FATES WARNING
beim
"Rock Hard Festival" 2006
Gelsenkirchen, Amphitheater
04.06.2006
Es gibt sie, diese Bands, auf deren selten gewordenen Auftritte man sich auch mit fortgeschrittenem Alter noch wie ein kleines Kind freut. Eine dieser Spezies hört auf den klangvollen Namen FATES WARNING und war seit einer kleinen Unendlichkeit nicht mehr auf einer deutschen Bühne zu sehen. Die Band um Chefdenker und Musikphilosoph Jim Matheos hat spätestens seit ihrer Gastreise im Vorprogramm der ebenso göttlichen SANCTUARY eine bleibenden Eindruck in den Köpfen der damals Anwesenden hinterlassen und war außerdem stets in der Lage, trotz aller musikalischen Neuorientierung und Veränderungen in der Besetzung, großartige Studiowerke zu produzieren. Das Live-Line-up bei "Rock Hard Festival" besteht neben besagten Meister an der Emotionsgitarre und Sangeswunder Ray Alder aus Joey Vera am Baß, dem spockigen Bart Nick D'Virgilio am Schlagzeug und - welch erfreuliche Überraschung - Frank Aresti an der zweiten Klampfe.
Spekulationen über die Setlist werden vor dem Auftritt gehandelt wie WM-Wetten, aber als der Fünfer die Bühne betritt, verstummt alles Gelaber und der eingeweihte Kreis taucht sofort ins musikalische Nirwana ab. Optisch fällt sofort die ungewohnte Kurzhaarfrisur des sympathischen Fronters mit der riesengroßen Stimme auf. Das ist aber auch die einzige Veränderung an Mister Alder, denn seine Lungenflügel flattern noch immer meilenweit über der restlichen Sangesgemeinde. Am linken Bühnenrand steht der introvertierte Meister himself, wie immer völlig vertieft in sein Instrument, während vor allem Joey Vera für vergnügte Gesichter sorgt: Seine Grimassen - passend zum kongenialen Tieftonspielen - sind teilweise nicht von dieser Welt. Fucking bad ass. Hinter ihm jongliert der Teilzeittaktgeber gewohnt lässig die abgefahrensten Rhythmen aus seine Handgelenken und wirkt dabei fast unterfordert. Rechterhand zelebriert der wiedergefundene Sohn Frank Aresti seine ebenso unglaublichen, wie effektiven Hooks, Licks und Riffs.
Zusammenfassend kann man also resümieren, daß hier ein absolutes Dream-Team auf der Bühne steht und für eine völlig entgleiste Progressiv-Gemeinde vor der Bühne und auf den Rängen sorgt. Ach ja, vielleicht möchte der eine oder andere auch noch wissen, was sie denn nun gespielt haben. Bei der gebotenen Klasse ist so etwas natürlich nebensächlich, aber ich kann verraten, daß FATES WARNING eine herrlich schräge Setlist aus (fast) allen Alder-Alben spielten. Es gibt Stimmen, die behaupten, ›Quietus‹ vernommen zu haben. Dies kann ich leider nicht bestätigen. Hingegen gab es ein erstklassiges Intermezzo des Longtracks ›Still Remains‹, sowie den Überflieger ›Monument‹, bei dessen Solo nicht nur meine Luftgitarre beinahe abgekackt wäre. Amüsant, wenn auch etwas seltsam, war die Wahl des Abschlußsongs: eine tolle Kofferversion von ›He's A Woman - She' A Man‹ von unseren SCORPS, die ja bekanntlich zu Matheos' Faves zählen. Natürlich erstklassig intoniert, der einzig wirkliche Metal-Song im Set der Amis und insofern seltsam als daß natürlich noch unzählige eigene Klassiker - in etwa hundert an der Zahl - nicht zum Zuge kamen. Dies ist aber auch wirklich der einzige winzige Wehrmutstropfen eines exquisiten Konzertes, daß obendrein mit einem herrlich transparenten Sound ausgestattet war. Bitte ganz, ganz schnell eine Fortsetzung.
Photo: Stefan Glas
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