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Contents: HAMMERFALL/VIRGIN STEELE/FREEDOM CALL-''Living Underground''-Artikel |
Date: 13.02.2001 (created), 24.07.2022 (revisited), 12.03.2023 (updated) |
Origin: HEAVY, ODER WAS!? |
Status: published |
Task: from paper to screen |
Comment: Ich kann mich noch gut an diese Show erinnern. Nicht nur, weil VIRGIN STEELE hier noch in wirklich begeisternder Form zu erleben waren, die meilenweit von dem späteren Schwurbel-Pathos entfernt war. Nein, es war auch der Eindruck des Einzugs der HAMMERFALL-Heroen über die "Burgbrücke". Die Schweden hatten es nämlich wirklich geschafft, mit einfachen Mitteln ein effektvolles Bühnendesign aufzubauen.
Da bei den bereits im UNDERGROUND EMPIRE online veröffentlichten Artikeln bei der Portierung der HEAVY, ODER WAS!?-Seiten nur ein kleines Thumbnail der HOW-Story zu sehen ist, von dem aus man zu der bereits veröffentlichten, meist umfangreicheren Version gelangt, soll diese kleine Graphik im Falle einer noch nicht online zu findenden Story nun hier auftauchen: |
Supervisor: Stefan Glas |
HAMMERFALL
VIRGIN STEELE
FREEDOM CALL
Stuttgart, Longhorn
10.02.2001
Keine Tickets mehr? Das darf's doch nicht geben," wimmerte mein Nebenmann an der Abendkasse verzweifelt. Die bittere Wahrheit für dich, junger Mann: Das lange Horn war bis zum Rand gefüllt und wartete darauf, daß drei Bands sich daran laben konnten.
Bei FREEDOM CALL war absolut nicht zu spüren, daß ein Supportact zugegen war: Es gab Licht auf der Bühne, so daß die Fans nicht nur Silhouetten über die Bretter huschen sahen, der Sound war amtlich, und mit 40 Minuten hatte man der Band mehr Spielzeit zugestanden als das für eine dritte Band in einem solchen Package üblich ist. Erfreuliche Indizien, die darauf hindeuteten, daß es bei der Tour zwischen den Bands sehr fair zuging.
Und FREEDOM CALL machten was draus: Sie spielten einen Mix aus Songs des Debuts sowie der neuen Scheibe »Crystal Empire«, von der Sänger und Gitarrist Chris Bay stolz verkünden konnte, daß sie gerade in die Charts eingestiegen war. Sein Kollege an der Klampfe, Sascha Gerstner, gefiel derweil nicht nur mit gekonnten Soli, sondern auch mit einem kultigen "Ernie und Bert"-Aufnäher auf seinem Stageoutfit. Das war allerdings bestimmt nicht der Grund dafür, daß FREEDOM CALL bis in die hintersten Reihen des "Longhorns" lautstark bejubelt wurden. Verdient hatten sie es in jedem Fall, denn der Vierer hatte eine energiegeladene, schweißtreibende Show geboten.
Kein einfaches Unterfangen für VIRGIN STEELE, diese Stimmung am Kochen zu halten. Daher brachten sich die Amis mit Räucherstäbchen ("Nag Chamba" würde ich mal vermuten) in Stimmung: Die Duftspender wurden an den Monitorboxen festgeklebt und lieferten einen erfreulichen Kontrast zu dem ansonsten üblichen Zigarettenqualm. Als die Band die Bühne betrat gab es die nächste Überraschung: Heuer hatten es alle Musiker bis nach Germany geschafft. Wir mußten also nicht wie beim letztjährigen "Bang Your Head!!!" mit einer Trioformation vorlieb nehmen, sondern bekamen die gesamte Herrlichkeit präsentiert: VIRGIN STEELE mit einem echten, lebendigen Basser!
Wie gewohnt blockierte das Keyboard von David DeFeis die Mitte der Bühne, was die Bewegungsfreiheit der Band ein wenig einschränkte. Doch David konnte wie immer in Sachen Posing und Gesang rundum überzeugen. Erstaunlich wie er immer noch die hohen Töne packt - obwohl er, wie meine Nachbarin treffend bemerkte, nicht seine engen Lederhosen trug. VIRGIN STEELE arbeiteten sich langsam aber sicher in ihrer Karriere rückwärts und erreichten schließlich zum Ende ihres Sets einen alten Kracher, auf den viele gewartet hatten: ›Burning Of Rome‹ war der Abschiedsgruß, den David & Co. uns perfekt um die Ohren schmetterten. Doch die Zugabe war das Zuckerl schlechthin, und dieser eine Song allein wäre Grund genug gewesen, an diesem Abend ins "Longhorn" zu pilgern: VIRGIN STEELE spielten endlich mal wieder ihren ultimativen Klassiker ›Noble Savage‹. Das verschaffte sicherlich nicht nur mir einen gigantischen Abgang, so daß kaum jemand moserte, als VIRGIN STEELE schon nach 60 Minuten das Feld räumen mußten.
Wenngleich es mittlerweile unverständlicherweise mehr und mehr zur Mode wird, HAMMERFALL mit Unkenrufen zu bedenken, zeigte die Band aus Göteburg an diesem Abend, daß sie dies eiskalt läßt: Sie feierten zusammen mit ihren Freunden eine tierische Metalparty, von der garantiert niemand enttäuscht nach Hause ging.
Zur Eröffnung der Show hatte man den Hauptdarsteller des »Renegade«-Covers auf die Bühne gebeten, der standesgemäß den Hammer schwingen durfte. Unterstützt durch geschickte pyrotechnische Effekte wurden wir dann den Rest der Bühnenshow gewahr: Das Drumset war quasi in eine Burg eingebettet. Nun wurde die Zugbrücke herabgelassen, so daß der Blick auf die beiden HAMMER-Gitarristen Oscar und Stefan freigegeben wurde. Alle Musiker waren komplett in schwarzes Leder und Nieten gehüllt (sieht man von Stefans spacig-silbernen Hosen ab) und sahen somit perfekt klischeehaft aus. Die heißgeliebten Metalklischees instrumentalisierte auch Sänger Joacim zur Genüge, als er die "templars of steel in Stuttgart" begrüßte und den "metal" beschwor, der "back" ist. Doch er trieb es nie so weit, daß es peinlich oder lächerlich geworden wäre. Welch instinktsicherer Frontmann er geworden ist bewies er beim Mitsingteil von ›Legacy Of Kings‹: Joacim hatte ein Phonmeter mitgebracht und verstand es mit dessen Hilfe geschickt, das Publikum zu extatischen Schreiorgien anzustacheln: "Hey, das hatten die zu Hause in Göteborg besser drauf!" So konnte man ihm problemlos verzeihen, daß seine Stimme nicht so dynamisch wie gewohnt klang: Schließlich mußte der Shouter am Tag zuvor noch einen Arzt aufsuchen, der ihm eigentlich das Singen für einige Tage verboten hatte. Doch HAMMERFALL waren glücklicherweise dennoch gekommen - wenngleich sie schon nach 80 Minuten den Schlußstrich zogen: Bei ›Hammerfall‹ durfte Oscar noch mal ein wenig Feuerspucken, bevor sich die Recken wieder in ihr Gemäuer zurückzogen und die Zugbrücke wieder geschlossen wurde.
Und der arme Kerl saß immer noch neben der Abendkasse, um Jahre gealtert, mit grauen Haaren und Sorgenfalten in dem vor wenigen Stunden noch so frischen, jungen Gesicht. Aber er hatte schließlich allen Grund dazu, denn der akustische Eindruck durch eine Wand hindurch reichte nicht aus, um dieses Konzert komplett wertschätzen zu können.
Photos: Stefan Glas
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© 1989-2023 Underground Empire |
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