FIREWIND (International)
WOLF (S)
Wien, Szene
22.09.2011
Es war ehrlich gestanden nicht unbedingt zu erwarten, daß die Herrschaften von FIREWIND auf ihrer aktuellen Tournee überhaupt einen Abstecher in österreichische Gefilde unternehmen, schließlich konnte das letzte Gastspiel vor knapp drei Jahren im "Viper Room" zu Wien - zumindest besuchstechnisch - nicht gerade als Erfolg gewertet werden, auch wenn die Griechen heute noch von der enthusiastischen Publikumsresonanz durchaus angetan waren.
Aber erstens kommt es anders, und zweitens als man denkt, und von daher verwundert mich schon zum Zeitpunkt meines Eintreffens in der "Szene" eine durchaus respektable, geschätzte 200er-schaft (was wohl in etwa einer Steigerung von 400 Prozent gleichkommt...), die gekommen ist, sich dem Treiben auf den Brettern hinzugeben. Daß die Griechen davon profitieren, daß ihr Mastermind Gus G. seit geraumer Zeit auch für einen gewissen Ozzy O. in die Saiten langt, ist klar, doch der erheblich gesteigerte Andrang läßt sich meiner Meinung nach keineswegs nur auf die Tatsache zurückführen, nunmehr einen "Promi" im Line-up zu haben. Einen nicht unerheblichen Beitrag dazu hat bestimmt auch das aktuelle Silberscheibchen »Days Of Defiance« beigetragen, und zum anderen darf auch nicht unerwähnt bleiben, daß man sich für eine wirklich feine Support-Band entschieden hat.
So ist es auch nicht weiter verwunderlich, daß die den Abend eröffnenden WOLF - die sich ganz offensichtlich schon länger in die Herzen der Wiener Metaller gespielt haben - bei ihrem Hauptstadt-Debut von Anfang an lautstark bejubelt werden. Diese Stimmung schlägt sich auch auf die Performance nieder, so daß die gut 45 Minuten Spielzeit quasi wie im Flug vergehen. Für einen Opener ist ein solcher Empfang nicht wirklich üblich, doch die Schweden werden mit offenen Armen (und gereckten Fäusten, versteht sich) empfangen. Wen wundert's, hat der Vierer doch zuletzt mit »Legions Of Bastards« ein wahrliches Leckerli des traditionellen Heavy Metals abgeliefert und stellt schon nach wenigen Minuten unter Beweis, daß sich bei dieser Formation eingeschworene Metalfans (und Musiker) aus Passion die Ehre geben. Ganz egal, ob man brandaktuelle Nummern kredenzt - wie den musikgewordenen Vorschlaghammer ›Skull Crusher‹ - sich am vorletzten Studiodreher »Ravenous« bedient und bei ›Voodoo‹ obendrein noch das Publikum in die Gesangspassagen einbezieht, oder aber den Fans ältere Kamellen wie ›Evil Star‹ auftischt - die Energie dieser Band ist förmlich spürbar und färbt dementsprechend auf die Zuseher ab. Auch wenn Frontmann Niklas Stravind als singender Gitarrist logischerweise bewegungstechnisch eher eingeschränkt wirkt, wird zusätzlich immer wieder für Interaktion mit dem Publikum gesorgt. Vor allem Bassist Anders Modd (ex-TAD MOROSE) - der auch durch sein ANVIL-Shirt viele Sympathiepunkte verbuchen kann - gibt immer wieder den Animateur, aber auch der nach dem Ausstieg von Klampfer Johannes Losbäck ganz offensichtlich perfekt ins Line-up integrierte MEMORY GARDEN/BIBLE BLACK-Gitarrist Simon Johansson versteht es blendend, die Meute anzuheizen. Man braucht wohl über die Leistung einer Band nicht länger zu diskutieren, wenn - wie hier und heute - nach einer Show ausschließlich zufriedene Gesichter zu sehen sind und einzig und allein die Setlist kritisiert wird. Gelungener Auftritt, coole Truppe!
Spätestens zum Beginn des Sets von FIREWIND steht für mich fest, daß dieses Tour-Package wirklich gut ausgewählt ist, schließlich findet in den ersten Reihen eine Art "Austauschprogramm" statt. Geringer wird die Anzahl an Zuhörern aber nicht, einzig die Vorlieben scheinen verändert. Wer also wunderbare Melodien im musikalisch anspruchsvollen Mäntelchen der traditionellen Metal-Schule vorzieht und zudem an instrumentalen Fähigkeiten einzelner Musiker interessiert ist, der sucht sich in der Umbaupause hurtig seinen Platz an der Sonne, sprich vor der Bühne, um feinmotorische "Handwerkskunst" aus Hellas zu bestaunen.
Spielfreude regiert jedoch trotz aller Technik auch bei dieser Truppe - klar und deutlich erkennbar schon beim gut gewählten Einstieg ›The Ark Of Lies‹. Angeführt von Gitarrenhexer Gus legt die Band mächtig los, wobei sich als besonderer Hingucker das KRUX (!)-Shirt von Sänger Apollo entpuppt, wobei mir zudem auffällt, daß der Kerl offenbar deutlich erschlankt sein dürfte.
Aber he, Moment mal, seit wann hat Apollo denn rote, gekräuselte Haare? Nein, oder? Das..., ist..., doch... Na klar, Mats Leven!
Und in der Tat, da Apollo aus familiären Gründen diese Tournee nicht bestreiten kann, hilft Meister Leven am Mikro aus und macht dabei eine überaus beachtliche Figur. Keine Ahnung, wie lange er Zeit hatte, um sich mit den Songs vertraut zu machen, an seiner Darbietung besteht jedenfalls keinerlei Grund für Kritik. Im Gegenteil, vor allem die Passagen und Tracks im getrageneren Bereich wie ›My Loneliness‹ profitieren von der vollmundigen Darbietung des sympathischen Rotschopfs, der sich ganz offensichtlich in "Höhenlagen" wohlerfühlt als sein abwesender Kompagnon - wenngleich er auf der Gegenseite nicht ganz an dessen kraftvolle Performance heranreicht. Inwiefern die Band ihre Setlist dem kurzfristigen Sängertausch angepaßt hat, weiß ich zwar nicht wirklich, es würde auf jeden Fall erklären, weshalb im Verlauf der knapp 90 Minuten Spielzeit gleich zwei (verhältnismäßig lange) Instrumental-Nummern (›The Fire And The Fury‹ sowie das von Gus als Hommage an RUSH angekündigte ›SKG‹) ins Programm integriert werden. Selbst wenn sich meine Wenigkeit (und nicht nur die...) in einer der zahlreich vorhandenen Solopassagen ins Freie verdrückt, um den Nikotin-Haushalt auf Vordermann zu bringen, weiß der Fanblock im vorderen Bereich des Saales jedes Solo zu honorieren. Und wie! Mitunter klingt es, als ob die Frontrow die Gitarrenpassagen zum Teil gar mitzusummen und mitzusingen (!) versucht.
Ich bitte, mich nicht falsch zu verstehen - Gus, sein an den Keyboards, wie an der Gitarre (und das teilweise auch gleichzeitig) nicht minder virtuos agierender Sidekick Bob Katsionis, aber auch der eher als Ruhepol fungierende Basser Petros Christodoylidis wissen, ihr Können perfekt zur Schau zu stellen, und liefern sich mitunter durchaus unterhaltsame Soli - mir persönlich fehlt dazu als Nichtmusiker allerdings ein wenig der Zugang, weshalb mich erst wieder die beiden zum Ende gebotenen Nummern ›Till The End Of Time‹ und ›Tyranny‹ wirklich beeindrucken können.
Noch lässiger finde ich, daß man zum Abschied noch ›I Am The Anger‹ (die wohl heftigste FIREWIND-Nummer überhaupt - wunderbar intoniert und auch gesungen), ›Into The Fire‹ (hier brennt im wahrste Sinne des Titels die Luft) und ›Falling To Pieces‹ (was für eine Gesangsvorstellung!) als Zugabe kredenzt. Die Stimmung steigt in diesem Zugabenblock ein letztes Mal merklich, so daß im Endeffekt bestimmt kein unzufriedener Zuseher auszumachen ist.
Respekt vor FIREWIND für diese Leistung, besonders aber vor Mats, der zwar optisch ein wenig unauffälliger als seine Mitstreiter agiert, aber eine spitzenmäßige Gesangsleistung abliefert. Auch Gus muß gesondert hervorgehoben werden, schließlich ist es in diesem Business keineswegs üblich, sich neben seinem "Hauptberuf" den Freiraum (und Willen!) zu schaffen, auch in wesentlich kleinerem Rahmen unterwegs zu sein!
Und zuletzt sei noch erwähnt, daß WOLF jederzeit und gerne auch als Headliner nach Wien kommen dürfen. Dann nämlich bliebe den Jungs mehr Spielzeit, und sämtliche "Wunschsetlists" könnten erfüllt werden. Das muß aber nicht zwingend sofort geschehen, schließlich erbitte ich zuvor noch ein klein wenig Freiraum für Herrn Johansson, der mir gesteckt hat, MEMORY GARDEN würden sich eben in der Finalisierungsphase zu einem neuen Album befinden und darauf freuen sich wohl nicht gerade wenige Zeitgenossen, oder?
Photos: Axel Jusseit
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