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AMARANTHE-Bandphoto 1

Als diese Schweden 2011 mit ihrem selbstbetitelten Debut in der Szene aufkreuzten, war nicht abzusehen, wie groß diese Truppe innerhalb von knapp einer Dekade werden würde. Ebenso konnte man nicht vorhersehen, welch' umtriebiger Haufen sich erst knapp drei Jahre zuvor da zusammengefunden hatte. Beeindruckend ist jedoch nicht nur die Tatsache, daß uns die aus Göteborg stammende Formation mit »Manifest« dieser Tage ihren bereits sechsten Longplayer auftischt, sondern auch der Umstand, daß die Band kontinuierlich bekannter und größer wird und dabei Fans unterschiedlichster Subgenre für sich gewinnen kann.
Das freut selbstverständlich auch den als Gitarristen, Keyboarder und Komponist für das multiple Soundergebnis zuständigen Olof Mörck, der die Band einst aus der Taufe gehoben hatte. Da der Kerl obendrein der Gute-Laune-Fraktion angehört, ergab sich ein überaus spannendes wie unterhaltsames Gespräch.

AMARANTHE-Headline

Wer sein Album »Manifest« nennt, scheint nicht nur etwas mitzuteilen zu haben, sondern auch vor Selbstvertrauen förmlich zu platzen. Welche Aussage steckt denn bei AMARANTHE hinter dem gewaltig wirkenden Titel?

Ich weiß, der Titel mag für viele Menschen geradezu überheblich klingen, aber wir haben dabei nicht einmal ansatzweise den politischen Aspekt des Begriffes angedacht. Vielmehr hatten wir die kulturgeschichtliche Bedeutung des Begriffes "Manifest" im Gedanken als wir uns für diesen Albumtitel entschieden haben. Allerdings muß ich schon zugeben, daß wir auf jeden Fall selbstbewußt genug sind, dafür einzustehen! Zudem bin ich davon überzeugt, daß wir uns auf dem richtigen Weg befinden. Von daher empfinden wir unsere eingeschlagene Richtung auch als optimal für die Band.

AMARANTHE-Singleshot: Elize Ryd 1

Das klingt zwar nicht gerade bescheiden, ist aber auf jeden Fall nachvollziehbar, schließlich habt Ihr mit einer Melange, die aus eigentlich unvereinbar scheinenden Elementen zusammengesetzt ist, den Nerv vieler Musikliebhabern getroffen. Euer Publikum scheint sich demnach aus unterschiedlichsten Alters- und Zielgruppen zusammenzusetzen. So etwas wie einen typischen AMARANTHE-Fan gibt es wohl nicht, oder?

Das glaube ich auch nicht, denn es ist genau so, wie Du es eben beschrieben hast. Uns ist aber auch bewußt, daß wir mit unserer Musik polarisieren und bei unzähligen eingeschworenen Hard Rock- und Metal-Fans auf Ablehnung stoßen, weil wir deren Meinung nach einfach zu viel mit Melodien experimentieren und uns zu sehr an Pop orientieren. Das allerdings stört uns nicht im geringsten. Schließlich wissen wir, daß wir mit unseren Songs inzwischen sogar verschiedene Generationen an Rockmusik-Konsumenten ansprechen und sich bei unseren Konzerten Menschen einfinden, denen es in erster Linie darum geht, mit uns Party zu machen. Vom Anzugträger bis hin zum Todesmetaller ist da alles dabei.

Auch das klingt nachvollziehbar, schließlich ist aus Eurem "Crossover-Sound" neben typischen Melodic Metal-Fragmenten und Pop immer noch eine ganze Menge an Death Metal-Versatzstücken zu vernehmen. Das überrascht jedoch ein wenig, da speziell diese Nuancen zuletzt eher in den Hintergrund gedrängt wurden und man vermutete, daß der Death Metal auf lange Frist sogar noch weiter aus Eurem Sound-Korsett entfernt wird. Eventuell um den "Mainstream" noch ein wenig mehr anzusprechen, oder irre ich mich da?

Schon, auch wenn ich weiß, was Du meinst und es wohl kaum jemanden wundern würde, wenn wir diesen Schritt gegangen wären. Allerdings muß ich Dir insofern widersprechen, da ich mit bestem Gewissen von mir geben kann, daß der melodische Death Metal ein Teil meiner Jugend ist. Ich meine, ich stamme aus Göteborg und bin Jahrgang 1981, brauche ich noch mehr zu sagen? Mit all den Jungs, die seinerzeit mit ihren Bands loslegten, um im Endeffekt den Melo-Death salonfähig zu machen, bin ich seit Jahren befreundet, und selbstverständlich hatten sie auch großen Einfluß auf meine musikalische Sozialisation. Schließlich ist ein großer Teil dieser Jungs nur etwa eine Dekade älter als ich, und meine Kumpels und ich waren bei vielen Gigs Mitte in den 90er Jahren im Auditorium. Es ist definitiv nicht übertrieben, wenn ich behaupte, daß ich damit groß geworden bin!

AMARANTHE-Bandphoto 2

Alles klar, aber nicht nur im Melodic Death Metal scheinst Du regelrecht zu Hause zu sein. Immerhin hattest Du vor der Gründung von AMARANTHE ja auch eine durchaus hoffnungsvolle Melodic Metal-Truppe namens DRAGONLAND am Start.

Das ist korrekt und sogar noch aktuell. DRAGONLAND wurden nämlich - entgegen vielen anders lautenden Gerüchten - niemals aufgelöst! Ich bin noch nicht einmal ausgestiegen, sondern sogar noch aktives Mitglied. Allerdings habe ich zugegebenermaßen meinen Fokus inzwischen wesentlich stärker auf AMARANTHE gelegt, da bei DRAGONLAND die Band mehr als Hobby betrachtet und auch betrieben wurde und ich als einziger mit Musik so richtig durchstarten wollte. Damit will ich meinen Kollegen keineswegs unterstellen, daß sie sich nicht für die Band engagiert oder sich nicht mit DRAGONLAND identifiziert hätten. Da bei einem Großteil dieser Burschen jedoch etwas anderes als Musik oberste Priorität im Leben genießt, waren wir bald an einem Limit angelegt. An einem, das ich nicht akzeptieren konnte und schon gar nicht wollte! Deshalb habe ich mir damals überlegt, ob es nicht zielführender wäre, mich musikalisch in anderer Form zu verwirklichen. Schließlich war ich regelrecht hungrig danach, mit Musik durchzustarten.

Du warst entschlossen, jung und, hüstel..., hungrig. War das denn der Grund dafür, Deine neue Formation nach einem Lebensmittel zu benennen?

[Lacht] Die Frage ist cool! Nein, eigentlich nicht, denn ursprünglich nannte sich die Band AVALANCHE. Allerdings schauten wir uns schon bald nach einer Alternative um, da dieser Bandname schon mehrfach vergeben war und wir uns logischerweise keine rechtlichen Probleme aufhalsen wollten. Um Deine Theorie von "hungrigen" Musikern zu bestätigen, solltest Du wissen, daß unsere erste Single den Titel ›Hunger‹ hatte. Was sagt Du jetzt? [lacht]

AMARANTHE-Singleshot: Elize Ryd 2

Na, was wohl? Mahlzeit! Logisch. Deinen Hunger nach Erfolg konntest Du bislang offenbar ganz gut stillen, dennoch habe ich den Eindruck, die Band wird mit »Manifest« noch einmal eine gehörigen Popularitätsschub erhalten. Schließlich ist die Scheibe auf einer Seite zwar wieder härter ausgefallen als die letzten beiden, zugleich aber sind die Hooks und Melodien zwingender denn je. Wie siehst Du denn das Album im Vergleich zu seinen Vorgängern?

Mit den erwähnten Unterscheidungsmerkmalen kann ich nicht nur gut leben, sondern mich auch voll und ganz damit identifizieren. Der größte Unterschied liegt aber wohl im Entstehungsprozeß der Scheibe, denn dermaßen intensiv war die Zusammenarbeit als Band bei AMARANTHE bisher noch nie. Auch wenn das nicht ganz so geplant war. Wir hatten zwar sehr wohl im Sinn, Mitte März in Dänemark ins Studio zu gehen und die Nummern einzuspielen, daß wir im Endeffekt aber dann drei monatelang dort in Isolation verbringen mußten und nicht eher nach Schweden zurückkehren durften, war aber nicht unbedingt vorgesehen.

Klingt irgendwie schräg, aber ein solches "Corona-Teambuilding" wird uns vielleicht noch länger verfolgen. Der Stimmung innerhalb der Band dürfte es aber keineswegs geschadet haben?

Im Gegenteil! Wir hatten noch nie zuvor ein derart stark ausgeprägtes Zusammengehörigkeitsgefühl. So gesehen kann ich aus Sicht der Formation sagen, daß uns die Corona-Krise stärker gemacht hat. Klingt jetzt eigenartig, ist aber Tatsache.

AMARANTHE-Bandphoto 3

Und auch auf ›Viral‹, die erste Singleauskoppelung aus dem Album, hätten wir wohl in dieser Form verzichten müssen, oder?

Ja. Zwar existierte die Musik zu diesem Track bereits zuvor, den Text haben wir aber tatsächlich erst in der Isolation in seine aktuelle Form gebracht und darin logischerweise auch unsere Gemütszustände verarbeitet. Daß die Nummer unsere bislang vielleicht härteste überhaupt geworden ist, hat damit aber nichts zu tun. ›Viral‹ soll aber auf jeden Fall unter Beweis stellen, daß wir keineswegs gesättigt von den bisherigen Erfolgen, sondern immer noch verdammt hungrig sind!

http://www.amaranthe.se/

Vorbereitung, Interview & Bearbeitung:
Walter Scheurer

Photos: Patrick Ullaeus [Photo 2 & 4], Johan Carlen [Photo 3]

 

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AMARANTHE im Überblick:
AMARANTHE – Amaranthe (Re-Release-Review von 2011 aus Online Empire 49)
AMARANTHE – Amaranthe (Rundling-Review von 2011 aus Online Empire 47)
AMARANTHE – Online Empire 49-"Living Underground"-Artikel (aus dem Jahr 2011)
AMARANTHE – Online Empire 54-"Living Underground"-Artikel (aus dem Jahr 2013)
AMARANTHE – Online Empire 85-Interview (aus dem Jahr 2020)
AMARANTHE – News vom 21.05.2009
AMARANTHE – News vom 11.06.2009
AMARANTHE – News vom 04.12.2009
AMARANTHE – News vom 18.10.2013
AMARANTHE – News vom 09.02.2017
AMARANTHE – News vom 02.07.2017
AMARANTHE – News vom 09.06.2022
AMARANTHE – News vom 28.06.2023
Soundcheck: AMARANTHE-Album »Amaranthe« im "Soundcheck Heavy 135" auf Platz 46
unter dem ehemaligen Bandnamen AVALANCHE (S):
AVALANCHE (S) – News vom 17.07.2008
AVALANCHE (S) – News vom 19.09.2008
AVALANCHE (S) – News vom 21.05.2009
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