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”Y-Files”-Datasheet

Contents:  THERION (S)-"Off The Board"-Artikel

Date:  09.08.2001 (created), 28.07.2022 (revisited), 11.03.2023 (updated)

Origin:  HEAVY, ODER WAS!?

Status:  published

Task:  from paper to screen

Comment:

Beim HEAVY, ODER WAS!? hieß diese Kategorie "Behind The Curtain", die zudem mit dem Motto "Geheimer Studio Report [sic!]" untertitelt war. Allerdings wollte ich den Bereich für Studioreporte beim UNDERGROUND EMPIRE schon immer "Off The Board" nennen - obgleich mir bewußt war, daß es sehr unwahrscheinlich ist, daß es solche Stories jemals geben wird. Andererseits: Von kleineren Bands wurde ich desöfteren ins Studio eingeladen, um dort ihre Aufnahmen vorab anzuhören, wozu mir aber immer die Zeit fehlte oder die Entfernung zu groß war. Aber letzten Endes war unsere WARDANCE-Titelstory in UNDERGROUND EMPIRE 2 nicht anderes als ein Studioreport - und somit quasi unser erster "Off The Board"-Artikel.


Die Photos entstanden an dem Steinkreis, der am Anfang des Artikels erwähnt wird. Für das erste Photo hatte ich einen speziellen Film verwendet, der crossentwickelt wurde, um diese Färbung zu erreichen. Das andere touristische Highlight - das freilich sehr gut zur Thematik paßte - war der Trip mit dem Schiff, der diesen Trip nach Schweden abrundete.

Ich kann mich auch noch gut erinnern, daß ich mich an diesem Tag dezent zum Trottel machte: Als Christopher bei ›Schwarzalbenheim (Svartalfheim)‹ erklärte, daß THERION schon lange einen Song mit deutschem Text machen wollte, aber keinen passenden Übersetzer gefunden habe. Also bot ich ihm einfach mal an, er möge zukünftig einfach meinen ROCK HARD-Kollegen, der ebenfalls bei diesem Studioreport dabei war, oder mich fragen, woraufhin Christopher dann eine längere Erklärung anstimmte, welche Fähigkeiten ein solcher Übersetzer haben muß, um ein Songtext zu transferieren. Nicht umsonst haben TRUST den AC/DC-Sänger Bon Scott mobilisiert, um ihre Texte ins Englische zu übertragen.


Da bei den bereits im UNDERGROUND EMPIRE online veröffentlichten Artikeln bei der Portierung der HEAVY, ODER WAS!?-Seiten nur ein kleines Thumbnail der HOW-Story zu sehen ist, von dem aus man zu der bereits veröffentlichten, meist umfangreicheren Version gelangt, soll diese kleine Graphik im Falle einer noch nicht online zu findenden Story nun hier auftauchen:

THERION [S]-Story

Supervisor:  Stefan Glas

 
 

THERION

Willkommen bei THERION-Tours. In den kommenden Stunden werden wir Ihnen die romantische Landschaft Schwedens mit ihren historischen Orten zeigen. Anschließend besteht die Möglichkeit zur Teilnahme an einer Listening-Session. Den Abschluß des Tages werden wir schließlich stilecht wie Wikinger begehen. Wir wünschen Ihnen vergnügliche Stunden mit THERION-Tours!

THERION (S)-Studiophoto

Nachdem sich am Flughafen von Stockholm das erlesene Grüppchen von Schreiberlingen aus ganz Europa eingefunden hat, wird zunächst ein motorisierter Großraumkarren bemüht, um eine Landpartie einzuläuten. Eine halbe Stunde später gönnt man den Pferdestärken unter der Haube eine Pause, um von nun an Schusters Rappen einem Test zu unterziehen. Ist es anfangs noch ein breiter Feldweg über den uns Christopher von THERION führt, biegt er anschließend auf einen schmalen Waldweg ein; nach und nach wird das Gesprüpp immer dichter doch dann gibt das Laubwerk endlich den Blick auf eine Lichtung frei: ein Steinkreis, der in der Eisenzeit als Ritualplatz genutzt wurde.

"Erstmals wollen wir bei einem Album kein Geheimnis um das Konzept machen, sondern werden es sogar im Booklet aufschlüsseln", erläutert Christopher und übergibt das Wort an Thomas Karlsson, der für die Texte des kommenden Albums »Secret Of The Runes« zuständig war. "Von diesem Platz aus haben die Wikinger Reisen ins Jenseits unternommen", eröffnet er und unterstreicht, daß Runen mehr als Schriftzeichen waren, sondern zugleich die Funktion magischer Symbole hatten. Präzise übersetzt bedeutet das Wort Rune "Geheimnis", so daß sich für die neue THERION-Scheibe quasi der Titel "Secret Of The Secrets" ergibt. In den neun Songs streift man durch die neun Welten der nordischen Mythologie, die zugleich neun Bewußtseinszustände repräsentieren.

Nach einer Photosession in dieser beeindruckenden Umgebung wird der Rückweg in Angriff genommen, der bei einem Plausch mit der bildhübschen Kollegin Jessy vom SWEDEN ROCK MAGAZINE wie im Fluge vergeht. Anschließend führt der Weg nach Stockholm zum neu erbauten Studio von THERION. "Das war im November 2000 noch ein riesiger, leerer Raum, in den wir Trennwände eingezogen haben und anschließend zu diesem Studio ausgebaut haben", erklärt Christopher, als er uns zur Listening-Session in den Regieraum des Studio bittet. "Es war toll, daß wir ohne jeglichen Zeitdruck an dem Album arbeiten konnten. Außerdem konnten wir hier eine 64-Kanal-Aufnahme verwirklichen, was nicht möglich gewesen wäre, wenn wir wie bisher ins 'Woodhouse Studio' gegangen wären. Wir werden nun mit den Aufnahmen ins 'Finnvox Studio' gehen, um dort den Mix und das Mastering vorzunehmen", fährt er fort, während er sich mit der Maus zu den Songs des kommenden Albums klickt. "Unser eigenes Studio wird uns in Zukunft sicherlich vieles erleichtern, aber wir werden auch anderen Bands die Möglichkeit anbieten, hier aufnehmen zu können", endet er und gewährt uns Einlaß in »Secret Of The Runes«, von dem wir vier noch im Rough Mix-Stadium befindliche Songs plus dem Intro zu hören bekommen werden.

Zwar ist es schwierig, einzelne Songs zu beschreiben, da »Secret Of The Runes« mit Sicherheit erst als Gesamtwerk seine volle Wirkung entfalten kann, doch schon der sehr orchestral angelegte Prolog ›Ginnungagap‹ hinterläßt einen machtvollen Eindruck: Dramatisch und schwer erinnert das Werk an eine moderne Version von Carl Orffs ›Carmina Burana‹. Es braucht wohl kaum betont zu werden, daß der Chor schon hier zum Zug kommt und einen hervorragenden Kontrast zur rohen Gitarre abgibt. Mitten im Text wechselt man zur schwedischen Sprache, was Christopher wie folgt erklärt: "Ich wollte das schon immer mal ausprobieren und war überrascht, wie gut es gepaßt hat."

THERION (S)-Studiophoto

Mit ›Schwarzalbenheim (Svartalfheim)‹ folgt der erste Track: "Das ganze Album ist sehr stark von der Kompositionskunst Richard Wagners beeinflußt. Daher finden sich viele Midtempo-Songs auf dem Album, weil das am besten paßt." Die Nummer wird von Bläsern eröffnet, woraufhin erneut der Kontrast zwischen der brachialen Gitarre und dem hellen Chorgesang herausgearbeitet wird. Anschließend folgt gar ein Chor in deutscher Sprache bevor eine ruhige Streichereinlage als Break dient und die Bläser schlußendlich helfen, den Song ausklingen zu lassen. "Wir haben für das Album mit vielen seltenen Instrumenten gearbeitet, wie beispielsweise einem Kontra-Fagott oder einer Wagner-Tuba, die wir allesamt ausleihen mußten", beschreibt Christopher den Aufwand, den THERION für das Gelingen von »Secret Of The Runes« betrieben haben.

"Der nächste Song ist sehr typisch für THERION: Er hat einen traurigen Anfang und ein fröhliches Ende," schickt Christopher bei ›Vanaheim‹ vorweg, um anschließend die Nummer mittels Tastendruck zu entfesseln. Schwedische Volksmusik auf THERION-Art bearbeitet, stellt den Auftakt dar, bevor zunächst Streicher und dann eine Akustikgitarre das Herannahen eines mächtigen Chores vorbereiten. Er wird von einem harmonischen Gitarrenthema abgelöst, das immer schneller wird und schließlich in einem furiosen Solo gipfelt, das zugleich den Schluß des Songs darstellt.

Eine Reise nach ›Nifelheim‹, die Welt der Giganten, steht uns bevor, und der brillante Chor klingt mir nach nur einmaligem Hören immer noch im Ohr. "Dank der digitalen Technik konnten wir mit dem Gesang viele Experimente wagen und letztendlich auch umsetzen, die früher nicht möglich gewesen wären", sagt der THERION-Frontmann, offensichtlich sehr stolz auf das Gesangsarrangement von »Secret Of The Runes«. "Wir haben hier einen fünfstimmigen Kanon, bei dem die dritte Stimme entfernt wurde." Doch dieses Konstrukt, das zur Eröffnung und als Bridge verwendet wird, ist nicht die einzige Besonderheit von ›Nifelheim‹: Man findet neben einem Wechselspiel aus zartem weiblichem Gesang und einem "bösen" männlichen Chor einen triumphalen Bläserpart sowie orientalische und ägyptische Melodien, die die Nummer zu einem würdigen Giganten-Soundtrack machen.

›Midgård‹, die Welt der Menschen, ist das letzte Areal, das uns Zugang gewährt. Ein Chor, der mit viel Hall belegt wurde, eröffnet das Stück und wird von einem Soprangesang abgelöst. Das langsame und bedächtige Stück verfügt über schöne Akustik- und Cleangitarrenparts, die teilweise mit einer Geige kombiniert werden. Etwas verwundert nimmt man gar ein standardmäßiges Metalsolo wahr, das jedoch nicht fehl am Platze ist.

"Es ist ein seltsames Album, das nie so geplant war," sinniert Christopher zum Abschluß. "Im Grunde hatten wir bereits die Songs für unsere nächste Platte geschrieben, doch dann ist uns die Idee für »Secret Of The Runes« dazwischengekommen. Außerdem hat die Platte mir verdeutlicht, daß ein Teil meiner DNA ganz offensichtlich Richard Wagner gehört..." Damit unterstreicht er, daß das neue THERION-Werk keinesfalls dem Dienst nach Vorschrift entsprungen ist, sondern seine Existenz einer außergewöhnlichen Inspiration verdankt und viele Überraschungen zu bieten hat.

Während nun die zweite Gruppe zur Sounddusche geht, ist genügend Zeit, sich vom Rest der Band durch die edlen Räumlichkeiten des Studios führen zu lassen. Anschließend zieht es den kompletten Troß ins Hotel, um das notwendige Make-up für die Abschlußveranstaltung aufzulegen: Direkt vor dem Königspalast von Stockholm liegt im Hafen die größte Wikingergaleere der Welt, deren Planken für die nächsten Stunden unsere Heimat sein soll. Hinunter in den Bauch des Wasserfahrzeuges gestiegen werden wir von einer erwachsenen und sehr munteren Ylvie-Nachfahrin (Ylvie war die Freundin von Wickie, wie hoffentlich jeder weiß! - der Verf.) mit Met begrüßt. Nach einem Trinkspruch, der auf Odin ausgebracht wird, darf sich die Meute auf den rustikalen Holzbänken niederlassen und wie ein Rudel hungriger Wölfe die hingeworfenen Fleischbrocken verschlingen. Doch wir finden auch heraus, daß einige Wikinger schon sehr zivilisiert waren: Die Vegetarier werden stattdessen mit einem Gemüsequiche verwöhnt, der sogar mit Messer und Gabel verzehrt werden darf, während man nebenan mit den Vorderfüßen ins Essen stürzen muß.

Derweil nimmt die Galeere Kurs auf das offene Meer und wird erst anhalten, nachdem man Amerika zum zweiten Mal entdeckt hat.


Stefan Glas

Photos: Stefan Glas

THERION (S) im Überblick:
THERION (S) – Atlantis Lucid Dreaming (Re-Release-Review von 2005 aus Online Empire 25)
THERION (S) – Beyond Sanctorum (Rundling-Review von 1992 aus Underground Empire 6)
THERION (S) – Lepaca Cliffoth (Rundling-Review von 1995 aus Y-Files)
THERION (S) – Symphony Masses: Ho Drakon Ho Megas (Rundling-Review von 1994 aus Y-Files)
THERION (S) – Heavy, oder was!? 59-"Off The Board"-Artikel (aus dem Jahr 2001)
THERION (S) – Online Empire 24-"Living Underground"-Artikel (aus dem Jahr 2005)
THERION (S) – News vom 26.03.2006
THERION (S) – News vom 25.10.2006
THERION (S) – News vom 10.05.2007
THERION (S) – News vom 18.04.2008
THERION (S) – News vom 02.09.2008
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