Die Stichworte "gothic" oder "finnische Melancholie" reichen aus, um SWALLOW THE SUN in schallendes Gelächter ausbrechen zu lassen. Überhaupt scheint dieses Sextett aus Jyväskylä ein fröhlicher Haufen zu sein. Erstaunlich, denn das Debütalbum »The Morning Never Came« klingt richtig düster, zäh und tieftraurig. Juha Raivio, Gitarrist und Songwriter der Band, erinnert sich:
Juha: Ich und unser Drummer Pasi Pasanen spielten bei PLUTONIUM ORANGE, so eine Art Rock/Metal-Band, und ich hatte einige doomige Songs; also blieben wir nach den Proben länger da und versuchten uns daran. Wir fanden, daß es ganz gut klang, und trommelten nach und nach die Band zusammen: zuerst Markus Jämsen, Gitarre, den wir von früheren Projekten kannten; bald danach kamen Sänger Mikko Kotamäki, Keyboarder Aleksi Munter und Bassist Matti Honkonen von FUNERIS NOCTURNUM dazu. Das war vor drei Jahren.
Pasi: Mikko und ich haben diese Band verlassen, und PLUTONIUM ORANGE gibt's nicht mehr.
Markus: Ich spiele hingegen noch immer bei dieser Band, und mit dem Gitarristen von MACHINE MEN bei FUNERIS NOCTURNUM...
Aleksi: Und ich habe mit den Jungs von MACHINE MEN noch eine Ozzy Osbourne-Tribute-Band am Laufen...
Juha: Okay, das klingt ein wenig wie "reich und schön"! [kollektives Gelächter]
Wo liegen Eure musikalischen Wurzeln?
Pasi: Ich kann da schlecht eine bestimmte Band nennen, aber DEATH hat mich wohl am meisten beeinflußt.
Juha: IRON MAIDEN, RUSH, TYPE O NEGATIVE und MY DYING BRIDE.
Aleksi: Für mich war's IRON MAIDEN. Wir hören unterschiedliche Stile und unterschiedliche Bands. Ich beschränke mich nicht auf eine bestimmte Richtung, ich spiele alles gern.
Pasi: Keiner von uns hat vorher diese Art von Musik gemacht.
Für mich liegt Euer Stil irgendwo zwischen OPETH und den frühen AMORPHIS – wo ordnet Ihr Euch selber?
Aleksi: Ich denke, wir passen in dasselbe "doomige Death Metal"-Genre wie MY DYING BRIDE, die uns wahrscheinlich am meisten beeinflußt haben. Wir wissen, wie streng manche Leute mit Kategorien sein können.
Pasi: Nicht immer entscheidet die Band darüber, das Publikum macht die Zuordnungen. Wenn uns jemand Doom Metal nennt, was können wir tun?
Juha: Ist auch egal; wenn uns die Leute Doom Metal nennen, isses okay. Wenn sie uns Müll-Metal nennen, isses auch okay, geht klar. Alles geht. Aber es gibt zwei Worte, die unsere Musik beschreiben: "gothic moonlight". [kollektives Gelächter] In meinen Texten gibt es eine Menge schwarzen Humor, du solltest sie also nicht zu ernst nehmen. Grundsätzlich geht's um Geister und diese finnische Agonie, wie bei SENTENCED, daß du dich umbringen willst... Aber das ist nicht so wirklich unser Ding.
Und wie steht es mit der berühmten "finnischen Melancholie"?
Juha: Wegen diesen langen Wintern und so weiter ... alles bullshit, wir schlafen alle, dann ist es eh dunkel. Deswegen ist es auch egal, ob du aus Finnland bist oder aus einem anderen Staat.
Ihr kommt aus Jyväskylä, ziemlich weit weg von Helsinki; genauer gesagt knapp 300 Kilometer nördlich der finnischen Hauptstadt. Ist das ein Problem für die Band, und wie ist die Szene in Eurer Heimatstadt?
Aleksi: Nachdem wir unsere eigenen Gigs organisieren versuchen, wissen wir, wie schwierig es ist, als Band von außerhalb in Helsinki aufzutreten. Zum Glück haben wir jetzt eine Agentur. In Jyväskylä gibt es einen geilen Club namens "Lutakko". Jede Menge Bands, ich glaube knapp 30, proben dort.
Mikko: Ich arbeite in diesem Club.
Pasi: Unser Proberaum ist auch im "Lutakko", genau über der Bar.
Aleksi: Fast jedes Wochenende treten Bands auf, da ist wirklich viel los.
Pasi: Und was die Szene betrifft, ich glaube, die Bands in unserer Heimatstadt sind etwas bescheidener und bodenständiger als in Helsinki.
Was habt Ihr in naher Zukunft vor?
Pasi: Es gab Verhandlungen, daß wir demnächst in London auftreten, aber bis jetzt ist noch nichts fixiert.
Aleksi: Unser Label FIREBOX RECORDS haben sehr gute Promotion gemacht. Es ist nur eine kleine Firma, aber sie leistet hervorragende Arbeit, wir fühlen uns dort sehr wohl.
Juha: Sie ebnen uns den Weg in die Oberliga.
Zum Abschluß verrät SWALLOW THE SUN-Mastermind Juha noch, wie der Bandname zustande kam.
Juha: Im Winter ist es hier in Finnland so dunkel, als ob jemand die Sonne verschluckt hätte.
Also haben die Jungs doch was mit dieser finnischen Winter-Melancholie am Hut...
Photos: Klaudia Weber [Photo 1 & 3 & 5]