Y-Files-Datasheet |
Contents: VANDEN PLAS-Bildnews |
Date: 09.01.2006 (created), 22.04.2023 (revisited), 14.01.2024 (updated) |
Origin: HEAVY |
Status: published |
Task: from paper to screen |
Comment: Ein Format zur Auflockerung der Newsseite waren kurze Texte zu Neuigkeiten (oder wie in diesem Fall ein langer Text, weil es sich hier um die große Bildnews handelte), die mit einer knackigen Headline sowie einem Photo versehen waren - und drei schmissigen Ausrufezeichen, die hinter den Bandnamen gesetzt wurden, die wir uns nun aber gespart haben. Da diese Bildnews aber nicht wirklich auf unsere Newsseite passen würden, sind sie hier nun als Special plaziert worden.
Das Photo hat mich daran erinnert, daß das Wetter an diesem Tag arg bescheiden war und es zwischenzeitlich sogar geschneit hatte: Man sieht nämlich auf dem Photo bei genauem Hinsehen, daß einige Schneeflocken auf dem Objektiv gelandet waren. Wegen der Witterung hatte ich die Jungs übrigens unter einen Felsvorsprung im Garten von Markus Teske gestellt, der sich direkt neben dem Studio befindet. So waren die Musiker im Trockenen, meine Wenigkeit nebst Kamera aber eben nicht. :-)
Da bei den bereits im UNDERGROUND EMPIRE online veröffentlichten Artikeln bei der Portierung der HEAVY-Seiten nur ein kleines Thumbnail der HEAVY-Story zu sehen ist, von dem aus man zu der bereits veröffentlichten, meist umfangreicheren Version gelangt, soll diese kleine Graphik im Falle einer noch nicht online zu findenden Story nun hier auftauchen: |
Supervisor: Stefan Glas |
Der Graf des Theaters
VANDEN PLAS
Ihren Platz als bedeutendste deutsche Progressive-Band, die auch international einen exzellenten Ruf genießt, haben sich VANDEN PLAS in den letzten Jahren Stück für Stück erarbeitet. Doch vier Jahre seit der letzten Studioplatte »Beyond Daylight« sind eine lange Zeit, so daß dieser Status in Gefahr sein könnte.
Jedoch kann man Entwarnung geben, denn das Warten auf das neue Album »Christ0« hat sich wahrlich gelohnt: Anno 2006 wäre es lächerlich, im Zusammenhang mit VANDEN PLAS auch nur noch ansatzweise an DREAM THEATER zu denken - ein Vergleich, der VANDEN PLAS schon lange verfolgt. Diese Band hat sich schon längst ihr eigenes Universum geschaffen, in dem sie sich bei »Christ0« mit schlafwandlerischer Sicherheit bewegt.
So lautet das klare Resümee nachdem wir Mitte Dezember die Band im Studio besuchen und uns einen ersten Höreindruck verschaffen konnten. Doch parallel zu den Arbeiten an »Christ0« haben VANDEN PLAS die Vorbereitungen für ein weiteres Projekt in Angriff genommen: 2004 erschien von ABYDOS, dem Soloprojekt von VANDEN PLAS-Sänger Andy Kuntz, eine Platte, die nun in ein Rockmusical umgewandelt wurde, das am 25. Februar am Pfalztheater Kaiserslautern welturaufgeführt wird. Zwar sind VANDEN PLAS in der Vergangenheit bekanntlich schon oft bei Rockmusicals am Theater aufgetreten, aber dennoch stellt "Abydos" ein Novum in der Bandgeschichte dar, wie Gitarrist Stephan Lill, Keyboarder Günter Werno und Andy darlegen können.
Günter, Du warst für das Arrangement von "Abydos" zuständig. Wie kann sich ein Normalsterblicher vorstellen, wie aus einer Progressive Metal-Platte ein Musical wird?
Günter: Meine Arbeit bestand darin, einen Klavierauszug von jedem Song zu schreiben, so daß ich die Songs erst heraushören mußte, um sie auf dem Klavier spielen zu können und schließlich mittels Midi-Programmen in Noten zu transferieren. Außerdem mußte ich die ganzen Orchesterstimmen, die auf der ABYDOS-Platte recht häufig vorkommen, einrichten. Anschließend mußte ich den Gesang von der Platte heraushören und entsprechende Partituren erstellen, nach denen die fünf Solisten singen können.
Andy, was hat sich auf dem Weg von der ABYDOS-Platte hin zum "Abydos"-Musical storytechnisch geändert?
Andy: Als ich das Projekt angeboten hatte, dachte ich eigentlich daran, daß "Abydos" auf der kleinen Werkstattbühne aufgeführt werden soll, so daß ich die Songs alleine gesungen hätte, allenfalls mit zwei, drei weiteren Schauspielern, die reinen Sprechtext gehabt hätten, um zwischen den Songs überzuleiten. Doch der Intendant des Kaiserslauterer Pfalztheaters Johannes Reitmeier war Feuer und Flamme und hat "Abydos" sofort als große Rockoper gesehen, die er unbedingt ans große Haus holen wollte. Die ABYDOS-Platte wird einzig aus dem Blickwinkel des Hauptdarstellers, des kleinen Fly, erzählt, der sich teilweise in die Gefühle und Gedanken der anderen Figuren hineinversetzt. Also war es meine Aufgabe, diese Charaktere selbst zum Leben erwachen zu lassen.
Das Musical wurde über die ABYDOS-Songs hinaus ausgeweitet.
Günter: Richtig: Die Songs von ABYDOS wurden komplett übernommen und lediglich ›Hyperion Sunset‹ wurde zur Ballade umgeschrieben, weil die ursprüngliche Doublebass-Nummer einfach nicht in ein Musical gepaßt hätte. Von VANDEN PLAS werden ›Can You Hear Me‹ in zwei Versionen sowie ›Healing Tree‹ verwendet.
Stephan: Außerdem wird noch ein Song von mir hinzukommen, den ich für SNAILSHOUSE geschrieben hatte, der früher ›So wie der Wind‹ hieß und nun den Titel ›Like The Wind‹ tragen wird.
"Abydos" wird bis in den Juli hinein zu sehen sein, und wer Interesse an dem Stück hat, kann unter 0631 3675209 oder www.pfalztheater.de Tickets erwerben.
Während dieser Zeit wird auch ein gewisser "Graf von Monte Christo" seine Kreise ziehen, denn VANDEN PLAS haben auf ihrer neuen Platte »Christ0« den gleichnamigen Roman von Alexandre Dumas als Grundlage für ihr fünftes Studioalbum genommen.
Von Neugierde getrieben kämpfte sich meine Wenigkeit durch das vorweihnachtliche Schneechaos, um im "Bazement-Studio" nahe Wiesbaden erste Höreindrücke von »Christ0« zu ergattern. Da die Band noch mitten in den Aufnahmen steckt, gibt es tatsächlich echte Rohversionen zu hören: So sind die Vocals noch fast nackt, da noch keine Backings und Harmoniegesänge zu hören sind. Trotzdem kann man sich sehr gut ein Bild von den neuen Stücken verschaffen, ist aber zugleich gespannt, wie die endgültige Version ausfallen wird.
Der Titelsong ›Christ0‹ wird zugleich als Opener fungieren und ist ein typischer, sehr dynamischer VANDEN PLAS-Song, der aber zugleich mit neuen Elementen aufwartet: Neben der fetten Gitarre und dem perlenden, "Moldau"-mäßigen Keyboard kommt hier zum ersten Mal der Chor des Pfalztheaters Kaiserslautern zum Zug, der sowohl in den Strophen auftaucht als auch den Refrain begleitet.
Der Chor ist auch ein Bestandteil des zweiten Songs, ›Postcard To God‹, der früher "Pray" hieß, und bei dem die enorm harte Gitarre im Kontrast zum "fließenden" Refrain steht. Auch diese Nummer verdeutlicht, daß das neue VANDEN PLAS-Werk sehr viel klassischer und orchestraler ausgerichtet ist, ohne daß deswegen die alten Stärken der Band über Bord gegangen wären.
Mit einem Piano am Anfang und einer anschließend stakkatoartig aufspielenden Gitarre glänzt ›Silently‹ mit einem sehr schönen Spannungsaufbau. Doch nicht umsonst hatte Andy die Vorbemerkung, "der Song hat einen völlig anderen Refrain als man von uns gewohnt ist", vorausgeschickt: Beim Chorus erfolgt richtiggehend ein "Einbruch", während der zweiten Refrain energiegeladen herausbricht und für Triumphstimmung sorgt.
›Fireroses Dance‹ ist die erste von zwei Balladen des Albums und der einzige Song, der bereits bei einigen Fans bekannt ist: Bei ihren letzten Shows hatten VANDEN PLAS das Stück live gespielt, allerdings nur mit Piano und Gesang. Die Bandversion, die auf der Platte zu finden sein wird, fällt nicht nur härter, sondern auch bombastischer aus, wofür sowohl die Streicher als auch der Chor sorgen.
Mit einem "effektvollen" Keyboarderöffnung, einem rohen und rhythmusbetonten Anfangspart sowie einem hymnenhaften Refrain entpuppt sich ›Shadow I Am‹ ebenso wie ›Somewhere Alone In The Dark‹ als sehr abwechslungsreiche Nummer. Jedoch war ›Somewhere Alone In The Dark‹ keineswegs fest für die Platte gebucht: "Die Nummer hätte auf »Far Off Grace« oder »Beyond Daylight« nicht funktioniert", so Stephan. "Wir waren von der Demoversion nicht überzeugt und haben im Studio viel experimentiert und sind vom Endresultat um so begeisterter", ergänzt Andy. Tatsächlich: ›Somewhere Alone In The Dark‹ ist das bisherige Highlight und fasziniert mit einem großartigen Refrain und einer ebensolchen Bridge. Der Song enthält zudem eine Zwischenpassage mit fast unmetallischer Gitarre sowie einen Part, der eine leicht rotzige Attitüde an den Tag legt und von der Band als der "urbane Part" tituliert wurde.
Als letztes Stück wird das zehnminütige ›January Sun‹ angestimmt, das dank Piano und Orchester einen wahrhaft großen Anfang hat. Auch hier kommt wieder der Chor zum Einsatz, ebenso wie STYX-mäßige Keyboards. ›January Sun‹ ist der facettenreichste VANDEN PLAS-Song mit hypnotischem Refrain, ruhiger Bridge und einem leicht düster-melancholischer Zwischenpart, bevor dann ein Breakdown erfolgt und das Piano plus Orchester den Schluß vorbereiten.
Auf ›Wish You Were Here‹ und die zweite Ballade ›Lost In Silence‹ mußten die Testhörer verzichten, doch man kann auch nach einmaligem Hörern der "unfertigen" Versionen der restlichen sieben Songs klar behaupten, daß »Christ0« ein Highlight in der VANDEN PLAS-Discographie darstellen wird.
Mittlerweile hat sich herausgestellt, daß wegen Problemen beim finalen Mix der ursprünglich angedachte Veröffentlichungstermin nicht eingehalten werden kann und »Christ0« erst am 21. April erscheinen wird. Doch diese Verzögerung kann getrost als Bagatelle angesehen werden. Schließlich läßt »Christ0« schon etwas länger auf sich warten.
Seit 'Beyond Daylight' sind vier Jahre vergangen - eine lange Zeit in der ihr auch nicht auf Tour gegangen seid. Für viele Fans mag das so aussehen, als hättet Ihr Euch vier Jahre auf die faule Haut gelegt.
Günter: Auf jeden Fall hatten wir nach der Veröffentlichung von »Beyond Daylight« verschiedene Einzelshows und Festivalauftritte gespielt, und kurz danach lag schon die Idee auf dem Tisch, den "Graf von Monte Christo" sowohl als Musical als auch als reguläre VANDEN PLAS-Platte umzusetzen. Der entsprechende Versuch kostete eine Menge Zeit, führte letztendlich aber nicht zu dem gewünschten Resultat. Dann hatte Andy begonnen, an der ABYDOS-Platte zu arbeiten, und wir waren der irrigen Meinung, daß er das einfach so nebenbei machen könnte. Letztendlich sollte ABYDOS ein sehr zeitintensives Projekt werden, was wohl auch damit zusammenhing, daß Andy einen Teil der Trauerarbeit wegen des Todes seines Vaters mittels ABYDOS erledigt hat. Daher waren VANDEN PLAS eine gewisse Zeitlang blockiert. Natürlich kamen noch unsere Theaterengagements bei "Jesus Christ Superstar", "Evita" und "Nostradamus" hinzu, und man darf nicht vergessen, daß die meisten von uns auch als Musiklehrer tätig sind. Klar wäre es schön, wenn wir uns einzig und allein auf die Bandarbeit konzentrieren könnten, doch wird sind froh darüber, daß wir unseren Lebensunterhalt mit der Musik verdienen können - kann es für einen Musiker etwas schöneres geben?
Es war deutlich zu spüren, daß die neue VANDEN PLAS-Platte sehr viel orchestraler und klassischer ausgerichtet ist. Handelt es sich dabei um den logischen Schritt, den Ihr aufgrund Eurer Theatererfahrung vollzogen habt?
Günter: Wir hatten diesmal die Möglichkeit, mit dem kompletten Chor des Pfalztheaters Kaiserslautern zu arbeiten. Wir hatten früher sicherlich schon das Know-how gehabt, um solche Parts einzubauen, aber es wäre schlicht unbezahlbar gewesen, einen kompletten Chor anzuheuern. Aber durch unsere verstärkte Arbeit am Theater haben wir die entsprechenden Leute kennengelernt, so daß sich diesbezüglich ganz neue Möglichkeiten aufgetan haben.
Letztendlich ist »Christ0« also jener zweite Teil des "Graf von Monte Christo"-Konzepts geworden, das Euch offeriert wurde. Hattet Ihr damals konkrete Vorgaben, wie die Story ausfallen muß, die sich nun auch auf der Platte abzeichnen?
Andy: Nein, wir hatten keine konkreten Vorgaben als einzig Alexandre Dumas' Roman. Ich kam allerdings ziemlich schnell zu der Überzeugung, daß es unmöglich sein würde, diese traditionelle Story mit VANDEN PLAS umzusetzen. Daher bekam ich die Idee, ein modernes Textschema über die traditionelle Geschichte zu legen. Daher erzählen wir die Geschichte in einer Szenerie, die irgendwo zwischen Hitchcock und "Schweigen der Lämmer" liegt, und zudem habe ich die Geschichte ganz anders beleuchtet. Wir haben also unsere ganz eigene Interpretation des klassischen Stoffs entwickelt, und ich kann versprechen, daß unsere Version der Geschichte ein ganz anderes, überraschendes Ende haben wird.
Besteht die Möglichkeit, daß nach »Christ0« doch noch "Euer" Musical über das Schicksal vom Grafen von Monte Christo entstehen wird?
Andy: Ich habe beim Erstellen der Geschichte die Erfahrungen, die ich bei "Abydos" gesammelt habe, genutzt, und darauf geachtet, daß die Story durch und durch schlüssig ist, so daß »Christ0« ohne jenen großen Umbauaufwand wie bei "Abydos" als Musical umsetzbar wäre. Dieser Gedanke war bei mir immer im Hinterkopf, und ich kann sagen, daß es jetzt schon Anfragen gibt, die weitaus konkreter als bei "Abydos" sind. Die Chancen, daß »Christ0« auch eine Theaterbühne erblicken wird, stehen also ganz gut.