CHARON (SF)
TAROT (SF)
Helsinki (Finnland), Tavastia
5.3.2004
Finnland, Helsinki, "Tavastia"-Club - Schauplatz des Experiments, bei dem bewiesen werden sollte, daß sich eine traditionelle und eine eher moderne Band durchaus brüderlich die Bühne teilen können.
Ein wenig Verwunderung herrschte dennoch meinerseits, als die Routiniers von TAROT als erste Band auf die Bühne betraten. Die Band um Marco Hietala, der durch seinen "Beitritt" zu NIGHTWISH einiges an Bekanntheit erlangt hat, hatte jedoch beim Publikum einen dicken Stein im Brett und machte während des kompletten Sets dem Titel des DIO-Songs ›Stand Up And Shout‹, den man coverte, alle Ehre. Doch TAROT verstanden es trefflich, die Stimmung anzuheizen, indem sie ihr Songmaterial energiegeladen ins Publikum feuerten. Außerdem konnte man feststellen, daß TAROT mittlerweile einen fünften Mann angeheuert haben, der ebenfalls die Tasten bedient, aber wohl hauptsächlich für Effekte zuständig ist, während der altangestammte Keyboarder Janne Tolsa sich zumeist seiner Hammond widmete.
Und so festigten TAROT an diesem Abend nicht nur ihren Ruf als unbestechliche Liveband, sondern untermauerten, daß sie die "most smoking band" in ganz Finnland sind, denn bei jedem Song hatte mindestens einer der Musiker eine Fluppe im Mundwinkel - wobei Gitarrist Zachary Hietala eindeutig die goldene Schmock-Medaille einstrich ebenso wie den Sonderpreis als absoluter Algy Ward-Lookalike... Und als dann bei der eigenen Nummer, die TAROT auf dem ›We Will Rock You‹-Rhythmus aufgebaut hat, Marco die Vocals abgeben durfte, paffte man sogar in Trioformation. Als TAROT nach etwa einer Stunde mit RAINBOWs ›Kill The King‹ als Zugabe ihren Set beendeten, hatte der Clubbesitzer bereits die hauseigene Nebelmaschine zum Pfandleiher gebracht...
Dann verzogen sich die älteren Semester ein wenig nach hinten, während die vorderen Reihen nun hauptsächlich von Mädels bevölkert wurden, von denen einige kräftig schwankten, was wohl am kräftigen Seegang im "Tavastia" gelegen haben muß. Außerdem plazierte sich ein Kollege von einem WAP-Zine (oder warum hat er Bilder mit seinem Handy gemacht..?) in möglichst guter Schußposition. Auf jeden Fall merkte man deutlich, warum CHARON als Headliner fingierten: Obgleich die Band in Deutschland immer noch nahezu unbekannt ist, sind sie in Finnland offensichtlich eine ganz andere Hausnummer. Das Publikum ging fast schon fanatisch mit und sang alle Songs mit, wofür sie am Ende des Gigs von der Band zum Dank mit einer Flasche Champagner abgeduscht wurde.
Durch die Resonanzen bestens motiviert, zockte die Band ihren groovigen Gothicrock tight und kraftvoll vom Leder und Juha-Pekka Leppäluoto bewies sich zugleich als sehr starker Frontmann und erlesene Zahnraffel ob eines fehlenden Schneidezahns. Doch die wirklich gute Liveperformance konnte nicht über das Hauptproblem von CHARON hinwegtäuschen: Das Songmaterial des Fünfers ist letzten Endes schlicht belanglos.
Photos: Stefan Glas
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