Es mag zwar eine ganze Menge Musikkonsumenten gegeben haben, die den Griechen erst so wirklich wahrgenommen haben, als er 2009 von Ozzy als Ersatz für Zakk Wylde in seine Band geholt wurde, doch Gus G. darauf zu reduzieren, wäre absolut respektlos. Schließlich hat Kostas Karamitroudis, wie er im bürgerlichen Leben heißt, in seiner mittlerweile über 20-jährigen Karriere bei namhaften Bands wie etwa ARCH ENEMY oder NIGHTRAGE gespielt, und zudem auf unzähligen Werken seine Finger an den Saiten gehabt. Seine ganz große Liebe gilt seit jeher aber FIREWIND. Jener Band, die er in den späten 90er Jahren in seiner Heimatstadt Thessaloniki gegründet hat, und mit der er inzwischen zehn Tonträger veröffentlicht hat. Kein Wunder also, daß er deswegen im Laufe der Jahre diverse andere, keineswegs übel laufende Betätigungsfelder wie DREAM EVIL oder MYSTIC PROPHECY verlassen hat, um sich fortan ausschließlich um diese, "seine" Band zu kümmern.
Im Laufe der nächsten Monate sollten FIREWIND endlich wieder die Bühnen bespielen können, und auch in unseren Breiten steht so manche Visite an. Die Chance, den guten Mann im Vorfeld diverse Neuigkeiten entlocken zu dürfen, konnten wir uns logischerweise nicht entgehen lassen:
Wird es bis zum Tourbeginn ein neues Album geben?
Nein, so schnell sind wir auch wieder nicht. Wir haben zwar durch die Pandemie-bedingte Zwangspause an neuem Material gearbeitet, für eine Veröffentlichung wäre es aber noch viel zu früh. Außerdem haben wir für unser letztes Album »Firewind« bisher noch keine Konzerte spielen können. Von daher ist die Tour in erster Linie dafür gedacht, den Fans dieses Album sowie die neue Besetzung vorzustellen.
Die Besetzung von »Firewind« ist demnach bestehengeblieben?
Oh ja. Daran hat sich weder durch COVID noch durch irgendwelche anderen Verpflichtungen etwas geändert. Nicht zuletzt deshalb brennen auch schon richtig darauf, in dieser Formation endlich auf Achse sein zu können. Einzelne Gigs konnten wir zwar schon absolvieren, eine Tournee gab es in dieser Besetzung aber noch nicht. Das heißt, Ihr werdet FIREWIND in runderneuerter Version zu sehen bekommen!
Die im Mai 2020 veröffentlichte aktuelle Scheibe hat keinen Titel erhalten, sondern heißt schlicht wie die Band. Üblicherweise ist das ein Hinweis auf einen Neubeginn, in welcher Form auch immer. Wie sah das bei Euch aus?
Wir passen da wohl ganz gut in diese "Abteilung". Zum einen hatten wir ja im Vorfeld mit Herbie Langhans einen neuen Sänger ins Bandgefüge einzuarbeiten, und zum anderen hatte ja auch noch Bob Katsions, kurz bevor wir mit dem Songwriting so richtig loslegen wollten, seinen Ausstieg bekanntgegeben. Er war immerhin mehr als 15 Jahre bei FIREWIND aktiv und als mein Partner an der Gitarre sowie als Keyboarder ein wichtiger Bestandteil der Band. Von daher war es in der Tat ein Neubeginn!
Der scheint gelungen zu sein, denn »Firewind« kam zumindest bei der Presse ganz gut an. Wie sah es denn mit den Fanreaktionen aus?
Ähnlich gut, ich kann mich wirklich nicht beklagen. Klar, gab es vereinzelt auch Nörgeleien zu vernehmen, doch die blieben in verschwindend geringer Anzahl. Ich konnte viele Aspekte gut nachvollziehen, die in den Reviews zu lesen waren. Es ist in der Tat so, daß die Tracks kompakter ausgefallen waren. Schließlich hatten wir ja Bob nicht mehr dabei, der üblicherweise für die groß angelegten Arrangements zuständig gewesen ist. Ich fand es mehr als nur fair von ihm, uns bereits vor Beginn der Aufnahmen mitzuteilen, daß er sich aus der Band verabschieden würde. Zwar lag der Grund in erster Linie darin, daß er nicht länger in Bands aktiv sein möchte, die auch auf Tournee gehen, weil er genau das weder sonderlich gerne mag, noch mit seinem Privatleben vereinbaren kann. Es wäre aber viel schwieriger gewesen, mit ihm im Studio zu arbeiten und erst danach zu erfahren, daß er bei der Tournee nicht mehr dabei sein würde. Daß wir trotzdem ausreichend Zeit gehabt hätten, um uns diesbezüglich zu organisieren, konnte man zu diesem Zeitpunkt ja noch nicht wissen.
Das heißt, »Firewind« hat trotz aller Neuerungen Deine Erwartungen erfüllt?
Absolut! Es hat mich sehr überrascht, daß sowohl die Verkaufszahlen durchaus ansprechend ausgefallen sind, wie auch die Anzahl der Streams. Das ist insofern bemerkenswert, da ja üblicherweise bei Bands, die Tonträger noch in beachtlichen Mengen absetzen, die Streaming-Dienste weniger genutzt werden. Das liegt logischerweise an den Zielgruppen, und die sind nun mal altersbedingt unterschiedlich. Mir ist schon klar, warum Formationen wie etwa DEEP PURPLE nach wie vor deutlich mehr Tonträger absetzen als Bands, die erst seit einigen Jahren existieren. FIREWIND sprechen aber offensichtlich sowohl die ältere Generation an Rockmusikfans an als auch eine wesentlich jüngere. Gut für uns!
Läßt sich das auch auf Dein letztes Soloalbum »Quantum Leap« ummünzen? Wie ist denn die Resonanz darauf ausgefallen?
Die Reaktionen darauf waren ebenso positiv. Von den Verkaufszahlen her ist es aber natürlich eine andere Geschichte. Zum einen, weil das Album ja erst im November 2021 veröffentlicht wurde, und zum anderen, weil ein Instrumentalalbum ja doch eher ein Nischenthema ist.
War es denn geplant, ein Instrumentalalbum zu veröffentlichen? Dein 2018er Solodreher »Fearless« war ja noch davon geprägt, daß Du die Creme de la Creme an Vokalisten als Gäste eingeladen hattest...
Ehrlich gesagt, hatte ich die Idee ein reines Instrumentalalbum zu veröffentlichen, schon vor einigen Jahren. Allerdings fehlte mir die Zeit, diese Idee auch entsprechend umzusetzen. Es mangelte keineswegs Inspiration, sehr wohl jedoch an der nötigen Zeit und Muse, die angesammelten Songfragmente weiterzubearbeiten und in veröffentlichungsreife Form zu bringen. Da sich im Vorjahr aber nun doch ein entsprechend großes Zeitfenster ergeben hatte, packte ich die Gelegenheit beim Schopf und investierte meine Energie in »Quantum Leap«.
Das schwierigste an Instrumentaltracks dürfte wohl die Suche nach den entsprechenden Songtiteln sein, oder?
Oh ja, das ist wirklich nicht immer einfach. Ich habe mich dafür von meiner Gefühlswelt und meiner Fantasie treiben lassen. Ich hoffe, es klingt jetzt nicht allzu abgehoben, aber ich verbinde mit jedem einzelnen Stück bestimmte Emotionen. Und eben diese haben mich dann zum jeweiligen Titel gebracht.
Die Produktion dürfte "pandemisch" absolviert worden sein? Sprich, Deine beiden Kollegen Dennis Ward und Will Hunt haben ihre Passagen im "Homeoffice" eingespielt, oder?
Ja, so war es. Ich habe alles soweit vorbereitet, daß ich ihnen meine Vorabversionen zukommen lassen konnte. Inklusive simpel programmierter Drumtracks, die ich in meinem Studio auch noch auf die Reihe bringen kann. Dennis hat dann die Baßspuren hinzugefügt, und Will die Songs mit seinen Drumpassagen ausgestattet. Danach war wieder ich an der Reihe um die Soli fertigzustellen, und zum Schluß war wieder Dennis gefragt. Er hat das Album schließlich auch produziert und abgemischt. Ansonsten war lediglich mein alter Kumpel Vinnie Moore in den Entstehungsprozeß involviert. Vinnie war so freundlich, mich bei ›Force Majeure‹ an der Gitarre zu unterstützen. Auch er hat logischerweise von zu Hause aus seinen Beitrag geleistet. Wär' natürlich super, wenn bei der nächsten Produktion wieder die Möglichkeit bestehen würde, zusammen in einem Studio an einem Album arbeiten zu können...
Meinst Du da etwas Bestimmtes? Hast Du denn noch ein Projekt am Laufen, von dem in Zukunft ein Album zu erwarten ist?
Nein. Das war generell gemeint, und auf meine übliche Arbeitsweise bezogen. Ich hab' momentan nichts weiter auf dem Schirm, als mit FIREWIND auf Tournee gehen zu können. Konkret sollte es so ablaufen, daß wir im Februar auf der "Monsters Of Rock Cruise" mit an Bord gehen, und ab März dann quer durch Europa unterwegs sind. Danach wären eigentlich Abstecher in die USA und nach Australien auf dem Programm, die sind aber zur Zeit noch ebensowenig fix wie die Festvialshows, für die wir im Sommer gebucht sind. Warten wir mal ab, was möglich ist. Vorhersagen läßt sich ja im Moment leider noch gar nichts, aber die Hoffnung darf man eben niemals aufgeben!
Photo: Tasos Thomoglou [Gus G.]
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