Paul Di'Anno & THE PHANTOMS OF THE OPERA
beim
"Rock Hard Festival" 2007
Gelsenkirchen, Amphitheater
27.05.2007
Vorneweg - es war bei weitem nicht so schlimm wie befürchtet. Wenn man sich nämlich an Pauls katastrophale Gesangsleistung 2001 in Wacken zurückerinnert oder die mehr als schrägen Einlagen von so mancher Liveaufzeichnung aus den letzten Jahren, dann mußte man vorab für den Auftritt von Paul Di'Anno beim RHF schlimmstes befürchten.
Zumindest vermittelt Paul den Eindruck, daß er Bock auf diesen Auftritt hat und legt sich voll ins Zeug, was seine natürlich nicht geringer gewordenen stimmlichen Insuffizienzen ein wenig in den Hintergrund treten läßt.
Die drei RE-VISION-Musiker Daniel Düring (g), Christoph Lücker (b) und Dominik Nowitzki (d) sowie der zweite Gitarrist Andreas Ballnus, die ihm als THE PHANTOMS OF THE OPERA zur Seite stehen, sind instrumental natürlich über jegliche Zweifel erhaben (und dürfen sich bei der ersten Zugabe, der Instrumentalnummer ›Transilvania‹, ganz alleine profilieren), auch wenn die Songs durch die Bank zu schnell gespielt werden. Doch hier dürfte wohl das klare Kalkül dahintergesteckt haben, daß Paul dadurch etliche Melodiebögen erspart bleiben und er stattdessen abgehackt shouten kann. In diesen Kontext paßt auch, daß Paul kritische Parts einfach eher wie eine Todesmetaller growlt. Nicht umsonst sagt Paul mehrfach, daß er und seine Mannen den nachfolgenden Song auf besonderen Wunsch eines ROCK HARD-Mitarbeiters spielen würden, daß er diesen "shit" aber schon längst nicht mehr singen könne...
Dieser Gig markiert das Ende von Pauls Europatour und er wird in der kommenden Woche nach Südamerika zurückkehren. Doch der Eindruck dieser Show wird noch lange nachklingen, da hier keine Ware von der Stange geboten wird: Zum einen sieht Paul mittlerweile ziemlich fertig aus, ein Eindruck der nicht nur aufgrund seiner Gehprobleme entsteht, zum anderen widmet er einen Song einem verstorbenen Freund, bei dem sich Paul auch einige Tränen aus den Augenwinkeln wischt, was den emotionalen Aspekt der Show intensiviert. Zudem gibt es ganz nüchtern betrachtet eine erfreuliche Setlist, die beispielsweise einen Song wie ›Strange World‹ enthält, den man von IRON MAIDEN heute kaum noch bis gar nicht mehr zu Gehör bekommt. Bei ›Running Free‹ schließlich kommt ein Teil der ROCK HARD-Mannschaft und einige Musiker auf die Bühne, die - so war es vorab abgesprochen worden, Backing Vocals beisteuern sollen, doch Paul drückt ROCK HARD-Chefredakteur Götz flott das Mikro in die Hand, der zunächst mal etwas verdutzt dreinblickt, doch dann die Leadvocals problemlos meistert.
Schließlich und endlich kommen zwei Coverversionen zum Zug: ›Faith Healer‹ von der ALEX HARVEY BAND und im Zugabenteil schließlich ›Blitzkrieg Bop‹ von RAMONES, die Paul als "greatest band in the fucking world" bezeichnet, womit er unterstreicht, daß er schon immer ein Punk und nie wirklich ein Metaller war - woran Paul in all' den Jahren allerdings nie einen Zweifel gelassen hatte. Ein wenig zu verpunkt hat man allerdings die Schlußnummer ›Sanctuary‹, die meinereiner noch nicht mal erkennt, obwohl ich den Titel zuvor auf der Setlist gelesen hatte; aber ich bin wahrlich nicht der einzige im weiten Rund von Gelsenkirchen, der hier "Identifikationsprobleme" hat...
Dennoch: Es war gewiß keine schlechte Show gewesen, die vor allem nicht nach Schema F abgelaufen war!
Photo: Stefan Glas
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