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Dank seines Engagements bei NIGHTWISH erhält die ursprüngliche Band von Marco Hietala endlich auch außerhalb ihres Heimatlandes die verdiente Beachtung. Dabei waren TAROT schon aktiv als ein gewisser Tuomas Holopainen noch garantiert nicht darüber nachgedacht hatte, eine Band zu gründen, die eines Tages zum Gothic-Flagschiff aufsteigen wird.

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Wie entstehen denn derzeit die TAROT-Platten? Du, Dein Bruder Zachary und Euer Keyboarder Janne Tolsa schreiben die Songs grundsätzlich zusammen, aber Du bist die meiste Zeit weg, da NIGHTWISH seit jeher ausgiebig touren. Wie komponiert Ihr da Songs? Und: Sind Deine Kollegen nicht angepißt, weil TAROT aufgrund Deiner Abwesenheit so lange handlungsunfähig sind?

Janne hat ein eigenes Studio, und er bastelt ausgiebig mit Zac an Demos. Ich mache das gleiche in meinem Homestudio. Anschließend tauschen wir diese Sachen einfach per Mail aus. Daher gab es schon eine Menge Musik und Texte als NIGHTWISH noch auf Tour waren. Ich nutze die Zeit auf Tour oft, um Akustikgitarre zu spielen, und viele der so entstandenen Stücke sind nun auf unserem neuen Album »Gravity« gelandet. Nach der NIGHTWISH-Tour trafen wir uns bei Janne und haben begonnen, alle Ideen zu Songs zusammenzusetzen.
Meine Situation in Sachen TAROT und NIGHTWISH versteht jeder sehr gut. Sämtliche Mitglieder der beiden Bands sind äußerst liebenswürdig zu mir, und ich bemühe mich, beiden Parteien gerecht zu werden. Die Tourneen von NIGHTWISH sind ausschweifend, aber es liegen auch lange Pausen dazwischen, was mir ausreichend Zeit gibt, um auch mit TAROT aktiv zu sein. Da ich der einzige Vollzeitmusiker bei TAROT bin, verstehen die Jungs sehr wohl, daß ich hauptsächlich von meiner Arbeit mit NIGHTWISH lebe.

Warum ist Satan tot? Wie und warum habt Ihr ihn getötet? Oder laß: Es mich mal so formulieren: Wovon handeln die Texte des neuen Albums, dessen Opener ›Satan Is Dead‹ heißt?

Falls Satan am Leben wäre, würde er vermutlich recht rabiat mit all den Rivalen um seinen Thron umgehen... Ich mißtraue allen Menschen, die versuchen, uns zu führen, ganz gleich ob es Politiker oder kirchliche Würdenträger sind. Sie kämpfen heute härter denn je darum, die Kontrolle zu erlangen, wobei der Ausgang natürlich nur davon abhängt, wer am meisten Unternehmenspower hinter sich hat. Die Texte auf unserem neuen Album beziehen Stellung für den sogenannten Underdog. Dabei spielt die Ablehnung von Autoritäten, die uns den richtigen Weg im Leben vorschreiben wollen, im Vordergrund.

Was gibt es zum Coverartwork und der Bedeutung des Albumtitels zu sagen? Ihr habt auf dem Cover eine grinsende Sonne und den Mond miteinander kombiniert. Zudem passen die beiden Worte "gravity" (=Schwerkraft) und "light" (=Licht) logisch nicht wirklich zusammen. Also, was kannst Du uns über die geheime Botschaft erzählen, die ertönt, wenn man das Cover rückwärts spielt?

Licht hat Gewicht. Es ist jener Druck, unter dem wir permanent stehen. Selbst als Kinder kriegen wir schon vorgeschrieben, wie wir uns benehmen oder anziehen, wie wir sprechen oder was wir glauben sollen. Und es wird nur schlimmer wenn man älter wird. Über die Jahre sammelt man eine Menge "Affen", die einem dann permanent im Nacken sitzen und erzählen, wie sie Dich mit ihrem System, ihrer Philosophie oder ihrem Glauben erleuchten können.

Zu jedem Jahrzehntenwechsel scheinen TAROT eine Pause einzulegen, in der sie keine Platten veröffentlichen. Das war bislang zwischen 1988 und 1993 sowie 1998 und 2003 der Fall. Was spielte sich in diesem Zeiträumen ab, und warum gibt es diesmal keine Auszeit für TAROT - von den Beschränkungen abgesehen, die Deine Arbeit mit NIGHTWISH mit sich bringen?

Diese längeren Pausen hatten zumeist etwas damit zu tun, daß wir etwas Abstand zu dem gesamten Business brauchten. Zwischen 1988 und '93 hatten wir zudem keine Plattenfirma. Ich glaube, daß wir diese Zeit jeweils brauchten, um das Vertrauen und den Glauben sowohl an uns selbst als auch an die Band neu aufzubauen. Diesmal war dies nicht nötig. Was kannst Du daran ablesen?

Ich kann doch überhaupt nicht lesen, mein Guter... Wie siehst Du die musikalische Entwicklung von TAROT? Meines Erachtens wart Ihr anfangs zwischen normalem Hard Rock und New Wave of British Heavy Metal-Sound zu lokalisieren, während Euer 2003er Album »Suffer Our Pleasures« zwar immer noch sehr melodisch war, aber härter ausfiel und eher in Richtung Power Metal tendierte. Kannst Du dem zustimmen?

Das kann ich! »Suffer Our Pleasures« fiel in der Tat metallischer als die Vorgängeralben aus. Wir waren zorniger und ruheloser geworden, was sich in der Musik widerspiegelte. Wir wollten einen anderen Eindruck hinterlassen, und ich denke, daß uns das sehr gut gelungen ist. Allerdings muß ich bei dem Begriff "Power Metal" immer einen gewissen Brechreiz unterdrücken, denn meist muß ich dabei an Kindergarden-Lieder mit Doublebass denken.

Tja, da sieht man mal wie sich die Wahrnehmung dieses Begriffs über die Jahre für den ein oder anderen verschoben hat. Ich meinte natürlich die ursprüngliche Bedeutung der Stilbeschreibung Power Metal, die noch wirklich für kraftvollen Metal abseits von jeglichem Kitsch stand.
Doch laß' uns einen Schritt weiter nach vorne gehen: Wenn ich mir das Styling des »Crows Fly Black«-Albums ansehe, werde ich das Gefühl nicht los, daß damals jemand den Plan gestrickt hatte, den Wink mit dem Zaunpfahl "Hey! Der Typ spielt Baß bei NIGHTWISH!" einzubauen. Das Album hatte einen etwas düstereren Touch, und das Artwork hatte eine deutliche Gothic-Schlagseite. Ich bitte, das nicht zu mißverstehen, denn »Crows Fly Black« war eine gute Scheibe, aber ich konnte mich nie von dem Eindruck befreien, daß irgendwelche Marketingmenschen etwas haben wollten, wo das "NIGHTWISH-Bassist included"-Promowerkzeug besser greift. Wie siehst Du das?

Die Idee für das Coverartwork, also der zerlumpte Mann, der in den Sturmwolken hängt, stammte von mir. Im Rückblick hätte ich dem Künstler wohl sagen sollen, daß er es stilistisch ein wenig in eine andere Richtung hätte drehen sollen. Der Albumtitel und das Cover rufen zu überdeutlich die Assoziation an einen bestimmten Comic- und Filmcharakter wach. In Finnland gab es keine Aufkleber, die auf meine Person hinwiesen, aber ich kann durchaus verstehen, warum unsere Plattenfirma selbige im restlichen Europa anbringen wollte. Immerhin ist es doch einfacher, sich einer neuen Band zu nähern, wenn man ein Element im Voraus schon kennt. Unterm Strich sehe ich es als etwas an, was nicht wirklich wichtig ist. Was auch immer dazu beiträgt, daß die Neugierde von jemand geweckt wird, ist völlig okay, denn letztendlich zählt nur die Musik und ob die Songs dich genügend berühren.

Im Gegensatz dazu sehe ich eine gewisse "Zurück zu den Wurzeln"-Tendenz bei »Gravity Of Light«: ein bißchen mehr Hammond als beim letzten Mal, ein etwas leichteres Feeling in der immer noch harten Musik plus ein Sound, der etwas traditioneller und wärmer ist und sich von den hochgepeitschten Moderno-ProTools-Produktionen abhebt. »Crows Fly Black« klang in meinen Ohren etwas "angriffslustig". Wie siehst Du das - und zögere nicht, mir zu widersprechen und mich einen Idioten zu nennen. Ich werde zum Ausgleich bei nächster Gelegenheit bei einer Show vorbeikommen und Dir die Nase brechen... ;-)

Mit Androhung von Gewalt wirst Du nichts erreichen... Wie auch immer - Du hast recht, was den Sound betrifft. Wir sind bewußt ein wenig in die Old School-Richtung gegangen und haben auch beim Mastern nicht zu viel Kompression draufgeknallt, um die Dynamik der Band überleben zu lassen. Apropos hast Du mal drüber nachgedacht, diese Maschine für aufstrebende Sänger zu kaufen? Es ist eine Gemeinschaftsproduktion von Ronnie James und APPLE. Es nennt sich iDio...

Du hast mich noch nicht singen gehört! Da würden alle mechanischen Gesangsgötter auf diesem Globus nix mehr nützen... Laß uns daher lieber das Thema wechseln: Warum haben TAROT in der Vergangenheit nie den entscheidenden Schritt aus Finnland heraus geschafft? Hier in Deutschland waren TAROT nahezu unbekannt bevor Du bei NIGHTWISH eingestiegen bist. Auch ich hatte es nur Geralds Mentalität als metallischer Weltbummler und CD-Käufer zu verdanken, daß ich Euch schon Anfang der Neunziger kennenlernte. Es lag unter Umständen daran, daß Ihr stets mit Labels verbandelt wart, die nicht international operierten, richtig?

Wir waren immer bereit, weltweit aktiv zu werden, doch die Firmen hatten einfach nie das entsprechende Knowhow. Außerdem hatten wir ein Managementproblem, da wir nie jemand hatten, der sich aktiv darum gekümmert hätte, daß die Band auch außerhalb von Finnland hätte loslegen können. Das war der größte Unterschied zu unserer heutigen Situation. Die Leute von KING FOO, die heute für uns arbeiten, sind persönliche Freunde und haben alle nötigen Kenntnisse ebenso wie die Jungs bei NUCLEAR BLAST. Aber es ist nett zu hören, daß zumindest der ein oder andere Interesse an unseren alten Tagen hat und uns damals sogar schon gekannt hatte. Der Gedanke wärmt mein schwarzes Herz.

Wie beurteilst Du Euren Status in Finnland heutzutage? Immerhin seid Ihr in Eurer Heimat mal locker auf Platz 2 der Charts eingestiegen, was sicherlich ein Grund war, die Korken knallen zu lassen.

Das war es in der Tat - vor allem weil wir in der dritten Woche immer noch auf Platz 3 waren, so daß der Erfolg also kein Strohfeuer war. Das spricht dafür, daß wir unsere Bedeutung innerhalb der finnischen Szene kontinuierlich ausgebaut haben.

Ich habe dieses Thema wegen einer Erfahrung angeschnitten, die ich im Jahr 2004 gemacht habe, als ich Euch in Helsinki im "Tavastia"-Club gesehen habe und Ihr für CHARON eröffnet habe. Das hat mich kräftig überrascht, daß eine Band, die ich schon fast als eine Semilegende einstufte, vor diesen Emporkömmlingen auf die Bühne mußte. Zugleich schienen die kleinen Gothic-Mädels nur darauf zu warten, daß diese alten Säcken vor und auf der Bühne endlich verschwinden, so daß sie ihren Spargeltarzanhelden huldigen konnten... Hat sich Euer Publikum in den Jahren verändert? Habt Ihr mittlerweile auch Fans abbekommen, die Dich primär von NIGHTWISH her kennen?

Es gab einen langsamen Wachstum im Verlauf dieses Jahrzehnts. Nachdem »Crows Fly Black« erschienen war, erarbeiteten wir uns den Ruf, eine hart arbeitende Liveband zu sein, was sich langsam aber sicher ausgezahlt hat, denn unser Publikum wurde größer. Bei Festivals konnten wir verstärkt auf der Hauptbühne auftreten, während mehr und mehr von unseren Clubshows ausverkauft waren. Das haben wir jetzt beispielsweise mehrfach im "Tavastia" geschafft, was einfach großartig ist, da der Club in Finnland legendär ist. Das Publikum hat sich also dahingehend verändert, daß es größer geworden ist. Natürlich bedeutet das, daß auch jüngere Fans hinzugekommen sind, falls es das ist, was Du meinst. Uns ist es letzten Endes egal, wie der Altersschnitt unseres Publikums ist. Auf alle Fälle tut es gut zu sehen, daß sich die Arbeit von vielen Jahren ausgezahlt hat!

Es ist erstaunlich, wie stabil die Besetzung von TAROT ist: Du, Dein Bruder und Euer Drummer Pecu Cinnari hatten die Band gegründet, 1988 kam Janne dazu, und Euer Zweitsänger und Tastenmann Tommi "Tuple" Salmela war - soweit ich gehört habe - Roadie bei TAROT, bevor Ihr ihn dann 1995 auch zu Euch auf die Bühne gebeten habt. Klingt fast schon nach einer Bruderschaft, was? Äh, ich meine natürlich nicht Dich und Zachary, denn Ihr seid ja ohnehin Brüder, sondern die gesamte Band...

Die lustigen Gefährten aus Kuopio, in der finnischen Region Savo. Wir nehmen es von den Reichen und geben es uns selbst! Wir sind wirklich die besten Freunde, und ich glaube, das erklärt sehr schön, wie die Band funktioniert. Unsere Chemie ist perfekt! Wir haben den Groove, die Songs, die Atmosphäre oder was auch immer. Einer für alle, alle für einen!

Zwischenfrage: Ich habe mal gerüchteweise gehört, daß TAROT früher mal PURGATORY geheißen hätten. Ist das zutreffend?

Ja, das ist korrekt. Die ersten drei Jahre hatten wir diesen Namen, aber als wir unseren ersten Plattenvertrag erhielten, benannten wir uns um, weil unser Label dachte, daß der Name zu heftig für die finnische Allgemeinheit sei. Heute finde ich es ganz nett, einen Namen zu haben, den niemand richtig aussprechen kann...

Warum habt Ihr Eure erste Single »Wings Of Darkness« von 1986 zum Namensgeber Eurer Webseite gemacht?

Das war einfach nur so 'ne Idee, denn tarot.com war komischerweise schon vergeben gewesen...

Laß uns doch mal an ein paar Anekdoten aus der Vergangenheit von TAROT teilhaben! Wie hat sich die ganze Angelegenheit im Vergleich zu den Achtzigern und Neunzigern verändert?

In den Achtzigern gab es genügend Platz für Bands wie uns. Es gab eine echte Nachfrage, und wir waren glücklich, diese befriedigen zu können. In den Neunzigern wurde es schwerer, denn es gab viele neue Bands, und viele Firmen dachten zudem, daß wir zu altmodisch für sie seien. Natürlich hatten wir immer noch eine Menge Spaß in den Neunzigern. Außerdem haben wir in dieser Zeit viele dauerhafte Freundschaften mit anderen Bands geschlossen, denn die Rivalität, die in den Achtzigern noch an der Tagesordnung gewesen war, hatte keinen Bestand mehr.

Soweit man Euer Livealbum »Undead Indeed« als Maßstab nehmen kann, spielt Ihr live immer noch etliche alte Songs. Aber Ihr scheint Euch schwerpunktmäßig auf das ganz alte Material aus den »Spell Of Iron«-Zeiten zu konzentrieren, während die nachfolgenden Scheiben bis hin zu »Suffer Our Pleasures« meist nur mit einem Song gestreift werden. Wie stellt Ihr diesbezüglich Eure Setlist zusammen?

Setlists sind die Hölle! Es gibt immer viel zu viele Songs, aus denen man auswählen muß, und am Ende enttäuscht man doch immer jemanden. Diesmal haben wir nur Songs in die Setlist aufgenommen, die wir selbst spielen wollten. Bei »Undead Indeed« dachten wir, es sei nett, den Leuten einen Überblick über die gesamte Bandgeschichte zu geben. Daß »The Spell Of Iron« dabei bevorzugt wurde, versteht sich von selbst, denn immerhin ist es unser Erstlingswerk.

Die alten TAROT-Alben wurden 2006 in remasterter Form neu aufgelegt. War das legendäre BLUELIGHT-Label dafür zuständig, bei denen Ihr früher schon mal unter Vertrag gestanden hattet? Ich schätze mal, daß auch die Neuauflagen nur in Finnland erhältlich sind, so daß uns derzeit nur der TAROT-Online-Shop weiterhelfen kann, oder ist eine internationale Veröffentlichung in Sicht?

BLUELIGHT RECORDS haben die Rechte an den frühen Platten, und sie haben die Remasters mit einigem Bonusmaterial angefertigt. Ich glaube nicht, daß sie die Platten an ein anderes Label in Europa weiterlizensiert haben, und diesbezüglich haben wir ohnehin nicht viel zu sagen. Daher sollte unser Online-Shop die beste Möglichkeit sein, um die Scheiben zu bekommen.

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Es fand neulich in Finnland eine "Heavy Metal on Ice"-Wohltätigkeitsveranstaltung statt, an der Du teilgenommen hast. Klingt nach einer interessanten Aktion! Was kannst Du darüber erzählen?

Ich hatte damals nur wenig Zeit, so daß ich meine Teilnahme zunächst sogar absagen mußte. Doch als die Sopranistin, die an meine Stelle gerückt war, krank wurde, sollte ich mich dann letzten Endes selbst ersetzen. Ich war sehr angenehm angetan von der ganzen Veranstaltung, denn es war völlig anders als unsere normalen Shows. Da waren also drei- bis viertausend Besucher, die zugleich Heavy Metal hörten und Eiskunstläufern zuschauten - wie seltsam ist das..? Außerdem war es nett, sich den Umkleideraum mit 30 jungen Damen mit strammen Körpern zu teilen. Scherz beiseite: Der Erlös der Veranstaltung kam Krebspatienten im hiesigen Krankenhaus zugute, was für mich Grund genug war mitzumachen.

Du hast im Verlauf Deiner Karriere bei der ein oder anderen Band mitgemischt, die sich stilistisch durchaus voneinander unterschieden. Aber wie ist es für Deinen TAROT-Kollegen Janne möglich, zugleich unter dem Pseudonym "RunQ" bei TURMION KÄTILÖT aktiv zu sein, ohne tonnenweise Drogen zu nehmen..?

Er ist ein sehr vielseitiger Typ. Natürlich hilft es auch, daß er nicht so groß ist, so daß er nur ein paar Kilo der erwähnten Substanzen braucht...

Wenn wir gerade von anderen Projekten sprechen, gibt es einen Punkt, der mich sehr interessieren würde. Du hast SINERGY zwar 2002 verlassen, aber vielleicht hast Du ja trotzdem einige Infos darüber, warum die Band nach »Suicide By My Side« langsam aber sicher zerbröckelt ist. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte sich die Band bestens entwickelt, doch dann gab es nur noch Nachrichten über diverse Besetzungswechsel verbunden mit der Versicherung, daß die neue Platte in der Mache sei - so lange, bis es niemand mehr glauben konnte, weil einfach keine Taten folgten. Weißt Du vielleicht ein wenig mehr, was passiert ist?

Tut mir leid, aber ich habe mit den maßgeblichen Leuten nie über dieses Thema gesprochen, obgleich ich sie hin und wieder mal treffe. Ich habe den Eindruck, daß der Enthusiasmus für die Band einfach dahinschwand, aber ich bin nicht derjenige, der darüber verbindliche Aussagen treffen kann.

Du hast NIGHTWISH und TAROT, aber zugleich bist Du mit den NORTHERN KINGS aktiv oder trittst mit Deiner Finnisch-singenden BLACK SABBATH-Coverband SAPATTIVUOSI auf. Warum machst Du solche Sachen noch, und wo nimmst Du die Zeit für solche Projekte her?

Der Großteil meiner Zeit wird natürlich von NIGHTWISH und TAROT in Anspruch genommen. NORTHERN KINGS sind nicht sonderlich zeitaifwendig, denn Gitarrist Erkka Korhonen ist zuständig für die Arrangements und die Produktion. Daher kommen von ihm meist nur Anfragen, wann es uns gelegen wäre, den ein oder anderen Tag für Aufnahmen einzuplanen. Dann kommen wir Sänger einfach im Studio vorbei und singen unsere Parts ein. Bislang haben wir es auch erst zu zwei Liveshows gebracht, da jeder so viel anderes zu tun hat.
Bei SAPATTIVUOSI haben wir die letzte Platte auch vor über einem Jahr aufgenommen, was für mich auch lediglich bedeutete, daß ich den ein oder anderen Tag im Studio vorbeischaute. Ich grübelte lange, ob ich diese Platte überhaupt machen sollte, doch irgendwann wurde mir klar, daß ich mich einfach nicht dagegen wehren konnte, denn es sind einfach Lieblingsstücke aus meinen jungen Tagen. Um ehrlich zu sein, habe ich es schlicht geliebt, diese alten SABBATH-Songs sowohl für die Platte als auch bei den fünf Liveshows, die wir im letzten Frühjahr reinquetschen konnten, zu singen!
Mittlerweile habe ich aber begonnen, mir sehr genau anzusehen, was ich nebenher mache und habe so manches Angebot angelehnt. Wenn es etwas ist, das ich unbedingt machen möchte, dann lasse ich mich allerdings nicht davon abhalten. Dabei denke ich zum Beispiel an die Produktion der Vocals für die AMORPHIS-Alben: Ich mag die Jungs, ihre Musik und das Bandklima. Es ist notwendig, daß ich bei allem, was ich tue, persönlich, intellektuell und emotional beteiligt bin. Ich würde niemals irgendeinen Dreck nur für die Kohle machen. Da ziehe ich eine ganz klare Trennlinie!

Ich habe mal ein wenig durch Dein Profil auf der TAROT-Webseite geschmökert. Was macht Tolkien so besonders für Dich? Hast Du Dich tief in sein Universum reingegraben, indem Du auch den "Silmarillion" gelesen hast, oder fasziniert Dich nur "Herr der Ringe" und bist vielleicht sogar erst durch die Filme auf den Geschmack gekommen?

Ich glaube, ich war sieben Jahre alt, als meine Mutter mir einige Passagen aus der "Herr der Ringe"-Trilogie vorlas. Da ich schon im Alter von vier Jahren lesen gelernt hatte, war ich mit sieben Jahren schon ein recht schneller Leser, so daß ich versuchen wollte, den ersten Teil, "The Fellowship Of The Ring" (Deutsch: "Die Gefährten"), selbst zu lesen. Ich war sofort gefesselt! Es hat einen großen Eindruck bei mir hinterlassen, und natürlich habe ich die Trilogie mehrmals gelesen. Ich habe auch den "Silmarillion" ein paarmal gelesen, aber das war nicht so einfach bis ich ein wenig älter war.

Und was fasziniert Dich so sehr an den ersten drei "Star Wars"-Filmen? Warum haben die drei neuen Filme nicht die gleiche Wirkung auf Dich? Natürlich hast Du vollkommen recht, denn zweifelsohne war George Lucas beim Drehen von Episode I bis III schon in den Einflußbereich der Dunklen Seite der Macht gekommen...

Bei den ursprünglichen "Star Wars"-Filmen spielt auch wieder das Alter, in denen ich sie gesehen habe, eine Rolle: Für jemand, der den Weg von einem Kind zu einem Teenager zu einem jungen Mann beschreitet, war es der perfekte Stoff! Sicherlich gibt es bessere Science Fiction-Filme, aber "Star Wars" ist mit seiner abenteuerlichen und dem großartige Flair einer Weltraumoper einfach unglaublich.
Der offensichtliche Unterschied zwischen der alten und der neuen Trilogie ist die Zielgruppe, für die sie gemacht wurden: Die neuen Filme wurden eindeutig für Kinder gedreht. Kein verbrannten Leichen oder abgehackte Hände mehr, sondern der Plot wurde so gestrickt, daß die Spielentwickler ein nette Umsetzung daraus stricken können. Die Magie und die Ambitionen der ersten drei Filme sind weitgehend verschwunden.

Hast Du eigentlich genug Zeit, um zu lesen und Filme anzuschauen, oder ist es nur ein notwendiges Übel, um im Tourbus die Zeit totzuschlagen?

Zu Hause lese ich eine Menge und schaue viele Filme. Lesen ist meine persönliche Droge. Ich könnte wahrscheinlich nicht einschlafen, wenn ich zuvor nicht ein paar Seiten gelesen hätte.

Auf Eurer Webseite erwähnst Du eine Show beim "Beachrock"-Festival im Jahr 1986, wo Ihr nach TWISTED SISTER gespielt habt. Genauer gesagt erwähnst Du die Aftershow-Party... Da könntest Du mal ein paar Details rausrücken, denn schließlich liegt es ja schon sooo weit in der Vergangenheit...

Oh Mann, das ist wirklich so verdammt lange her…Es ging dabei vermutlich um eine Menge Alkohol und nackte Menschen, die es krachen lassen. Aber es ist im Rückblick alles so verschwommen...

Bei TAROT sollte derzeit das 25-jährige Bandjubliäum anstehen. Habt Ihr irgendwelche Feierlichkeiten geplant?

Wir haben einige Pläne geschmiedet, da es in der Tat eine erstaunliche Anzahl von Jahren ist, aber es ist noch nichts definitiv, so daß ich Dir momentan noch nichts sagen kann, sorry!

Bevor wir zum Schluß kommen, möchte ich gerne die Chance ergreifen und über NIGHTWISH reden, denn viele Fans würden sicherlich gerne ein paar Vorabinfos erfahren. Soweit ich gehört habe, sind die Aufnahmen für die neue Platte für den Sommer angesetzt. Kann man schon was sagen, wie die Platte im Vergleich zu »Dark Passion Play« klingen wird? Kurz: Alles, was Du ausplaudern kannst, werden wir begierig aufsaugen.

Ich habe mich vor einigen Wochen mit den anderen NIGHTWISH-Jungs getroffen. Wir haben Pläne gemacht und einige Demos gecheckt, die aber noch in einem derart frühen Demostadium sind, daß ich nicht darüber sprechen kann. Wir werden mit den Proben im Sommer anfangen, während die eigentlichen Aufnahmen im Winter stattfinden werden. So sehen unsere derzeitigen Pläne aus.

Glaubst Du, daß es Probleme geben wird, weil NIGHTWISH-Sängerin Anette Olzon momentan schwanger ist? Als sie zu NIGHTWISH stieß, sagte sie, daß ihre Mutter auch Musikerin gewesen sei, die beide Verpflichtungen unter einen Hut bringen konnte.

Es ist unmöglich vorherzusehen, ob daraus Probleme erwachsen werden. Die Elternschaft ist sehr wichtig für alle von uns, die selbst Kinder haben, und wir haben es stets geschafft, diese Aufgaben mit unserem Leben als Musiker in Einklang zu bringen. Wir drücken einfach die Daumen und denken positiv.

Okay, dann wird es Zeit für den Abspann: Wenn ich Dich mal wieder zu Deiner Bewerbung bei IRON MAIDEN als Ersatz von Bruce Dickinson befragen würde, würdest Du mich dann hassen..? ;-)

Neiiiiin... Ich weiß ohnehin immer noch nichts darüber, wie nah ich an den Job rangekommen oder in welch unerreichbarer Ferne er war.

Okay - schließlich und endlich: Was würdest Du zu einem toten Papagei sagen?

No crackers for Polly then...

http://www.wingsofdarkness.net/

zachary@wingsofdarkness.net

Vorbereitung, Interview & Bearbeitung:
Stefan Glas

TAROT (SF) im Überblick:
TAROT (SF) – Crows Fly Black (Rundling-Review von 2007 aus Online Empire 30)
TAROT (SF) – Suffer Our Pleasures (Rundling-Review von 2003 aus Online Empire 17)
TAROT (SF) – The Spell Of Iron MMXI (Rundling-Review von 2011 aus Online Empire 48)
TAROT (SF) – Undead Indeed (Rundling-Review von 2008 aus Online Empire 37)
TAROT (SF) – Underground Empire 7-Special (aus dem Jahr 1994)
TAROT (SF) – Online Empire 18-"Living Underground"-Artikel (aus dem Jahr 2004)
TAROT (SF) – Online Empire 19-Interview (aus dem Jahr 2004)
TAROT (SF) – Online Empire 28-"Living Underground"-Artikel (aus dem Jahr 2006)
TAROT (SF) – Online Empire 43-Interview (aus dem Jahr 2010)
TAROT (SF) – Online Empire 44-"Living Underground"-Artikel (aus dem Jahr 2010)
TAROT (SF) – Online Empire 48-"Living Underground"-Artikel (aus dem Jahr 2011)
Soundcheck: TAROT (SF)-Album »Crows Fly Black« im "Soundcheck Heavy 98" auf Platz 4
Soundcheck: TAROT (SF)-Album »Gravity Of Light« im "Soundcheck Heavy 128" auf Platz 18
Soundcheck: TAROT (SF)-Album »Suffer Our Pleasures« im "Soundcheck Heavy, oder was!? 71" auf Platz 12
unter dem ehemaligen Bandnamen PURGATORY (SF):
PURGATORY (SF) – Underground Empire 7-Special (aus dem Jahr 1994)
© 1989-2024 Underground Empire


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