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Wer immer noch den Glanzzeiten der Bay Area nachtrauert und immer noch Truppen wie EXODUS, HEATHEN, FORBIDDEN und besonders old METALLICA anbetet, der kommt an PARADOX nicht vorbei. Soeben ist ein neues Album über AFM RECORDS herausgekommen, das sich »Collision Course« nennt und ein amtliches Brett vor dem Herrn ist. Es vereint alle Tugenden, für die der Bay Area-Thrash berühmt war und klingt wie die Platte, die man von METALLICA nach »Master Of Puppets« erwartet hätte. Wenn man bedenkt, daß PARADOX Ende der Achtziger als Deutschlands größte Hoffnung gehandelt wurde und sich das aktuelle Album anhört, merkt man sofort heraus, daß hier alte Hasen am Werk sind. Sänger, Gitarrist und Hauptsongwriter Charly Steinhauer war bereit, sich meinen Fragen zu stellen.

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Erstmal herzlichen Glückwunsch zur neuen CD, sie ist wirklich ein Knaller geworden. Zweifellos Euer bisher ausgereiftes Werk.

Vielen Dank für die lobenden Worte. Wir sind mit dem Endprodukt auch alle sehr zufrieden. Die Songs sind klasse, der Sound drückt einen fast an die Wand. Die Reaktionen sind ebenfalls genial. Was will ein Musiker mehr? Ein perfekter Wiedereinstieg in die Metalwelt.

Wie kam die Reunion eigentlich zustande?

Ich bekam Mitte '98 einen Anruf von Thomas Preisig, der für sein IRON GLORY-Label einen Sampler mit unveröffentlichtem Material diverser Bands veröffentlichen wollte. Ich fand in der Schublade ›Overshadowed‹ und die Begeisterung war groß.
Im September '98 lernte ich beim "Bang Your Head!!!"-Festival Andy Siry von NUCLEAR BLAST kennen, der ebenfalls sehr interessiert war und uns den Reunionsgig beim "Wacken Open Air '99" verschaffte. Ich konnte zunächst bis auf Axel Blaha (d) das Original-Line-up zusammentrommeln, aber Markus Spyth (g) und Roland Stahl (b) hatten später wegen ihrer beruflichen Verpflichtungen nicht die nötige Zeit. So mußte ich mich kurzerhand neue Leute suchen und wurde bekannterweise hochkarätig fündig.

Was denkst Du über die Entwicklung einer Band wie METALLICA? Ich sehe Euch als tröstende Alternative für die Fans der ersten vier Alben.

Das Kompliment nehme ich dankend an und bin der gleichen Meinung. Wir schließen genau die Lücke, die METALLICA hinterlassen hat. Die Verkaufszahlen geben METALLICA recht, jedoch bin ich genauso enttäuscht wie viele andere Fans, daß sie den Stil, den sie bekannt gemacht hat nicht mehr spielen.
Für PARADOX kommt eine derartige Stiländerung nicht in Frage. Experimente und Power Metal Einflüsse jederzeit; vielleicht auch mal eine Halbballade, wie es ICED EARTH gerne pflegen; aber das Machine-Gun-Riffing ist ein unverkennbares Stilelement von PARADOX und ich werde dafür sorgen, daß es erhalten bleibt. Sollten meine Ideen mal in eine andere Richtung gehen, werde ich eben eine Solo-CD machen, was ich ohnehin irgendwann mal vorhabe, aber wo PARADOX drauf steht, ist auch garantiert PARADOX drin.

Was geschah eigentlich nach der Veröffentlichung von »Heresy«. Danach wurde es verdächtig still um PARADOX.

Zunächst hatten wir Line-up-Probleme. Roland Stahl mußte die Band verlassen, da er sich beruflich weiterbilden wollte und nicht die nötige Zeit aufbrachte, um regelmäßig mit uns zu proben. Er war ein sehr wichtiger Mann für PARADOX, denn er brachte die nötige Ruhe ins Spiel, wenn wir uns mal in der Wolle hatten. Geeigneten Ersatz fanden wir mehr schlecht als recht und das Bandklima verschlechterte sich dadurch. Anfang der Neunziger begann die Grunge-Welle und der Bay Area-Stil war nicht mehr so angesagt, weshalb ROADRUNNER RECORDS 1991 auf die Option verzichtete und unser Vertrag auslief. Zudem hatte ich ständig Probleme mit meiner Stimme und entschied mich im Juli 1991, die Band aufzulösen. Die Luft war raus. Die Motivation fehlte an allen Ecken.

Vermißt Du irgendwas, wenn Du an die Achtziger zurückdenkst?

Was PARADOX betrifft möchte ich nichts missen, denn alles was wir anpackten war mit Erfolg gespickt. Ich vermisse die Zeit, in der jeden Monat zwei, drei Klassikeralben erschienen sind. Heute wird man zum Großteil allmonatlich mit durchschnittlichen Scheiben zugeschissen.

Damals wurdet ihr als größte deutsche Hoffnung gehandelt. Findest Du nicht, daß es heute wesentlich schwerer ist, Fuß zu fassen. Die Konkurrenz ist riesengroß. Räumst Du PARADOX dennoch gute Chancen ein?

PARADOX haben natürlich eine Chance, da es in Europa keine Band gibt, die so klingt wie wir. Der Konkurrenz wünsche ich deshalb trotzdem Ihren gebührenden Erfolg.

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Wie bist Du eigentlich an die Holzwarth-Brüder gekommen, sie gehören zweifellos zu den besten Musikern Deutschlands.

Alex und Olli traf ich ebenfalls auf dem "Bang Your Head!!!"-Festival 1998. Nachdem sie die neuen Songs gehört hatten, boten sie sich an, bei mir einzusteigen. Wir probten gerade zweimal und dann war auch schon der Auftritt in Wacken angesagt.

Der Sound von »Collision Course« killt total. Wie war die Zusammenarbeit mit Andy Classen? War er Eure erste Wahl, oder hättest Du lieber mit "Legenden" wie Flemming Rasmussen oder Alex Perialas zusammengearbeitet?

Andy Classen wird eine Legende, wenn er so weiter macht, denn er versteht seine Arbeit und steht den beiden oben genannten in nichts nach. Der Sound drückt und wenn Du aufdrehst, drückt es Dich an die Wand. Menschlich und arbeitstechnisch sehe ich im Moment keinen Bedarf zu wechseln. Klasse Arbeit, die er da abgeliefert hat.

Mir gefällt der Song ›Saviour‹ sehr gut, da er sich etwas von den anderen unterscheidet. Erinnert mich irgendwie an ›Chemi-Kill‹ von EXODUS... Absicht oder Zufall?

In vielen Jahren Metalgeschichte passiert es oft, daß sich Teile von Songs anderen ähneln, die eine andere Band schon gespielt hat. Ich will nicht absichtlich kopieren. Ich komponiere das, was mir einfällt und höre mir deshalb nicht vorher meine CD-Sammlung durch, ob es den ein oder anderen Teil schon mal gegeben hat. Wenn ich merke, daß sich ein Part wiederholt, dann ersetze ich ihn durch einen anderen.

Du bist als alter Bay Area-Freak bekannt. Um so erstaunter war ich, als ich hörte, daß die einzige Coverversion auf dem Album von den SCORPIONS stammt. Ich hätte etwas von FORBIDDEN, EXODUS oder HEATHEN erwartet!

NUCLEAR BLAST hat uns gefragt, ob wir nicht einen Song zum bald erscheinenden SCORPIONS-Tribute-Album beisteuern wollen. ›Dynamite‹ ist aber nur auf der Erstauflage von »Collison Course« zu hören.
Wir haben sogar noch eine Coverversion von ABBAs ›S.O.S.‹ aufgenommen. War eher ein Scherz, aber klingt amüsant. Live kann es aber durchaus mal vorkommen, daß wir einer Bay Area-Band Tribut zollen.

Dein Gitarrenspiel hat sich wesentlich verbessert und es ist schier unglaublich, welche Riffs Du abfeuerst. Hast Du viel geübt und welche Gitarristen bewunderst Du?

Das geht runter wie Öl, wenn man sowas hört. Mich haben schon immer diese messerscharfen Riffs begeistert und sowas prägt. Ich habe während der gesamten Auszeit Gitarre gespielt. Ich habe weiter geübt, aber nicht mehr so regelmäßig. Erst seit zwei Jahren baue ich meinen Stil weiter aus. Ich habe eigentlich keinen Lieblingsgitarristen, aber Jeff Waters, Lee Altus, James Hetfield und vor allem Tommy Vetterli (ex-CORONER, jetzt KREATOR) liegen schon sehr auf meiner Wellenlänge. Die wissen alle, wie man den Hubschrauber spielt.

Ich schätze, daß Ihr auch tourtechnisch wieder durchstarten wollt. Gibt es da schon konkrete Pläne?

Dadurch, daß Olli mit BLIND GUARDIAN und Alex mit RHAPSODY noch andersweitige Verpflichtungen haben, werden wir tourtechnisch nicht so präsent sein können, wie es bei vielen anderen Bands üblich ist. Wir wollen und werden live zu sehen sein, aber konkrete Pläne gibt es noch nicht, außer daß wir heiße Kandidaten für die Sommerfestivals des nächsten Jahres sind.

Was hältst Du davon, wie sich der Metal seit den Achtzigern entwickelt hat. Was ziehst Du Dir privat so rein? Was denkst Du über Death und Black Metal oder über die ganzen komischen groovigen Neo-Hüpf-Truppen?

Bei den Fans hat sich wenig geändert, wenn ich es mit früher vergleiche. Es wird gebangt bis die Fetzen fliegen und der Zusammenhalt ist genauso groß wie damals. Privat höre ich hauptsächlich Metal von a bis z. Manchmal brauche ich aber auch andere Musik, um wieder frei im Kopf zu werden. PINK FLOYD ist da so eine Band, die ich mir gerne anhöre. Vor allem die alten Sachen. Ich sage immer, es gibt nur gute und schlechte Musik. Es gibt in jeder Musikstilrichtung ein paar Songs, die mir gefallen. Die sogenannten "Neo-Hüpftruppen" soll es auch weiterhin geben, solange die Nachfrage besteht. Ich persönlich ziehe mir das nicht rein, aber wer's mag, der soll es sich geben. Jedem daß, was er verdient, hehe!

http://www.paradox-bangers.de/

Vorbereitung, Interview & Bearbeitung:
Ralf Henn

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PARADOX (D) – Tales Of The Weird (Rundling-Review von 2012 aus Online Empire 53)
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Soundcheck: PARADOX (D)-Album »Electrify« im "Soundcheck Heavy 108" auf Platz 2
Soundcheck: PARADOX (D)-Album »Riot Squad« im "Soundcheck Heavy 125" auf Platz 4
Playlist: PARADOX (D)-Album »Product Of Imagination« in "Playlist Heavy, oder was!? 72" auf Platz 5 von Stefan Glas
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