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Contents: Thrash Metal-Stammtisch: SODOM, TANKARD & LEGION OF THE DAMNED-Interview |
Date: 01.12.2010 (created), 30.07.2023 (revisited), 12.01.2024 (updated) |
Origin: HEAVY |
Status: published |
Task: from paper to screen |
Comment: Bei einer solch aufwendigen Titelstory gibt es etliches zu sagen, was nun Schritt für Schritt abgehakt werden soll.
Dies war eine der Stories, bei welcher der intern nur als "Head" titulierte Minibeitrag in der Kopfzeile abgedruckt wurde. Mittlerweile wurde kein Unterschied mehr zwischen der Plazierung auf einer rechten oder einer linken Seite gemacht, sondern das kleine Dekophoto stand nun immer auf der rechten Seite. Im vorliegenden Fall gab der erste Head folgendes preis: Deutsches "Kulturgut": Nicht nur Tom, sondern auch TANKARD gingen mit der '96er TANKWART-Platte »Himbeergeist zum Frühstück« auf Crashkurs mit dem deutschen Schlager. Uesprünglich war ja dieser Doppelpack als Head-Eröffnung geplant gewesen, da es natürlich die Neuigkeit schlechthin gewesen war, aber unser Layouter Stefan Hanus zog den himbeergeistigen Head vor, um beide Teile des SODOM-Doppelkopfs auf einer Doppelseite plazieren zu können: In letzter Sekunde Auf der ersten Doppelseite hatte Stefan nämlich ein Photo in den Anschnitt gerückt, so daß nur Platz für einen Head war. Auf der zweiten Doppelseite war indes auch Platz für den Gegenpart zum SODOM-Line-up-Headset: ...jedoch werden Tom und Bernemann bis zu den ersten geplanten Shows im Januar einen neuen Trommler eingearbeitet haben. Dann war endlich auch das Biotop dran, in dem Maurice sich austobte, denn auch bei LEGION OF THE DAMNED gab es einige Querverbindungen: LOTD-Gitarrist Richard Ebisch übergab 1997 bei INHUME die Klampfe an den heutigen LOTD-Bassisten Harold Gielen. Zum Abschluß gab es nochmal einen Head, der den SODOM-Frontmann mit seinem Seitenprojekt in den Fokus nahm. Bei Toms Projekt DIE KNAPPEN spielt Ralf Schieritz den Baß, der auch bei WORTMORD, der neuen Band von Ex-SODOM-Gitarrist Josef "Grave Violator" Dominic, aktiv ist.
Es waren neun Seiten im gedruckten Heft, womit es eine der größten Stories im HEAVY ever war, hätten wir den kompletten Text verwendet, der Euch jetzt hier erwartet, wären es sogar zwölf Seiten geworden. Wir hatten uns am Autohof Ramstein verabredet, und die Jungs waren in der Tat überpünktlich: Ich dürfte sicherheitshalber etwa eine Dreiviertelstunde vor der vereinbarten Zeit dort angekommen sein - nur um festzustellen, daß Gerre schon seit einigen Minuten eingetroffen war. Auch Tom und Maurice ließen nicht lange auf sich warten. Nach der Begrüßung fuhren wir dann für die Photosession auf die Burg Nanstein oberhalb der Sickingenstadt Landstuhl. Wir hatten darüber nachgedacht, ob wir uns irgendwo in der Mitte treffen würden, doch da war ich mir nirgends sicher, ob es wirklich eine gute Photolocation gäbe. Bei der einstigen Behausung des Franz von Sickingen war ich mir sicher, daß es endlos viele gute Szenerien geben würde. Und in der Tat: Die Photos wurden klasse, so daß die Story auch sehr sehenswert wurde. Das Doppelseitenphoto hatte Stefan Hanus wohl inspiriert, denn er gestaltete die Bandlogos so, als seien sie Höhlenmalereien, zu denen er dann auch noch zweimal den Bison aus der weltberühmten Höhle von Altamira dazupackte. Doch das Photo war keineswegs in einer Höhle entstanden, sondern am Fuße der Burg: Auf diesem Sandsteinsockel war die Burg errichtet worden; am rechten Rand sieht man noch Steine des Burggemäuers. Wie gelöst die Stimmung schon zu diesem Zeitpunkt war, sieht man an dem einen Photo, auf dem Gerre so herzhaft lacht, daß die beiden anderen Jungs einfach schmunzeln mußten. Nach der Photosession fuhren wir dann in meine Wohnung, wo wir vor einem neutralen Hintergrund weitere Photos schossen. Wir hatten die Musiker gebeten, je ein Shirt der eigenen Band mitzubringen, woraus das abschließende Photo wurde: Ich hatte einen Ringtausch mit den Shirts vorgeschlagen und jeder sollte dann auf das eigene Bandshirt zeigen, was zu einem ganz witzigen Photo wurde. Anschließend ging der lebhafte Thrash-Talk los, der sowohl witzig als auch informativ ausfiel. Kurz: Eine wirklich lesenswerte Story!
Da bei den bereits im UNDERGROUND EMPIRE online veröffentlichten Artikeln bei der Portierung der HEAVY-Seiten nur ein kleines Thumbnail der HEAVY-Story zu sehen ist, von dem aus man zu der bereits veröffentlichten, meist umfangreicheren Version gelangt, soll diese kleine Graphik im Falle einer noch nicht online zu findenden Story nun hier auftauchen:
Außerdem hatte ich für meine Redaktionskollegen noch einen Erläuterungstext vor die eigentlich Story vorangestellt, der folgendes sagte: Deshalb habe auch die häufigen Situationsanmerkungen im Stile "großes Gelächter" oder "grinst" gemacht - und habe im Gegensatz zu dem sonstigen Usus im HEAVY auch [lacht] nicht in "hahaha" übersetzt, weil das eben bei "allgemeines Gelächter" oder "schmunzelt" nicht möglich ist. Und schließlich sollte da dann eine einheitliche Linie vorhanden sein. Ich habe stärksten Unebenheiten rausgenommen, aber bewußt kein geschliffene Sprache reingebracht. Ich habe auch solche typischen Gesprächsphänomene belassen, daß man mitten im Satz abbricht und mit einem anderen Gedanken neu anfängt bewußt gelassen. Sollte es allerdings mal irgendwo zu holprig und unverständlich werden (mir fehlt mittlerweile die nüchterne Distanz zum Text, so daß ich vielleicht etwas übersehen habe), dann einfach "bereinigen". Stefan, noch ein Hinweis für Dich: Die Zitate möglichst nicht tauschen, denn sie kommen in dieser Reihenfolge auch im Text vor, was ich bei einer mehrseitigen Story als wichtig empfinde.
Bleibt abschließend nur noch die Frage, wer von den drei glorreichen Thrash-Halunken denn "the good", wer "the bad" und wer "the ugly" ist... |
Supervisor: Stefan Glas |
Dieser Tage stehen drei altgediente und beliebte Thrashbands, SODOM, TANKARD und LEGION OF THE DAMNED, mit einer neuen Platte auf der Matte, und wir wollten uns natürlich die Topmodelqualitäten keines der drei Protagonisten für unser Cover entgehen lassen. Was also tun? Nun, man lädt die drei glorreichen Thrash-Halunken einfach zu sich ein, quartiert die Freundin für einen Tag zu ihrer Mutter aus ("Wie bitte? SODOM in meinem Wohnzimmer!?") und bittet zum Thrash-Talk.
Doch vor die Story hatte der Thrashgott erst einmal eine Menge Koordinationsaufwand sowie die Anreise gesetzt. Das allein mag durchaus schon Grund genug für schweißnasse Hände sein, doch völlig entgegen des landläufigen - und oftmals auch gar nicht so unzutreffenden - Klischees des desorganisierten Musikers trafen sowohl Gerre von TANKARD als auch die im Tandem angereisten Tom von SODOM und Maurice von LEGION OF THE DAMNED locker eine halbe Stunde zu früh am vereinbarten Treffpunkt ein.
Nachdem einige Photos geschossen worden waren, sollte auch das, was redaktionsintern den Decknamen "Thrash Metal-Stammtisch" trug, längst nicht so feuchtfröhlich werden wie erwartet, was nicht nur daran lag, daß die Herren einen langen Heimweg vor sich hatten, so daß der Gastgeber keine Alkoholika servierte. Auf alle Fälle waren am Ende der zweistündigen Talkrunde lediglich die kompletten Mineralwasservorräte geplündert. Kein Wunder: So gesprächig wie die drei Shouter waren, mußten die Stimmbänder auch regelmäßig geölt werden. Mal sehen, ob wenigstens die Worte der Mitglieder der deutsch-holländischen Thrash-Freundschaft für mehr Sex, Drugs und Thrash'n'Roll sorgen...
Wann habt Ihr Euch eigentlich zum ersten Mal getroffen?
Tom: Wir kennen uns schon seit 1982! [zeigt auf Gerre]
Gerre: Genau. [nickt] SODOM haben ihre allererste Show in Frankfurt gespielt, wo wir mit TANKARD als Vorgruppe fungierten. Das muß 1984 gewesen sein. Da war der legendäre Herr Schütz von SPV anwesend. [grinst]. Und das Ende vom Lied war, daß SODOM unter Vertrag genommen wurden, während wir leer ausgingen! [lacht schallend]
Damals fiel also der berühmte Satz von Manfred Schütz in Richtung SODOM: "Männer, Ihr seid so schlecht, Ihr müßt einfach viele Platten verkaufen!" - dabei handelt es sich also nicht nur um eine Legende?
Tom: Nein, Manfred kam damals zu uns und bot uns genau mit diesen Worten einen Vertrag an.
Gerre: Die SODOM-Show war ganz großes Kino. "And now we play a song without guitar..." [lacht]
Tom: Als wir damals auf die Bühne gingen, waren wir total besoffen... [grinst]
Gerre: Es war ein legendärer Event! Da waren auch noch die Jungs von DESTRUCTION anwesend, die unser Gitarrist abgeholt hat. Ich war leider nicht live dabei, aber es muß dermaßen lustig gewesen sein, als sie mit ihren ganzen Patronengurten - klimper, klimper - angekommen sind. DESTRUCTION haben dann auch noch ein paar Songs gespielt, und hinterher gab es noch eine VENOM-Autogrammstunde.
Tom: Waren VENOM denn überhaupt da?
Gerre: Ja, allerdings ohne Mantas. Ich hab' zu Hause noch irgendwelche Flyer und Eintrittskarten rumliegen.
Hatte es sich dabei um ein VENOM-Fanclubtreffen gehandelt?
Gerre: Das hat Matthias Prill organisiert, der damals die "VENOM-Legions Deutschland" geleitet hat. Tja, wie gesagt: SODOM kriegten einen Vertrag, DESTRUCTION dann auch noch...
Tom: Das passierte allerdings erst später.
Gerre: ...während es bei uns nur so was wie "unvorteilhaftes Outfit" und so hieß. Ich kann mich noch dunkel erinnern, daß unser Gitarrist so einen komischen Pullover getragen hatte... Na ja, wir sind dann ja ein bißchen später bei den legendären NOISE RECORDS gelandet. Mit dem Chef Karl Ulrich Walterbach... Spitzname war Karl Ulrich Zahlterschwach... [grinst]
Maurice: Ansonsten haben wir alle schon mehrfach miteinander gespielt. Wir waren zudem 2006 mit SODOM auf Tour.
Von dieser ganzen Scheiße wird man irgendwann krank im Kopf! Für mich ist das letzten Endes alles nur Kasperletheater.
(Bei SODOM waren satanische Texte schnell out)
Tom und Gerre, Ihr habt mit Euren Bands das, was man heutzutage weltweit unter "deutschem Thrash" versteht, entscheidend mitgeprägt. Heute haben neue Thrashbands genügend Vorbilder, während Ihr damals einen ganz neuen Sound kreiert hattet.
Tom: Wir hatten ja auch unsere Vorlagen. Bei uns war das vor allem die erste VENOM-Platte »Welcome To Hell«, die schätzungsweise alle Thrashbands der damaligen Zeit beeinflußt hat. Aber wir haben bewußt versucht, etwas anderes zu machen. Das gilt sicherlich auch für TANKARD, die ja auch von Anfang an völlig anders als VENOM klangen.
Gerre: Wir kannten uns alle schon von der Schule, und wir waren glühende Anhänger der NWoBHM. 1982 gründeten wir die Band, und irgendwann kamen dann die ersten Platten von EXODUS, METALLICA oder EXCITER, die uns sehr geprägt haben, wobei unsere erste Platte »Zombie Attack«, die 1986 erschien, noch diverse Punkeinflüsse aufwies, weil unser damaliger Gitarrist Axel Katzmann sehr viel Punk, besonders THE EXPLOITED oder UK SUBS, gehört hat. Das waren unsere Einflüsse, aber natürlich versucht jeder, etwas eigenes zu kreieren. Eine Eins-zu-eins-Kopie würde ja keinen Sinn machen; wir waren nie darauf bedacht, irgendwelche Songs quasi nachzuspielen. Unser allererster Song war übrigens sehr BLACK SABBATH-lastig; ganz langsam. Ich hab' ihn allerdings leider nicht mehr auf irgendwelchen Tapes gefunden - obwohl ich ja so ein großer Messie und Sammler bin. Ich sammele absolut alles, was es von uns gibt. Irgendwann, wenn ich mal groß und reich bin, mache ich ein kleines Museum in meine Wohnung rein. [schmunzelt] Na ja, aber ich denk' mal, daß es auch wichtig ist, daß SODOM und TANKARD von der ersten Stunde an dabei waren, aber nie großartig ihren Stil geändert haben. Klar, wir hatten 1995 in »The Tankard« eine Platte, die ein bißchen "outstanding" war, aber generell sollte man sagen, daß wir auch Mitte bis Ende der Neunziger, als Thrash zwar vielleicht nicht mausetot, aber nicht ganz so angesagt war - sag' ich mal [allgemeines Gelächter] - gnadenlos unser Ding durchgezogen. Wir mußten also keine Reunion machen, und es gab keine größeren Ausflüge in stilfremde Bereiche. Ich denke, daß sich das ausgezahlt hat, als dann Anfang dieses Jahrtausends wieder eine Thrashwelle kam - oder zumindest ein bißchen mehr; so gut kann ich das nicht einschätzen. Wir sind zwar längst nicht mehr so groß wie Ende der Achtziger oder Anfang der Neunziger geworden, aber ich denke, daß man bei den Fans einen Bonus bekommt, weil man immer bei der Stange geblieben ist und sich nicht hat verbiegen lassen. Das ist dann eben die Gnade der frühen Geburt. [Tom und Maurice nicken] Ja, wenn man heute als Thrashband anfängt, hat man es viel, viel schwerer. Das ist völlig klar.
Interessanterweise hatten damals alle von diesen ersten Thrashbands einen eigenen Sound geschaffen. Sicherlich merkte man, daß es ähnliche Einflüsse gab, aber unterm Strich konnte man jede Band klar identifizieren, was beim Großteil der neuen Thrashbands nahezu unmöglich ist.
Tom: Ich denke, das hatte bei uns auch etwas mit der Herkunft zu tun. KREATOR, DESTRUCTION, SODOM und TANKARD klingen alle unterschiedlich. Wir kommen aus dem Ruhrgebiet, während vielleicht EXODUS im Vergleich zu uns vielleicht eher wohlbehütet aufgewachsen sind, was sich auch in der Musik widerspiegelt. Wir klingen auch anders als DESTRUCTION, die aus einer ganz anderen Gegend stammen, aber gerade dieser Facettenreichtum ist das Schöne an dieser Musik.
Es gab damals ja auch noch Bands wie ASSASSIN, die zu einem ähnlichen Zeitpunkt wie Ihr angefangen habt...
Gerre: ...und DEATHROW nicht zu vergessen! Ich warte immer noch auf eine DEATHROW-Reunion!
Diese Bands haben nicht durchgehalten. Was hat Euch die Power gegeben, nicht aufzuhören?
Tom: Wir haben immer durchgehalten. Wie Gerre schon gesagt hat, kam in den Neunzigern ein Einbruch, weshalb viele Bands resigniert oder ihren Stil geändert haben. Wir haben dagegen in den Neunzigern die härtesten Platten gemacht, die wir je aufgenommen haben. Wir haben einfach immer weitergemacht. Wahrscheinlich auch, weil wir Erfolg hatten und viele Konzerte spielen konnten, mit denen wir auch ein bißchen Geld verdienen konnten. Das hilft natürlich, daß man weitermachen konnte.
Gerre: Bei uns sieht es etwas anders aus, da wir ja nach wie vor nicht von der Musik leben, sondern unsere regulären Jobs haben. Daher steht bei uns der Fun-Aspekt eindeutig im Vordergrund, was uns auch gerade am Leben erhalten hat. Dadurch ist man unabhängig und kann tun und lassen, was man will; auch in den flauen Zeiten - 1998 hatten wir gerade mal drei Shows gespielt. Davon könnte man natürlich nicht leben! Aber wir waren nicht gezwungen, 200 Shows im Jahr zu spielen, um überleben zu können. Das hat uns in dieser Zeit am Leben gehalten. Natürlich bedeutet das im Umkehrschluß aber auch, daß wir heute theoretisch viel mehr Shows spielen könnten, was für uns allerdings zeitlich nicht möglich ist.
Tom: Jetzt werden wir alt... [grinst]
Gerre: Das kommt natürlich noch erschwerend hinzu - obwohl ich ja erst 33 Jahre alt bin. [lacht]
Tom: Aber es geht eigentlich noch. Wir haben uns gut gehalten! [allgemeines Gelächter]
Maurice, Du bist alterstechnisch nicht so weit von den anderen Jungs entfernt, aber Dein Einstieg erfolgte erst später: Du hast 1990 mit der Black Metal-Combo BESTIAL SUMMONING angefangen. Wie kam bei Dir diese Entwicklung vom Black Metal hin zu OCCULT und schließlich LEGION OF THE DAMNED, einem Weg der Dich also mehr und mehr zum Thrash geführt hat?
Maurice: BESTIAL SUMMONING ging sogar schon 1989 los. Ich hatte 1986 begonnen, Metal zu hören, weil mich ein Verwandter, der damals 18 oder 19 Jahre alt war und bereits Bands wie SODOM oder SLAYER hörte, auf den Geschmack gebracht hatte. Etwa drei Jahre später wollte ich eine eigene Band gründen, und ich stand damals auf Black Metal wie MAYHEM, so daß ich etwas Einzigartiges für Holland kreieren wollte. Wir waren damals wirklich die erste Black Metal-Band in Holland, und wir verspritzen Blut bei den Shows und taten wirklich extremes Zeug. Bei BESTIAL SUMMONING war ich eigentlich Drummer, was ich aber nie richtig geregelt gekriegt habe, denn ich war so hektisch und wollte immer alle meine Glieder einsetzen. So hatte ich meist schon nach dem ersten Song ein Dutzend Drumsticks weggeworfen, was auf Dauer nicht klappen konnte. Also gründete ich eine andere Band, wo ich mich als Sänger probieren konnte, da die Instrumente schon alle besetzt waren. Unsere damaligen Einflüsse waren beispielsweise amerikanische Demobands wie SATHANAS oder ACHERON, aber natürlich auch die alten Bands wie SABBATH, SLAYER oder DEATH. Das sind die Bands, mit denen ich auch aufgewachsen bin. Wenn man jung ist, probiert man viel herum, doch man entwickelt sich weiter, und irgendwann findet man heraus, was man wirklich mag.
Du hattest gerade eben genickt, als Gerre von "der Gnade der frühen Geburt" sprach. Selbige habt Ihr ja nicht wirklich erfahren, denn gerade LEGION OF THE DAMNED müssen sich desöfteren anhören, daß sie viel zu sehr nach SLAYER klingen würden.
Maurice: Es ist verdammt schwer, gute Riffs zu finden, die nicht nach einer anderen Band klingen. Es gibt nämlich so viele Bands, die schon so viele Riffs ersonnen haben. Wenn wir also im Proberaum ein tolles Riff gefunden haben, dann benutzen wir es auch. Für mich ist die Band ein reines Hobby, so daß ich mir keine Sorgen darüber machen muß, wie jemand über uns denkt. Wenn es ein klasse Riff ist, dann wird es verwendet. Punkt.
Generell sollte man aber nicht vergessen, daß LEGION OF THE DAMNED es zweifelsohne geschafft haben, einen eigenen Sound zu prägen, auch wenn man bei der Gitarrenarbeit immer mal wieder an SLAYER denken muß. Ihr seid sicherlich meilenweit von den vielen Rip-Off-Bands entfernt!
Maurice: Ich denke, daß diesbezüglich auch meine Stimme wichtig ist, um LEGION OF THE DAMNED wiederzuerkennen. Oder unser besonderer Groove. Sicherlich gibt es Einflüsse von SLAYER, aber alles wird im typischen LEGION OF THE DAMNED-Stil verarbeitet.
Tom: Da kann ich nur zustimmen, denn LEGION OF THE DAMNED haben in der Tat ihren eigenen Stil kreiert. Ich kann LEGION OF THE DAMNED problemlos aus vielen anderen Bands raushören!
Maurice: Man sollte auch nicht vergessen, daß es Tausende Thrashbands gibt, die wie in den Achtzigern klingen wollen, die den Sound von »Obsessed By Cruelty« nachempfinden wollen. Das war bei uns zu OCCULT-Zeiten auch der Fall gewesen: Das Cover mußte alt aussehen, die Musik mußte alt klingen. Bei LEGION OF THE DAMNED wollen wir auch ein traditionelles Riffing, das aber in einem modernen Sound eingefangen wird. Diese Kombination macht uns aus.
Gerre: Ich kann zu diesem Punkt ein Erlebnis von mir beisteuern: Wir hatten einen neuen Song geschrieben, den ich einem guten Kumpel vorspielte, der dann sagte, daß es sich dabei um ein echtes TESTAMENT-Riff handeln würde. Also habe ich mir den entsprechenden TESTAMENT-Song angehört, und man konnte eine gewisse Ähnlichkeit nicht leugnen, aber das war natürlich reiner Zufall. Ich klau' doch nicht absichtlich ein TESTAMENT-Riff; das wär' doch völlig irrsinnig! Ich denke also, daß es einfach mal vorkommen kann, daß zwei Musiker unabhängig voneinander die gleiche Idee haben.
Maurice: Ich wurde in Interviews schon mehrfach gefragt, ob ich ein großer SIX FEET UNDER-Fan sei, weil manche unserer Riffs ähnlich klängen. Ich habe allerdings keine einzige SIX FEET UNDER-CD und stehe auch nicht im Geringsten auf die Band. Doch wenn manche Leute Ähnlichkeiten entdecken, dann meinen sie sofort, daß es geklaut sei.
Ich denke, man sollte in dieser Hinsicht nochmal die Wichtigkeit des Gesanges unterstreichen, denn Eure Bands erkennt man allesamt spätestens am Sänger.
Tom: Das ist sehr wichtig, und davon leben viele Bands auch. Es gibt viele junge Bands, die völlig austauschbar klingen. Gerade die sollten darauf achten, zumindest in Sachen Gesang etwas Eigenes zu machen. Aber das schaffen viele nicht, und das sind dann die Bands, die letztendlich wahrscheinlich auf der Strecke bleiben werden.
Maurice: Mir geht es genauso: Wenn ein Freund mir ein neues Album vorspielt, das ich nicht kenne, dann muß ich den Sänger hören. Einen neuen SODOM-Song würde ich vielleicht nicht unbedingt am Riff erkennen, aber spätestens wenn Toms Gesang einsetzt, ist alles klar.
Tom: Man hat mir schon nachgesagt, daß ich manchmal ähnlich wie Tom Araya klingen würde. Bei den hohen Schreien ist das auch durchaus nicht falsch. Somit bleiben Parallelen wohl nie ganz aus, aber ich will natürlich nicht generell wie Tom Araya klingen.
Ich hab' mit fünf Jahren mit der Band angefangen...
(Gerre, der musikalische Embryo...)
Thema: Image & Texte. Gerade bei SODOM war anfangs ganz klassisch die satanische Schiene angesagt, aber Ihr habt Euch dann recht schnell, nämlich schon 1987 auf Eurer zweiten Platte »Persecution Mania«, auf die Kriegs- und Gewaltthematik spezialisiert.
Tom: Das hat sich bis heute nicht geändert: Wir schreiben über die schlimmen Dinge des Lebens. Es passiert ja alle Naselang etwas Tragisches auf der Welt, was ich versuche, textlich aufzuarbeiten, ohne dabei beispielsweise eine politische Meinung von mir zu geben.
Aber in Euren Frühzeiten waren analog zu Eurem großen Einfluß VENOM natürlich satanische Texte Pflicht, oder?
Tom: Na ja, VENOM hatten eigentlich ja relativ klischeehafte Texte. Ich hab' dann versucht, etwas tiefer in die Materie einzusteigen und hab' mich über Aleister Crowley und Co. belesen, was mich dann ein wenig beeinflußt hat. Aber von dieser ganzen Scheiße wird man irgendwann krank im Kopf! Für mich ist das letzten Endes alles nur Kasperletheater. Ich sehe ein, daß eine Black Metal-Band sich diesem Thema widmen muß, aber für mich muß ein Text auch irgendeine Aussage haben, was bei diesen Texten oft nicht der Fall ist. Das muß jeder für sich selbst entscheiden, aber mir war das damals irgendwann zu viel, so daß ich mich entschieden habe, mit solchen Texten aufzuhören.
Gerre, bei Euch kann man die thematische Leitlinie ganz grob auf die Begriffe Bier und Fun eingrenzen - auch wenn Ihr ebenfalls sozialkritische Themen aufgreift. Aber spätestens beim Bierkasten auf dem Cover Eurer neuen Platte merkt man dann eben doch, daß...
Gerre: Bei uns kam das daher, daß wir unser zweites Demo aus Spaß - wirklich nur aus Spaß! - den Titel »Alcoholic Metal« verpaßt haben. Damals kamen ja die ganzen Schubladen auf: Plötzlich gab es Speed Metal und Black Metal... Poser gegen Thrasher... Also haben wir uns einen Spaß daraus gemacht, unser zweites Demo so zu nennen; unser erstes Demo hieß übrigens noch ganz klassisch »Heavy Metal Vanguard«, die Heavy Metal-Vorhut - so richtig klischeemäßig, wie es damals eben war. [grinst] Seit diesem Tag hatten wir natürlich einen gewissen Ruf weg, auch wenn das erste Album dann »Zombie Attack« hieß, wobei der Song eigentlich dadurch entstand, daß wir uns - wie das Anfang der Achtziger völlig in war - oft getroffen haben, um zusammen Horrorfilme zu schauen. Mitte der Neunziger hatten wir mit dem »Two-Faced«-Album ein wenig versucht, von diesem Image wegzukommen, was aber überhaupt nicht funktioniert hat, denn TANKARD wird einfach immer mit dem altbekannten Image verbunden. Wir machen uns natürlich auch immer ein bißchen einen Spaß daraus, mit einem Augenzwinkern darauf rumzureiten. Nichtsdestotrotz kann ich in einer Zeit wie der unseren kaum eine Platte machen, auf der zehn Partytexte stehen, sondern ich versuche immer, eine gute Mischung aus ernsthafteren Themen und Spaßtexten hinzukriegen. So gibt es auf dem neuen Album ein Text über die Ölkatastrophe im Golf von Mexiko: ›Black Plague (BP)‹. Da haben wir so ein kleines Wortspielchen draus gemacht; mal schauen, ob die uns verklagen... [grinst] Ich denke, TANKARD werden nie ein Konzeptalbum über ein Buch oder eine Fantasystory machen. Ich habe zu Hause eine Datei, und wenn mir was Sinnloses einfällt, dann tippe ich es dort rein. Später schau' ich da dann immer durch, um zu sehen, was brauchbar ist. Ich wollte ja auf der neuen Platte unbedingt einen Song haben, der ›Paybeck Sex‹ heißt, aber die anderen fanden das nicht so lustig, so daß ich dann klein beigeben mußte. [lacht] Ja, schließlich sind eine demokratische Band! Wenn wir abstimmen, dann steht es immer zwei zu zwei. Dat hammer davon. [lacht]
Ergo: Dieses Augenzwinkern ist für jemand, der schon über 40..., äh..., erst 33 Jahre alt ist...
Gerre: Danke, daß Du das korrigiert hast!
...notwendig, um auch eine gewisse Glaubhaftigkeit an den Tag legen zu können. Als Du die Texte früher geschrieben hast, war das natürlich großartig, das aber heute noch von Dir geben zu müssen, steht auf einem anderen Blatt.
Gerre: Ja, das ist notwendig. Außerdem geht es uns auch darum, uns selbst zu verarschen. So haben wir auf der neuen Platte einen Song namens ›Rules For Fools‹, der sich um eine fiktive Band dreht - sag' ich jetzt einfach mal so - die sich selbst Regeln aufstellt, wann beispielsweise vor der Show der letzte Tropfen Alkohol getrunken werden darf. Dann werden diese Regeln ein wenig gebeugt, denn plötzlich geht der letzte Tag vor der Show noch bis 12 Uhr Mittags am Showtag... Also, es ist schon klar, welche fiktive Band dabei gemeint sein könnte. Kurz: Es ist bei uns immer eine Menge Selbstironie dabei, was aber auch zu uns paßt.
Tom: Das ist bei uns auch so, und es ist sogar ein Vorteil, wenn man alles nicht so ernstnimmt. Wir sind auch eine Band zum Anfassen; wir sind ja keine Rockstars. Wir gehen nach der Show zu den Leuten, trinken ein Bier zusammen...
Gerre: ...oder diskutieren über die neue Platte. Das macht einfach Spaß!
Ich denke, bei TANKARD ist einfach auch wichtig, daß Ihr auf der Bühne diesen Spaß- und Partyfaktor rüberbringt.
Tom: Den bringen wir aber auch rüber, auch mit unseren Texten.
Gerre: Ja, und Tom hat immer wieder lustige Ansagen.
Tom: Genau! Ich nehm' das auch nicht so ernst. Wir sind nicht böse und kucken nur grimmig. Das funktioniert doch überhaupt nicht. Die Leute wollen bei einem Konzert auch 'ne Party feiern.
Gerre: 90 Minuten auf der Bühne eine ernste Miene machen - das geht nicht! Da steht einfach der Spaß im Vordergrund. Wenn man selbigen rüberbringt, und es kommt was zurück... Na ja, es gibt in meinen Augen drei Arten von Shows: Mal gehst du auf die Bühne, und du mußt gar nichts mehr machen, weil die Leute sofort ausrasten und sofort was zurückkommt. Aber es gibt auch Shows, bei denen du ums Publikum kämpfen mußt. Schließlich gibt es noch Shows, bei denen einfach gar nix geht - was bei uns natürlich nicht vorkommt. [allgemeines Gelächter] Na ja, allenfalls mal, wenn Du auf dem völlig falschen Festival spielst... Wenn der Funke überspringt, Band und Publikum sich dann gegenseitig hochschaukeln, dann macht das auch im hohen Alter immer noch sehr, sehr viel Spaß!
Also auch noch mit 33...
Gerre: Genau: Auch noch mit 33! Ich hab' ja mit fünf Jahren mit der Band angefangen... [lacht]
Maurice, bei euch ist von der optischen Seite her alles ein wenig wie ein Slasher-Movie gehalten. Bei der letzten Platte hattet Ihr diese blutigen Photos mit einer Nonne gemacht, oder bei der Liveplatte hattet Ihr Euch für die Photos die Köpfe abtrennen lassen. Wie seid Ihr auf diese Ideen gekommen? Seid Ihr Fans solcher Filme?
Maurice: Um ehrlich zu sein, war das meist die Idee unseres Photographen. Wir hatten nie vorab eine verrückte Idee im Stile von: "Okay, wir wollen stranguliert werden!" Meist kommt der Photograph mit einer grundlegenden Idee, die wir dann gemeinsam weiterentwickeln. Aber dieser Photograph und sein Stil zählt mittlerweile zu unseren Erkennungsmerkmalen, weshalb wir bei jedem neuen Album mit ihm zusammenarbeiten und etwas Neues austüfteln. Wir wollen einfach eine besondere Optik, die sich von anderen Bands unterscheidet.
Das erklärt dann auch, weshalb sich solche Metzelthemen nicht in Euren Texten wiederfinden, sondern auch bei Euch dreht es sich eher um Themengebiete wie Krieg oder Gewalt.
Maurice: Dazu muß ich allerdings sagen, daß die Texte nicht von mir geschrieben werden.
Oh, das war mir nicht bekannt. Als Schreiber bekommt man ja schon seit Jahren nur noch irgendwelche gebrannten Vorab-CDs oder mittlerweile Promodownloads, so daß ich noch nie eine fertige CD von Euch in Händen gehalten habe, der ich eine solche Information hätte entnehmen können.
Maurice: Ich habe bei OCCULT die Texte geschrieben, doch dann habe ich meine eigene Firma gegründet, so daß ich seither enorm viel um die Ohren habe. Damals machte ein alter Freund, den ich schon seit 35 Jahren kenne und der sehr viel liest, den Vorschlag, daß er die Texte verfassen könnte. Also gab ich ihm ein Tape und einige Themenvorschläge, und wir starteten einen Versuch. Das hat schon beim ersten LEGION-Album klasse funktioniert, und ich fand es super, jemand Außenstehenden zu haben, der die Texte verfaßt, so daß wir es seither beibehalten haben. Wir gaben ihm dann sogar völlig freie Hand, weil wir ihn nicht wie einen Auftragsschreiber ausnutzen wollten. Er kann also die Konzepte frei entwickeln, trifft die Entscheidung, wie das Cover aussehen soll, wie das Album heißen soll, und so weiter.
Mal abgesehen davon bedeutet das, daß Du älter als Gerre bist: Du hast nämlich gesagt, Du würdest Euren Texter schon seit 35 Jahren kennen...
Gerre: Das sieht man ja wohl auch, oder? [allgemeines Gelächter] Okay, ernsthaft, das ist ein interessantes Thema, denn wir bekommen auch bei den Texten stark von unserem alten Gitarristen Andy geholfen. Denn ich habe auch das Problem, daß mir hinten und vorne die Zeit fehlt. Bei uns ist dann allerdings alles klar vorgegeben: Musik, Thema, Versmaß und so weiter. Das ist also eine Co-Produktion zwischen uns - für die wir natürlich die Hälfte unserer Millionen, die wir an Tantiemen bekommen, abdrücken müssen. [grinst]
Nächstes Stichwort: Pseudonyme. Tom, Du warst von Anfang an der Angelripper...
Tom: ...und jetzt bin ich nur noch der Alte... [kollektives Grinsen]
...und hast den Namen nie abgelegt.
Tom: Das hat sich über die Jahre so eingebürgert, und die Fans sprechen mich seit jeher mit Angelripper an. Da denkt sich eigentlich schon längst niemand mehr etwas dabei oder überlegt sich, was Angelripper übersetzt eigentlich bedeutet. Manchmal muß ich selbst nachdenken, was die eigentliche Bedeutung des Wortes ist. Deswegen hab' ich das dann auch einfach so belassen. Es gab mal in den Neunzigern kurzfristige Überlegungen, ob wir das Pseudonym weglassen sollten, aber damals haben wir einfach meinen Vornamen Tom davorgesetzt, und seither heißt es eben "Tom Angelripper".
Die Texte sind eine Co-Produktion mit unserem ehemaligen Gitarristen Andy - für die wir natürlich die Hälfte unserer Millionen, die wir an Tantiemen bekommen, abdrücken müssen.
(TANKARD - fast hätte es beim Spiel "Wer wird Millionär?" doch geklappt...)
Früher war das bei SODOM ja sogar gewissermaßen Pflicht gewesen: Da gab es ein "Bloody Monster", den "Grave Violator" oder eben "Witchhunter"...
Tom: Das haben die Jungs auch immer gerne gemacht. Erst Anfang der Neunziger bei Michael Hoffmann kam dann ein Umschwung: Micha sollte eigentlich "Excrementor" heißen, was er aber vehement abgelehnt hat. Seither habe ich das von den neuen Musikern auch nicht mehr verlangt. Aber bei mir gehört das mittlerweile einfach dazu.
Und Du kannst auch heute noch damit leben, oder?
Tom: Ja, selbstverständlich...
Aber Deine Kinder sagen nicht Angelripper zu Dir, oder?
Tom: Nee, die nennen mich Onkel Tom. [grinst breit]
Maurice, bei BESTIAL SUMMONING hattest Du Dich Sephiroth genannt. Du hattest den Namen in frühen OCCULT-Tagen auch noch benutzt, doch dann abgelegt.
Maurice: Der Name war nie sonderlich ernsthaft gewesen, sondern der Vorschlag war von einer Freundin gekommen. Der Begriff Sephiroth stammt irgendwie aus der Kabbala. Ich benutzte damals auch Corpsepaint, wobei ich dann bei OCCULT aber der einzige mit Bemalung war. Das sah irgendwie seltsam aus, denn entweder sollte es die ganze Band machen oder niemand in der Band. Als damals dann der Black Metal immer populärer wurde und alle Bands plötzlich geschminkt daherkamen, legte ich sowohl das Pseudonym als auch das Corpsepaint ab. Ich mochte es ohnehin nie, daß die Leute mich mit "Hey, Sephiroth!" ansprachen, so daß ich ihn etwa 1994 endgültig aufgab.
Gerre, erzähl' uns doch mal, warum Du nie ein Pseudonym hattest. Oder gab es da mal irgendwas, was nie nach außen gedrungen wäre..?
Gerre: Nein, das hätte zu uns auch nie gepaßt. Gerre ist ja schon ein Spitzname, und ich würde nie auf eine Platte "Andreas Geremia" draufschreiben. Ich werde übrigens schon seit der Schule "Gerre" gerufen. Witzigerweise hat einer meiner Brüder auch den Spitznamen Gerre, so daß das immer sehr verwirrend ist, wenn ich mit ihm und anderen Kumpels weggehe. Nein, Pseudonyme waren nie ein Thema für uns!
Apropos Namen: Man hört immer wieder, daß TANKARD zunächst mal AVENGER und VORTEX hießen, bevor dann das berühmt-berüchtigte Wörterbuch aufgeschlagen wurde, in dem Ihr dann das altenglische Wort für "Bierkrug" entdeckt habt.
Gerre: Genau - das waren so die typischen Klischeenamen. AVENGER gab es dann aber schon in England, also schwenkten wir um auf VORTEX, doch dann haben - ich glaube, es waren Axel und Frank - ein Wörterbuch gewälzt und den perfekten Namen für uns gefunden. Mein Gott, ist das wirklich schon so lange her?
Absolut! SODOM und TANKARD haben schon ihr 25-jähriges Jubiläum gefeiert...
Gerre: Um nochmal das Thema Thrashbands gestern und heute aufzugreifen: Damals hattest du mit absoluten Schweinedemos, die man heute um die Ohren geschlagen bekäme, Plattenverträge gekriegt. Das war einfach eine ganz andere Zeit, eine richtige Pionierszeit! Wenn ich mir heute unser »Alcoholic Metal«-Demo anhöre - was war das nur für ein Sound! Und damit wurden wir unter Vertrag genommen - unglaublich! Heute mußt Du mit einer richtigen, selbstproduzierten CD mit geilem Cover und Booklet auftrumpfen, sonst kannst Du gleich Leine ziehen.
Tom: Ich sollte unser erstes Demo nochmal verschicken und dann mal sehen, welche Plattenfirma anbeißt (allgemeines Gelächter).
Gerre: Damals war einfach alles viel einfacher...
Tom: ...und es kamen auch nicht so viele Platten gleichzeitig raus.
Gerre: Das war noch die Zeit, als man in den Plattenladen gegangen ist und sich die Platten nach Covern gekauft hat: "Boah, das könnte Heavy Metal sein. Kaufen!"
Tom: Die erste RUNNING WILD mit der Hand mit Nietenarmband, oder ANVIL mit dem Amboß, oder EXCITER mit den MARSHALL-Türmen: "Geil! Kaufen!"
Gerre: ...oder CROSSFIRE mit dem Totenkopf auf dem Cover. Die waren aus... [überlegt]
...aus Belgien. »See You In Hell«!
Gerre: Genau! So hieß die Platte. Hab' ich mir auch sofort gekauft.
Da hat sich die Situation mittlerweile natürlich völlig verändert...
Gerre: Ich frage mich oft, wer das alles kaufen soll, was da jeden Monat rausgehauen wird. Ich fände es besser, wenn eine Plattenfirma ein Produkt im Monat hätte, auf das man sich konzentriert und in das man Power reingibt. Ich möchte damit kein bestimmtes Label kritisieren, denn ich denke, daß mittlerweile eigentlich überall so gearbeitet wird: 20 Sachen werden an die Wand geklatscht, und man hofft, daß eine Band klebenbleibt. Das macht die ganze Sache undurchsichtig, und es ist viel schwieriger, sich irgendwelche Perlen rauszusuchen. Ich glaube, ich spreche da für uns alle drei, die wir ja auch privat Metal hören.
Tom: Früher war ich ein absoluter Experte und wollte sogar mal ein Metalmagazin rausbringen. Ich kannte jede Band; gerade aus England! Das hat natürlich völlig aufgehört. Heute weiß ich überhaupt nicht mehr, was rauskommt.
Gerre: Gerade diese Veröffentlichungswut - ich nenn's jetzt einfach mal so - macht es für eine junge talentierte Band viel, viel schwieriger. Wir hatten das Glück gehabt, daß wir schon in den frühen Achtzigern...
Tom: Die Gnade der frühen Geburt eben!
Gerre: Genau. Ich hab' einmal beim METAL HAMMER am Soundcheck teilgenommen. Ehrlich, beim nächsten Mal werde ich so was ablehnen. Da wirst Du wahnsinnig! Ich weiß nicht, wie man eine objektive Kritik schreiben kann, wenn man sich im Monat 60 oder 70 Platten anhören muß. Ich hab' mir dann gesagt, daß ich keine Note schlechter als 4 Punkte gebe...
Tom: Ich habe auch mal bei so was mitgemacht und dadurch übrigens LEGION OF THE DAMNED kennengelernt. Da hatte ich auch etwa 20 CDs zum Anhören bekommen, und LEGION haben eindeutig herausgestochen. Bei vielen anderen Bands hat mich die Musik nicht mal berührt, aber LEGION habe ich dann eine gute Kritik gegeben.
Maurice: Genau, da kann ich mich noch dran erinnern.
Tom: Manchmal ist eben doch eine Perle dabei!
Gerre: Die ganze Branche beschwert sich über einbrechende Verkaufszahlen. Das hat sicherlich was mit dem Internet und den illegalen Downloads zu tun, aber wenn eine CD zwischen 15 und 17 Euro kostet, können sich die Kids im Monat maximal zwei oder drei CDs kaufen. Für mich sind die Preise viel zu hoch. Eine CD dürfte 9,90 Euro kosten, [Tom und Maurice nicken] und es dürfte einfach nicht so viel rauskommen. Wir haben das zufällig vorhin im Gespräch festgestellt: Die neue SODOM-Platte kommt Mitte November, unser Neuling Mitte Dezember, die neue LEGION-Scheibe kommt Mitte Januar, und Mitte Februar sind dann DESTRUCTION dran. Das ist eigentlich völliger Schwachsinn! Klar, das liegt natürlich auch am jeweiligen Terminkalender einer Band und nicht nur an den Labels, aber im Endeffekt machen wir uns gegenseitig Konkurrenz.
Tom: Tja, ich hoffe, daß die Leute sich im Endeffekt für die entscheiden werden. [winkt mit der neuen SODOM-CD, die er mitgebracht hat]
Gerre: [lacht] Sie werden so enttäuscht sein von der Scheibe, daß sie dann unsere kaufen. Dann sind sie noch enttäuschter und kaufen schließlich LEGION. [allgemeines Gelächter]
Womit wir beim Thema Erfolg angelangt wären! Bei SODOM klappte es diesbezüglich recht schnell: Von den ersten Gehversuchen bis zum Deal ging es recht flott, und dann konntet Ihr schon 1989 als erste deutsche Thrashband mit »Agent Orange« eine Platte in den deutschen Charts plazieren, was damals eine Sensation war. Es war eben nicht wie heute, wo sich in den Top 100 immer eine Handvoll Metalbands befindet.
Tom: Wir haben den ersten Vertrag einfach ungesehen unterschrieben. Das hängt mir heute noch nach, was ich früher alles unterschrieben habe... Aber is' ja egal. Vor allem, damals mußte man noch ganz andere Stückzahlen verkaufen, um in die Charts zu kommen.
Gerre: Heute reichen ja in der ersten Woche zwei- oder dreitausend verkaufte CDs, und Du bist in den Charts...
Tom: Das schafft sogar Lady Gaga... [großes Gelächter] Warum wir diesen Erfolg hatten? Ich weiß es wirklich nicht. Für mich ist »Agent Orange« deswegen nicht unser bestes Album. Wir hatten damals in Frank Blackfire zweifelsohne einen sehr guten Gitarristen. Es war wohl auch wichtig, daß wir einen eigenen Stil hatten.
Als meine ganzen Tanten zu Besuch waren, sagte mein Opa zu mir: "Junge, mach' doch mal Deine Kassette an." Also hab' ich unser erstes Demo »Witching Metal« aufgelegt. Was meinst Du, was da los war? Wie die mich angeschaut haben?
(Die erste öffentliche SODOM-Listening Session...)
Einen solchen großen Sprung haben TANKARD leider nie geschafft.
Gerre: Wir bekamen mit dem »Alcoholic Metal«-Demo zwei Angebote von Plattenfirmen. Ich weiß nicht mehr, wer das war? Bei wem ist denn STEELER erschienen?
Die erste Platte bei MAUSOLEUM, die zweite bei EARTHSHAKER RECORDS.
Gerre: Ja, ich glaube es war eines dieser Labels, aber ich krieg's jetzt nicht mehr genau zusammen. [kratzt sich am Kopf] Auf alle Fälle wollten die, daß wir nochmal was vorproduzieren, während NOISE RECORDS direkt einen Plattenvertrag geschickt hatten. Wir trafen uns also am nächsten Tag in der Kneipe und haben blind unterschrieben. Ähnlich wie Tom; totaler Schwachsinn war das natürlich! Für uns kam dann der Durchbruch 1987 mit der zweiten Platte »Chemical Invasion«, die richtig nach oben ging. Mit »The Meaning Of Life« waren wir 1990 auch in den Charts vertreten und konnten auch gutbesuchte Touren spielen. Es war bei uns vielleicht nicht so kometenhaft wie bei SODOM, aber gemessen an den heutigen Verhältnissen war das schon beachtlich. Daß das letzte Bißchen bei uns gefehlt hat, mag vielleicht daran liegen, daß irgendjemand in der Band immer was in Sachen Beruf oder Ausbildung hatte. Wir sind zwar schon getourt, aber wir sind beispielsweise nie nach Amerika gegangen. Dennoch waren das sehr erfolgreiche Zeiten mit Plattenverkäufen, bei denen man heute wahrscheinlich vier Wochen lang auf Nummer 1 stehen würde. [grinst]
Maurice, Ihr seid über zehn Jahre lang mit OCCULT praktisch auf der Stelle getreten. Dann habt Ihr Euch in LEGION OF THE DAMNED umbenannt, wobei Ihr anfangs sogar weitgehend geheimgehalten hattet, daß es ein und die selbe Band gewesen war, und seid förmlich explodiert. Euer Erfolg kann ja wohl nicht vom Namenswechsel und dem Geheimhalten des alten Bandnamens herrühren!
Maurice: LEGION bekommen eine Menge Promotion. Es wurden beispielsweise ganzseitige Anzeigen für uns geschaltet, während bei OCCULT irgendwo am Ende der Anzeige erwähnt wurde, daß eine Platte veröffentlicht worden war. Wahrscheinlich hat es aber auch ein wenig am neuen Namen gelegen, denn viele Leute haben sich wohl gefragt, wer denn diese neue Band sei, um die soviel Aufhebens gemacht wir und haben sich daher die Platte angehört. Natürlich braucht man dann auch ein gutes Album. Wäre die Platte schlecht gewesen, hätte der ganze Aufwand nichts genutzt. Zudem haben wir als OCCULT viele Tourneen mit dem Veranstalter METALYSEE gemacht: Da waren zwar tolle Namen wie NUCLEAR ASSAULT, EXODUS oder MORBID ANGEL an Bord, aber bei solchen Touren waren immer zehn Bands dabei, so daß wir als Opener unseren Miniset teilweise schon spielen mußten, als die Türen noch gar nicht geöffnet waren. Das macht natürlich keinen Sinn! Aber wir haben immer weitergemacht und gehofft, daß es eines Tages besser wird. Zudem hatten wir zwischenzeitlich ein Label, das keinen ordentlichen Vertrieb hatte. Trotzdem bekamen wir auch schon als OCCULT immer gutes Feedback von den Fans, allerdings wurde für LEGION OF THE DAMNED eben von Anfang an deutlich bessere Öffentlichkeitsarbeit geleistet.
An der Musik kann es ohnehin nicht liegen, denn das letzte OCCULT- und das erste LEGION OF THE DAMNED-Album liegen musikalisch nicht so weit auseinander!
Maurice: Nein, es gab eigentlich überhaupt keinen Unterschied. Wie Du weißt, wurde »Elegy For The Weak«, das letzte OCCULT-Album von 2003, fünf Jahre später unter dem Titel »Feel The Blade« als LEGION OF THE DAMNED-Album wiederveröffentlicht. Von »Elegy For The Weak« verkauften wir 900, von »Feel The Blade« 15.000 Exemplare. Es ist das selbe Album. Wir haben es noch nicht mal remastert. Es gab nur ein neues Artwork.
1994 habt Ihr bei OCCULT etwas getan, was ich fast schon als revolutionär bezeichnen will: Zu einem Zeitpunkt, als es im extremen Metal fast keine Frauen gab, habt Ihr ein Mädel als zweite Stimme in die Band geholt.
Maurice: Rachel war damals meine Freundin, und sie sang bei einer Band namens PATHOLOGY, die sich damals gerade aufgelöst hatte. Da sie mir leid tat, schlug ich ihr vor, zu OCCULT zu kommen, so daß wir uns den Gesang teilen würden. Das war eine dumme Entscheidung. [Gerre und Tom lachen] Eine sehr dumme Entscheidung. [grinst schief]. Wenn eine Band zwei männliche Sänger hat, dann ist das okay. Aber wenn es sich um ein Mädel handelt... Na ja, ich hätte genauso gut im Backstageraum bleiben und von dort aus singen können, denn niemand hat mich mehr beachtet. Ich will damit nicht sagen, daß ich auf Aufmerksamkeit erpicht bin, aber daß die Band derart auf Rachel reduziert wurde, ließ für mich den Spaß doch deutlich schwinden. Wir bekamen dann noch private Probleme wegen der Band. Nein, es war also keine Vision, die ich hatte, sondern es basierte schlicht auf Mitleid mit Rachel, und zudem war es eine ganz schlechte Idee gewesen.
In den Zeiten, in denen wir aufgewachsen sind, hatte Metal ja noch ein ganz anderes Image in der Bevölkerung. Kurz: Unsere Eltern hatten es nicht leicht mit uns... Aber: Wie war das denn erst, wenn der Sprößling auch noch in einer Band Krach machte? Wann zeichnete sich für Euch ab, daß aus Euren Bands mehr werden sollte als nur eine vorübergehende Laune von Teenagern?
Tom: Für meine Eltern war das ein Schock! Mein Vater wollte, daß ich einfach auf der Zeche weiterarbeite, aber das wollte ich nicht. Ich hing meinen Job an den Nagel und sagte, daß ich nur noch Musik machen werde. Heutzutage ist das sicherlich anders. Bei unseren Konzerten stehen manchmal 14- oder 15-Jährige mit einem "In The Sign Of Evil"-Shirt in der ersten Reihe. Als ich mich mal mit einigen von ihnen unterhielt, sagten sie mir, daß ihre Eltern SODOM hören würden. [allgemeines Gelächter] Ich kann mich noch an eine Situation früher erinnern, als meine ganzen Tanten zu Besuch waren, und mein Opa zu mir sagte: "Junge, mach' doch mal Deine Kassette an." Also hab' ich unser erstes Demo »Witching Metal« aufgelegt. [grinst] Was meinst Du, was da los war? Wie die mich angeschaut haben? Das konnten die überhaupt nicht begreifen. Heute ist da alles liberaler geworden.
Gerre: Bis man heute jemand hinterm Ofen hervorlockt, muß man schon einiges bringen. Heavy Metal war Anfang der Achtziger einfach revolutionär. Es war etwas Neues und Rebellisches. Die Musik hat natürlich immer noch was Rebellisches, aber heute ist Heavy Metal etabliert und eine von den vielen Musikrichtungen, die es gibt. Wie Du schon völlig richtig gesagt hast: Da reicht in Blick in die aktuellen Charts, um zu sehen, welchen Stellenwert Heavy Metal hat. Nichtsdestotrotz ist es immer noch die geilste Musikrichtung, und ich bin seit... Hmmm... Also, es war 1978 - damals war ich übrigens ein Jahr alt: Bis dahin war ich ein absoluter SMOKIE-Fan, doch dann hörte ich zum ersten Mal AC/DC. Zu diesem Zeitpunkt wußte ich natürlich nicht, daß ich auf dieser Droge hängenbleibe, aber heute weiß ich natürlich, daß sich das nie wieder ändern wird!
Und ab wann konntest Du Dir vorstellen, daß Du so lange Zeit Musik machen würdest?
Gerre: Da gibt eigentlich keinen konkreten Zeitpunkt. Ich kann mich noch dunkel erinnern, als unser erstes Demo im METAL HAMMER mit einem Dreizeiler gewürdigt wurde. Da bin ich rumgehüpft, wie... Keine Ahnung - als ob ich gerade bei "Wetten daß..?" aufgetreten wäre. Ähnlich ging's mir bei der Veröffentlichung der ersten Scheibe. Wenn man etwas als Einschnitt bezeichnen kann, dann war es wohl dieser Moment, daß man die erste richtige Platte gemacht hatte. Aber wegen eines bestimmten Zeitpunktes hab' ich mir eigentlich auch nie Gedanken gemacht. Musik gehört einfach dazu, ist ein wichtiger Bestandteil meines Lebens, und das geht hoffentlich noch lange so weiter.
Tom: Irgendwann stellten sich dann langfristige Plattenverträge und Tourneen ein, so daß man schon wußte, daß sich da etwas tun kann. Allerdings muß man am Ball bleiben! Darum habe ich früher immer mal wieder Musiker rausgeworfen, weil sie nicht genügend mitgezogen haben. Schließlich will man ja nach vorne kommen und nicht gebremst werden! Dann kann man es schaffen - auch heute noch. Allerdings: Eine Garantie gab es natürlich nie. Wir haben gerade in den Neunzigern, als viele aufgegeben haben, einfach weitergemacht. Und es ging auch gar nicht so viel schlechter. Die Platten waren eigentlich genauso gut, wir haben genauso viele Konzerte und Tourneen gespielt. Ich hab' da gar nix mitgekriegt, daß in den Neunzigern was passiert ist. [grinst]
Gerre: Was kriegst Du denn überhaupt mit? [rempelt Tom an]
Tom: Gar nix [lacht]! Wir haben einfach unser Ding weiter durchgezogen, die Konzerte waren gut besucht. Was sollte also schiefgehen?
Maurice: Für uns war es mit OCCULT eine ständige Berg- und Talfahrt, so daß es für mich eigentlich nie einen Punkt gab, an dem ich hoffen konnte, daß es wirklich auf lange Zeit funktionieren würde. Andererseits: Ich sah SODOM 1988 live in meiner Nachbarschaft; wenn mir damals jemand gesagt hätte, daß ich in zwanzig Jahren mit diesen Jungs hier an einem Tisch sitzen würde, dann hätte ich garantiert schallend gelacht.
Die Tatsache, daß es bei SODOM eben eine Spur besser gelaufen ist, resultiert wohl darin, daß Tom als einziger von Euch von der Musik leben kann.
Tom: Es ist zweifelsohne sehr hilfreich, wenn man davon leben kann, weil man sich dann voll auf die Musik konzentrieren kann. Man ist dann aber auch von morgens bis abends damit beschäftigt. Ich kann mir keinen Urlaub gönnen oder drei, vier Wochen mal nix machen. Das geht natürlich nicht! Wir haben ja keinen Manager mehr, sondern ich mache das alles, was schon sehr zeitaufwendig ist. Aber was will man mehr? Ich kann zumindest nicht mehr vom Leben verlangen!
Maurice, Gerre, Ihr habt gerade schon mal angedeutet, daß Ihr froh seid, nicht unter dem Druck zu stehen, von der Musik leben zu müssen. Oder würdet Ihr vielleicht doch gerne mit Tom tauschen?
Gerre: Zeitweise habe ich ebenso wie einer der Gitarristen auch mal von der Musik gelebt, aber wie ich schon erwähnt hatte, gab es immer wieder bei einem der Musiker Probleme mit dem Beruf, so daß es nie auf lange Sicht möglich war. Aber was Tom sagt, trifft teilweise auch auf mich zu: Ich habe zwar meinen Job als Sozialarbeiter, aber dennoch beschäftige ich mich jeden Tag mehrere Stunden mit der Band. Ich hätte also definitiv kein Problem, mich full time der Band zu widmen. Gerade in jenen Zeiten, in denen man eine neue Platte macht, ist doch alles sehr stressig. Kurz: Man investiert seine komplette Freizeit und seinen Urlaub in die Band, aber wenn Du dann diese 90 Minuten auf der Bühne stehst und diesen Kick kriegst, entschädigt das für alles!
Hier und da hab' ich richtig aggressiv und angepißt gesungen. Da hab' ich mich selbst gehaßt, wenn ich abends nach Hause kam.
(Tom - auch 2010 noch "in the sign of evil"..?)
Maurice, Du kannst Deinen Lebensunterhalt zumindest mit etwas bestreiten, das mit Musik zu tun hat: Du drehst Videoclips für anderen Bands.
Maurice: Ich habe schon früh angefangen zu arbeiten: Ich hatte mit 15, 16 Jahren begonnen, Zeitungen auszutragen, so daß ich schon relativ früh ein Einkommen hatte. Mit OCCULT verkauften wir nie viele Platten und viel Merchandise, aber bei LEGION könnte es unter Umständen möglich sein, davon zu leben. Aber jeder von uns hat ein Haus und seinen Job. Außerdem möchte ich nicht meine Firma aufgeben, die ich über sieben Jahre hinweg aufgebaut habe. Es ist also gut, mit der Band ein wenig zusätzliches Geld zu verdienen, das ich wieder in meine Firma investieren kann. Ich bin also mit der derzeitigen Situation zufrieden. Aber auch ich bin sehr viel mit LEGION beschäftigt, denn die Arbeit für die Band ist sehr zeitaufwendig - auch wenn sich das kaum ein Fan so vorstellen kann.
Tom: Manchmal kommen deswegen Freundschaften, Familie oder Hobbys zu kurz, aber das ist der Tribut, den man zahlen muß.
Maurice und Gerre, Ihr habt Euch eigentlich immer auf Eure Hauptbands beschränkt. Maurice, Du hast lediglich mal bei BETHLEHEM...
Maurice: Das ist nicht ganz korrekt: Die Jungs hatten mich damals gefragt, und ich war bei ihnen im Proberaum, aber letzten Endes habe ich nichts für BETHLEHEM eingesungen.
Wie wichtig ist es Dir, Dich auf eine Band zu konzentrieren?
Maurice: Superwichtig! Ich wurde schon von einigen Kollegen aus Holland gefragt, die eine neue Band gründen wollten, ob ich nicht bei ihnen singen wolle, was ich immer abgelehnt habe. Dann würde der Gesang dieser Band einfach nach LEGION klingen. Wenn ich vielleicht Gitarre spielen würde, wäre es denkbar, daß ich mir noch eine zweite Band zulegen würde, aber dazu würde mir dann eigentlich auch die Zeit fehlen, denn LEGION beansprucht meine gesamte Zeit.
Gerre, auch in Deinem Lebenslauf kann man außer dem legendären X-MAS PROJECT keine Fremdaktivitäten erspähen.
Gerre: Damals in den Achtzigern habe ich das Angebot von SODOM dankend abgelehnt. Die wollten ja eigentlich einen richtigen Sänger haben, aber ich hatte keine Zeit. [Gerre und Tom lachen] Spaß beiseite! Hin und wieder absolviere ich schon mal einen Gastauftritt. BURDEN OF GRIEF haben mich jetzt gefragt, ob ich auf der neuen Platte bei einem Song mitsingen kann. Oder die Franzosen EVIL ONE hatten einen Song, der so ähnlich wie ›Metal Militia‹ von METALLICA klingt, allerdings ›Beer Militia‹ heißt. Die schickten mir die Lyrics, und ich nahm meinen Gesang im Studio unseres Gitarristen auf. Solche Sachen mache ich spaßeshalber ganz gerne, aber ich würde niemals eine zweite Band gründen. Wo soll ich denn da die Zeit hernehmen?
Tom: Ich hab' für die kommende ONSLAUGHT-Platte bei der MOTÖRHEAD-Coverversion ›Bomber‹ mitgesungen. Ich hab' 'ne Riesenliste, wo ich überall schon mitgemacht habe, doch solche Gastauftritte hab' ich mittlerweile auch ein wenig eingeschränkt.
Aber Du hattest immer noch Zeit für zusätzliche Projekte, sei es DESPERADOS oder Onkel Tom.
Tom: DESPERADOS hatten damals kaum Erfolg gehabt, nur wenige Platten verkauft und selten Shows gespielt, so daß ich mich dann wieder auf meine Hauptband konzentriert habe. Mit Alex Kraft, der die Band dann ja später unter dem Namen DEZPERADOZ wiederbelebt hat, spiele ich ja immer noch bei Onkel Tom zusammen. Mehr Zeit hätte ich auch gar nicht, denn während momentan die Promo für SODOM läuft, bin ich zugleich schon wieder mit Onkel Tom im Studio. Das wird dann alles ein bißchen viel. Eine solche Situation habe ich schon vor ein paar Jahren mal erahnt, und jetzt kommt wirklich alles auf einem Haufen zusammen. Aber da muß man durch!
Also ist Dein neustes Projekt, DIE KNAPPEN, nicht so zeitintensiv?
Tom: Kann man so nicht sagen. Wir versuchen einmal pro Woche zu proben. Außerdem habe ich den Großteil der Texte geschrieben, aber ich werde mich im nächsten Jahr nicht auf DIE KNAPPEN stürzen, um beispielsweise zu touren. Das ist ein Projekt, das wir gemacht haben, weil wir alle gut befreundet sind. Aber ich brauche einfach immer was zu tun. Ich kann nicht zu Hause ruhig rumsitzen, sondern ich muß immer kreativ tätig sein!
So, Männer, jetzt ist es an der Zeit, ein paar Peinlichkeiten oder Besonderheiten auszuplaudern, die Eure Fans vielleicht nicht unbedingt erwartet hätten - und Gerre, Du hast Dich ja schon mit Deinem Faible für "Sturm der Liebe" geoutet...
Gerre: Genau. [lacht] Mein großer Lebenstraum ist, da mal zumindest als Statist mitzuspielen, was auch in Arbeit ist. Aber wie man so schön sagt: Gut Ding braucht Weil, aber es ist immer noch in meinem Hinterkopf. Das ist Deutschlands erfolgreichste Soap oder Telenova, wie auch immer man es nennt. Ich bin der erste Metaller, der sich geoutet hat, aber ich schwöre Dir, daß sich noch ganz andere Metaller diese Sendung anschauen.
Ja, aber das ist Schnee vor gestern. Das wurde schon längst breitgetreten und ist daher langweilig. Da mußt Du also schon noch was anderes auf den Tisch legen! Irgendwelche geheimen Obsessionen, Peinlichkeiten...
Gerre: Mein ganzes Naturell ist ja peinlich. [großes Gelächter] Mach' Du mal [stößt Tom an], mir fällt da bestimmt noch was ein.
Bei Tom könnte man anschneiden, daß er mit Onkel Tom Sauflieder zum Besten gibt, aber das ist nicht sonderlich peinlich und...
Tom: Oh doch, ist es... [großes Gelächter]
Geht die Idee zu Onkel Tom eigentlich auf Eure '93er SODOM-Maxi »Aber bitte mit Sahne« zurück?
Tom: Nein, Onkel Tom ging los, als SODOM in den Neunzigern für ein Jahr mehr oder minder aufgelöst waren, weil der Gitarrist im Knast und der Drummer abgehauen war. Weil ich ja schon mit SODOM deutsche Texte gesungen habe, kam die Idee auf, einfach ein paar Sauflieder zu machen. So entstand die erste Onkel Tom-Platte (die 1996 eigentlich noch unter dem Namen Tom Angelripper erschien - Red.), die super lief; sogar besser als eine SODOM-Platte. Also wurde das Projekt einfach fortgesetzt. Aber ansonsten kann ich sagen, daß ich nebenbei noch Jäger bin. Das ist zwar nicht peinlich, aber das wissen wohl auch die wenigsten von unseren Fans.
Gerre: Wir sind eigentlich gar nicht so peinlich, oder? Das ist nur unser Image [lacht]! Wir sind ganz bodenständig...
Maurice, bei LEGION OF THE DAMNED könnte man als Spezialität anführen, daß Ihr Euer eigenes Knabenfußballteam habt.
Maurice: Die Idee stammte von unserem Manager. Seither sind wir die Sponsoren der Jungs und statten sie mit Shirts aus.
Die Jungs tragen also das LEGION OF THE DAMNED-Logo auf ihrem Trikot?
Maurice: Genau, und die neuen Shirts haben zudem auf dem Rücken neben dem Namen des Teams einen Samuraikrieger drauf. Wenn die Jungs ein wichtiges Spiel haben, gehen wir auch hin und feuern sie an.
Gerre: Wir hatten auch mal 'ne Fußballmannschaft gesponsort: Unser Bassist hat drei Söhne, und die Mannschaft von einem der Jungs ist dann auch in TANKARD-Trikots rumgelaufen, was echt ganz witzig war.
Ihr seid zwischendurch immer wieder mal wieder auf neue Thrashbands zu sprechen gekommen. Gibt es da Namen, die für Euch herausstechen und denen Ihr gute Chancen für die Zukunft einräumt?
Tom: Ich helfe einer Band aus unserem Umkreis, die FINAL DEPRAVITY heißen. Deren Platte ist dieser Tage erschienen. Die Jungs sind begnadete Musiker und haben einen echten Ausnahmegitarristen. Trotzdem war es schwer für sie, einen Deal zu bekommen. Momentan fehlt ihnen noch ein wenig die Eigenständigkeit - wie generell bei fast allen jungen Bands, was wir zuvor schon angesprochen hatten - aber darauf werden die Jungs beim nächsten Album verstärkt achten. Ich mach' das generell gerne, daß ich talentierten Bands aus meiner Gegend helfe. Ich kenne ja doch einige Leute, so daß ich denen dann eine CD weitergebe mit der Bitte, sie intensiv anzuhören, so daß zumindest gewährleistet ist, daß sie nicht sofort im Papierkorb landet. Auf alle Fälle sind FINAL DEPRAVITY für mich die Band der Stunde. Die Jungs sind echt brachial. Wenn ich deren Drummer sehe, frage ich mich immer, wo so jemand gezüchtet wird. [grinst] So gute Musiker gab es zu unserer Anfangszeit längst nicht. Mal sehen, vielleicht schaffen sie es.
Gerre: Da ich ja schon leicht dement bin, kann ich mir schlecht Namen merken. Ansonsten könnte ich Dir Hunderte von Bands aufzählen. Ich kriege bei Festivals immer mal wieder was in die Hand gedrückt, und da sind auch immer wieder talentierte junge Bands dabei. Aber wie gesagt, ist es heute sehr schwierig für neue Bands. Dann auf der anderen Seite gibt es - nicht daß ich die Band schlecht finden würde! - eine Truppe wie AIRBOURNE, die im Endeffekt eine AC/DC-Coverband sind und abgehen wie Schmidts Katze. Sie sind natürlich live sehr geil, aber musikalisch ist es gewiß nichts Neues.
Maurice: Ich mag die Griechen SUICIDAL ANGELS sehr. Sie haben die notwendige Energie. Und außerdem gibt es da noch eine neue Band namens SODOM... [allgemeines Gelächter]
Gerre: Da kann ich Maurice zustimmen: SUICIDAL ANGELS hab' ich mal live gesehen, und sie haben mir sehr gut gefallen. Von denen kommt doch auch die neue Platte dieser Tage raus, oder? Also kommen fünf neue Thrashplatten im Zeitraum von drei Monaten raus, was vollkommen sinnentleert ist, aber gut..." (Männer, ich glaube, Ihr ahnt nicht mal ansatzweise, wieviele Thrashplatten in diesem Zeitraum wirklich erscheinen werden, aber das ist ein ganz anderes Thema, das selbst wir Schreiber fast nicht mehr überblicken können. - Stefan)
Ich hatte nie den Traum, Rockstar zu werden. Ich sehe mich als normalen Typen aus Holland an, der das Glück hat, daß seine Band einen gewissen Erfolg hat.
(Legion Of The Glückspilze)
Wie schon angeklungen ist, lautet Euer größter Tip an junge Bands, daß sie auf Eigenständigkeit achten sollen.
Tom: Ein eigenständiger Sänger ist sehr wichtig, denn Gitarren kann man nicht mehr neu erfinden. Es müssen sich einfach ein oder zwei Musiker in einer Band als Persönlichkeiten herauskristallisieren, so daß man die Band auch visuell identifizieren kann. Und nicht immer nur ins Mikro grunzen! Das macht ja mittlerweile jeder. Beim Gesang einfach ein bißchen mehr variieren. Und vor allem: Nicht aufgeben!
Gerre: Wir drei wissen, daß das Business ein Haifischbecken ist, in dem man höllisch aufpassen muß. Da gibt es keinen allgemeingültigen Ratschlag, aber man muß einfach vorsichtig sein. Es gibt sehr viele geile Leute in dieser Szene, aber gibt auch einige, die dich reinlegen wollen. Außerdem sollte man sich in die Musik nicht zu viel reinreden lassen. Wir hatten mal auf einer Platte ein Instrumental von sechs oder sieben Minuten, ›For A Thousand Beers‹. Da kam damals der Chef unserer Plattenfirma und meinte, daß die Nummer zu lang sei, was uns aber völlig egal war. Kurz: Man sollte sich auf keinen Fall von außen in die Musik reinreden lassen! Es ist meistens schon schwierig genug, innerhalb eine Band Kompromisse zu schließen und einen Konsens zu finden. Auch bei solchen Geschichten, wenn man sich für viel Geld auf eine Tour einer bekannten Band einkauft, sollte man vorsichtig sein. Am Ende geht es einem dann vielleicht so, wie Maurice schon erzählt hat, daß man als vierter Opener schon auf die Bühne muß, während die Leute noch vor der Halle stehen.
Tom: Alles unbedingt mit Rechtsbeistand machen! Ohne Anwalt geht heute gar nichts mehr! Wir haben damals alles unterschrieben, was sich teilweise als fatal rausgestellt hat. Heute gibt es zum Glück Anwälte, die sich auf Musikrecht spezialisiert haben, die eine Band fundiert beraten können. Dieses Geld würde ich immer investieren! Das machen wir heute auch. Denn selbst jemand wie ich, der schon so lange dabei ist, kennt sich in diesen Dingen nicht genug aus. Wenn ich so einen Vertrag lese, dann verstehe ich mindestens die Hälfte nicht. Schließlich sind wir Musiker. Wir wollen, daß alles vernünftig läuft, doch wir wollen primär unsere Musik machen.
Gerre: Wir haben beispielsweise das Problem, daß wir früher bei NOISE RECORDS waren, die dann von SANCTUARY RECORDS geschluckt wurden, die ihrerseits von UNIVERSAL geschluckt wurden. UNIVERSAL ist eine der größten Plattenfirmen, und es ist ein Riesenaufwand, bis du nur mal die zuständigen Leute antriffst. Unsere alten Platten waren zwischenzeitlich mal nicht mehr erhältlich. SANCTUARY hatten sie als Re-Releases wieder auf den Markt gebracht, so daß man diese Versionen einfach nur nochmal neu auflegen mußte. Mittlerweile läuft die Sache wieder, aber bis wir da endlich einen Ansprechpartner ausfindig gemacht hatten... [schüttelt den Kopf] Das sind alles so Businesssachen - da drehst du durch! Ich will doch nur, wenn ein 15-Jähriger uns kennenlernt und geil findet, daß er sich auch die erste Scheibe von 1986 kaufen kann. Das nervt schon extrem, weil das nur damit zusammenhängt, daß Du irgendwann mal irgendwelche Rechte irgendwohin verkauft hast. Und wenn Du dann eine DVD rausbringen willst, mußt Du noch aufpassen, welcher Song in welchem Verlag erschienen ist... Da wirst Du wahnsinnig! Das meinte ich damit, als ich sagte, daß junge Bands ein bißchen vorsichtig sein sollen.
Tom: Es gibt da einige Bücher, wie beispielsweise "Die Praxis im Musikbusiness", mit deren Hilfe man sich zumindest ein paar Grundkenntnisse anlesen kann. Klingt natürlich komisch, wenn so ein Tip von mir kommt, denn wir haben das früher auch nicht gemacht, aber wir mußten dafür auch Federn lassen. Wenn wir alles bekommen hätten, was uns wirklich zugestanden hatte, dann hätten wir wohl schon längst ausgesorgt. Wir hatten aber alles aus den Händen gegeben, was eindeutig ein Fehler war.
In Sachen Besetzungsliste gibt es zwischen Euren Bands große Unterschiede. Während bei TANKARD und LEGION OF THE DAMNED gemessen an der langen Zeitspanne doch recht wenige Umbesetzungen vorkamen, ging es bei SODOM gerade auf der Gitarrenposition oftmals zu wie im Taubenschlag. Aber seit 1997 sind auch SODOM diesbezüglich zur Ruhe gekommen. Wie wichtig ist es, eine feste Konstellation zu haben, in der man arbeiten kann?
Gerre: Sehr wichtig!
Tom: Klar: Jeder Besetzungswechsel wirft eine Band wieder zurück, da man die neuen Leute erst wieder einlernen muß. Aber ich hab' nie jemand ohne Grund aus der Band geworfen; oder Frank Blackfire ist von sich aus gegangen. Dennoch ist es wichtig, daß man sich als Band zusammenfindet und so lange zusammenhält wie es geht. Eine Garantie gibt es natürlich nicht, aber ich versuche immer, die Leute so lange wie möglich zu halten. Man ist schließlich aufeinander eingespielt, hat ein kollegiales Verhältnis aufgebaut, so daß es immer schade ist, wenn das zu Ende geht.
Im Falle SODOM war es oft so gewesen, daß Musiker, die die Band verlassen hatten, anschließend schlecht über Dich oder die Band gesprochen hatten.
Tom: Ich weiß, aber das ist mir egal. Einer muß bei einer Band die Entscheidung treffen. Ich nehme mir eben das Recht raus, gewisse Sachen selbst zu entscheiden. Meine beiden heutigen Mitstreiter vertrauen mir einfach, da ich diese Position schon lange innehabe. Was die Musik betrifft, machen wir alles gemeinsam, aber die geschäftlichen Entscheidungen treffe ich allein, ohne dabei jemand auf die Füße treten zu wollen. Wir diskutieren schon im Vorfeld darüber, aber das letzte Wort habe ich eben.
Gerre: Wir spielen seit 1998 in dieser Besetzung zusammen, und ich sag' mal, vom Gefühl her ist es einfach so, daß man mit zunehmendem Alter immer weniger Bock hat, sich zu trennen. Je älter man wird, desto eingefahrener wird man und entwickelt seine Marotten, so daß es einfach nötig ist, daß man sich gut versteht. Im Moment könnte ich es mir überhaupt nicht vorstellen, daß es einen Besetzungswechsel geben sollte.
Das heißt also, daß Dir im Alter die Konstanz wichtig ist, obwohl Du ja erst 33 Jahre alt bist...
Gerre: Genau: Obwohl ich erst 33 bin, sollte man die Konstanz nicht unterschätzen. Man kann sich einfach aufeinander verlassen, was wichtig ist.
Maurice, bei Euch wurde lediglich der Bassist ausgetauscht, aber ansonsten hattet Ihr schon jahrelang bei OCCULT das gleiche Line-up gehabt.
Maurice: Er hatte einfach zu viele Drogenprobleme. Er war abhängig von Schlaftabletten, und es gab Shows, bei denen er auf der Bühne eingeschlafen ist. Das hat einfach nicht mehr funktioniert. Aber ansonsten habe ich die Band damals 1992 mit unserem Drummer Erik gegründet, und unser Gitarrist Richard kam schon relativ kurze Zeit später dazu. Dennoch ist es auch bei uns so, daß jemand gewisse Entscheidungen treffen muß, was bei uns meistens ich bin. Das hängt einfach damit zusammen, daß in diesem Business alles schnellstmöglich erledigt werden muß. Dank meiner eigenen Firma habe ich die Möglichkeit, immer sehr schnell zu reagieren, während Richard seine Mail etwa einmal in der Woche abruft. Als neulich das Booklet für das neue Album zur Korrektur ankam, habe ich es gar nicht an die anderen weitergeleitet, sondern die Korrekturanmerkungen gemacht und zurückgeschickt. Die anderen Jungs vertrauen mir und wissen, daß ich solche Arbeiten sorgfältig mache. Letzten Endes ist es einfach so, wenn bei solchen Sachen zwei Musiker entscheiden müßten, dann wäre der Streit vorprogrammiert. Dennoch: Wir verstehen uns bombig untereinander und haben auf Tour eine Menge Spaß. Wir haben zum Beispiel die Tradition, daß wir nach dem Gig immer gemeinsam zum Essen gehen. Und zwar grundsätzlich alle zusammen! Wenn dann einer vielleicht noch nicht ganz fertig ist, dann warten die anderen eben, und dann geht es gemeinsam los. Wir sind wie Brüder! Deshalb wollte ich auch, daß wir die neue Platte in Schweden aufnehmen, so daß wir die gesamten drei Wochen zusammen sind, um zu sehen, wie das klappt. Und siehe da: Es gab keinen Streit, aber wir hatten eine Menge zu lachen. Diesen Spaß, den wir hatten, hört man auch auf der Platte.
Gerre: Um solche Sachen wie das Booklet kümmere ich mich ebenfalls. Wenn mir das nicht gefällt, dann gebe ich es nicht frei. Wir reden hier immerhin von einem Produkt, das die nächsten zehn Jahre irgendwo käuflich zu erwerben sein wird, so daß einfach alles stimmen muß. Wir hatten mal auf eine CD den Mitschnitt unseres Fußballsongs für Eintracht Frankfurt gepackt. Da stand dann im Booklet zweimal "Olympiastadion" mit "i" statt mit "y". das hatte ich übersehen. Da könnte ich zum Tier werden, da hätte ich mich am liebsten selbst geköpft!
Gutes Stichwort! Maurice, ich hab' mal gehört, daß es ein OCCULT-Album geben soll, auf dem drei der Musikernamen Schreibfehler aufweisen sollen. Stimmt das?
Maurice: Ich wüßte nichts davon, sondern vermute mal eher, daß es sich dabei um eine russische Version oder was auch immer handelt. [allgemeines Gelächter] Ich habe auch mal etwas bezüglich des '99er »Of Flesh And Blood«-Albums in diese Richtung gehört, was aber nicht zutreffen kann, da wir das Booklet selbst gemacht hatten. Wenn es also einen Fehler gibt, dann muß es eine Pressung sein, die irgendwo sonst auf der Welt erschienen ist. Es kommt auf alle Fälle desöfteren vor, daß bei Artikeln in den USA bei meinem Nachnamen das "e" und das "l" vertauscht werden.
Gerre: Das Stichwort möchte ich gerne aufgreifen - und zwar im Hinblick auf das Thema, was in diesem Business alles passieren kann: Wir haben mal in Rußland gespielt, und da gab es bei der Show in Moskau einen kompletten Stand mit TANKARD-Bootlegs - bei einem TANKARD-Konzert, obwohl wir unser eigenes Merchandise dabei hatten! Da ich ja so ein Sammler bin, ging ich in meiner bescheidenen Art hin und sagte: "Hallo! Ich bin der Sänger der Band, und ich hätte gern das, das, das und das!" Daraufhin nannte man mir einen Preis für die ganzen Sachen, und ich sagte nur: "Hey! Ich bin der Sänger dieser Band, und das sind Bootlegs!" Was will man letzten Endes gegen solche Dinge unternehmen? Daher würde ich Dich gern mal fragen, [schaut zu Tom] wie es Euch gerade in Rußland ergangen ist.
Tom: Genauso. Wir haben am Wochenende dort gespielt, und da verkaufte ein Typ schon ein Shirt mit dem neuen Albumcover und ein Shirt mit dem neuen Design von der CD-Rückseite. Diese Shirts gibt's bei uns noch nicht mal! Wir wurden da im Vorfeld gefragt, ob wir eigenes Merch mitbringen würden. "Nee, wir haben ohnehin schon Übergepäck!", antwortete ich. "Alles klar, danke, dann wissen wir Bescheid." [allgemeines Gelächter] In diesem Fall gab es keinen Stand, sondern die haben vor der Halle verkauft. Das sind Dinge, gegen die du dich einfach nicht wehren kannst, sondern die du zähneknirschend als Promotion oder so abtun mußt.
SODOM waren mal im PLAYBOY!
(Sodomy and lust...)
Ihr habt bei Euren neuen Platten jeweils einen großen Wechsel in Sachen Aufnahmetechnik vollzogen. Tom, Ihr wart früher ja mal fast mit Harris Johns verheiratet, habt dann die letzte Platte mit Eurem Ex-Gitarristen Andy Brings produziert, während nun Waldemar Sorychta als Produzent fungiert hat. Ich finde, daß Ihr den Hauruck-Faktor ein wenig zurückgefahren habt und alles etwas facettenreicher und verspielter geworden ist. Ist das auch auf Waldemar zurückzuführen?
Tom: Waldemar ist selbst ein sehr guter Musiker, und er hat schon versucht, aus jedem von uns alle Stärken herauszuholen. Ich mußte beispielsweise jede Zeile in fünf Versionen singen, was ich noch nie zuvor gemacht hatte. Früher habe ich eine Nummer runtergesungen, und wenn das paßte, war die Nummer abgehakt. Daher ist die neue Platte stellenweise aggressiver, aber an anderen Stellen auch melodischer. Bernemann ist eigentlich ein sehr melodischer Gitarrist, kann aber auch sehr gut eine harte Thrashgitarre spielen. Durch diese Kombination wurden die Arrangements vielseitiger. Uns war natürlich auch wichtig, uns nicht selbst zu kopieren, aber vor allem wollten wir eine bessere Produktion haben. Und dieses Ziel, nämlich einen besseren Sound, konnten wir meines Erachtens verwirklichen. Ob die Songs jetzt besser als auf der letzten Platte sind, ist für mich schwer einzuschätzen. Waldemar sagte damals zu uns, wir sollten ihm das Geld geben - denn um Geld geht es letzten Endes immer. Aber er bot uns eben an, mit ihm so lange an der Platte zu basteln, bis wirklich jeder zufrieden ist. Das wäre in einem normalen Studio, für das man am Tag mal locker 800 Euro oder mehr hinlegt, einfach nicht möglich gewesen. Das heißt, wir haben die Sachen letzten Endes komplett im Proberaum aufgenommen, und Bernemann hat seine Gitarren zu Hause im Keller eingespielt. Das Schöne dabei ist, daß alles so herrlich analog klingt. Ich steh' nicht so auf diesen digitalen Sound - gerade bei den Drums. So ein Schlagzeug ist doch ein riesiges Instrument, also muß es doch auch entsprechend klingen. Hör' Dir doch mal die alten Aufnahmen von MÖTLEY CRÜE oder KISS an: Da war das Schlagzeug immer groß und fett. Durch dieses ganze Digitalrecording wird alles so komprimiert, als sei es durch einen kleinen Arsch gepfiffen. Ich wollte, daß die Gitarren groß klingen und daß Schlagzeug und Gesang richtig vorne stehen. Der Baß muß ja nicht immer so verzerrt sein, wie ich ihn normalerweise spiele. Bei einer Plattenproduktion kann man den Baß ruhig auch mal ein bißchen cleaner machen. Auf der neuen Platte klingt das Schlagzeug wie ein Schlagzeug, weil es eben auch ein Schlagzeug war. Es klingt einfach wärmer und analoger. Die Songs an sich haben sich im Vergleich zur letzten Platte nicht so großartig verändert.
Diese Aussage trifft auch auf TANKARD zu. Ihr habt mit der neuen Platte sicherlich keine großen Experimente gewagt. Aber Ihr seid für die Aufnahmen nach vier Platten von Andy Classen zu einem "heimatnahen" Produzenten, Michael Mainx, gewechselt.
Gerre: Natürlich: Wo TANKARD draufsteht, ist auch TANKARD drin. Wir waren bei Andy Classen sehr zufrieden gewesen, aber wir wollten einfach mal was Neues machen und vom Sound her etwas anderes ausprobieren. Ich denke, daß unsere neue Platte sehr viel erdiger und transparenter klingt. Damit will ich nicht sagen, daß die alten Platten scheiße seien. Ein großer Unterschied rührt daher, daß wir viel mit den Vocals gearbeitet haben. Ich glaube, ich habe noch nie im Studio so lange für meinen Gesang gebraucht, aber ich war auch zu keiner Sekunde genervt. Wir haben viele Dinge ausprobiert, wieder verworfen und neue Ideen gesammelt. Das war sehr anstrengend, hat aber auch viel Spaß gemacht. Sicherlich ist es eine typische TANKARD-Platte, die vielleicht an der ein oder anderen Ecke etwas melodischer ist. Es gibt auch ein paar Stellen, wo die Platte etwas trauriger ausgefallen ist, aber natürlich ist auch vieles sehr spaßig gehalten. Auf jeden Fall sind wir sehr zufrieden und gespannt, wie die Fans die Platte aufnehmen werden.
Maurice, auch LEGION OF THE DAMNED haben ein Album aufgenommen, das eindeutig in der Tradition seiner Vorgänger steht. Allerdings seid auch Ihr von Andy Classen weggegangen und habt in Schweden mit Peter Tägtgren aufgenommen.
Maurice: Ich denke, daß die Produktion besser ist, was aber auch schon mal mit den Räumlichkeiten zu tun hat, in denen wir aufgenommen haben. Das Schlagzeug stand in einem riesigen Raum, was natürlich in einem viel größeren Sound resultierte. Wir wollten zudem einfach mal die eingefahrene Routine durchbrechen und mit einem neuen Produzenten arbeiten. Zudem wollte ich, wie zuvor schon erwähnt, daß wir alle gemeinsam die ganze Zeit über an der Produktion teilnehmen. Bei Andy sind wir nacheinander ins Studio gefahren, so daß wir quasi nie gleichzeitig im Studio waren und es während des Aufnahmeprozesses keine Interaktion zwischen uns gab. So kamen beispielsweise neue Ideen für den Gesang auf, während ich meine Vocals eingesungen habe, die wir dann gleich ausprobieren konnten. Es war eine neue Erfahrung, auch wenn es für mich nicht ganz einfach war, denn bis dato hatte mir noch nie jemand gesagt, wie ich etwas singen soll. Doch es kamen einige gute Ideen dabei rum, die die Platte besser gemacht haben. Außerdem haben auch wir mehr mit der Stimme experimentiert. Früher habe ich einfach meinen Part eingesungen, und das war's. Peter hat allerdings vorgeschlagen, daß ich an einer Stelle mal einen gesprochenen Part drunterlegen sollte, oder wir haben verschiedene Effekte ausprobiert. Zudem haben wir ein paar Akustikparts ausprobiert, was auch eine Neuerung für LEGION ist. Ich möchte ebenfalls nicht Andy schlecht machen, denn unsere Platten, die wir mit ihm aufgenommen haben, sind alle toll, aber irgendwann ist es einfach notwendig, neue Erfahrungen zu sammeln.
Tom: Dadurch daß wir keinen enggesteckten Studioplan hatten, konnten wir auch sehr viel experimentieren. Manche Sachen sind so hart wie noch nie bei uns. An manchen Stellen haben wir die Instrumente auf Dis runtergestimmt. Hier und da hab' ich richtig aggressiv und angepißt gesungen. Da hab' ich mich selbst gehaßt, wenn ich abends nach Hause kam. [lacht]
Wenn Ihr jetzt heute zurückblickt: Ist es wirklich so ein Traumjob, Musiker zu sein, wie Ihr Euch das in Jugendtagen erträumt hattet?
Gerre: Ich weiß nicht, ob ich damals geträumt hatte, aber für mich gehört die Musik heute einfach zum Leben dazu, und es gibt nix Geileres als diese Zeit auf der Bühne und die Energie, die du gibst und zurückkriegst. Das kann man mit Geld nicht bezahlen! Natürlich freue ich mich auch, wenn die Fans kommen und Autogramme wollen, aber deswegen fühle ich mich nicht wie ein Rockstar. Aber dieser Kick auf der Bühne übertrifft einfach alles. Ich kann mir auch gar nicht vorstellen, daß das eines Tages mal vorbei sein sollte. Ich glaube, dann falle ich in ein ganz großes, ganz tiefes Loch!
Tom: Solange du noch Spaß dran hast, warum solltest du aufhören? Natürlich können gesundheitliche Probleme dazwischenkommen, so daß man nicht mehr weitermachen kann. Natürlich: Nach einer Show bin ich immer völlig platt und erst mal 'ne Zeitlang für nichts zu gebrauchen. Aber wenn ich dann am nächsten Tag wieder auf der Bühne stehe, dann ist das Feeling wieder da. Vielleicht wäre es okay, wenn man ein bißchen weniger machen könnte...
Gerre: ...bißchen mehr fliegen im eigenen Learjet... [großes Gelächter] 95 Prozent des Rock'n'Roll besteht aus Reisen und Warten. Aber diese anderen fünf Prozent entschädigen für alles!
Tom: ...oder aber so manche Fans: Bei einem Konzert am Wochenende war ein Mädel, das extra wegen uns aus Omsk angereist ist. Das war eine Strecke etwa zweieinhalbtausend Kilometern! Nur um uns live zu sehen. Unfaßbar! Da könnte ich heulen!
Gerre: So was macht einen Musiker natürlich wahnsinnig stolz. Ich glaube, so was gibt's auch wirklich nur im Metalbereich. Wir haben auch so ein paar wahnsinnige Fans aus Argentinien, die dann plötzlich bei unseren Konzerten in Chile auftauchen. Die lud ich dann ein, um ein Bier mit mir zu trinken. Die konnten das dann gar nicht glauben, und ich sagte nur: "Ja, wir gehen ein Bier trinken. Das ist doch kein Problem!"
Tom: Stell' Dir mal vor, Du hättest früher als Fan die Chance gehabt, mit Lemmy ein Bier zu trinken. Da wären wir alle auf die Knie gefallen! Deshalb kann ich mich da auch durchaus in die Fans reinversetzen. Das sind auf alle Fälle die schönen Sachen, die einen immer wieder aufbauen.
Maurice, wie ist das mit Deinem Traum als Rockstar?
Maurice: Ich hatte nie den Traum, Rockstar zu werden. Ich sehe mich auch keineswegs als ein solcher und denke noch nicht mal, daß ich ein besonders bemerkenswertes Gesicht habe. Ich sehe mich als normalen Typen aus Holland an, der das Glück hat, daß seine Band einen gewissen Erfolg hat. Natürlich ist es schön, Autogrammstunden abzuhalten, aber ich halte mich deswegen nicht für besser oder größer als jemand anderes. Ich fühle mich als Glückspilz und genieße jeden Augenblick.
Gerre: Ja, Autogrammstunden sind ganz besondere Momente. Wenn ich bedenke, was manche Leute da alles anschleppen! Ich schau' dann immer, ob ich das auch alles habe. Ich habe sogar schon bei Autogrammstunden mit Fans TANKARD-Bootlegshirts getauscht. Ich bin der einzige in der Band, der so komplett wahnsinnig ist, aber wer weiß, wozu es gut ist, wenn man alles aufhebt. Irgendwann wird da mal wieder irgendwelches Bonuszeug gesucht und so weiter, weißte? Ich müßte das alles nur mal ein bißchen sortieren und Ordnung reinbringen. [lacht]
Jungs, Ihr habt bislang mit Anekdoten nicht gegeizt. Falls Euch zu Abschluß noch etwas einfällt, dann dürft Ihr jetzt loslegen!
Gerre: Bei uns ist 1988 ein Reporter von STERN zwei Tage mitgefahren, um eine Story über Heavy Metal zu machen. Da hatte ich dann noch richtig Ärger mit meiner damaligen Freundin bekommen, weil da irgendwas drinstand, daß ich mich in der Kneipe ständig nach irgendwelchen Mädchen umgeschaut hätte, was aber überhaupt nicht gestimmt hatte. Da hatte ich dann das erste Mal einen Einblick erhalten, wie diese Art von Boulevardjournalismus funktioniert. Dabei waren diese Typen die schlimmsten! Ich war damals noch Zivi im Kindergarten, wo der Reporter und der Photograph auch vorbeischauten, und der eine Typ vom STERN hat die ganzen Erzieherinnen angebaggert und sich auch privat mit ihnen getroffen, aber über mich wurde dann so 'n Scheiß geschrieben. Der Artikel ging über sechs oder sieben Seiten; den muß ich irgendwo noch haben.
Tom: Wir waren mal im PLAYBOY...
Gerre: Ehrlich!?
Tom: Ja!
Gerre: War das wegen Eurer Ursel? (Gerre spielt hier auf den Song ›Die stumme Ursel‹ an, bei dem Tom bei Konzerten manchmal eine Beate Uhse-Gummipuppe als Requisite benutzt - Stefan)?
Tom: Nein, das war 1989 als »Agent Orange« rausgekommen war. Die hatten einen Artikel über Subkulturen, in dem wir vorkamen. Nein, da gab es keine Nacktphotos von uns! [schallendes Gelächter]
http://www.legionofthedamned.net/
Photos: Stefan Glas
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© 1989-2024 Underground Empire |
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