Eventuelle Fragen nach Urheberrechten darf man sich in diesem Fall trotz des seit langer Zeit mehrfach und immer wieder gerne gebrauchten Bandnamens getrost schenken. Die von Gitarrist und Sänger Daniel Zimmermann geleiteten REAPER aus Kassel existieren nämlich schon seit 30 Jahren und haben obendrein auch beim Thema Veröffentlichungen die Nase klar vorn. Auch wenn es auf den ersten Eindruck hin wenig imponierend erschient, daß der Vierer mit »An Atheist Monument« eben erst seinen fünften Studiodreher kredenzt, weiß der eingeschworene Fan natürlich, daß die Diskographie der Herren in Summe deutlich üppiger ausfällt, da die Band auch schon mehrere Demos, die EP »Fairies Return« sowie zwei Compilation-Alben auf der Haben-Seite stehen hat. Zu einem solchen wurde auch die Neuauflage der erwähnten EP, die um einige Demotracks erweitert wurde und in erster Linie dafür gedacht war, sich wieder ins Gerede zu bringen und darauf hinzuweisen, daß ein weiteres Studioalbum in absehbarer Zeit aufgenommen werden würde. Dieses wird nicht nur bei den Fans auf Anhieb für Begeisterung sorgen, zumal die Band einmal mehr traditionellen Stahl serviert, sondern läßt auch Frontmann Daniel zufrieden auf die Aufnahmen zurückblicken, wie er uns beim vereinbarten Interview wissen läßt.
Wer eine Band seit drei Dekaden am Laufen hat und seine Veröffentlichungen bis vor kurzer Zeit in Eigenregie unters Volk zu bringen versuchen mußte, dem gebührt mehr als nur Respekt für sein Durchhaltevermögen. Über Individualismus und Motivation braucht man mit Dir wohl nicht zu diskutieren?
Nein, absolut nicht. Musik bedeutet uns einfach viel mehr als alles andere, und die Band ist längst ein nicht mehr wegzudenkender Teil des Lebens geworden. Dabei war es keineswegs abzusehen, daß REAPER tatsächlich so lange existieren würden. Und daß wohl auch noch einige Zeit dazukommen wird, ist sicher, denn so wie es momentan läuft, ist noch lange kein Ende in Sicht. Allerdings muß ich der Richtigkeit halber doch hinzufügen, daß jene REAPER, die unser Bassist Matthias Kraft und ich damals aus der Taufe gehoben haben, mit den heutigen nicht mehr viel gemeinsam haben. Vor allem seit ich 1994 auch den Posten am Mikro übernommen habe, klingt alles deutlich anders.
Das liegt vorwiegend an deiner prägnanten und rauhen Stimme, die zudem über einen verdammt harschen Ausdruck verfügt und daher auch gut zu Euren nicht minder heftigen Texten paßt. Hat sich diese Kombination erst im Laufe der Zeit ergeben, oder hast Du das geübt?
Nein, geübt habe ich das nicht, zumindest nicht bewußt. Manchmal sagt man mir immer noch nach, mein Gesang wäre nicht gut. Neulich erst wurde unser neues Album von einem Radiosender vorgestellt und der Kommentator meinte, daß wir ganz ordentliche Mucke machen würden, man sich den Gesang allerdings erst mal schönhören müsse. Aber damit kann ich leben, denn auf der anderen Seite gibt es ja Meinungen wie Deine, die mir attestieren, daß Stimme und Texte zusammenpassen, also was soll's?
Bezüglich der Texte Eures aktuellen Albums »An Atheist Monument« ist mir auch ohne Textblatt aufgefallen, daß Dich wohl vorwiegend die Themen Religionskritik und Krieg beschäftigen dürften.
Exakt, und speziell der zweite Weltkrieg ist in seinen Nachwirkungen immer noch spürbar. Sieh dir doch mal die weltweiten Krisenherde und Unruhegebiete an, ein Großteil der Ursachen der momentanen Kriegsszenarien geht immer noch auf diese Zeit zurück. Und da solche Themen dafür prädestiniert sind, als Heavy Metal in musikalischer Form umgesetzt zu werden, fühlt sich die ganze Geschichte einfach stimmig an.
Für »An Atheist Monument« habt Ihr mit MASSACRE RECORDS ein namhaftes Label an Eurer Seite, denkst Du, daß Ihr nun auch einen entscheidenden Karriereschritt nach vorne tun könnt?
Schwierige Frage, zumal ich nach so langer Zeit im Geschäft natürlich realistisch genug bin, um mir in etwa ausmalen zu können, was für eine Band von unserem Status zu holen ist. Aber eines ist sicher: Die Voraussetzungen sind momentan besser denn je. Allein die Tatsache, daß wir das Artwork von unserem Label bezahlt bekommen haben, ist sensationell. Keine Ahnung, wie das Album ankommen wird, bis dato schaut's aber schon mal nicht schlecht aus, und wir selbst als Band sind auch sehr zufrieden damit.
Dieses Bandgefühl, das Du ansprichst, vermeine ich, auch in den Songs nachvollziehen zu können. Bei Euch regiert das Kollektiv, oder?
Absolut! Auch wenn ich es meistens bin, der erste Ideen für Riffs hat und diese auch aufnimmt, kann ein Song erst dann entstehen, wenn wir uns gemeinsam im Proberaum daranmachen, diese ersten Entwürfe weiter zu bearbeiten. Und zwar solange, bis etwas zur Zufriedenheit aller entsteht. Wir treffen uns nach wie vor möglichst wöchentlich in unserem Proberaum, wobei das Musikmachen aber längst nicht die einzige Rolle spielt. Für mich persönlich ist auch die soziale Komponente eine ganz wesentliche! Ohne diese wäre es wohl kaum denkbar, daß eine Band so viele Jahre besteht. Doch bei REAPER haben sich scheinbar die richtigen Männer gefunden, die ihren Proberaum sowohl als solchen, aber auch als Kommunikationszentrum verwenden.
Photo: Leif Lohne