"Türkisches Rockfest" 2018
Wien (Österreich), ((szene))
12.05.2018
Da an diesem Abend der Großteil der (ost)österreichischen Metal-Gemeinde in die "Arena" pilgert, um das "Vienna Metal Meeting" entsprechend zu zelebrieren, ist zunächst einmal die Überraschung groß, wie zahlreich die "((szene))" schon am frühen Abend bevölkert ist. Das von der "Kunst Offensive" organisierte Konzert scheint jedenfalls auf reges Interesse zu stoßen und ist wirklich sehr gut besucht. Die Organisation selbst erweist sich als durchgeplant, denn sowohl vom Zeitplan der auftretenden Bands als auch am "Drumherum" ist festzustellen, daß sehr professionell gearbeitet wird.
Das Publikum weiß das zu schätzen und scheint generell in Feierlaune zu sein. So ist bereits bei der ersten Band OĞLAN TARAFI verdammt viel los im mit geschätzten 300 Zusehern gefüllten Saal. Der Pop/Rock-Mix der Jungs kommt nicht nur wirklich gut an, die Publikumschöre sind schlichtweg überwältigend! Offenbar kennt der Großteil der anwesenden (zu diesem Zeitpunkt im Bereich vor der Bühne vorwiegend weiblichen) Zuschauer die Burschen nicht nur, sondern respektiert auch ihre Arbeit gehörig. So sollte ein "Heimspiel" immer ablaufen! Respekt!
Noch mehr los ist dann bei CAN GOX, dessen von mitreißenden Folklore-Elemente durchzogener Mix aus Pop, Rock und AOR nicht nur für lautstarke Chöre im Saal, sondern auch für reichlich Bewegung sorgt. Da Wuschelkopf Can nicht nur als Frontmann eine ordentliche Leistung bietet, sondern obendrein auch talentierter Entertainer zu sein scheint, wird seine Interaktion mit dem Publikum von diesem immer wieder lautstark quittiert. Zwar habe ich keine Ahnung, was der gute Mann den Zusehern zwischen den Songs so alles erzählt, es scheint aber die Laune weiterhin zu heben und überaus unterhaltsam zu sein. Die - auch für mich klar verständlichen - Beifallsbekundungen am Ende der Show verlangen eindeutig nach einer Fortsetzung und werden von Can und seinen Begleitern (schwer beeindruckend ist die Vorstellung des Gitarristen, der in einer längeren Instrumentalnummer sein Können offenbaren darf und sich dabei querbeet durch Jazz, Flamenco und orientalische Folklore bis hin zum Thrash-Shredding die Finger wundfrickelt) postwendend honoriert. Offenbar der bekannteste Act des heutigen Abends.
Schon in der Umbaupause für den Headliner lichten sich die Reihen gehörig und im weiteren Verlauf des Konzerts von PENTAGRAM fällt auf, daß die "((szene))" nicht mehr ganz so belebt ist wie zuvor. Vielleicht liegt es doch daran, daß die Herrschaften aus Istanbul seit jeher weniger "massentaugliche" Klänge liefern. Dennoch überrascht es wie bekannt die auch unter dem Namen MEZARKABUL firmierende Formation bei ihren bei uns ansässigen Landsleuten ist.
Doch nicht nur dort, so haben unter anderem auch zwei Metalfans aus Polen (!), die gerade in Wien Urlaub machen, den Weg in die "((szene))" dem "Metal Meeting" vorgezogen, um PENTAGRAM live zu erleben. Das dürften die beiden keineswegs betreut haben, denn der Sechser legt nach einem ausgedehnten Intro mit ›1000 In The Eastland‹ eine Eröffnung nach Maß hin. Allerdings überrascht es ein wenig, daß die Herren mit einer ihrer englischsprachigen Nummern das Set eröffnen. Zwar brauchen die Routiniers internationale Vergleiche ohnehin längst nicht mehr zu scheuen, erwartungsgemäß zeigt sich im Verlauf der Spielzeit aber doch, daß die gesangstechnische Unterstützung vom Publikum bei den englischsprachigen Tracks deutlich geringer ausfällt als etwa bei ›Gündüz Gece‹.
Die Setlist ist aber dennoch ausgewogen und enthält zu nahezu gleichen Teilen englisch (›Give Me Something To Kill The Pain‹ erweist sich als Abräumer der Sonderklasse!) und türkisch gesungene Nummern. Was den Gesang betrifft wird generell für viel Abwechslung gesorgt, denn zum "Stamm"-Sextett gesellen sich im Verlauf des Abends mit Murat Ilkan und Ogün Sanl?soy zwei der ehemaligen Sänger der Band. Dadurch erhält der an sich als Frontmann aktive Gökalp Ergen ab und zu die Chance zu verschnaufen, da die beiden Kollegen die Vergangenheit beziehungsweise die frühen Alben der seit mehr als 30 Jahren bestehenden Band mitprägten, bekommt die Chose einen speziellen Charakter. Sowohl der vom '92er Zweitwerk »Trail Blazer« stammende Thrash-Abriß ›Fly Forever‹ mit Ogün am Mikro, als auch das von Murat intonierte ›Bir‹ erhalten dadurch nämlich etwas Besonderes, etwas Ursprüngliches. Doch selbst ohne diese Besonderheiten wäre das Publikum mit der Vorstellung überaus zufrieden gewesen. Allen voran der kraftvolle, dabei jedoch die heimatlich-folkloristische Melodik stets präsentierende Vortrag der drei Gitarren allein macht einen Auftritt der bekanntesten türkischen Metalband nämlich zu einem Erlebnis. Und da Motivation und Spielfreude bei PENTAGRAM offenbar Usus sind, herrscht beim beherzten und engagierten Auftritt der Formation bis zum Ende hin gute Stimmung.
Aber auch die Besucher (die nicht nur im Vergleich zu Konzerten von Metalbands von in etwa vergleichbarem Status in beeindruckender Anzahl vor Ort sind!) selbst sowie die unglaublich entspannte, aber dennoch euphorisierte Stimmung in der "((szene))" generell tragen ein gewaltiges Scherflein zu diesem gelungenen "Fest" bei. Die weit nach Mittagnacht beendete Veranstaltung dürfte für alle Beteiligten erfolgreich verlaufen sein und läßt darauf hoffen, daß man seitens der "Kunst Offensive" auch in Zukunft türkische Rock/Metalbands für etwaige Veranstaltungen berücksichtigt. Çok tesekkürler!
Photo: ''Kunst Offensive'' [OGLAN TARAFI], Levan Uzbay [PENTAGRAM]
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© 1989-2024 Underground Empire |
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