Wenn Ihr zum "Sweden Rock Festival" kommt, packt Euch solides Schuhwerk ein: Das Festivalgelände ist riesig und liegt wunderschön direkt am Meer, so daß man unbedingt jeden Winkel erkunden sollte. Vor allem solltet Ihr Euch nicht entgehen lassen, nach Abschluß der Auftritte am Strand zu sitzen und zu genießen, daß es mitten in der Nacht immer noch ein wenig hell ist und sich am Horizont permanent die Morgenröte abzeichnet.
Es gibt noch eine Kleinigkeit, die man nicht vergessen sollte: Sonnenmilch. Zwar ist der Seewind allgegenwärtig, so daß man trotz brennender Sonne nie richtig ins Schwitzen kommt, dennoch sollte man stets dran denken, regelmäßig Sonnenschutz aufzutragen, um nach dem Festival nicht zu glühen wie das Signalfeuer des Leuchtturms, welches man am Strand ebenfalls beobachten kann.
Die deutsche Journalistenmeute, die am 6. Juni in Kopenhagen landet, hat diese Grundregeln beherzigt, so daß wir nur positive Impressionen mit nach Hause bringen können. Vorbei an den Örtchen Nåsum und Näsum (während wir Bürzüm nicht passieren) dauert es von der dänischen Hauptstadt aus eineinhalb Stunden per Shuttle, bis man das Festivalgelände in Sölvesborg erreicht. Sölvesborg liegt auf einer kleinen Landzunge an der schwedischen Südküste und befindet sich zwischen den beiden nächsten größeren Städten Kristianstad und Karlshamn.
Abgesehen von seiner Nähe zum Meer ist das gesamte Gelände mit Gras bewachsen, und zwei der vier Bühnen sind am Fuß eines Hügels gelegen, so daß man sich perfekt in die Wiese pflanzen kann, um den Bands zu lauschen. Die Skandinavier sorgen für eine superrelaxte Atmosphäre, und man kommt alle Naslang mit einem - natürlich mehr oder minder angeheiterten - Festivalbesucher ins Gespräch. Außerdem war 2002 kein einziger Ausfall bei den Bands zu beklagen und alle Truppen rockten sich den Allerwertesten ab.
Während wir eintreffen, starten FATAL SMILE auf der Nachwuchsbühne, der "Spendrups-Stage", und geben anschließend an die THIN LIZZY-Coverband THIN LIPZTICK ab. Folglich sind MANTICORA die erste Band, die ich begutachten kann, und die Dänen sorgen gleich für eine handfeste Überraschung: Man präsentiert sich als äußerst tighte Band und spielt einen erstklassigen Set, der hauptsächlich Songs vom letzten Album »Darkness With Tales To Tell« enthält und durch ›Future World‹ von PRETTY MAIDS beendet wird.
Nach diesem amtlichen Start für den Schwedenexkurs legen LEFAY fett nach. Bei ihrem Comeback im alten Line-up blasen die Jungs aus Bollnäs über die Bühne, daß es eine wahre Freude ist, und Sänger Charles Rytkönen grimmassiert und kaspert rum wie man es von ihm schon früher gewohnt war. Die Band hat während ihrer Auszeit also nichts verlernt, so daß zu hoffen bleibt, daß der Neustart im Hause LEFAY unter einem besseren Stern steht als die erste Episode.
M.ILL.ION machen von der ersten Sekunde an klar, daß sie die geborenen Poser sind und vor allem Basser B. J. Laneby stolziert wie ein Pfau über die Bretter. Zum Glück liefern die millionenschweren Buben zugleich einen amtlichen Melo-Gig, so daß sie mehr als nur heiße Luft anzubieten haben.
Zum Abschluß folgt in SAVOY TRUFFLE eine der faszinierendsten Bands des Festivals: Die fünf Japaner (von denen zwei als Drummer fungieren) machen Southern Rock und klingen, als hätte man ihnen schon bei der Geburt ein "The South Will Rise Again" auf die Pobacken tätowiert. Als der Sangesmann dann sogar noch die Mundharmonika auspackt, vergißt man komplett, daß die Jungs aus Fernost stammen. Und dann ist es leider Zeit, zu den Klängen des Japaners mit der Mundharmonika das Festivalgelände zum ersten Mal zu verlassen.
Da die Schweden bei der Fußballweltmeisterschaft an diesem Morgen 2:1 gegen Nigeria gewinnen, sind jede Menge Leute fit, um CRYONIC TEMPLE zu begrüßen. Die Band wird zwar gewiß keinen Schönheitspreis gewinnen, aber mit ihrer energiegeladenen Show, einem wild bangenden Sänger und starken Songs vom aktuellen Album, das just bei UNDERGROUND SYMPHONY erschienen ist, serviert man eine gute Eröffnung des Tages.
Bei EVERGREY geht leider das altbekannte Elend weiter: Musikalisch wird die Band von Album zu Album genialer und ihr letztes Werk »In Search Of Truth« war eines der absoluten Highlights des letzten Jahres, doch leider hat sich ihre Bühnenqualität nicht entsprechend entwickelt. Daher kann die Band auch beim "Sweden Rock" die Ausstrahlung ihrer Musik nicht live vermitteln.
Man sagt uns Deutschen nach, superpünktlich zu sein, doch FREEDOM CALL können dies nicht bestätigen und beginnen ihre Show mit geschlagenen 25 Minuten Verspätung. Doch deswegen gibt es keinen Streß mit den Organisatoren des Festivals, sondern man gestattet der Band, diese Minuten einfach an ihre Spielzeit dranzuhängen. Die Fans, die den Raum bis zum Mischpult füllen, feiern die Band wie schon auf der gerade vonstatten gegangenen Tour mit BLIND GUARDIAN ab. FREEDOM CALL untermauern also erneut, daß sie mittlerweile die besseren HELLOWEEN sind, obwohl der Schunkelfaktor manchmal unerträglich hoch ist.
Viele sind gekommen, um DREAM EVIL, die Band um Starproduzent Fredrik Nordström, zu sehen, und es sind garantiert nicht nur Mucker, die Fredrik schon produziert hat. Nach ihrer überraschend starken CD »Dragonslayer« beweisen die Jungs, daß es sich hier um mehr handelt, als einen Produzenten, der Bock drauf hat, auch mal selbst loszurocken. Wenngleich man in Sachen Stageacting nicht perfekt aufeinander eingespielt ist, agieren bei DREAM EVIL doch sehr gute Musiker, die der Band eine echte Zukunftsperspektive geben. Und mit Ronnie Hellström-Lookalike Snowy Shaw an den Drums ist die Truppe immer für einen Hingucker gut...
Philomena Lynott, die Mutter des verstorbenen THIN LIZZY-Fronters Phil Lynott, gehört zu den geladenen Gästen. Ihr wird nun die Ehre zuteil, auf der "Festival-Stage" das "Sweden Rock" offiziell zu eröffnen und DOC HOLLIDAY anzusagen. Die beginnen ihren herrlich rock- und rolligen Set zum Dank mit der LIZZY-Nummer ›Jailbreak‹. Bei den Herren Doktoren sticht besonders Keyboarder Eddie Stone ins Auge, der zwischen seiner Hammond und dem riesigen Analogverstärker Platz genommen hat und voller Stolz sein MEGADETH-Trikot zeigt.
Auf der "Spendrups-Stage" geht derweil die nächste gute skandinavische Nachwuchstruppe an den Start: STEEL ATTACK. Die Jungs feuern einen gelungenen Gig ab, geben jedoch Outfit-technisch ein arg uneinheitliches Bild ab. Den Overkill liefert dabei der Baßmann mit seinen HAMMERFALL-Stiefeln, Sweden-Shorts und einseitigem Pipi Langstrumpf-Zopf. Die musikalische Krönung stellt hingegen der beste STEEL ATTACK-Song, die Schlußnummer ›The Beast‹, dar.
Derweil gelingt es Doro mit links auf der "Rock-Stage", die schwedischen Massen an sich zu reißen. Schon bevor Fräulein Pesch die Bühne betritt, fordert das Publikum stürmisch nach ›All We Are‹. Das läßt sich die deutsche Metal-Königin nicht zweimal sagen und gibt bei ihrem ersten Skandinavien-Auftritt seit zehn Jahren eine high-energy Show zu besten.
Schlechte Karten für FIVE FIFTEEN: Gegen die geballte Power einer deutscher Metallady und der schwedischen Stahlattacke haben die Jungs kaum eine Chance, so daß sich nur ein kleines Grüppchen vor der "Sweden"-Stage versammelt. Wer hingegen auf Siebziger-Sound à la PURPLE steht, erhält eine Show, die definitiv mehr wert ist als fünf Eumel fünfzehn.
Die nächste Überraschung hat John Kay mit STEPPENWOLF parat: Keine Spur von vertrockneten Altrockern, sondern man spielt einen erstaunlich starken Gig und John ist stimmlich in bester Verfassung. Und daß die Menge bei Songs wie ›Rock'n'Roll Rebels‹ oder - natürlich - ›Born To Be Wild‹ ausrastet, versteht sich von selbst. Es ist wie vor 30 Jahren: STEPPENWOLF ist immer noch die perfekte Musik, um sich auf die Wiese zu fläzen und den Sommer der Liebe zu genießen.
Deswegen verpasse ich fast LOCOMOTIVE BREATH, die aktuelle Band von Ex-OVERDRIVE-Gitarrist Janne Stark. Zwar hat er mittlerweile mit "überfahrenen" Klängen nix mehr am Hut, sondern zieht heavy-rockig durch die Gegend. Als erfahrene Hasen lassen die Jungs, die ihren Bandnamen bei JETHRO TULL geklaut haben, nichts anbrennen und absolvieren eine solide Show.
GAMMA RAY hingegen können nicht den gleichen Drive aufbringen wie bei der Tour vor wenigen Monaten. Doch das stört die Freaks vor der Bühne nicht im Geringsten, die ein Höllenspektakel fabrizieren, so daß Henjo den gesamten Gig mit einem Dauergrinsen im Gesicht absolviert.
Die Stuttgarter Südstaatler von LIZARD entgehen mir jedoch komplett, da ich mich einfach nicht von MANFRED MANN'S EARTH BAND losreißen kann. Die Routiniers spielen einen genialen Set, bei dem sie ihre Stücke endlos in die Länge ziehen und oft minutenlang improvisieren. Als Tribut an die generelle stilistische Ausrichtung des "Sweden Rock Festival" streut man sogar bei ›Mighty Quinn‹ das ›Smoke On The Water‹-Riff ein. Auf jeden Fall habe ich gelernt, daß es der Vorstellung vom Paradies verdammt nahe kommt, bei MANFRED MANN im Gras zu liegen, sich die Sonne auf den Pelz brennen zu lassen und dabei mitzuhelfen, den "song of freedom", den ›Redemption Song‹, zu singen.
Anschließend gibt es die erste Änderung im Billing zu vermelden: Statt der geplanten ZOOL, der MOAHNI MOAHNA-Nachfolgecombo, treten AURORA auf, die guten progressiven Metal mit erstklassiger Gitarrenarbeit spielen und Vocals präsentieren, die teilweise bis zum Brüllgesang "abweichen".
Zielstrebig steuern wir das Highlight des Tages an: die erste Comebackshow der Doom-Heroen CANDLEMASS. Zwar hat der Wind die Kerzen auf der Bühne binnen Sekunden ausgeblasen, doch die Band bringt umgehend die Bretter zum glühen. Vor allem Messiah hat nichts von seiner Ausstrahlung verloren, reißt die Leute von der ersten Sekunde an sich und führt in seiner neuen Kutte aus schickem Satinstoff seine altbekannten Tollwuttänze auf. Die Fans stehen bis hinter das Mischpult und feiern CANDLEMASS euphorisch ab. Die Band spielt einen grandiosen 90-minütigen Gig und während der gesamten Zeit geht die Sonne unter und verschwindet dennoch nicht vom Himmel.
Deswegen müssen DAMNED NATION in die Röhre kucken, und ich pilgere anschließend zu jener Band, die in ihrer Karriere einmal eine Rhythmusspur eingespielt hat und sie seither immer wieder recycelt: STATUS QUO. Das lassen sich auch Kai und Henjo von GAMMA RAY nicht entgehen und rocken vom Photograben aus mit. Besonders imposant sind die weißen MARSHALL-Türme anzusehen, vor denen Francis Rossi unbekümmert wie ein Jungspund losrockt und Rick Parfitt selig sein Kaugummi knaaatscht.
Wer es hingegen etwas metallischer mag, verfolgt stattdessen VIRGIN STEELE als Headliner auf der Nebenbühne. Die Jungs um David DeFeis absolvieren ihren einzigen Auftritt in diesem Jahr in Europa (sieht man von zwei Warm-up-Show in London und Bochum ab), der ohne besondere Höhen und Tiefen verläuft.
Schließlich fällt der Startschuß zur "Crucible"-Tour: Onkel Rob begrüßt die Photographen stellvertretend für die ganze Presse mit einem herzlichen "Fuck You" und ist auch ansonsten erstaunlich vital. Zwar verschanzt er sich oft hinter den Monitorboxen und seinem Teleprompter, doch bewegt er sich mehr über die Bühne als noch auf der "Resurrection"-Tour. Die vielen Nieten auf der neuen Jacke wollen eben Auslauf haben... Als humoristischer Höhepunkt der Show erklärt Rob den Fans, daß sie sich das neue HALFORD-Album wie schon das 5-Track-Demo bestimmt kostenlos im Internet downloaden können. Doch anschließend fleht er sie an, dies nicht zu tun, weil er dringend die Kohle bräuchte... Auch Götter belieben gelegentlich zu scherzen.
Auch ohne einen flotten schwedischen Kick gelingt der Einstieg in den letzten Tag des "Sweden Rock Festival" prächtig: SNAKEGOD sind mit ihren frischen Melodictönen das Richtige, um sich auf die neue Runde einzustimmen. Zwar liegt Sänger Jari Tiura streckenweise ein wenig daneben, doch das trübt kaum die flotte Performance der schlängelnden Götter.
Und wem das zu leicht ist, wird durch die ruppigen Töne, mit denen MELDRUM auf die Bühne gehen, besser wachgeklingelt. Zumindest sorgt MELDRUM-Sängerin Moa dafür, daß der männliche Anteil der Festivalbesucher kerzengerade in ihren Kojen steht: Diese Frau ist auf der Bühne Sex pur. Bei ihrem Anblick und Gebaren ist es schwer, sich daran zu erinnern, daß die bekannteste Akteurin eigentlich Namensgeberin Michelle Meldrum ist.
Doch ihr Gegenpart auf der "Rock"-Stage braucht sich dahinter kaum zu verstecken, denn auch 220 VOLT-Sänger Christer Nääs präsentiert sich als guter Showmann. Die Stromboys wirken zu keinem Moment so, als sei die Band nur für eine Reunionshow hier, sondern als seien hier routinierte Liverecken am Werk. Zwar sieht man den Musikern ihr Alter an, aber niemand wirkt wie potentielles Krematoriumsfutter. Spätestens bei ›Firefall‹ vom '84er Klassealbum »Powergames« gibt es kein Halten mehr, so daß 220 VOLT sogar eine Zugabe über ihre reguläre Spielzeit hinaus geben dürfen.
FRETERNIA haben an der "Spendrups-Stage" ein ganz spezielles Intro: Von einem Merchandisestand erschallt ›Geschwisterliebe‹ von den ÄRZTEN. Das versteht die Band mit ihrem Epic/True Metal locker zu übertönen. Showtechnisch tut sich besonders der neue Basser hervor, der sein Langeisen wie ein Profirockstar über die Bühne führt und dabei vor lauter Begeisterung seinen Mikroständer in den Photograben kickt.
Am anderen Ende des Geländes flattert inzwischen eine Federboa am Mikrophonständer allein im Wind, denn HANOI ROCKS haben sich verspätet. Doch dann passiert das, was keiner für möglich gehalten hat - zumindest keiner, der die beiden Hauptakteure Michael Monroe und Andy McCoy bei der Pressekonferenz am Tag zuvor erlebt hatte: HANOI ROCKS rocken wie Sau und fallen dabei nicht von der Bühne. Zwar hat besonders McCoy seine redliche Mühe, in der Senkrechten zu bleiben, aber sogar eine neue Nummer wie ›Rocking‹ kann enorm arschtreten. Sehr hilfreich ist dabei sicherlich, daß die beiden eine geile Band mitgebracht haben, die enorm gut groovt. Folglich darf man gespannt sein, was HANOI ROCKS bei diesem neuen Anlauf zustande bringen werden.
Nur eine Handvoll hat sich zu RECLUSION verlaufen, die mit ihrem Thrash mit Deathgesang nur dank gelegentlicher guter Gitarrenparts über den Durchschnitt hinauskommen. Aber immerhin können sie sich den Titel "härteste Band des Festivals" an Revers heften.
Doch RAGE haben keine Probleme, dies wegzublasen. Vor allem ist es interessant, Mike Terrana anzuschauen, der mit seinem Irokesen wie eine Kreissäge hinter dem Drumset anmutet. Ähnlich kultig und nicht ohne eine gewisse Ironie: Während die RAGEr ihren Schlußsong ›Don't Fear The Winter‹ zum Besten geben, brennt die Sonne mit mehr als 30 Grad vom Himmel und am heutigen Tag ist der Wind deutlich schwächer als zuvor, so daß man nun wirklich allen Grund hat, kräftig zu schwitzen.
Parallel dazu hoppeln die Mädels von der GIRLSCHOOL überraschend frisch über die "Rock-Stage". Wie auf der gerade stattgefundenen Tour sorgen die Ladies für viel gute Laune und zeigen, daß ein paar Falten mehr keine Rolle spielen, wenn man noch solch gelungene neue Nummern wie ›Mad Mad Sister‹ schreiben kann.
Leider mußten die deutschen SQUEALER ihren Auftritt beim "Sweden Rock" absagen, so daß als Ersatz SLOWGATE einspringen und RECLUSION demonstrieren, wie man Thrash sehr viel amtlicher inszenieren kann. Kein Wunder, schließlich ist hier Gitarrist Nicke Johansson dabei, der schon bei MANINNYA BLADE und HEXENHAUS gedient hatte. Allerdings müssen die Jungs noch verstärkt an ihrem lahmen Stageacting arbeiten.
MAGNUM servieren die perfekte Musik für den Nachmittag beim "Sweden Rock Festival". Das sehen die Festivalbesucher offensichtlich genauso und versammeln sich zahlreich vor der Bühne und lassen die Band ohne Ende hochleben, was Meister Catley in seiner altbekannten Grinsekatzmanier quittiert. Leider soll Gitarrist Tony Clarkin nach dem Auftritt einen Herzinfarkt erleiden. Seine Ärzte erteilen ihm daraufhin Auftrittsverbot bis zum Herbst, so daß MAGNUM ihren Auftritt beim "Bang Your Head!!!" canceln müssen. Hoffentlich wird Tony möglichst bald genesen sein, so daß die Band wieder aktiv werden kann.
Das Pressezelt feiert nun die Ankunft des Mannes, der sich mit einer Stretchlimousine zum Festivalgelände chauffieren ließ: Ted Nugent. Er gibt eine Pressekonferenz, bei der er erläutert, warum er seit Jahren nicht mehr in Europa aufgetreten ist ("I have the best band and the best crew in the world. So if you want me you have to pay a lot of money. Real money - not your Euro-Pesos!") oder über die bevorstehende Show referiert ("If you are vegetarian and you think that animals have rights, then you're gonna shit blood tonight!") Natürlich schafft er es, bei jeder Frage zu seiner Jagdleidenschaft abzuschweifen und spart nicht mit polemischen Statements. Kurz: The Nuge feiert sich selbst und die Scheinwelt, in der er lebt.
Leider entgehen mir aufgrund dieser "Performance" WOLF komplett, so daß ich mich mit einer Portion MOTÖRHEAD trösten muß. Lemmy betritt die Bühne mit einem freundlichen "We are MOTÖRHEAD. And we're gonna fuck you up!" und dann erlebt man endlich mal wieder ein paar Motörköpfe, die gut beieinander sind, und deutlich besser auf die Kacke hauen als bei den Festivals im letzten Jahr. Hoffentlich bleibt uns Lemmy in dieser Form noch lange erhalten!
Das ist natürlich harte Konkurrenz für FREAK KITCHEN, die gleichzeitig auf der "Sweden-Stage" loslegen. Obgleich das Trio hierzulande nahezu unbekannt ist, scheinen sie in ihrer Heimat sehr beliebt zu sein und erhalten tierische Resonanz beim Publikum. Die Jungs bieten Frickelextase pur, die aber immer wieder mit geilen Melodien durchsetzt ist. Unter modischen Gesichtspunkten kann besonders Basser Christian Gronlumd mit seinem urkomischen Käppi und abgeklebten Brustwarzen überzeugen.
Ein weiteres ganz besonders Bonbon beim "Sweden Rock Festival" sind DESTINY, die Truppe um den unkaputtbaren Basser Stefan Björnhög, der die Band schon seit über 15 Jahren am Leben erhält. Mit seiner aktuellen Mannschaft erteilt er allen eine Lehrstunde in Sachen reiner, unverfälschter Power Metal. Insider munkeln, daß DESTINY kurz vor dem Abschluß eines neuen Plattendeals stehen, so daß wir diesen metallischen Telekolleg demnächst hoffentlich auch wieder zu Hause besuchen können. Daumen drücken!
Mit der Amiflagge an seine Amps getackert, tritt Ted Nugent genauso großspurig auf wie man es nach der Pressekonferenz erwarten konnte - "I know you've been missing me, right?" Während der Show packt Ted seine Les Paul mit der US-Flagge aus - "You like the sound of that American guitar, don't ya?" Gottlob vergißt das Großmaul nicht, zu rocken wie die Hölle, so daß es leicht fällt, über seine Sprüche zu schmunzeln. Bei seinem Europaexkurs wird Ted wie immer kompetent von Basser Marco Mendoza unterstützt. Lediglich Drummer Tommy Aldridge mußte zu Hause bleiben, da er sich kurz zuvor eine Verletzung zugezogen hatte. Rundum eine coole Show, allerdings eine kleine Kritik mußt Du Dir gefallen lassen, lieber Teddybär: Später kommen und früher gehen ist wahrlich nicht die feine amerikanische Art, wenn man sich nur einmal im Jahrzehnt in Europa blicken läßt. Etwas mehr als 75 Minuten Spielzeit hätten wahrhaftig drin sein müssen!
Obwohl der Ansturm zur Nuge-Extase gigantisch ist, müssen LOST HORIZON keinesfalls mutterseelenallein ihre Show spielen. Im Gegenteil, die Jungs scheinen in ihrer Heimat einen beachtlichen Status zu genießen, so daß sich den kompletten Hang hinauf Fans versammelt haben, die förmlich ausrasten. Das treibt die Band, die natürlich wieder bis über beide Ohren bepinselt auftritt, zu Höchstleistungen an, so daß LOST HORIZON deutlich mehr knallen als in Wacken im letzten Jahr.
Es wird Zeit für den Höhepunkt des Tages, der den Namen Bruce Bruce trägt. Meister Dickinson hat für seine Festivalshows einen Teil seiner "Skunkworks"-Band reaktiviert. Gemeinsam spielt man einen mitreißenden, lebendigen Gig, der tausendmal mehr Spaß macht als das perfekte, aber seelenlose Metal-Entertainment, das MAIDEN bei den "Metal 2000"-Festivals aufgefahren hatten. Zwar hat Bruce während der ersten Songs argen Streß mit seinem Monitorsound, doch das hält ihn nicht davon ab, in seiner unnachahmlichen Art vom Anfang bis zur Zugabe (in Form vom Tom Jones' ›Delilah‹) das Publikum zu packen. Da hat selbst ein guter Blueser wie Michael Katon keine Chance und darf ungesehen auf der "Sweden-Stage" aufspielen.
Den Schlußpunkt dürfen die Sachsen setzen. Biff (der sich in seinem langen Mantel garantiert totgeschwitzt hat) steht wie der Hohepriester des Metals auf der Bühne und predigt mit weitausholenden Armbewegungen zu seiner Gemeinde. Auch wenn es mittlerweile zu einer abgegriffenen Phrase geworden ist, ihre Richtigkeit hat sie nicht eingebüßt: SAXON sind live immer eine Bank!
Wie im Fluge sind drei Tage vollgepackt mit 43 Bands vergangen, die nur ein Resümee zulassen: Das "Sweden Rock Festival" ist das sympathischste Festival Europas, das Ihr Euch im nächsten Jahr nicht entgehen lassen solltet. Allerdings solltet Ihr keinesfalls via Amsterdam fliegen, denn dann habt Ihr eine verdammt gute Chance, das gesamte Festival ohne Gepäck zu verbringen. Der Amsterdamer Flughafen hatte in diesem Jahr nämlich nicht nur die Koffer mehrerer Bands verschlampt, sondern erreichte diesbezüglich auch beim Gepäck der deutschen Journalistengesandtschaft eine 25-prozentige Trefferquote.
Photos: Stefan Glas
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