Gesamtpaket betrifft, kann man wohl nicht viel besser machen, auch wenn ich persönlich das Programm anders aufgebaut hätte und mir einige Songs mehr im "regulären" Set gewünscht hätte, als einige davon zu sehr "auszuufern" zu lassen. Aber egal, die Zuseher haben die Party genossen, und auch die Musiker selbst scheinen mehr als zufrieden gewesen zu sein.

Axel Rudi Pell-Liveshot: mit Ex-Sänger Jeff Scott Soto

Während es Petrus am Freitag noch gut mit dem Festival gemeint hat, zeigt sich der alte Knacker am zweiten Tag von einer wankelmütigen und "unrunden" Seite und läßt es immer wieder mal mehr oder weniger heftig über das Publikum regnen. Dazu kommen mehrfach heftige Sturmböen auf, weshalb im Laufe des Tages aus Sicherheitsgründen die beiden riesigen Banner an den Bühnen-Seiten eingefahren werden. Daß davon bei aller Gefahr, die eigentlich allgegenwärtig ist, dennoch kaum etwas auf das sich im Laufe des Tages gehörig "vermehrende" Publikum überträgt, spricht für die Crew, die bis zum Ende alles im Griff hat und trotz teils widriger Umstände einen einwandfreien Ablauf gewährleistet. Respekt!

MORE2012-Liveshot

Den Startschuß in den Samstag liefern MORE, genauer gesagt MORE2012, wie sich die Band seit ihrem Comeback nennt und wie auch auf dem Backdrop zu lesen ist. Sollte es etwas mit einem "Konzept" oder einem "Versuch" zu tun haben, anstelle einer unbekannten Formation auf einen zumindest einigermaßen bekannten Namen als Opener zu setzen, muß man dem Veranstalter zu dieser Entscheidung gratulieren, denn im Vergleich zu unzähligen anderen Festivals tummeln sich trotz düsterem, unwirtlichem Wetter (und noch unfreundlicheren Vorhersagen) - schon mehrere hundert Banger vor der Bühne, um sich von den Songs der NWoBHM-Legende ein feines akustisches Frühstück servieren zu lassen. Daß die Herren nunmehr mit Chris Tsangarides sogar einen ganz großen Namen im Line-up haben, läßt sich zwar gut vermarkten, an der Tatsache, daß mit Bassist Baz Nichols lediglich ein einziger alter Recke mit von der Partie ist, ändert das jedoch nichts. An der gelungenen Umsetzung von erlesenem 80er Stoff wie dem vom Debut »Warhead« stammenden Ohrwurm ›We Are The Band‹ gibt es aber trotzdem nichts zu meckern und allen voran Sänger Mike Freeland weiß, sich ordentlich ins Zeug zu schmeißen, sich aber auch immer wieder in Form eines typischen britischen Gentlemans zu bedanken. Mit dem PRIEST-Classic ›Touch Of Evil‹ kredenzt man zudem noch einen Coversong einer von Chris produzierten Formation, der sich perfekt einfügt und für zusätzliche Stimmung sorgt. Ein Einstieg nach Maß!

HIRAX-Liveshot

Mit einer deftigen Dosis Thrash Metal geht es danach weiter, wobei sich einmal mehr die Frage stellt, weshalb es HIRAX nach all den Jahren immer noch nicht gelingen konnte, zu einer größeren Nummer zu werden. Der anwesenden Bangerschaft jedenfalls mundet der rohe und ungehobelte Vortrag des Quartetts auf jeden Fall, und selbst bis dato kaum mit dem Material der Männer rund um Katon De Pena vertraute Zuseher wissen, die hingebungsvolle Art und Weise des Vierers zu goutieren. Darüber hinaus muß einmal mehr festgehalten werden, daß die Band einen der begnadetsten Entertainer im Metal-Business überhaupt in ihren Reihen hat und Katon sich jeglichen Applaus durch seine wuselige, umtriebige Art, die Zuseher anzuheizen, auch redlich verdient. So kommt es, daß HIRAX für ihren Auftritt, im Zuge dessen man sowohl Tracks des aktuellen Drehers ›Immortal Legacy« (›Black Smoke‹ knallt live ohne Ende!), aber auch älteres Material (unter anderem: ›Hostile Territory‹ von »The New Age Of Terror« aus dem Jahr 2004) mehr als nur wohlwollenden Applaus ernten dürfen. Zusätzliche Sympathie-Punkte können die Herren aber auch noch Stunden nach ihrem Auftritt einfahren, schließlich sieht man die Band immer wieder irgendwo im "Getümmel", um sich bei Zusehern persönlich zu bedanken und für Small Talk zur Verfügung zu stehen. Ihre offenbar noch vor Ort vereinbarte Verpflichtung für das 2015er Festival hat sich diese Band wirklich verdient!

MAD MAX [D]-Liveshot

Das Stimmungslevel der quirligen Amis können MAD MAX logischerweise nicht halten, dennoch zieht es nicht gerade wenige Zuseher vor die Bühne, um Michael Voss und seiner Mannschaft zuzujubeln. Der Einstieg mit ›Burning The Stage‹ gelingt nach Maß, und auch ›Night Of Passion‹ und ›Rollin' Thunder‹ kommen mit ordentlich Schmackes von den Brettern und sorgen nicht nur für beste Stimmung, sondern lassen uns auch das eigentliche Festivalmotto mit Nachdruck verspüren. Dennoch müssen MAD MAX schon nach relativ kurzer Zeit eine regelrechte "Flucht" der Zuschauer in Kauf nehmen. Schuld daran trägt jedoch keineswegs die Band, sondern plötzlich einsetzender Starkregen, der dafür sorgt, daß sowohl die Halle wie auch das Schattenzelt kurzfristig aus allen Nähten zu platzen drohen. Dadurch ist die Stimmung klarerweise futsch und kann von der engagiert agierenden Band leider erst zum Ende mit der SWEET-Coverversion ›Fox On The Run‹ wieder halbwegs erreicht werden. Schade für Michael Voss und Co., die sich deutlich mehr Zuspruch und Aufmerksamkeit verdienten hätten. Unbeantwortet und rätselhaft bleibt für mich einzig der Grund, warum Michael Voss auf einem Festival in Deutschland ausschließlich in englischer Sprache mit dem Publikum kommuniziert.

EKTOMORF-Liveshot

Nach dem perfekt zum Festival passenden traditionellem Hard Rock der "Mäxe" gibt es ein Experiment mit zu verfolgen. Ob der moderne Sound des ungarischen Thrash/Groove-Abriss-Kommandos EKTOMORF vom Publikum auch tatsächlich angenommen wird, konnte man nämlich einfach nicht voraussagen. Doch schon nach wenigen Tracks läßt sich ganz im Sinne von Doc Brown aus "Zurück in die Zukunft" ein lautes "Es funktioniert!" herausbrüllen, denn das Quartett schafft es, für gehörigen Trubel am Gelände zu sorgen. Zwar darf man durchaus festhalten, daß die Wortwahl von Fronter Zoltan Farkas bei seinen Ansagen schon langsam "überholungsbedürftig" ist, schließlich nimmt man dem Kerl seine Attitüde auch bei einer Reduktion des "F-Wortes" um gefühlte 90 Prozent immer noch ab. Daß er sich sogar die Aufforderungen zum Mithüpfen im Verlauf des Sets sparen hätte können, ist jedoch nicht wirklich abzusehen und kommt zumindest für mich mehr als nur überraschend. Doch die anwesenden Zuseher erweisen sich nicht nur als geübte Banger, sie erweisen sich auch als "Gummibälle" der Sonderklasse und kommen der Aufforderung bis zum Ende hin immer wieder nach. Die intensivsten Reaktionen erhalten die Burschen auf das vom aktuellen Dreher »Retribution« stammende ›Numb And Sick‹, sowie die von SLAYER inspirierte (und von den Amis ebenso intonierte) VERBAL ABUSE-Nummer ›I Hate You‹, auch wenn Zoltan und seinen Kollegen das genaue Gegenteil entgegengebracht wird. Kurzum: Experiment geglückt!

Rob Rock-Liveshot

Zur Mittagszeit erhält das Auditorium dann die Möglichkeit, die zuvor malträtierten Gebeine wieder zur Ruhe kommen zu lassen und sich in erlesenem Melodic Metal zu suhlen. Rob Rock und seine Mannen, allen voran der permanent grinsende NARNIA-Klampfer C.J. Grimmark, kredenzen ein diesbezüglich sehr gediegenes Programm, das auf der einen Seite offenbar selbst Petrus frohgemut stimmt und für - wenn auch nur dezente - Auflockerung sorgt, noch vielmehr aber bis in den hintersten Teil des Geländes goutiert wird. Kein Wunder, Elaborate wie ›Slayer Of Souls‹ wissen, mit einprägsamen Refrains sofort zu zünden, und lassen sich selbst bei vorheriger Unkenntnis schon sehr bald mitsingen. Die spielfreudige schwedisch/amerikanische Liaison weiß das selbstredend zu schätzen und gibt permanent Vollgas, wobei sich Rob mehrfach auch als Animateur der Extraklasse erweist. Mit dem an den Schluß gestellten ›The Sun Will Rise Again‹ hat man zudem eine der Hymnen des diesjährigen Festivals schlechthin im Talon, auch wenn der alte Knacker ober uns in just diesem Moment leider nicht wirklich zugehört haben dürfte...

STRYPER-Liveshot

Das Echo auf die Verpflichtung von STRYPER hatte schon im Vorfeld klargemacht, daß man diesem Auftritt besonders entgegenfiebert. Nicht zuletzt deshalb, weil man die Amis in Europa bis dato nur ganz selten zu sehen bekommen hat. Zwar vernimmt man durchaus auch Skepsis, doch diese ist völlig unbegründet, zumal man den Herrschaften von Beginn an anmerkt, daß sie ihre Sache sehr ernstnehmen und sich voll ins Zeug legen. Da die gelb-schwarz gestreiften Outfits ebenso der Vergangenheit angehören (einzig die Instrumente sind nach wie vor in den "Vereinsfarben" gehalten) wie das Verteilen von Bibeln ins Publikum (geworfen wird zwar immer noch, Michael Sweet beläßt aber dabei, die Fans mit zig Plektren zu beglücken), haben sich STRYPER in gewisser Weise ohnehin selbst auf die Musik an sich reduziert, und an dieser gibt es auch nichts zu meckern. Der Vortrag besteht aus klassischem STRYPER-Material, wobei erwartungsgemäß die seinerzeitigen Hits ›Calling On You‹ und ›Soldiers Under Command‹ auch anno 2014 für Euphorie sorgen. Das Quartett hat sichtlich Spaß an der Arbeit, erweist sich als ordentlich rockende Hard Rock-Band und hinterläßt mit dem Schlußakkord ›To Hell With The Devil‹ ein mehr als nur zufriedenes Auditorium.

OBITUARY-Liveshot

Man könnte fast schon von Frevel sprechen, daß mit OBITUARY ausgerechnet die einzige Death Metal-Band am heutigen Festivaltag als nächstes an der Reihe ist. Doch diese Herrschaften aus Florida haben sich noch um ein Image geschert, weshalb der Fünfer einmal mehr nicht lange fackelt und einzig das macht, wofür er bekannt ist; und so bekommt Balingen Todesmörtel der ganz alten Schule im typischen OBITUARY-Groove geboten. Der Auftritt wirkt in jeder Weise wie aus einem (leider sprichwörtlichen...) Guß und besteht zum Großteil aus uralten Tracks, ehe uns die Band mit ›Slowly We Rot‹ ein bebendes Ende bereitet. Nicht wirklich angesprochen davon scheint man sich jedoch "ober uns" zu fühlen, setzt doch immer wieder mehr oder weniger heftiger Schauer ein. Der Band jedoch scheint der Regen in etwa so nahezutreten wie die Ohren der Zuseher, lassen es die Burschen doch bis zum Ende hin gnadenlos brutal grooven und L.A.U.T. dröhnen. Uuuaaarrgghhh!

UNISONIC-Liveshot

Während Freunde gemäßigter Klänge dem Geschehen auf den Brettern zuvor noch bevorzugt aus der Distanz folgten, sind es nun speziell jene, die nun die "Flucht nach vorne" antreten, so daß schon beim Intro von UNISONIC ziemliches Gedränge im Bereich vor und hinter dem Wellenbrecher herrscht. Daß sich dabei pure Schaulust mit hoher Erwartungshaltung mischt, ist nachvollziehbar, auch weil die für ihr Debut weltweit hochgeschätzte Band immer noch als Rarität auf hiesigen Bühnen gilt. Hinsichtlich der Setlist kann man den Herrschaften auch keinen Vorwurf machen, schließlich kredenzen Michael Kiske, Kai Hansen, Dennis Ward, Kosta Zafiriou und Mandy Meyer neben einigen Songs ihres Debuts (unter anderem ›Unisonic‹, ›Starrider‹ und ›My Sanctuary‹) mit ›For The Kingdom‹ auch einen Ausblick auf das am 1. August erscheinende zweite Album. Dem nicht genug, läßt man Balingen auch an der gemeinsamen HELLOWEEN-Vergangenheit von Kiske und Hansen teilhaben und zaubert mit ›March Of Time‹ und Rausschmeißer ›I Want Out‹ zwei Nummern aus dem Hut, mit denen nicht unbedingt zu rechnen ist. Daß man damit in der Heimat abgefeiert wird, ist logisch und aufgrund der einwandfreien musikalischen Darbietung auch berechtigt. Zum absoluten Oberhammer wird der Auftritt aber leider dennoch nicht, lassen UNISONIC für mein Dafürhalten doch den "Entertainment-Faktor" schmerzlich vermissen. Vor allem Michael Kiske wirkt den Großteil der Spielzeit eher so, als ob er einen Job zu erledigen hätte und dabei auch konzentriert bei der Sache wäre, ein motivierter, kommunikationsfreudiger Frontmann mit Spaß an der Sache kommt aber deutlich anders rüber. Da hilft es auch nicht viel, daß seine Mitstreiter - allen voran ein permanent in Bewegung befindlicher Kai Hansen – wissen, wie man rockt. Schade um die Chance, da wäre noch viel mehr möglich gewesen!

ANTHRAX-Liveshot

Mit ANTHRAX steht danach jene Band auf den Brettern, die von nicht gerade wenigen Zusehern als "heimlicher" Headliner angesehen wird. Wenig verwunderlich also, daß Balingen die Herrschaften überaus euphorisch in Empfang nimmt, als sie mit ›Among The Living‹ ins Geschehen einsteigt. Angeführt von einem überaus agilen und bewegungsfreudigen Joey Belladonna liefert die Truppe ein ausgewogenes "Best Of"-Programm, das neben ›Caught In A Mosh‹ und ›Indians‹ auch die längst zum Inventar zählenden Coverversionen ›Got The Time‹ und ›Antisocial‹ enthält. An Spielfreude wie auch an Kommunikationsbereitschaft mangelt es den Herren nicht, allerdings dröhnt der Sound zu Beginn des Sets dermaßen laut und übertrieben bass-lastig aus den Boxen, daß einige Fans die Flucht nach hinten antreten, um die Show auch akustisch "genießen" zu können. Ähnlich wie bei ICED EARTH im vorigen Jahr hinterlassen ANTHRAX dadurch geteilte Meinungen, wobei diese in jedoch nicht ganz so kraß ausfallen und man ANTHRAX als "unhörbar" bezeichnet. Zusätzliche Sympathiepunkte können die Herren zwar auch noch einfahren, als sie ›In The End‹ an Ronnie James Dio und Dimebag Darrell widmen und dabei riesige Banner mit Photos der beiden verblichenen Ikonen auf der Bühne plazieren, der von vielen erwartete Total-Abräumer-Set wird der Auftritt der NY-Legende aber leider dennoch nicht, zumal auch Joey gegen Ende hin nicht mehr ganz die Agilität des Beginns auf die Bretter bringt und er zudem leider einfach nicht mit dem Charisma und der Ausstrahlung eines John Bush gesegnet ist.

ATLANTEAN KODEX-Liveshot

Bevor die Schweden EUROPE ihren Co-Headliner-Set beginnen, geht es selbstredend in die Halle, schließlich haben ATLANTEAN KODEX die Ehre den Startschuß am "Nebenschauplatz" am Samstag zu geben. Etwas enttäuscht kommt für mich persönlich zwar, daß sich nicht mehr Zuseher in den Metall-Komplex begeben, um den Bayern zuzusehen, doch die paar Hundertschaften, die sich vor der Bühne versammeln, huldigen dem Quintett dafür um so mehr. Nachvollziehbar, schließlich erweist sich der Fünfer in Sachen Setlist als gewieft und eröffnet den Reigen mit ›Enthroned In Clouds And Fire‹ vom im letzten Jahr veröffentlichten Oberhammer-Album »The White Goddess« und besagte BATHORY-Huldigung ist nicht nur einer der eingängigsten Tracks des erwähnten Scheibchens, auch an Intensität ist diese Nummer kaum zu übertreffen. Der Fünfer wirkt zudem höchst motiviert und agiert mit einer Hingabe, die ihresgleichen sucht. Während Bassist Florian Kreuzer den gesamten Set im Hintergrund bleibt und den Eindruck erweckt, als ob er sich gemeinsam mit Drummer Mario Weiss auf einem Trip befinden würde, um die exzellente Rhythmus-Basis für all die epischen Wundertüten zu kreieren, hat man bei den Gitarristen Manuel Trummer und Michael Koch von Anfang den Eindruck, sie würden förmlich mit ihren Instrumenten fusionieren. Kurzum, ATLANTEAN KODEX leben ihre Musik zu jeder Sekunde, und genau das ist auch vor der Bühne zu spüren! Selbstredend läßt auch Sänger Markus Becker (der mir im Verlauf des Wochenendes mehrfach irgendwo im Auditorium auffällt und seine Jeans-Jacke mit MANILLA ROAD-Rückenaufnäher auch auf der Bühne trägt - noch Fragen?) keinen Zweifel daran aufkommen, daß er in seiner Funktion voll und ganz aufgeht, auch weil er kein Hehl daraus macht, wie nahe ihm die Fangesänge, die zum Teil weit über die Refrains hinausgehen, gehen. Aber nicht nur du hast Gänsehaut, Markus, auch wir und zwar eine zentimeterdicke!
Durch die geschmackvolle, wenn auch eher unspektakuläre Lichtshow (zugegeben, mein ATLANTEAN KODEX-Debut bei ihrem ersten Wien-Gig im April war diesbezüglich leider alles andere als optimal und ist von daher kaum als Vergleich brauchbar...) gedeihen die vom bereits erwähnten 2013er Monumental-Epos stammenden Perlen ›Sol Invictus‹ und ›Heresiarch‹, wie auch ›Pilgrim‹ und ›A Prophet In The Forest‹ vom Debutalbum »The Golden Bough« sogar noch ein wenig intensiver als auf Konserve. Sensationell! Bleibt als Fazit nur die Band selbst zu zitieren, die mit ihrem (als Finale gemeinsam mit den Fans zelebrierten) Signature-Song den Nagel auf den Kopf trifft, in dem sie folgende Zeilen zum besten gibt:

Heed to the - Atlantean Kodex
Kneel before - Atlantean Kodex
Bow your head - Atlantean Kodex

Danke, und bis zum nächsten Mal!

EUROPE-Liveshot

Zwar versäume ich dadurch den Großteil des Auftritts von EUROPE, die knappe halbe Stunde, der ich noch beiwohne, läßt aber erkennen, daß die Herren rund um Joey Tempest zuvor beste Arbeit verrichtet haben. Und nicht nur meine Familie ist bei unserem "Wiedersehen" in bester Stimmung, die Songs der Schweden reißen das gesamte Freigelände mit. Interessant ist für mich zudem, daß sich scheinbar erst kurz vor dem Ende des Festivals auch wirklich alle Besucher am Gelände tummeln - Leute, wo seid Ihr gewesen? Oder liegt es tatsächlich an EUROPE? Wenn ja, Respekt! Aber egal, der Fünfer hat heute die absolut richtige Mixtur am Start und kredenzt jede Menge 80er-Klassiker (unter anderem ›Rock The Night‹ inklusive einem kurzen ›Rock You Like A Hurricane‹-Zitat und Mitsingteil) wie auch neuere Tracks (vor allem ›Last Look At Eden‹ kurz vor dem Ende erweist sich als echte Festivalhymne!) am Start und gibt bis zum Ende hin Vollgas. Wer diese Band immer noch auf diesen einen Welthit reduziert, tut den Herrschaften zwar verdammt unrecht, weglassen werden EUROPE ›The Final Countdown‹ aber dennoch niemals, weshalb zum Abschluß der Asphalt des Messegeländes wahrlich ins Beben gerät. Schade, daß danach schon wieder Schluß ist und noch vielmehr, daß nicht bereits zu dieser "Untermalung" das obligatorische Feuerwerk in den Nachthimmel starten darf.

TWISTED SISTER-Liveshot

Dieses Highlight bleibt einmal mehr TWISTED SISTER vorbehalten, die sich erneut als wahrhaftig würdiger Headliner erweisen. Im Gegensatz zum Vortag, an dem es doch einige kritischen Stimmen zu ARP vernehmen sind, ist sich das Auditorium heute absolut einig und läßt sich zum Finale einmal mehr von Dee Snider und seiner Mannschaft eine amtliche Portion Rock'n'Roll kredenzen. Diese wird ab dem Startschuß ›Stay Hungry‹ entsprechend goutiert, weshalb die Party auf dem Festivalgelände trotz nicht unbedingt idealer Wetterbedingungen ihren Höhepunkt findet. Optimal für die vielen Gäste, die sich tanzender- und bangenderweise von sämtlichem Matsch befreien, den sie im Verlauf der letzten Tage auf dem "Metal-Camp" aufnehmen mußten, schade jedoch für DELAIN, die nur knapp vor dem Show-Beginn der "Schwestern" in der Halle loslegen.

DELAIN-Liveshot

Die NiederländerInnen sind tatsächlich nicht zu beneiden, denn viel länger als zwei Tracks verbleiben nur ganz wenige eingeschworene Zuseher. Zur Entschuldigung für die Band sei jedoch hinzugefügt, daß es nicht wirklich an der Performance liegt, auch wenn der mehr als dezent poppige Anstrich einiger ihrer Kompositionen ein harsches Kontrastprogramm zu zahlreichen anderen Formationen, die in den letzten Stunden in Balingen aufgegeigt haben, darstellt und immer wieder die Grenze zum Kitsch mehr als nur deutlich überschreitet. Doch TWISTED SISTER als "Parallelveranstaltung" sind einfach zu übermächtig, wie man auch festhalten muß, daß ihnen darüber hinaus auch noch einige Landsleute "abhanden" kommen, um ihre "Elftal" beim "kleinen" Finale der Fußball-WM anzusehen. Die wenigen getreuen und eingeschworenen Fans werden dafür um so mehr von der Band verwöhnt und wissen sich auch artig und lautstark zu bedanken. Das tut auch die "Meute" im Freigelände um unter anderem gemeinsam mit Dee Snider Geständnisse wie ›I Believe In Rock'n'Roll‹ oder ›I Wanna Rock‹ abzulegen. Alles bestens zum Abschluß also - zumindest für den Großteil der Besucher, die sich wahlweise zum nun doch noch den Himmel erleuchtenden Feuerwerk in Scharen zufrieden vom Asphalt machen, oder sich den Gnadenstoß in Form von feinen Power Metal-Epen in der Halle verabreichen lassen.

Zwar muß auch meine Wenigkeit leider w.o. geben und die Herren rund um Kenny Powell und ihren neuen, alten Frontmann Kevin Goocher "alleine" lassen, die US-Metal-Legende scheint jedoch alles richtig gemacht zu haben und auch den Veranstalter überzeugt zu haben, schließlich hat Horst Franz OMEN ebenso wie HIRAX vom diesjährigen Line-up vom Fleck weg auch für die im Jahr 2015 anstehende drei(!)-tägige Jubiläums-Show gebucht. Dabei ist in der Tat mit einem echten Spektakel zu rechen, hat man sich doch für das Motto "Best Of The Best" entschieden und bis dato neben den beiden erwähnten Formationen bereits W.A.S.P., PRIMORDIAL, MORGANA LEFAY, PRETTY MAIDS, Y&T, TYGERS OF PAN TANG und EXCITER verpflichtet. Wer sonst noch in Balingen mit dabei sein wird, soll in Bälde bekanntgegeben werden, wir als Familie werden definitiv wieder am Start sein, denn auch bei der diesjährigen Ausgabe wurde uns bewiesen, warum man das "Bang Your Head!!!" als das familienfreundlichste aller Festivals bezeichnet.


Walter Scheurer

Photos: Walter Scheurer [ACCU§ER, EVOCATION, GRAVE, Axel Rudi Pell mit Jeff Scott Soto, MORE2012, HIRAX, MAD MAX, DELAIN], Mark Gromen [Rest]


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