"Bang Your Head!!!"-Festival 2015
Balingen, Messegelände & Messehalle
16.-18.07.2015
Mit diversen Änderungen im Konzept präsentiert sich die Jubiläumsausgabe des alljährlichen "Wallfahrtsziels" der Hard Rock- und Heavy Metal-Fans auf der schwäbischen Alb. Zum einen hat man sich im Vorfeld des 20. Festivals dazu entschieden, einen Tag hinzuzufügen, auf der anderen Seite wurde jedoch die tägliche Startzeit knapp zwei Stunden später angesetzt.
Bei beiden Punkte sollte Veranstalter Horst Franz Recht behalten, denn der zusätzliche Festivaltag ist nicht nur bei den Fans gut angekommen, die gesamte Infrastruktur der Region dürfte dadurch zusätzlich belebt worden sein. Zum Thema der Beginnzeiten läßt sich festhalten, daß wohl nie zuvor bei den ersten Acts der jeweiligen Tage dermaßen großer Andrang vor der Bühne herrschte als in diesem Jahr. Nicht zuletzt dadurch ist die Veranstaltung als überaus erfolgreich zu bezeichnen, wozu aber auch die Tatsache beiträgt, daß die eigentlichen Hauptdarsteller ausnahmslos bekannten Größen sind, die man bereits bei ihrer "Arbeit" auf dem Festivalgelände erleben durfte.
Trotz dreier Festivaltage wird jedoch nicht auf die Warm-Up-Show verzichtet, weshalb sich bereits am Mittwochabend zahlreiche Musikliebhaber in der Messehalle einfinden, um die Nackenmuskulatur entsprechend in Form zu bringen. NITROGODS müssen ihren Auftritt leider absagen, da Drummer Klaus Sperling kurz zuvor mit Verdacht auf Herzinfarkt ins Krankenhaus eingeliefert werden muß. Ein Glück, daß bald darauf bekanntgegeben werden kann, daß er die Klinik einige Zeit später wieder verlassen darf.
Dennoch bleibt den Fans ausreichend Zeit, sich aufzuwärmen und zwar zu den Klängen der lokalen Newcomer NOPLIES, der finnischen Durchstarter BATTLE BEAST und der wiedererstarkten Thrash-Helden NUCLEAR ASSAULT. Als erste Attraktion geigt die brasilianischen Szene-Ikone SEPULTURA zur "Prime-Time" auf, ehe sich das Franken-Spaßgeschwader J.B.O. die Ehre gibt und erst weit nach 2 Uhr morgens eine umjubelte Show beendet.
Ein Glück also für alle Anwesenden, daß vor dem ersten Festivaltag eine längere Nachtruhe als bisher üblich vorgesehen ist, schließlich folgt der Startschuß erst zu Mittag. Die Idee ist definitiv gut, denn schon bei ONSLAUGHT, denen die Ehre zuteil ist, das Geschehen zu eröffnen, ist eine gehörige Menge an Freaks vor der Bühne zu finden. Mit jenen auch die Sonne, die an allen drei Tagen zu einem teilweise wahrlich unbarmherzigen Begleiter der Festivalteilnehmer wird, für die sich eine im hinteren Bereich des Geländes installierte Duscheinrichtung als absoluter Gewinn entpuppt. Logisch, daß diese nahezu durchgehend frequentiert wird. Als sich die britischen Thrasher auf die Bühne begeben, um loszulegen, wird jedoch schnell klar, daß die Herren das Gegenteil einer Abkühlung bringen, denn die Darbietung läßt den Schweiß verstärkt von den Zusehern herunterrinnen. Vor einem riesigen Backdrop legen die Insulaner von Beginn an gehörig los und brettern mit amtlicher Geschwindigkeit und gut ausgewogenem Sound durch ihre Tracks. Die Setlist läßt kaum Wünsche übrig, wobei sowohl die Frühzeit abgedeckt wird, wie auch aktuelles Material zum Zug kommt. Vor allem ›66 Fucking 6‹ kommt verdammt gut an und wird lautstark mitgesungen, aber auch ›Let There Be Death‹, das Riff-Monster ›The Sound Of Violence‹ und das brachiale Finale ›Onslaught (Power From Hell)‹ sorgen für beste Stimmung und lassen den Opener zum ersten Gewinner des diesjährigen Festivals werden.
Besticht das Backdrop der Briten in erster Linie durch ein gigantisches Ausmaß, setzen die im Anschluß daran die Brettern enternden Schweden HARDCORE SUPERSTAR auf das wohl weltweit bunteste seiner Art. Doch nicht nur optisch schaffen es Jocke Berg und seine Mannschaft, für Akzente zu sorgen, es ist einmal mehr die bewundernswerte Spielfreude und Energie, mit der die Band über die Bühne wuselt. Noch imponierender wirkt ihre Agilität, da die Burschen zum Teil, Gitarrist Vic Zino sogar komplett, in schwarzem Leder über die Bretter toben. Alter Schwede, da dürften wahre Bäche nach der Show aus der Garderobe geflossen sein... Die Band setzt wenig überraschend auf ihre bewährten Live-Hits und wird dafür entsprechend euphorisch gefeiert. Allen voran ›Need No Company‹, aber auch das vom aktuellen Dreher »HCSS« stammende ›Touch The Sky‹ werden förmlich zelebriert. Noch mehr Party-Faktor erhält die Show, als sich für ›Last Call For Alcohol‹ einmal mehr unzählige weibliche Wesen auf den Brettern tummeln. Gemeinsam mit dem Publikum und jenen Weiblein wird diese Nummer in überaus fetziger Version dargeboten und spätestens zu diesem Zeitpunkt ist klar, daß HARDCORE SUPERSTAR einmal mehr ihren Status als Top-Live-Act bestätigen können.
Mit ausgelassener Stimmung war zu diesem Zeitpunkt zwar durchaus zu rechnen, nicht jedoch damit, daß sich kurz danach bereits eines der absoluten Highlights des gesamten Wochenendes auf die Bretter begeben würde. Bislang aufgrund ihrer Studiowerke zwar zu den Topadressen in der Melodic-Abteilung zu zählen, lassen uns die Burschen von H.E.A.T. wissen, daß sie auch verdammt hart zu rocken verstehen. Die Einspielung des 80er Hits ›The Heat Is On‹ als Intro paßt in jeder Weise, wobei die Burschen diese Steilvorlage zu verwerten wissen und ein wahres Hitfeuerwerk liefern. Gewissermaßen in Zusammenarbeit mit der prallen Sonne stehend, lassen sie die Leiber der Zuseher abermals gewaltig ins Schwitzen geraten. Dadurch erscheint es noch beeindruckender, mit welcher Laufleistung Frontmann Erik Grönwall bei gefühlten 50 Grad Celsius über die Bretter fegt. Aber auch Gitarrist Eric Rivers zeigt sich in überwältigender Spielfreude und kredenzt diverse feinakzentuierte Soli. Dabei läßt sich sein Faible für die ganz großen der Zunft nicht überhören, speziell Ritchie Blackmore scheint auch auf ihn gewaltigen Einfluß zu haben. Geradezu logisch scheint in diesem Zusammenhang das kurz eingespielte und entsprechend honorierte ›Highway Star‹, in dem sich Erik auch als Könner der "Höhenlagen" entpuppt. Beide Daumen hoch für diese Vorstellung, mit deren Intensität wohl nur die wenigsten Zuschauer gerechnet haben!
Eine Abkühlung ist zwar nicht in Sicht, sehr wohl jedoch eine eher "gemäßigtere" Vorstellung, schließlich ist es für ein Trio wie GRAND MAGUS einfach nicht möglich, auch noch kreuz und quer über die Bretter zu huschen. Dennoch schafft es die Formation locker, die Stimmung zu halten. Nicht zuletzt, weil der Dreier inzwischen über ähnliches Charisma verfügt wie nur ganz Große der Zunft und Frontmann JB obendrein zu einem echten Entertainer gereift ist. Die Truppe stellt mehrfach unter Beweis, daß Songs wie ›Kingslayer‹ für die Ewigkeit geschaffen sind und nicht nur in kleinen, versifften Clubs, sondern sehr wohl auch auf den ganz großen Open Air-Bühnen funktionierten. ›Triumph And Power‹ gedeiht nicht zuletzt deshalb zum Programm und läßt die Fanschar - zu der neben Traditionalisten längst auch diverse "Extremisten" zählen - mit Sicherheit noch einmal gehörig anwachsen. Mitzuverfolgen ist die Euphorie vor allem im Finale ›Hammer Of The North‹, in dem zunächst das Mitsingspielchen ganz hervorragend funktioniert und die Band in weiterer Folge von lautstark intonierten Sprechchören vom Publikum verabschiedet wird. Wer so etwas schafft, kann nur ein Gewinner sein!
Wer jetzt nicht kurz zur Dusche eilt, ist selbst schuld, denn es wird noch ein wenig heißer vor der Bühne und das keineswegs nur aus meteorologischen Gründen. Schließlich ist die Bay Area-Institution DEATH ANGEL einmal mehr angetreten, um abzuräumen, und das gelingt dem Quintett wieder einmal einwandfrei. Nach allen Regeln der Kunst wird hier Thrash Metal in seiner energiereichsten Form vorgetragen, wobei es sich als völlig bedeutungslos herausstellt, ob die Formation auf ihren aktuellen Dreher »The Dream Calls For Blood« zurückgreift, oder aber Klassiker aus dem Hut zaubert, wie das von tausenden Kehlen mitgegröhlte ›Voracious Souls‹ oder das nicht minder bejubelte ›Seemingly Endless Time‹. Es ist einfach immer wieder ein Genuß, diese Band über die Bretter flitzen zu sehen, ihre Spielfreude ist schlicht unschlagbar! Nicht minder euphorisch wie die Songs selbst werden auch die Danksagungen von Sänger Mark angenommen, der nicht müde wird zu wiederholen, welche Ehre es für die Band ist, hier zu spielen. Keine Widerrede. Im Gegenteil, das Publikum empfindet definitiv dasselbe und gemeinsam läßt man die gute Stunde Thrash zum definitiven Highlight des ersten Festivaltages werden. Chapeau!
Es gibt einfachere Aufgaben, als nach DEATH ANGEL ein Publikum für sich gewinnen zu müssen, noch dazu bei derartigen Witterungsbedingungen. Fast schon logisch also, daß es beim Auftritt der Finnen SONATA ARCTICA danach vergleichsweise ruhig bleibt. Dabei haben sich die Jungs einiges einfallen lassen und greifen nicht nur beim Intro auf eine "Tonkonserve" zurück, um den Auftritt kurzweilig zu gestalten. Das gelingt im Großen und Ganzen auch ganz gut, dennoch ist es im Vergleich zu den "Wirbelstürmen" davor verhältnismäßig ruhig vor der Bühne. Diese Tatsache einzig den - zugegebenermaßen imposanten - Vorstellungen der anderen Bands zuzuschreiben wäre jedoch zu einfach. Ebenso die mangelnde Stimmung auf "Verfallserscheinungen" des Publikums zu schieben, das sich zu einem großen Teil in den hinteren Bereich des Geländes begibt um ein wenig zu relaxen. Es liegt sehr wohl an der Band selbst, wobei sich auf jeden Fall die auf progressive Tracks angelegte Setlist als unvorteilhaft entpuppt. So wird einzig und allein zu ›X Marks The Spot‹ gehörig gerockt, während auf Tonträger durchaus überzeugendes Material wie der fast schon verquer klingende Opener ›White Pearl, Black Oceans‹ hier und heute deplaziert wirken. Doch nicht nur die Songs erwecken ein eigenartiges Bild, auch die Band selbst wirkt heute irgendwie zu routiniert und läßt sich zudem nur selten auf Interaktion mit dem Publikum ein. Kaum verwunderlich, daß Euphorie erst bei der obligatorischen Wodka-Huldigung zum Abschluß aufkommt. Da wär' bestimmt mehr zu holen gewesen.
Wenig überraschend also, daß die zur Halbzeit des Auftritts der Finnen loslegenden Traditionalisten von ENFORCER einer überaus feierwütigen und stetig anwachsenden Meute in der Halle gegenüberstehen, schließlich haben sich die Schweden längst eine verdammt guten Ruf als Live-Act machen können. Das Festival selbst dürfte die Burschen zusätzlich motivieren, denn sie legen sprichwörtlich los wie die Feuerwehr. Zwar sind es einmal mehr die eher im Midtempo angesiedelten Tracks wie das famose ›From Beyond‹ die für "Party" und Dampf sorgen, doch selbstredend werden auch die knallenden, immer wieder die Grenze zum Speed Metal überschreitenden Geschosse wie ›Death By Fire‹ oder ›Destroyer‹ von den Zusehern gebührend gefeiert. Zu Recht, denn bei ENFORCER bilden Spielfreude, Elan, Energie und Qualität der Songs eine ausgewogenen und harmonische Mischung. Thumbs up!
Beste Stimmung herrscht in diesem Moment aber auch vor der Hauptbühne, schließlich stehen W.A.S.P. bereit, um abzuräumen. Die Show wird von einer deftigen Version von ›On Your Knees‹ fulminant eröffnet und von ersten Feuerfontänen begleitet. Die Pyro-Show ist generell ein essentieller Bestandteil des Sets, wodurch aber selbstredend nicht von der Musik abgelenkt werden soll. Wozu auch, das "Best-Of"-Programm des Quartetts würde auch ohne jegliche Hilfsmittel perfekt funktionieren. Einzig die Tatsache, daß mitunter nicht nur Keyboards aus der "Konserve" durch übertriebene Lautstärke auffallen, sondern auch Backing Vocals zu hören sind, als sich just kein einziger Musiker in der Nähe eines Mikrophons befindet, trübt ein wenig den positiven Eindruck. Nehmen wir aber dennoch das Beste an und gehen davon aus, daß Blackie tatsächlich dermaßen gut in Form ist, wie er auch weit hinten noch zu hören ist. Der Stimmung und dem Jubel tut dies ohnehin keinen Abbruch und noch nicht einmal, daß zumindest mein Zeitplan an sich zumindest fünf Minuten mehr für die Herrschaften vorgesehen hätte, scheint die überaus zufriedenen und bis zum Ende hin feiernde Menge zu stören. Insofern nachvollziehbar, da Setlist keine Wünsche übrig läßt und ausschließlich Klassiker beinhaltet, von denen ›L.O.V.E. Machine‹ inklusive "Dauerfeuer" den mächtigsten Eindruck hinterläßt.
Die "Arschkarte" haben am ersten Festivaltag definitiv ORDEN OGAN gezogen, schließlich müssen zeitgleich mit Blackie und Co. in der Halle antreten. Doch das in einheitlichen "Endzeit"-Outfits loslegende Quartett hat sich im Laufe der Jahre längst eine getreue Fanschar erspielen können und diese ist definitiv auch in Balingen vor Ort. So kommt es, daß die Burschen vom die Show eröffnenden ›F.E.V.E.R‹ an lautstark unterstützt und bejubelt werden. Frontmann Sebi versteht es obendrein, den eloquenten Conférencier zu geben und duelliert sich auf technisch ansprechende Weise mit seinem Mitstreiter Tobi an der Axt. Ein vollmundig und lautstark mitgegröhltes ›The Things We Believe In‹ beendet eine mehr als nur respektable Leistung, die trotz der "Konkurrenz" zu Beginn gegen Ende hin doch noch von einer beachtlichen Menge an Fans besucht wird.
Das Warten auf den im Vorfeld in diversesten Foren und Medien heftig diskutierten Headliner SABATON findet bald darauf ein Ende, wobei sich schon vor Beginn der Show feststellen läßt, daß die Schweden mit zu den sogenannten Bands der Stunde zählen. Nicht nur, daß einem an diesem ersten Tag eine schier unfaßbare Anzahl an SABATON-Shirt-Trägern über den Weg läuft, ein derartiges Gedränge bei einem Headliner hat man auf dem Messegelände bislang nur selten miterleben können. So gesehen also eine schlaue Entscheidung, die Schweden als Top-Act zu verpflichten, denn was auch immer man von der Musik des Quintetts halten mag, die Jungs verstehen definitiv etwas von "Entertainment" und unterhalten ihre Fans von der ersten Sekunde an blendend. Allerdings muß man auch festhalten, daß die Burschen schön langsam aber sicher ein wenig zu sehr auf plumpe Unterhaltung setzen und Gefahr droht, daß die Musik in den Hintergrund gedrängt wird. Klar, Schlachtgesänge wie "Noch ein Bier" kommen bei einem Festival immer gut zur Wirkung, dennoch hätte die Band wohl durchaus noch zwei (oder noch mehr) Songs untergebracht, wäre das "Unterhaltungsprogramm" dazwischen nicht dermaßen ausgeufert. Aber egal, die Fans gehen dennoch von Anfang an voll mit und fressen Sänger Joakim förmlich aus der Hand, völlig egal, womit er auch ankommt. Die Setlist an sich wirkt gut ausgewogen, und auch was die Show selbst betrifft, haben wir es längst mit einer hochprofessionellen Aufführung zu tun, bei der sich ständig etwas tut. Sprich, das "mitessende" Auge wird von SABATON bestens bedient, weshalb es auch nicht weiter verwundert, daß während des Festival verlautbart wird, daß SABATON für ihr in Gelsenkirchen stattfindendes "Noch ein Bier"-Festival einige Wochen später bereits im Vorfeld das berühmte "Sold Out" vermelden können. Nach gut anderthalb Stunden endet das mit ›Ghost Division‹ eröffnete Spektakel mit einer furiosen Version von ›Metal Crüe‹ und lautstarkem Jubel sowie nicht enden wollendenden "Noch ein Bier"-Rufen. Das vom Veranstalter gewagte - mit Sicherheit auch im Nachhinein für konträre Meinungen sorgende - Experiment, gibt Horst Franz und seinem Team absolut Recht, eine solche Stimmung herrscht nicht bei jedem Headliner!
Einige der nur bedingt von den Songs der Schweden angeturnte Zuseher begeben sich jedoch schon kurz nach deren Beginn in die Halle, um sich von den "Langohren" FINNTROLL unterhalten zu lassen. Für alle, die nicht von SABATON "bespaßt" werden wollen und sich in die Halle begeben, gibt es tatsächlich ein echtes Kontrastprogramm. Wobei man durchaus hinzufügen muß, daß ein dermaßen "unterkühltes" Programm wie es die "Trolle" darbieten auch nicht unbedingt das Gelbe vom Ei sein kann. Interaktion mit dem Publikum gibt es bei FINNTROLL nämlich während der ersten halben Stunde Spielzeit gerade einmal in homöopathischen Dosen, weshalb außer den eingeschworenen Fanatikern kaum jemand wirklich in Begeisterung versetzt werden kann.
Deutlich besser kommen ihre Landsleute von KORPIKLAANI an, nicht zuletzt weil sich die Formation zwar routiniert, aber dennoch mit Spaß an der Arbeit vor und mit dem Publikum erweist. So gesehen verständlich, daß die Halle bereits verdammt gut gefüllt ist, als die Finnen kurz vor dem Ende des Auftritts des Headliners loslegen. Im Verlauf des Sets wird es sogar richtig eng, da zahlreiche SABATON-Jünger offenbar auch weiterhin unterhalten werden wollen. Und das funktioniert bekanntermaßen mit den Finnen ganz einfach prächtig, auch wenn die "Waldschrate" im Vergleich zu ORDEN OGAN bei wesentlich diffuseren Soundbedingungen aufgeigen.
Den "Garaus" bereiten den Fans am ersten Festivaltag die Schweden CRAZY LIXX, deren Sleaze-Schnittchen jedoch nur noch verhältnismäßig wenige Anwesende miterleben. Kein Wunder, denn an einem dermaßen intensiven und gnadenlos heißem Festivaltag fordert jeder Körper irgendwann seine Ruhe. Zwar dürfte man gerne beim nächsten Mal auch die Beginnzeiten für das Programm in der Halle nach vorne verlegen, ansonsten gibt es als Fazit nach Tag 1 aber nichts zu meckern.
Da sich auch am zweiten Tag schon zu Beginn des Geschehens jede Menge Fans am Gelände einfinden um sich ihre erste Dosis gepflegter Metal-Klänge abzuholen, erhält der Veranstalter einen weiteren Beweis, daß die Idee erst gegen Mittag loslegen zu lassen, gut ist. Den Reigen eröffnen dürfen die seit geraumer Zeit mit Ex-DRAGONFORCE-Sänger ZP Threat und dem früheren SODOM-Drummer Bobby Schottkowski aufspielenden TANK, die wie viele andere auch logischerweise auf ein erlesenes "Best-Of"-Programm setzen. Doch auch die aktuelle, vom Streit mit dem früheren Frontmann Algy Ward geprägte Phase kommt in Form des Titeltracks des 2012er Drehers »War Nation« zum Zug. Naheliegend, daß ZP von TANK 2015 spricht, als er auf das im Herbst angekündigte Album »Valley Of Tears« hinweist und die Band mit ›World On Fire‹ einen Vorgeschmack darauf liefert. Der läßt wahrlich Freude auf die Scheibe aufkommen, prägt sich doch der Refrain auf Anhieb ins Gedächtnis ein und läßt auf ein feines, melodisches Metal-Gerät hoffen. Darin liegt jedoch genau das dezente Problemchen, mit dem sich TANK (2015) konfrontiert sehen müssen: Das neue Material klingt zwar vorzüglich mit ZP, will sich aber in ein Programm, das auf derb-deftig intonieren Popo-Tretern der Sorte ›This Means War‹, ›Echoes Of A Distant Battle‹ oder ›Stormtrooper‹ setzt, nicht wirklich einfügen. Eventuell wäre es tatsächlich schlauer, in Zukunft den "Zusatz" zum Namen dauerhaft zu gebrauchen oder gar unter anderer Flagge loszulegen, denn besagte Klassiker kommen zwar musikalisch vorzüglich zur Geltung, verlieren durch die schlicht zu melodische Gesangsdarbietung von ZP aber leider viel von ihrem Rotz. Doch egal, ob fortan als TANK oder unter anderem Banner - als Einstiegsprogramm in das Festival eignen sich die erwähnten Nummern immer noch hervorragend, weshalb die Stimmung schon zu dieser Tageszeit ordentlich ist.
Doch nicht nur die Stimmung, auch der Sonnenschein bleibt erhalten und auch die "Kriegsgerät-Vorführungen" gehen in eine weitere Runde. Schließlich hat man in der Nacht zuvor noch einen Panzer als Bühnenaufbau bei SABATON bewundern dürfen, und nun geht es nach der britischen Legende TANK mit der US-Metal-Ikone JAG PANZER weiter. Auch die steigt sichtlich motiviert ins Geschehen ein, muß jedoch den durch eine Schulterverletzung nicht zur Verfügung stehenden Bassisten John Tetley ersetzen. Daher ist mit BENEDICTUM-Viersaiter Aric Avian ein Bekannter der Herren mit von der Partie, der zwar unauffällig, aber sehr solide und sicher wirkt. Angeführt von einem blendend aufgelegten und auch vorzüglich in allen Höhenlagen vortragenden Harry Conklin, liefert die Formation ein furiosen Auftritt bei feinsten Sound-Verhältnissen. Da sich auch das Duo Joey Tafolla und Mark Briody als überaus spielfreudig zeigt und die Riffs nur so aus den Ärmel schüttelt, ist es wenig verwunderlich, daß nicht nur die eingeschworensten Fans den Vortag der Herren, der Hämmer wie ›Black‹, ›Generally Hostile‹ und ›Licensed To Kill‹ enthält, goutieren. Warum die Herrschaften ihr Set mit ›Lights Out‹ (wenn auch in einer anbetungswürdigen Version) sowie einem Exzerpt aus dem QUEEN-Gassenhauer ›We Are The Champions‹ beenden, mag zwar nicht jedem Fan einleuchten - in Anbetracht des Auftritts können "The Tyrant" und seine Mannen aber letzteres durchaus von sich behaupten - und zwar ohne anzugeben.
Immense Spielfreude ist auch den im Anschluß folgenden TYGERS OF PAN TANG ab der ersten Sekunde anzumerken. Da die Herrschaften - sieht man von TANK ab - quasi als einzige die Flagge der NWoBHM beim diesjährigen Festival hochhalten, ist der Andrang der Zielgruppe vor der Bühne entsprechend groß. Und diese wird auch reichlich belohnt, denn die Herren rund um Robb Weir liefern einmal mehr eine mitreißende Show, die mit dem Evergreen ›Gangland‹ eröffnet wird. Doch nicht nur Klassiker wie dieser oder ›Paris By Air‹ und ›Don't Touch Me There‹ werden lautstark bejubelt, auch Tracks jüngeren Datums, wie das vom 2012er Album »Ambush« stammende ›Keeping Us Alive‹ werden überaus wohlwollend aufgenommen und spornen den Fünfer - allen voran Sänger Jacopo Meille, der sich als gereifter Rock-Entertainer präsentiert und sämtliche Rockstar-Posen perfekt draufhat - weiter an, um mit ›Hellbound‹ noch einmal alles zu geben. Gute Show, Daumen hoch!
Danach bleibt die Bühne für längere Zeit in der Hand deutscher Szene-Urgesteine. Unter ihrem neuen Namen REFUGE lassen uns zunächst Peavy Wagner, Manni Schmidt und Christos Efthimiadis jede Menge Klassiker aus dem RAGE-Backkatalog dieser Phase vernehmen. Wenig verwunderlich, daß bei deren Gigs schon länger nicht mehr zu vernehmende Nummern wie ›Nevermore‹, ›Don't Fear The Winter‹ (das ob der Wetterbedingungen mit einer gewissen Sehnsucht vom Publikum beklatscht wird und von Peavy auch entsprechend angesagt wird) und ›Invisible Horizons‹ abgefeiert werden. Um so erfreulicher, daß die Herren obendrein einen verdammt guten Tag erwischen, Peavy zudem auch die "Höhenlagen" noch draufhat und man daher für ausnahmslos zufriedenen Zuseher sorgen kann, als die Formation nach dem logischen Schlußpunkt ›Refuge‹ von den Brettern steigt.
Ganz so lange wie das Festival selbst sind PRIMAL FEAR zwar noch nicht im Geschäft, ihren 18er darf aber auch diese Formation bereits zelebrieren. Für ein Best Of-Programm gibt es zudem längst ausreichend Material, und außerdem hat die Band mit Alex Beyrodt einen wahren Gitarrenhexer im Line-up, dessen Hingabe einfach nur als sensationell zu bezeichnen ist. Nicht minder imposant: die vibrierende, selbst in den höchsten Lagen über jeden Zweifel erhabene Stimme des Fronthünen Ralf Scheepers. Das Heimspiel der schwäbischen Metal-Institution gedeiht tatsächlich zu einem solchen, denn egal, ob die erneut von Tom Naumann an der zweiten Klampfe verstärkte Truppe mit Uptempo-Brechern vom Schlage ›Final Embrace‹ oder ›Chainbreaker‹, oder aber mit stampfenden Midtempo-Geschossen à la ›When Death Comes Knockin'‹ die Meute unterhält, die Chose kommt schlichtweg perfekt zur Wirkung. Mit der Hymne ›Metal Is Forever‹ setzt man sogar noch einen, das Festivalmotto untermauernden, programmatischen Schlußpunkt und wird ein letztes Mal lautstark bejubelt. Danke und immer wieder gerne, auch wenn sich so manch' bekennender Beyrodt-Fan durchaus auch mal VOODOO CIRCLE, SINNER oder auch SILENT FORCE wünschen würde.
Der Titel des "Guitar Hero" im Jahr 2015 geht aber dennoch an seinen Kollegen aus dem fernen Japan. Akira Takasaki und LOUDNESS räumen nämlich nicht nur nach allen Regeln der Kunst ab, der Gitarrensound dieses Herrn ist schlicht und ergreifend als "scheißegeil" zu bezeichnen. Zwar ist es abzusehen, daß man die "Söhne Nippons" alleine wegen der Seltenheit ihrer Gastspiele in unseren Breiten mit offenen Armen empfangen würde, daß aber selbst nicht unbedingt zu Fans der Band zählende Zeitgenossen den Japanern attestieren, alles richtig zu machen, zeugt von der Klasse des Quartetts. Es paßt aber auch einfach alles: Der Gitarrensound, die Setlist - unter anderem gibt es ›Esper‹, ›Crazy Doctor‹ und ›Heavy Chains‹ zu hören - kurzum, schlicht zum Hinknien - ein grandios solierender und mit immenser Hingabe seine Arbeit zelebrierender Akira, ein Sound... (T'schuldigung, aber das kann nicht oft genug gesagt werden!), sowie die überwältigende und ansteckende Spielfreude (von der auch "The Tyrant" derart infiziert ist, daß er die gesamte Spielzeit über ausgelassen mitfeiert!) lassen LOUDNESS mit zu den Gewinnern des Festivals werden. Hammer! Kniefall und danke!
An sich von zahlreichen Zusehern bestenfalls als "Untermalung" der Futterzufuhr eingeplant, überrascht danach das Charisma und die Überzeugungsarbeit von ARCH ENEMY-Frontgöre Alissa White-Gluz. Das Mädel schafft es nämlich - dem durchaus bejubelten, wenn auch nur kurzen wie heftigen Gewitter zum Trotz - selbst so manchen auf True Metal eingeschworenen alten Sack bei ›No Slaves, No Masters‹ zum Mitmachen zu animieren. Dafür muß man ihr einfach gehörig Respekt zollen! Den verdient selbstredend auch das wunderbar harmonierende Duo Michael Amott und Jeff Loomis, das mehrfach seine Klasse an den Instrumenten unter Beweis stellt und inzwischen offenbar zu einem wahren "Wunderteam" zusammengewachsen ist. Auf die Zukunft des Duos, vor allem aber auf kommende Alben darf man jetzt schon gespannt sein...
Währenddessen zieht es erstmals an diesem Tag eine gehörige Menge Fans in der Halle, schließlich gilt es den kurz zuvor zum Quartett reduzierten STORMWITCH zuzuhören, die neben diversen Klassikern aus ihrem Repertoire (unter anderem werden ›Call Of The Wicked‹ und ›Ravenlord‹ gezockt), auch einige Nummern ihres aktuellen Drehers »Season Of The Witch« vorstellig machen. Dem Großteil des Auditorium sind diese selbstredend geläufig, wobei man generell den Eindruck erhält, daß die vom charismatischen, optisch einem Magier gleichenden Andy Mück angeführten "Hexen" ihren Heimvorteil perfekt nutzen können. Mehr noch - um im Jargon zu bleiben - man darf durchaus von einem verdienten Heimsieg sprechen, denn das Quartett gibt einfach alles. Logisch daher, daß man ausnahmslos begeisterte, diverse Refrains (die Mitsingpassagen funktionieren auch bei neuen Tracks wie ›Last Warrior‹ einwandfrei) vor sich hin trällernde Fans erblickt, als die sich aus der, nach dem kurzen Regenschauer aufgrund der hohen Luftfeuchtigkeit zum "Dschungelcamp" mutierten Halle wieder ins Freigelände begeben und zwar hurtigen Schenkels.
Genauer gesagt wirkt ein Großteil sogar eher gestreßt. Weshalb? Weil man sich sputen muß, schließlich gilt es sich noch einen geeigneten Platz zu erkämpfen, um den aus Seattle eingeflogenen Herrschaften zu lauschen, die zu diesem Zeitpunkt ihre Show starten. Doch der erste Eindruck von QUEENSRŸCHE ist eigenartig. Trotz mehrerer Versuche (sowie damit einhergehender Kontrolle der mathematischen Kenntnisse beziehungsweise der Anzahl der eigenen Finger) kommt man beim "Durchzählen" nur auf vier Männlein auf den Brettern, obwohl doch die Band eigentlich aus fünf Musikern besteht. "Oh mein Gott, da wird doch nicht schon wieder was im Argen liegen", denken sicher einige Zuseher. Ein Glück, daß des Rätsels Lösung von einem sichtlich zerknirschten Todd La Torre nach dem gelungenen Einstieg ›Nightrider‹ höchstpersönlich bekanntgegeben wird. Aus dem Quintett ist deshalb unverhofft und kurzfristig ein Quartett geworden, da Bassist Eddie Jackson eines abgelaufenen Passes wegen nicht aus den Staaten ausreisen durfte, die Band ihre Europatournee deshalb jedoch nicht aufs Spiel setzen wollte. Ein feiner Zug von den Herrschaften, allerdings darf man sich trotz einer schlicht superben Setlist (die unter anderem Metal-Klassiker wie ›Walk In The Shadows‹, ›Warning‹ oder ›Queen Of The Reich‹ enthält) und einem nicht minder sensationellen Sound durchaus fragen, ob denn tatsächlich nur die Baßspuren von einem "technischen Hilfsgerät" stammen. Auffällig ist nämlich auch, daß der an sich auch für die Backing Vocals zuständige Eddie offenbar doch "anwesend" ist...Den Fans ist das aber definitiv egal, die Formation wird abgefeiert, als ob ein Wiedersehen mit "verlorenen Söhnen" zu feiern wäre. Insofern nachvollziehbar, da man der Band ihre Spielfreude von Beginn anmerkt und zudem festzustellen ist, daß sich Todd als Entertainer enorm weiterentwickelt hat. Daumen hoch - trotz des bleibenden "Gschmäckles", wie man so etwas in der Landessprache nennt.
Während man bei QUEENSRŸCHE Bassisten Eddie Jackson schmerzlich vermißt, ist bei PORTRAIT in der Halle keine Spur von "Absenz" zu bemerken. Im Gegenteil, die Schweden agieren mit Vollgas und ackern mit entsprechender Hingabe durch ihre Tracks. Doch die im - wie von Sänger Per Lengstedt regelrecht freudestrahlend verlautbart - "most complete line-up ever" agierenden Burschen wissen nicht nur durch tonnenwiese Attitüde, sondern selbstredend auch mit entsprechend gelungenen Kompositionen zu überzeugen. Die Jungs haben ja bereits mit ihren Drehern »Crossroads« und »Crimen Laesae Majestatis Divinae« (von dem vor allem ›Bloodpath‹ in einer gänsehautverursachenden, unglaublich intensiven Version dargeboten wird!) unter Beweis gestellt, daß sie mit zu den besten Adressen momentan gehören, wenn man mystisch angehauchten, traditionellen Metal hören möchte. Diesen Status wissen sie, in Balingen regelrecht zu untermauern, denn PORTRAIT liefern einen gelungenen Auftritt und lassen zudem erkennen, daß sie zu einer verdammt gut eingespielten Band herangewachsen sind, die man beim nächsten Mal gerne wieder auf der großen Bühne bestaunen möchte. Sympathiepunkte kann das Quintett aber auch abseits der Bühne verbuchen, schließlich entpuppen sich die Musiker als Horde von eingefleischten Metalheads, die bei nahezu bei jedem Auftritt der "Konkurrenz" zu sehen ist! So soll das sein!
Vielleicht auch bei den Thrash-Kings KREATOR, die danach mit einer beeindruckenden Bühnenausstattung zu erkennen geben, daß sie wohl nichts anbrennen lassen werden und den Beweis für ihren Headliner-Status anzutreten bereit sind, auch wenn Thrash-Fans ohnehin zu keiner Sekunde an diesem gezweifelt haben. Mit ›Enemy Of God‹ gibt es einen Einstieg nach Maß, und auch die unmittelbar danach intonierten ›Terrible Certainty‹ sowie ›Phobia‹ lassen auf Anhieb erkennen, daß hier eine wahre Machtdemonstration ansteht. Der knüppelharte Sound der Ruhrpott-Institution kommt zwar auch ohne jegliche Hilfsmittel und zu jeder Tages- und Nachtzeit gnadenlos gut rüber, die imposante Licht- und Bühnenshow intensivieren die Darbietung jedoch zusätzlich gewaltig. Durch diverse Videoeinspielungen und das einmal mehr schlicht "wirre" Licht kommen Hämmer wie ›Phantom Antichrist‹ oder ›Suicide Terrorist‹ sogar noch brutaler zur Wirkung, und selbst aus einer gewissen Entfernung gerät man alleine durch den audiovisuellen Eindruck noch in Ekstase. Von Milles aufstachelnden Ansagen mag man halten was man will - wer die Publikumsreaktionen auf "Ich will Euch schreien hören!" miterlebt, weiß, daß man diesem Kerl aus der Hand frißt, wenn er auf einer Bühne steht und er dabei wohl wirklich alles von seinen Fans haben könnte. Diese erhalten im Gegenzug weitere Brachial-Geschosse wie ›Pleasure To Kill‹ oder ›United In Hate‹, ehe man sich den Gnadenstoß in Form einer ultra-brutalen Version von ›Flag Of Hate‹ und ›Betrayer‹ abholen darf. Mille grazie, gute Nacht, Balingen!
Nee, so schnell geht's nun auch wieder nicht. Überhaupt nicht, denn trotz des KREATOR-Gigs ist es wohl "Pflicht" eines jeden Headbangers (wer sich genauer darüber informieren will: in diesem Jahr ist erstmals auch die IG Metall mit einen Stand auf dem Gelände vertreten - im nächsten Jahr soll es übrigens auch deren coole T-Shirts zu erstehen geben), auch in der Halle zumindest auf einen "Sprung" vorbeizuschauen, um sich mit beziehungsweise bei ANVIL zu vergnügen. Beste Unterhaltung gehört bei den Kanadiern ohnehin zum Programm, nicht zuletzt weil Lips mit zu den talentiertesten Entertainern unter den Rockern zu zählen ist. Der Kerl ist aber nicht nur in Plauderlaune, er soliert auch wunderbar und läßt dadurch auf Tonträger nicht ganz so spektakuläre Nummern wie beispielsweise ›Bad Ass Rock'n'Roll‹ gehörig an Druck zulegen. Wenig verwunderlich, das besagte Nummer auf Aufforderung lautstark mitgesungen wird. Logisch, man kennt einander eben und weiß einander zu schätzen. Bis dato noch nicht bekannt ist das Publikum jedoch mit dem erst im letzten Jahr eingestiegenen Bassisten Chris Robertson. Den stellt Lips nicht nur charmant vor, Chris darf auch gleich mal zu einem kurzen Baß-Solo ins Rampenlicht. Was er auch mit Genuß tut, wie am Grinsen des Kerls zu erkennen ist. Nicht minder spielfreudig gibt sich auch Robb Reiner, als er zu seinem Solo in ›Swing Thing‹ ansetzt, das in ein deftig intoniertes ›Hope In Hell‹ übergeht. Dennoch erreicht die Stimmung in der Halle erst zum Finale ihren Höhepunkt. Dieses ist ebenso vorhersehbar wie logisch, schließlich haben sich ANVIL mit ›Metal On Metal‹ längst ein musikalisches Denkmal gesetzt, und eine Show ohne diesen Gassenhauer geht einfach nicht.
Zwar suchen zahlreiche Zuseher nun das Freigelände auf, um das Finale von KREATOR mitzuverfolgen, eine überaus getreue Schar an PRIMORDIAL-Huldigern belagert aber bereits gut 30 Minuten vor deren Showbeginn die ersten Reihen, um nichts zu versäumen. Aber auch das ist einleuchtend, denn die Iren haben sich in den letzten Jahren durch stetes Touren zu einer wahren Bühnenmacht entwickelt, und von daher ist der rege Zustrom nicht weiter verwunderlich. Erst Recht nicht, hält man sich vor Augen, daß die Band mit Alan Nemtheanga einen der wohl charismatischsten Frontmänner überhaupt in ihren Reihen hat. Der gute Mann ist permanent am Anfeuern und Animieren, sein Outfit und Corpsepaint tut ihr übriges dazu, es mit einer "Erscheinung" zu tun zu haben und nicht bloß mit einem "Sänger". Zwar sehen seine Mitstreiter im Vergleich geradezu blaß aus, die musikalische Darbietung ist es aber keineswegs. Im Gegenteil, erst dieses mehr als nur solide, tiefschürfende Fundament erlaubt es Alan, seinen Vortrag dermaßen theatralisch anzulegen. Es folgt einmal mehr eine Topleistung der Herrschaften von der "grünen Insel", die mit ›Where Greater Men Have Fallen‹ den Reigen beginnen und ihren, an Intensität nur schwer zu überbietenden Vortrag mit der Hymne ›Empire Falls‹ beenden. Bloß vom darin zitierten "cold wind" ist heute Abend so gar nichts zu bemerken - auch nicht auf dem Heimweg, auf den sich einige Tausend Zuseher machen, die nach einem musikalisch feinen, aber nicht zuletzt aufgrund der Hitze auch extrem kräfteraubendend Tag von dannen ziehen. Schade für FLOTSAM AND JETSAM, bei denen ich mich hier in aller Form entschuldigen möchte - ich war schlicht zu erledigt.
Da der frühe Vogel bekanntlich den Wurm fängt, sind zur Mittagszeit auch am dritten Festivaltag bereits mehrere Hundertschaften bestens ausgeruht und blendender Laune vor der Bühne, um sich von EXUMER eine gepflegte Dosis Thrash zum Frühstück abzuholen. Für allzu übereifrige "Vögel" wie den Verfasser dieser Zeilen gibt's jedoch eine gute halbe Stunde zuvor noch gar nichts zu sehen. Eventuell liegt's doch am (gar nicht mal so) Kleingedruckten, das 11.30 Uhr als Start vorsieht und nicht 11.00 Uhr... Aber egal, ein Tässchen Kaffee hat noch nie geschadet, und bald danach legen die Burschen ohnehin los wie die Feuerwehr. Apropos Kaffee und Frühstück: Fronthüne Mem von Stein wirkt zunächst eher so, als ob er wahlweise noch gar nichts, oder eventuell gar etwas falsches gefrühstückt hätte, macht er doch einen unglaublich aggressiven, ja fast bösartigen Eindruck. Dieser scheint aber doch nur Teil der Gesangsperformance sein und kommt dabei auch verdammt gut rüber. Denn erst durch Mems lebhafte und gestenreiche Darbietung kommen Granaten wie ›Journey To Oblivion‹ oder ›Fallen Saint ‹ erst so richtig zur Geltung. Doch nicht nur auf das 1986er Album »Possessed By Fire«, von dem diese beiden Tracks stammen, wird zurückgegriffen, selbstredend steht auch Material vom 2012er Comebackalbum »Fire And Damnation« auf der Setlist, wobei sich vor allem der Titeltrack erneut als echte Livegranate entpuppt. Es kommt nämlich wahrlich nicht alle Tage vor, daß schon beim Opener die Mitsingspielchen funktionieren wie in diesem Track. Der "Weckruf" von EXUMER findet daher auch ein bejubeltes Ende und zeigt nicht nur unmittelbar vor der Bühne seine Wirkung. Immer zahlreicher erscheinen die Fans im Verlauf der Spielzeit, um sich zum "Thrash-Frühschoppen" zu gesellen, der von den Herrschaften würdig eröffnet wird.
Früh dabei zu sein ist generell eine gute Idee, denn es folgen HIRAX, denen man seit jeher nachsagt, eine brillante Liveband zu sein. Diesem Ruf werden Front-Sympatikus Katon W. De Pena und seine Mitstreiter einmal mehr gerecht, denn das Quartett ackert sich nicht nur auf handwerklich hohem Niveau durch seine Songs, man hat auch den Eindruck, als ob der Vierer versucht wäre, den einen oder anderen Song zusätzlich in die begrenzte Spielzeit einzubinden und drückt noch ein wenig mehr auf die Tube. Von "überhastet" oder dergleichen kann aber dennoch keine Rede sein. Sowohl die Riffs von Lance Harrison kommen präzise, und das Rhythmus-Gespann Mika Vega (Drums) und Steve Harrison (Baß) versteht es, bei aller Geschwindigkeit sowohl satt zu grooven wie auch entsprechende "Teppiche" auszulegen, auf denen sich der permanent grinsende und offenbar auch überaus konditionsstarke Katon austoben kann. Auch die Setlist finden Gefallen beim Auditorium und enthält sowohl Auszüge des letzten Studiodrehers »Immortal Legacy« (aus dem sich einmal mehr ›Hellion Rising‹ als wahrer Genickbrecher vor dem Herrn entpuppt), aber auch ältere Kracher wie ›El Diablo Negro‹ (das von Katon auf böswillig-ironische Weise mimisch umgesetzt wird) kommen gut an und werden vor und auf der Bühne gefeiert. Die Spielzeit vergeht dabei wie im Fluge, und so meint man, die Band habe eben erst begonnen, als sich das Quartett mit dem Klassiker ›Bombs Of Death‹ für den Support bedankt und verabschiedet. Weit entfernt von der Bühne hat sich die Formation jedoch keineswegs, so sind HIRAX mit zu jenen Musikern zu zählen, denen man im Verlauf des Tages immer wieder über den Weg läuft. Respektvoll im Umgang mit Kollegen und Fans und jederzeit zu Späßen, Photos und diversen anderen Tätigkeiten bereit, machen sich HIRAX auch "nebenbei" beliebt. So gewinnt man Sympathien!
Zur Spezies der Sympathie-Träger zählt auch EXCITER-Gitarrist John Ricci, der sich als ebenso umgänglicher wie freundlicher Zeitgenosse entpuppt und zudem immer wieder mal mit Katon anzutreffen ist. Es wirkt eigenwillig, in diesem Zusammenhang davon zu sprechen, daß sich John, Dan Beehler und Bassist Alan Johnson lange Zeit gemieden haben und die Fans bis vor wenigen Monaten ein Comeback in besagter Besetzung für absolut unmöglich gehalten hätten. Doch das Trio hat schlußendlich doch wieder zueinander gefunden und zeigt sich hochmotiviert, als mit ›Stand Up & Fight‹ der Startschuß für die kommende Stunde erfolgt. Die Darbietung basiert logischerweise auf einem "Best Of"-Programm und wird entsprechend goutiert, logisch schließlich gibt ausschließlich bekannte, jahrelang live-erprobte Hämmer zu hören. Unverändert geblieben ist auch der eigenwillige Anblick der Bühne vom Auditorium aus, da man den ins Mikro röhrenden Drummer Dan nicht wirklich zu sehen bekommt und ihm daher auch nicht beim Singen zusehen kann. Doch Dan singt livehaftig und wie! Der gute Mann scheint immer noch über das Lungenvolumen eines Dinosauriers zu verfügen, und zusätzlich kommt sein Vortrag nicht nur gewaltig, sondern dabei auch perfekt auf die Kollegen abgestimmt aus den Boxen. Wenn man die Reaktionen auf einen Klassiker wie ›Heavy Metal Maniac‹ als Maßstab nimmt, weiß man definitiv, worauf die Fans lange Jahre gewartet haben! Da stört auch der anhaltende Regen nicht, der sich zunächst in feinen, bald jedoch in immer dichter werdenden Tropfen über Balingen ergießt. Ob man uns auch den Wunsch nach einem neuen Studioalbum in dieser Formation erfüllt, bleibt zwar vorerst noch abzuwarten, auf der Bühne beweisen EXCITER aber auf jeden Fall, daß die Band in alter Form zurück ist!
Ob Astrid Lindgren eine Ahnung davon hatte, wie viele ihrer Landsleute lange Jahre danach dafür geschätzt werden, daß sie dem Zitat: "Hier kommen die Schweden mit Krach und Radau" genüge tragen? Keine Ahnung, in Balingen jedenfalls schwört man darauf, und deswegen sind auch MORGANA LEFAY immer wieder gerne gesehen Gäste beim "Bang Your Head!!!"-Festival. Auf den Brettern merkt man zu keiner Sekunde, daß die Band momentan nur noch hobbymäßig betrieben wird und mit einer Tournee so bald nicht zu rechnen ist. Doch schon mit dem fulminanten Einstieg ›To Isengard‹ stellen die Herrschaften unter Beweis, daß ihre Songs keinerlei Alterserscheinungen zeigen und die Musiker selbst mit Spaß ihr Arbeit verrichten. Power Metal-Schnittchen wie ›Master Of The Masquerade‹ oder das aus unzähligen Hälsen mitgegröhlte ›Maleficium‹ kommen - unabhängig von Tageszeit und Witterung, wie hier und heute zu bemerken ist, denn Petrus läßt kurz nach Showbeginn wieder die Sonne scheinen - einfach immer perfekt zur Wirkung. Da stören selbst Kleinigkeiten wie ein wenig Konfusion in den Bewegungsabläufen der Musiker nebeneinander, der Tatsache, daß sich Charles mit dem Mikroständer aufgrund von dessen Gewicht ("das ist der größte und schwerste Mikroständer, den ich je gesehen habe. Der ist etwas für Riese, aber nicht für Hobbits wie mich!") nicht anfreunden kann und diesen zur Seite stellt, sowie eine leichte Verwirrung bei der Einleitung von ›Angels Deceit‹ nicht weiter, das sogar ein zweites Mal begonnen werden muß. Doch das ist alles kein Thema, vor der Bühne tobt die Fanmeute von Anfang an und läßt sich bei prächtigen Soundverhältnisse einmal mehr eine Lektion in Sachen deftiger Power Metal-Kost erteilen, die in Form von ›Symphony Of The Damned‹ eine edles Ende erfährt. Bleibt nur noch zu hoffen, daß der "Hobby-Status" eventuell doch wieder ein wenig angehoben wird und irgendwann doch noch ein neues Album eingespielt wird...
Gespannt warten die Fans danach auf die US-Legende OMEN, die von "Keep It True"-Chef Oliver Weinsheimer angesagt wird. Die Herrschaften aus Dallas, Texas eröffnen ihr Set mit ›Die By The Blade‹ und legen mit ›Death Rider‹ schnell und verdammt hart nach. Die Erwartungshaltung des Publikums wächst dadurch weiterhin, schließlich will es nicht anderes als ein cooles, amtliches "Old School-Brett" vor den Latz geknallt bekommen. Und genauso das gibt es auch! Wer Songs wie ›Ruby Eyes (Of The Serpent)‹ oder ›Warning Of Danger‹ im Talon hat, braucht sich vor einem Publikum wie diesem erst gar nicht weiter zu bemühen, sondern hätte an sich schon gewonnen. Doch Kenny Powell, Steve Wittig, Andy Haas und Kevin Goocher legen sich mit erkennbarer Begeisterung dermaßen ins Zeug, daß man von einer "Gala-Vorstellung" sprechen kann. Nicht nur die Intonation der Nummern stimmt, auch die Interaktion mit dem Publikum paßt. Unter anderem läßt uns Kevin grinsend wissen, daß die Band die Sonne aus dem heißen Texas mitgebracht hätte. Danke, ganz nett, wär' aber gar nicht notwendig gewesen... Doch Wetter hin oder her, die Sause erweist sich trotz sengender Hitze an diesem Tag als echtes Volksfest. Einzig das etwas eigenwillige Outfit von Kevin, dessen Oberarme von einer Art Ritterrüstung bedeckt sind, deren Elemente wohl durchaus auch bei einer Regenrinne ihren Zweck erfüllen würden, wirkt eher deplaziert. Ansonsten alles bestens, auch wenn man bei allem Verständnis für die alten Hits durchaus auch auf das noch in diesem Jahr (oder etwa doch nicht?) erscheinende neue Album hinweisen hätte können.
Auch wenn man den knackigen Hard Rock von Y&T durchaus schon mal dazu verwenden kann, sich davon "erwärmen" zu lassen, an diesem Samstagabend ist das nicht zwingend nötig. Die Band hingegen sehr wohl, alleine deshalb, weil nämlich den Herrschaften die Ehre zuteil wird, in einem sehr Metal-lastigen Billing einen rockigen Farbtupfer zu setzen. Das gelingt auch ganz famos, wobei allen voran einmal mehr das die blues-infiltrierte Spiel von Dave Meniketti herausragt. Der stets gutgelaunte und ebensolche Songs zum besten gebende Sympath schafft es einmal mehr, von Anfang für ausschließlich beste Stimmung zu sorgen. Seine Mannschaft erweist sich als ebenso prima eingestellt und läßt zu keiner Sekunde Zweifel an ihrem Vollprofi-Status aufkommen. Es folgt die Darbietung einer feinen Hit-Collection, die unter anderem ›Black Tiger‹, ›Open Fire‹ und ›I Believe In You‹ enthält. Dave ist ebenso in prächtiger Feierstimmung wie das Publikum, und so präsentiert er das programmatische ›Summertime Girls‹ als "dunkelste" Nummer des Tages, und nicht nur dieser Track wird bis in die hintersten Reihen mitgesungen und mitgesummt. Kurz: So muß das sein! Party pur, die zudem von den wunderbaren Background-Gesängen des Quartetts und den erlesenen Soli des Chefs belebt wird. Thank you, Y&T!
Eine spontane Idee von Joey Tafolla im Vorfeld des Festivals führt zu einer sehr speziellen und zudem relativ kurzfristig anberaumten Show in der Halle. Wie man von Joey weiß, hat er schon mehrfach seinem Idol Randy Rhoads in Form von Covershows gehuldigt, und von daher ist es auch seine Intention, unter dem Titel RANDY RHOADS TRIBUTE diverse Songs, die jedoch allesamt mit dem verstorbenen Gitarrenhelden in Verbindung stehen, zu spielen. Mit von dieser Part(y)ie zu Beginn des Programms in der Halle am dritten Festivaltag sind die JAG PANZER- Rhythmusfraktion Rikard Stjernquist und Aric Avina sowie Joey als "Dirigent", der mit seiner Sechssaitigen zwar den Chef gibt, sich jedoch mit viel Respekt den Kompositionen hingibt und auch bei den Soli die Nähe zu den Originalversionen beibehält. Obendrein scheint Joey auch die Bewegungsabläufe und Posen von Randy studiert zu haben und orientiert sich auch diesbezüglich an seinem Vorbild. Angeblich soll zwar bis kurz vor der Show nicht klar gewesen sein, welcher Sänger sich zu dem Unternehmen gesellen würde, doch die bereits einige Zeit zuvor zu vernehmenden Proben (aus der zu diesem Zeitpunkt noch gesperrten Halle) lassen keinen Zweifel daran aufkommen, daß auch JAG PANZER-Fronter Harry Conklin mit dabei sein würde. Den Einstieg ins Geschehen mit ›I Don't Know‹ liefert jedoch der erst kurz zuvor mit OMEN auf der Hauptbühne rockende Kevin Goocher, der seine Sache gut macht. Harry singt dann ›Flyin' High Again‹ und ›Steal Away (The Night)‹, ehe man in eine von den inzwischen zahlreich erschienenen Zusehern lauthals mitgesungene, recht hart intonierte Version von ›Paranoid‹ einsteigt. Zwar gibt es diverse Lästermäuler, die den Sinn in den SABBATH-Tracks nicht verstehen wollen, der Großteil der Zuschauer jedoch zeigt sich davon beeindruckt und geht begeistert mit. Als PORTRAIT-Sänger Per mit schickem OVERRDRIVE-Shirt die Bühne betritt gewinnt er zunächst einmal Sympathien. Wenig später aber auch Ansehen, denn mit ›Mr. Crowley‹ erzeugt er eine zentimeterdicke Gänsehaut durch seine Performance. Sehr fein! Nach einem nicht minder lautstark umjubelten ›Iron Man‹ gibt der Schwede das Mikro wieder an Harry, der ›Believer‹ zum besten gibt. Zwar fällt auf, daß Per irgendwie hingebungsvoller (und zudem unterhaltsamer, da er mit typischen Ozzy-Bewegungen über die Bühne hampelt) agiert, was die Gesangsperformance von Harry selbst betrifft, gibt es aber auch nichts zu meckern. Das gilt generell für die Umsetzung des Projekts insgesamt, wobei man auch die soundtechnische Leistung hervorheben muß, denn Joeys Gitarre klingt einfach himmlisch! Randy wäre stolz auf Dich!
Währenddessen ist die Stimmung vor der großen Bühne kurz vor ihrem Höhepunkt, was wieder einmal den - mit Verlaub - "Altmeistern" PRETTY MAIDS zuzuschreiben ist. Angeführt von einem bestens disponierten Ronnie Atkins und seinem nicht minder motiviert wie kompetent in die Saiten langenden Sidekick Ken Hammer intonieren die "Mädels" aus dem fernen Dänemark ein klassisches "Best Of"-Programm, mit dem man an sich schon gewonnen hätte. Doch es ist einmal mehr die Spielfreude und Animationskunst der Herrschaften, die ihren Auftritt zu einem "bombigen" macht. Egal, ob man den Fans mit unkaputtbaren Klassikern à la ›Lethal Heroes‹ oder ›Yellow Rain‹ (das zwar aufgrund des noch hellen Tages ohne gelbes Licht auskommen muß, aber dennoch bestens ankommt) die Ehre erweist, oder auf aktuelles Material wie ›Mother Of All Lies‹ (das sich inzwischen zu einem Opener der Spitzenklasse etabliert hat) zurückgreift, die Stimmung ist blendend. So gedeiht der Auftritt zu einem Triumphzug, den das Dänen-Kommando mit den wenig überraschenden, aber dennoch immer wieder gerne gehörten, unsterblichen ›Back To Back‹ und ›Future World‹ unter lautstarken Beifallsbekundungen beendet. Beide Daumen hoch - denn wie anhand des lautstarken Jubels zu vernehmen ist, fühlt sich das Publikum bestens unterhalten, genauer gesagt dermaßen gut wie am gesamten Wochenende noch nicht.
Auch am letzten Festivaltag mußte eine Band "Arschkarte" ziehen, konkret betroffen sind die Herrschaften von WARRANT. Zeitgleich mit den PRETTY MAIDS auf die Bretter der Halle zu müssen ist nämlich mit Sicherheit keine angenehme Angelegenheit, doch Jörg Juraschek und seine Truppe nehmen es mit Fassung und bedanken sich artig dafür, ihren im letzten Jahr verletzungsbedingt versäumten Gig nachholen zu dürfen. Auch an Spielfreude mangelt es der Formation keineswegs, und so bekommt die zwar bei weitem nicht volle, aber zumindest von eingeschworenen Fans bevölkerte Halle ein feines Programm geboten. Dieses besteht aus diversen Klassikern aus den 80er Jahren, aber auch das aktuelle Comeback-Werk »Metal Bridge« wird entsprechend vorgestellt. Der klassische Metal-Sound in traditioneller Machart kommt druckvoll und sauber aus den Boxen, während Jörg als Sänger und Bassist gute Figur abgibt und zudem versucht, die Meute immer wieder zum Mitmachen zu animieren. Das gelingt durchaus, wobei es jedoch auch sein könnte, daß die Zuseher einfach nur Angst haben, daß der in einigen Tracks den Backgroundsänger gebende "Henker" auf der Bühne einen schlechten Tag hat... Doch das hat er nicht, und die Meute braucht sich auch keineswegs Sorgen zu machen, schließlich unterstützt sie die Band tatkräftig. Kein Wunder also, daß selbst bei aktuellen Songs Nummern wie ›Come And Get It‹ das Mitsingen gut funktioniert und WARRANT nach einer soliden Vorstellung durchaus erfolgreich die Bretter wieder verlassen.
Nach fast drei Tagen musikalischer "Party" ist mit DREAM THEATER nun jene Band auf der Hauptbühne zu sehen, von der man annehmen mußte, daß eben jener Faktor flachfallen würde. Daß ihre ausufernden Prog-Epen dem feierwütigen Publikum jedoch sehr wohl munden, ist bereits nach einem soliden Start mit dem "Oldie" ›Afterlife‹ zu erkennen. Auch soundtechnisch gibt es von Anfang an nicht das geringste zu meckern, dermaßen fein nuanciert klingt keine andere Formation an diesem Wochenende. Dennoch scheint schon nach ›Metropolis Pt.1: The Miracle And The Sleeper‹ die Stimmung eher abzuflauen, weshalb sich die Reihen an "vorderster Front" gehörig lichten. Für jene Gourmets, die sich der Band hingebungsvoll widmen können und es dabei belassen, eher andächtig zu lauschen, wird ausnahmslos exquisiter Stoff vorgetragen (unter anderem folgen noch ›The Spirit Carries On‹ sowie ›Bridges In The Sky‹), eine nicht gerade geringen Anzahl an Fans, denen nach "Party" gelüstet, zieht sich jedoch eher aus dem "Pit" zurück, wodurch die Stimmung abfällt und es bei DREAM THEATER vergleichsweise still bleibt. Das ist insofern nachvollziehbar, da die Musik der Herrschaften ohnehin nicht für derlei Veranstaltungen geschaffen wurde, liegt aber wohl auch daran, daß es sehr wohl auch bereits erste Ermüdungsanzeichen am dritten Festivaltag gibt und man sich seine letzten Kräfte für den Headliner aufspart. Jede Wette, daß der Auftritt der Herren ein wohl auch im Nachhinein noch länger diskutiertes, weil polarisierendes Thema bleibt. Nicht zuletzt deshalb, weil aus James LaBrie - bei allem Respekt für seine Gesangsperformance - in diesem irdischen Dasein wohl kein Entertainer mehr werden wird...
Im Gegensatz zur eher schüchternen und wenig ausdrucksstarken Performance von James LaBrie erweist sich Nick Melissourgos als überaus gereifter Frontmann, wie man den SUICIDAL ANGELS generell attestieren muß, eine verdammt starke Vorstellung zu liefern. Die Burschen wirken nämlich nicht nur bestens gelaunt, sondern auch deutlich motivierter als auf der letzten Tournee. Spielfreude und Hingabe waren zwar ohnehin noch nie ein Thema, offenbar ist es aber die ehrenvolle Aufgabe, hier und heute mitmischen zu dürfen, daß sich das Hellenen-Quartett dermaßen ins Zeug legt und bestrebt ist, die Tracks mit Volldampf (und zumindest zum Teil in "überhöhter Geschwindigkeit") zu präsentieren. Mit Erfolg, denn die nach brachialem Thrash Metal hungrige Meute wird im Verlauf des Sets stetig größer und frißt den Griechen förmlich aus der Hand. Brachial-Granaten wie ›Seed Of Evil‹ oder ›Reborn In Violence‹ verfehlen ihre Wirkung daher auch nicht und verursachen im vorderen Teil des Publikums so manche "Detonation". Sprich, wildes Bangen und Moshen ist angesagt und das die gesamte Spielzeit über. Nicht zuletzt, weil die Band auch bei der Zusammenstellung der Setlist ein glückliches Händchen beweist. Intensiver als mit ›Moshing Crew‹ kann man eine Thrash-Show nämlich nur schwer beenden. Als programmatisch erweist sich dabei aber nicht bloß der Titel, der gesamte Refrain kann quasi erfolgreich umgesetzt werden: "Determination needed to pass it through - Jumping in the pit with the moshing crew". Ein mächtiges Thrash-Brett zwischendurch!
Nicht minder intensiv geht es in der Halle auch weiter, jedoch noch eine gehörige Schippe brutaler. Mit ASPHYX entert nämlich eine wahre Death Metal-Institution die Bretter, die nicht nur über eine treuen Fan-Gemeinschaft verfügt, sondern zudem auch von Traditionalisten ob ihrer Ehrwürdigkeit respektiert wird. Nachvollziehbar, schließlich hat die Band das Genre entscheidend mitgeprägt und zudem mit Martin van Drunen einen unverwüstlichen Frontmann von Format und Attitüde, dem man als "Vorstandsvorsitzenden" seine Intention einfach abnimmt. Zwar steht der Start unter keinem guten Stern, denn ein Gitarren-Verstärker scheint keine Lust auf Death Metal zu haben und verabschiedet sich "lautlos" wodurch einige Minuten Spielzeit flötengehen, doch die Niederländer wissen, mit einer zusätzlichen Dosis Brutalität dennoch als Sieger aus der "Schlacht" hervorzugehen. Van Drunen weist darauf hin, daß diese Band "es nicht nötig hat, sich hinter Masken zu verstecken und daher weder geschminkt ist, noch etwaige andere Hilfsmittel braucht, sondern Death Metal für Leute macht, die Death Metal auch verstehen". Ein Mann, ein Wort. Es folgt ›Deathhammer‹, das stellvertretend für diverse weitere Kracher aus dem Programm (unter anderem gibt es noch ›Wasteland Of Terror‹ sowie ›The Rack‹ zu hören) in gnadenlos brachialer Manier auf das Publikum niedergeht. Eine Machtdemonstration in Sachen brutaler Klänge!
Es gibt momentan wohl nur ganz wenige Bands, die ohne jegliches Gemecker als Headliner auf die Bretter dieses Festivals dürfen. Eine davon sind definitiv ACCEPT, und die erledigen ihre Sache zum krönenden Abschluß einmal mehr mit Bravour. Das Messegelände steht schon beim eröffnenden ›Stampede‹ förmlich Kopf, auch wenn das aufgrund des Gedränges inzwischen gar nicht mehr so einfach sein dürfte. Auch das folgende ›Stalingrad‹ erweist sich als "Burner", und als die Band zum ersten Mal Klassiker wie ›London Leatherboys‹ oder ›Restless And Wild‹ schmettert, gibt es kein Halten mehr. Es spricht wohl für sich, wenn man sich derlei Songs schon zu diesem Zeitpunkt "erlauben" kann, ebenso steht fest, daß diese Band nicht nur einen abermaligen Frühling erlebt, sondern sich generell in absoluter Topform befindet. Sänger Mark Tornillo hat sich längst perfekt eingelebt und weiß mittlerweile, selbst älteren Tracks seine Note aufzudrücken, hat aber seine besten Momente dennoch bei den neuen Nummern. Allen voran in der Huldigung ›Dying Breed‹, in der er zusätzlich den Animator gibt. Auffällig ist auch, daß er inzwischen mit dem Duo Wolf Hoffmann/Peter Balters auch in Sachen Show perfekt harmoniert. Neuzugang Uwe Lulis hingegen agiert im Hintergrund, liefert aber ebenso wie der neue Drummer Christopher Williams eine tadellose Vorstellung. Zum Thema "Headliner-Status" paßt perfekt, daß ›Princess Of The Dawn‹ in der zweiten Hälfe der "regulären" Spielzeit den umjubelten Höhepunkt darstellt, wobei auch die Gesangsdarbietung des Publikums imposant ist. Ob da nicht die ganze Stadt was davon hat? Anzunehmen, denn vor den Eingängen haben sich kurz vor Ende des Festivals einige Hundertschaften an Zaungästen eingefunden, die wohl auch die Refrains mitgrölen. Die Band hätte sich zu diesem Zeitpunkt durchaus ein kurzes Päuschen gönnen dürfen, man hätte es geräuschtechnisch nicht gemerkt. Für eine Pause sehen die Herrschaften auf den Brettern aber auch nach dem Ende des Sets mit ›Fast As A Shark‹ keinen Bedarf und lassen sich nicht lange bitten, um das Finale mit den Klassikern ›Metal Heart‹ und ›Balls to the Wall‹ sowie dem dazwischen nahezu ohne Stimmungsabfall intonierten "Frischling" ›Teutonic Terror‹ zu bestreiten. Ganz ehrlich, viel besser kann man eine Headliner-Show nicht ausfallen, weshalb man jenen vereinzelten, notorischen Nörglern, die sich im Vorfeld darüber mokierten, daß ACCEPT nun schon das dritte Mal binnen weniger Jahre in Balingen gastieren, als Zeuge dieser Show nur lauthals entgegenbrüllen kann: Und das ist auch GUT so! Amen.
Bevor es zum Gnadenstoß mit DESTRUCTION in die Halle geht, läßt es sich Veranstalter Horst Franz selbstredend nicht nehmen, sich bei allen Beteiligten gebührend zu bedanken. Während das einmal mehr gigantische Feuerwerk den schwäbischen Nachthimmel erhellt, gibt er auch noch die "Pensionierung", oder besser gesagt den Rückzug aus dem Festivalgeschehen seiner Mutter Erika bekannt. Das Publikum weiß auch ihre Dienste nach all den Jahren zu schätzen und läßt sich nicht lange bitten, um die Danksagung mit lautstarken "Erika"-Sprechchören zu quittieren. Und wie es sich gehört, wird zum Schluß noch auf die 21. Ausgabe des Festival im nächsten Jahr hingewiesen - erneut als dreitägiges Event. Auch wenn ein gnadenlos heißer, musikalisch überaus ertragreicher Tag sein Ende findet und binnen weniger Minuten die alljährliche "Völkerwanderung" vom Gelände raus einsetzt, haben einige Hundertschaften immer noch die Kraftreserven, um sich von den erwähnten deutschen Thrash-Helden eine letzten Genickschuß versetzen zu lassen. Der rohe Sound des Trios erweist sich dafür als optimal, und schon der grandiose Einstieg mit ›Curse The Gods‹ macht deutlich, daß sich Schmier, Mike und Vaaver keineswegs als "After-Show-Act" sehen, sondern von Anfang an Gas geben. Und zwar so sehr, daß man meint, die Herren müßten das Publikum erst einmal "anheizen". Die noch verweilenden, unentwegten Metal-Heads feiern die bei zwar nicht zwingend optimalen Sound-Verhältnissen (der dominante Baß wirkt in den ersten Songs regelrecht "erdrückend") durch ein gediegenes Best Of-Programm führende Band bis zum Ende hin entsprechend ab. Cool zu sehen, daß auch diverse Kollegen - allen voran die offenbar zur Gattung der "Party-Animals" zählenden HIRAX - es sich nicht nehmen lassen, zum Abschluß noch einmal die Birnen zu Abrißkommandos wie ›Nailed To The Cross‹, ›Mad Butcher‹ oder ›Eternal Ban‹ zu schwingen, ehe auch sie sich irgendwann einmal ausgelaugt und hundemüde, aber dennoch glückselig zur Ruhe zu begeben.
Als Fazit bleibt festzuhalten, daß sich die Reise auf die schwäbische Alb einmal mehr voll und ganz gelohnt hat und man dem Veranstalterteam nur gratulieren kann, schließlich ist die zwanzigste Ausgabe des Festivals zu einem echten Fest geworden, das einem Jubiläum mehr als nur würdig ist!
Wir sehen uns 2016, wenn es wieder heißt "Bang Your Head!!!".
Photos: Walter Scheurer [ARCH ENEMY, EXUMER, HIRAX, RANDY RHOADS TRIBUTE, WARRANT], Mark Gromen [Rest]
››››› weitere Artikel über ACCEPT ›››››
››››› weitere Artikel über ANVIL (CDN) ›››››
››››› weitere Artikel über ARCH ENEMY (S) ›››››
››››› weitere Artikel über ASPHYX (NL) ›››››
››››› weitere Artikel über BATTLE BEAST ›››››
››››› weitere Artikel über CRAZY LIXX ›››››
››››› weitere Artikel über DEATH ANGEL (US, CA) ›››››
››››› weitere Artikel über DESTRUCTION ›››››
››››› weitere Artikel über DREAM THEATER ›››››
››››› weitere Artikel über ENFORCER (S) ›››››
››››› weitere Artikel über EXCITER (CDN) ›››››
››››› weitere Artikel über EXUMER ›››››
››››› weitere Artikel über FINNTROLL ›››››
››››› weitere Artikel über GRAND MAGUS ›››››
››››› weitere Artikel über HARDCORE SUPERSTAR ›››››
››››› weitere Artikel über H.E.A.T ›››››
››››› weitere Artikel über HIRAX ›››››
››››› weitere Artikel über JAG PANZER ›››››
››››› weitere Artikel über J.B.O. ›››››
››››› weitere Artikel über KORPIKLAANI ›››››
››››› weitere Artikel über KREATOR ›››››
››››› weitere Artikel über LOUDNESS ›››››
››››› weitere Artikel über MORGANA LEFAY ›››››
››››› weitere Artikel über NITROGODS ›››››
››››› weitere Artikel über NOPLIES ›››››
››››› weitere Artikel über NUCLEAR ASSAULT ›››››
››››› weitere Artikel über OMEN (US) ›››››
››››› weitere Artikel über ONSLAUGHT (GB, Bristol) ›››››
››››› weitere Artikel über ORDEN OGAN ›››››
››››› weitere Artikel über PORTRAIT (S) ›››››
››››› weitere Artikel über PRETTY MAIDS ›››››
››››› weitere Artikel über PRIMAL FEAR ›››››
››››› weitere Artikel über PRIMORDIAL (IRL) ›››››
››››› weitere Artikel über QUEENSRŸCHE ›››››
››››› weitere Artikel über REFUGE (D, Herne) ›››››
››››› weitere Artikel über "Randy Rhoads Tribute" ›››››
››››› weitere Artikel über SABATON ›››››
››››› weitere Artikel über SEPULTURA ›››››
››››› weitere Artikel über SONATA ARCTICA ›››››
››››› weitere Artikel über STORMWITCH ›››››
››››› weitere Artikel über SUICIDAL ANGELS ›››››
››››› weitere Artikel über TANK (GB) [I] ›››››
››››› weitere Artikel über TYGERS OF PAN TANG ›››››
››››› weitere Artikel über WARRANT (D) ›››››
››››› weitere Artikel über W.A.S.P. ›››››
››››› weitere Artikel über Y&T ›››››
››››› weitere Artikel über "Bang Your Head!!!"-Festival ›››››