Y-Files-Datasheet |
Contents: SIEGES EVEN-Interview |
Date: 29.06.1990 (created), 25.08.2009 (revisited), 22.01.2022 (updated) |
Origin: METAL HAMMER |
Status: published |
Task: from paper to screen |
Availability: original printed issue possibly still available, check here! |
Comment: Es war mein erstes Interview, das ich für den METAL HAMMER strickte, bei dem in der Tat nur ein Bruchteil des eigentlichen Wortwechsels verwendet werden konnte. Ich glaube, da muß ich mal kramen, ob ich das Tape noch finde, um dann man ein Kompletttranskript für die "Y-Files" zu erstellen... Aber immerhin zählt dieses Interview zu jenen, die auch international veröffentlicht wurden: Da der METAL HAMMER auch etliche ausländische Niederlassungen hatte, wo das Heft in der Landessprache erschien, wurden oftmals Stories vom Mutterheft in übersetzter Form in den anderen Ausgaben verwendet. So konnte man nicht nur Schreiberhonorare sparen, sondern vor allem auch die Lithographiekosten, was damals ein massiver Faktor war, reduzieren. Leider weiß ich fast nichts darüber, welche Stories von mir auf diese Weise einen weiteren Verbreitungsgrad gefunden haben. Lediglich im Falle des SIEGES EVEN-Interviews und der zwei Ausgaben später erschienenen Sixpack-Stories mit WARDANCE und GYPSY KYSS war Chefredakteur Peter Burtz so nett gewesen, mir jeweils ein Exemplar des englischen METAL HAMMERs zu organisieren. Genauere Ausführungen hierzu findet Ihr im entsprechenden Artikel. |
Supervisor: Stefan Glas |
Zweifellos einen Riesenschritt nach vorne bedeutet die neue LP »Steps« für die Münchner SIEGES EVEN. Songschreiberisch versierter, spieltechnisch weiter perfektioniert und mit weitaus transparenterem Sound präsentiert sich die Combo auf ihrem zweiten Werk, über das man eigentlich problemlos ein 10-Seiten-Special schreiben könnte. Leider muß sich mein Gespräch mit Gitarrist Markus und Bassist Oliver mit diesen Zeilen zufriedengeben.
Besonders auffällig auf »Steps« ist natürlich das 27-minütige Überwerk ›Tangerine Windows Of Solace‹. Meine Hypothese, daß man einen solchen Titel nicht einfach am Stück schreiben kann, sondern daß er langsam wachsen muß, bestätigt Markus, "Wir haben insgesamt fast zwei Jahre an diesem Stück geschrieben. Die ersten Teile sind schon vor »Life Cycle« entstanden und sind auf dem »Violent Alterations«-Rehearsal zu hören. Das musikalische Grundthema, das in Variationen immer wiederkehrt und das Stück zusammenhält, ist allerdings erst ganz zu Schluß entstanden. Wir hatten jedoch nie geplant, das längste Stück der Welt zu schreiben, sondern das Stück hat sich von der Stimmung her immer weiter aufgebaut." Oliver zieht hierzu folgenden Vergleich heran: "Der Song ist gewachsen wie ein Baum. Wir haben das Stück immer wieder Part für Part durchgecheckt, den letzten Schliff aber verpaßten wir ihm erst kurz vor der Produktion. Daher klingt das Stück auch sehr homogen und flüssig, was uns bisher alle bestätigt haben, die das Stück gehört haben."
Früher wurde der Namen SIEGES EVEN immer mit WATCHTOWER in Verbindung gebracht. Diese Vergleiche dürften nach »Steps« endgültig der Vergangenheit angehören. Wer dies immer noch versucht, kann getrost als kompletter Ignorant bezeichnet werden, was Markus bekräftigt: "Wer behauptet, daß wir von WATCHTOWER klauen würden, der hat von Musik null Ahnung. Die Vergleiche waren früher schon oft an den Haaren herbeigezogen, wer sich aber heute etwas mit uns beschäftigt und auch WATCHTOWER kennt, der wird da erst recht in keinster Weise Parallelen erkennen."
"Inwiefern ist SIEGES EVEN überhaupt für Otto-Normalverbraucher zugänglich?" ist eine Frage, die mir ständig zu Ohren kommt. Oliver versucht eine Beantwortung: "Ich habe eigentlich immer Appetit auf etwas Anspruchsvolles. Man muß sich mit unserer Musik Zeit nehmen und zuhören - fast wie bei einem guten Buch. Man muß sich reinarbeiten und konzentrieren, und dann macht es wirklich Spaß!" - "Man muß da einfach etwas tiefer gehen", ergänzt Markus. "Wenn man das Radio einschaltet, hört man immer den selben Rhythmus, und daher sind es die Leute einfach nicht anders gewohnt. Man muß sie langsam an eine solche Musik wie die unsere heranführen und sie dazu bringen, Musik wieder richtig zu hören." Wobei ich hier das Problem in unserer heutigen Gesellschaftsstruktur sehe, denn es muß alles schnell gehen, man hat keine Zeit mehr und kann sich so beispielsweise auch kaum intensiv eine Platte anhören. Oliver stimmt diesem Gedanken zu: "Diese Oberflächlichkeit ist echt symptomatisch für unsere Zeit, in der alles leichtverdaulich sein muß." Markus jedoch findet, daß eine Platte von SIEGES EVEN zu hören, nicht nur in Schwerstarbeit ausartet: "Ich glaube, daß sich unsere Musik auch gut zum Relaxen eignet. Wenn man damit etwas seinen Geist und seine Phantasie anregt, entstehen Bilder vor den Augen, und das kann sehr entspannend sein."