Seine Last zu tragen hat jeder, offensichtlich sogar Gott, lassen uns zumindest die französischen Routiniers NIGHTMARE mit ihrem aktuellen Dreher »The Burden Of God« wissen. Was genau damit gemeint ist, bedurfte ebenso einer Nachfrage, wie auch der Umstand, daß die Truppe von Album zu Album intensiver klingt.
Die Band schickte Yves Campion, seines Zeichens Bassist und Gründungsmitglied des aus Grenoble stammenden Fixsterns der französischen Metalszene, der bereits 1983 erstmals in die Schlagzeilen geriet, da NIGHTMARE in ihrer Heimatstadt Grenoble eine Show für DEF LEPPARD eröffnen durften, um unseren Wissensdurst zu stillen.
Na, dann will ich gleich mal mit der Tür ins Haus poltern: Meiner Meinung nach klangen Eure Nummern nie zuvor dermaßen tiefschürfend wie auf Studiodreher Nummero 8. Wie kommt's?
Zunächst einmal vielen Dank dafür! Es tut verdammt gut zu hören, daß der Zuhörer unsere Musik auch als intensiv wahrnimmt. Dabei war das gar nicht wirklich unsere Intention. Wir hatten uns nämlich "nur" auf dem Plan verständigt, dieses Mal verstärkt an der Eingängigkeit und der Melodik des Materials zu arbeiten. Offenbar ist es uns dabei auch gelungen, mehr Tiefgang zu vermitteln, was mich wirklich freut.
Deine Euphorie ist berechtigt, denn »The Burden Of God« klingt nicht nur kompositorisch wie aus einem Guß, auch was die Texte betrifft, scheint hier alles wohldurchdacht und schlüssig. Kann man denn von einem Konzeptalbum sprechen?
Nicht ganz, auch wenn mit dem dritten Teil der ›The Dominion Gate‹-Trilogie ein Konzeptpart vorhanden ist. Was aber auch noch den Eindruck eines zusammenhängenden Werkes erwecken könnte, ist die durchweg dunkle Atmosphäre. Denn egal von welchen Themen wir uns inhaltlich auch inspirieren haben lassen, im Endeffekt haben die Songs eine ähnlich düstere Ausstrahlung erhalten.
An sich wurde kolportiert, daß dieser Dreher auf »Mercury Rain« getauft wird. Wer oder was verursachte denn die Umbenennung zum aktuellen Titel?
Da uns das Artwork für jenen Titel nicht wirklich zusagte und wir zudem gerade ›The Preacher‹, einen Songs mit ziemlich eindeutiger Aussage zum Thema Religion fertiggestellt hatten, haben wir kurzfristig umdisponiert. Titel wie auch das Artwork beziehen sich jetzt auf die aktuelle Situation der Kirche. Es ist doch völlig egal, von welcher Religion wir reden, diese verspricht dem Menschen, daß Gott - welcher auch immer - nur für Gutes sorgen wird. Die Realität sieht aber leider völlig anders aus, wie die unzähligen Mißstände auf dieser Erde zeigen. Das wird wohl nicht einmal der gläubigste Zeitgenosse als positiv empfinden. Von daher ist der Titel zwar hoffentlich klar und eindeutig formuliert, eine Menge an Interpretationsfreiraum bleibt aber dennoch, denn predigen wollen wir selbst natürlich auch nicht.
Als "Mißstand" im eigentlichen Sinne werdet Ihr Eure aktuelle Business-Situation wohl kaum bezeichnen, sehr wohl aber könnte ich mir vorstellen, daß Eure Herkunft noch immer einen gewissen Nachteil mit sich bringt. Oder sieht man das in Frankreich mittlerweile anders?
Damit hast Du insofern recht, da es hier bei uns ein nicht einmal annähernd so lokalpatriotisches Publikum gibt als anderswo. Andererseits muß ich aber doch auch widersprechen, denn für den Großteil der Metaller ist es völlig unerheblich, wo eine Band herkommt, solange die Musik in Ordnung geht.
Genau, Hauptsache die Musi' stimmt! So soll das sein! Apropos: Hat sich bei Euch etwas beim Komponieren verändert, immerhin ist mit Matt Asselsberghs, der für J.C. Jess ins Line-up gekommen ist, ein neuer Mann mit von der Partie?
Nicht unbedingt, da der Löwenanteil immer noch auf die Kappe unseres Gitarristen Franck Milleliri geht. Da uns J.C. erst unmittelbar vor dem Beginn der Aufnahmen verlassen hat und der Großteil bereits fertig war, hatte Matt noch keine Chance, sich auch als Ideengeber zu etablieren. Immerhin hat er aber bewiesen, daß er ein ganz phantastischer Lead- und Sologitarrist ist.
Na, dann wollen wir mal abwarten, wie sich diese Kooperation in Zukunft weiterentwickeln wird. Wie man NIGHTMARE kennt, wird Album Nummero 9 wohl nicht allzu lange auf sich warten lassen.
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Photos: Will Hien