Cleveland, Ohio, irgendwann in der Mitte der 80er Jahre des letzten Jahrhunderts. Unzählige Bands erschüttern mit ihren stampfenden Metal-Hymnen die Erde. Noch gut 20 Jahre später gibt es vor allem in Zentraleuropa unzählige Fanatiker, die sich an den Klängen von damals aktiven Bands wie PURGATORY ergötzen.
Daneben gibt es aber zum Glück noch immer Bands aus jener Gegend, die noch aktiv sind und stilistisch genauso ihren Metal vortragen wie anno dazumal. Mit BREAKER und DESTRUCTOR können auch diesbezüglich Bandnamen genannt werden. Diese Formationen verbindet jedoch nicht nur Musik und Herkunft, sondern auch die Plattenfirma. AUBURN RECORDS nennt sich jenes umtriebige Label, das vor allem in Europa regelrecht Kult-Status genießt. Jener Mann, der die Fäden im Unternehmen zieht, hört auf den Namen Bill Peters und schaffte es vor wenigen Monaten, den Underground hierzulande gehörig in Unruhe zu versetzen. Waren doch Gerüchte im Umlauf, die besagten, daß er es geschafft haben sollte, eine der wohl bekanntesten Bands aus Cleveland zu einer Reunion zu überreden: SHOK PARIS wurden tatsächlich für das diesjährige "Bang Your Head!!!"-Festival gebucht und konnten, wie wohl alle Anwesenden bestätigen werden, voll und ganz überzeugen.
Hintergründe, Zukunftsvisionen und die momentane Gefühlslage waren Thema beim vereinbarten Interviewtermin, bei dem gleich vier Fünftel der Formation, namentlich Sänger Vic Hix, die Gitarristen Ken Erb und Aushilfsklampfer George Mihalovich und Basser Kel Berkshire anwesend waren.
Zu Beginn des Gesprächs mußte natürlich erst einmal der Grund der Reunion erörtert werden, wobei Vic offensichtlich nicht nur Frontmann, sondern auch Sprachrohr der Band sein dürfte, da er nahezu alle Fragen im Alleingang beantwortete:
Vic: Das ist eine relativ unkomplizierte Geschichte, aber im Endeffekt war es Bill Peters, der uns dazu mehr oder weniger überreden mußte, unter dem Namen SHOK PARIS aufzutreten. Zunächst war da unsere Verpflichtung für das "Brave Words & Bloody Knuckles"-Festival bei uns in den Staaten vor einigen Monaten. Kurze Zeit später kam dann Bill bereits mit dem Vertrag für das "Bang Your Head!!!"-Festival für uns und unsere alten Kumpels von BREAKER wurden fast zeitgleich für das "Headbangers Open Air" gebucht. Tja, und da sind wir nun.
Wie habt Ihr denn die letzten Stunden gesehen? Es passiert schließlich nicht alle Tage, daß man die Chance hat, gleich zweimal innerhalb weniger Stunden vor solch einem Publikum auftreten zu können?
Vic: Mein Gott, ich komme ja aus dem Staunen immer noch nicht heraus, aber ihr Europäer scheint ja Metal über alles zu lieben. Nicht, daß es mir nicht ebenso ginge, aber wenn ich mir hier die Fanscharen ansehe, löst das in mir sehr große Gefühle aus. Es gibt einfach nichts Wichtigeres im Leben eines Musikers als auf der Bühne zu stehen und zusammen mit den anwesenden Fans eine Party zu veranstalten. Hier stimmt einfach alles, vom Wetter angefangen, über die Organisation bis hin zum Billing alles ist schlicht perfekt. Wenn man als Band schon die Chance bekommt, bei solch einem Festival aufzutreten, ist man geradezu verpflichtet, das Beste zu geben. Irgendwie schade, daß wir nicht schon zu unserer Blütezeit für solche Konzerte bei euch gebucht wurden. Aber was soll's, einmalige Chancen im Leben darf man sich eben nicht entgehen lassen.
Darf ich daraus schließen, daß es sich bei Eurem Auftritt um eine einmalige Angelegenheit handelte und dieser somit ein Stück Metal-Geschichte sein sollte?
Vic: Dazu befragst Du am besten einfach die anderen Herren hier am Tisch...
Ken: Generell wäre es zumindest für mich sehr interessant, unter dem Banner SHOK PARIS weiterzumachen. Aber keiner dürfte dann von mir erwarten, daß ich bloß die alten Songs spielen würde. Ich sehe mich nämlich eher als Songwriter und Musiker und weniger als "Musikhistoriker", der nur von seiner Vergangenheit lebt.
Kel: Was denkst Du eigentlich, wie eine Band klingen sollte, wenn sie sich nach langer Zeit wieder zusammenfindet? Wie eine "Coverband" ihrer selbst oder sollten sich die Musiker auf eine zeitgemäße Art von Musik einigen?
Nö, "zeitgemäß" - was immer Ihr auch darunter versteht - muß es keinesfalls klingen. Viel eher sollte die Band ihre Herkunft nicht verleugnen und versuchen, neue Songs zu schreiben, die mit denen, die das Publikum seit Jahren kennt, konkurrieren kann. Eine Band braucht sich ja nicht zwanghaft stilistisch verändert, bloß weil ein paar Jährchen ins Land gezogen seid.
Vic: Da hört Ihr's! Genau das habe ich euch immer gesagt. Hier in Europa ist es den Fans sch...egal, ob eine Band zeitgemäß klingt oder nicht. Hier verlangen die Fans genau das, was sie von der Band früher ebenfalls erhalten haben. Alles andere wäre eine Verunglimpfung des Namens SHOK PARIS.
Ihr seid zwar hier als SHOK PARIS anwesend, Eure anderen Bands existieren aber nach wie vor, oder?
Vic: Klar und wie! Mit AFTERSHOK bin ich nun schon fast zehn Jahre unterwegs. Mit mir ist übrigens auch dieser Knabe dabei [zeigt dabei auf George, den Gitarristen, der ein nettes "yes" von sich gibt und wieder die Funktion des Zuhörers einnimmt] und noch ein paar Kumpels. Musikalisch sind wir wahrscheinlich gar nicht so weit von SHOK PARIS entfernt. Ich kann meine Stimme einfach nicht anders einsetzen und will es auch gar nicht. Unsere erste Scheibe »Unfinished Business« konnte übrigens durchweg positive Kritiken einstecken. Wir waren auch schon mit unzähligen anderen Bands auf der Bühne. Immerhin durften wir schon für JUDAS PRIEST, RATT oder Yngwie Malmsteen eröffnen, wenn das keine Ehre ist, was dann?
Demnächst wird übrigens unser zweites Album »Burning Chrome« erscheinen. Ich hoffe, ich brauche nicht zu erwähnen, bei welchem Label... [Er steht auf und verbeugt sich vor dem gerade vorbeihuschenden Bill Peters]
Aber Vic ist doch nicht der einzige, der musikalisch aktiv ist, oder?
Ken: Meine aktuelle Band nennt sich ZERO ELEVEN, hat aber mit Heavy Metal nicht sehr viel zu tun. Unser Stil ist eher der klassische Hardrock, aber ebenfalls mit zweistimmigen Gitarren. In unserer Umgebung sind wir auch schon durchaus bekannt, eventuell schaffen es sogar, in absehbarer Zeit ein Demo einzuspielen. Wir legen sehr viel Wert auf Melodien und unser Sänger Ron klingt ebenfalls weit weniger aggressiv als dieser Kerl hier, haha. Aber nichtsdestotrotz liebe ich es, zusammen mit SHOK PARIS hier zu sein. Schon der Gig im Club am Freitag war der Wahnsinn, aber hier und heute bin ich schwer beeindruckt. Also ehrlich gesagt, ich habe es schon sehr genossen hier zu spielen.
Nicht gerade alles im Lot bei SHOK PARIS, aber dafür von Grund auf ehrlich und mit Sicherheit keine Reunion, um die Kontostände der Herren Musiker aufzufetten. Allen Fans bleibt aber wenigstens ein kleiner Hoffnungsschimmer, nämlich daß Bill Peters die Herrschaften eines Tages wieder einmal dazu bringt, sich für weitere Shows zu reformieren.
Photo: Stefan Glas [Photo 2]