Die aus West Yorkshire stammenden Burschen von EVILE zählen mit zu den angesagtesten Namen, wenn von der jungen Thrash-Garde die Rede ist. So gesehen war es auch fast schon logisch, daß die Spannung wie auch die Vorfreude auf deren neues Album »Five Serpent's Teeth« verdammt groß war. Jeglicher Druck von außen konnte dem Quartett jedoch nichts anhaben, und so wurde die brandneue Wundertüte der britischen Jung-Heroen auch von Presse und Fans einheitlich bejubelt.
Grund genug also der Band auf den "Schlangen"-Zahn zu fühlen, wobei die Jungs auch zum Zeitpunkt des Interviews (knapp vor der offiziellen Veröffentlichung im September 2011) britische Coolness an den Tag legten, allen voran Drummer Ben Carter, der sich während des Interviews zwar auf die Hochzeit eines Kumpels vorbereitet, vom Album aber dermaßen euphorisiert ist, daß er seine Prioritätenliste mal eben kurzfristig ändert.
Lest selbst, was uns Ben zu Album und weiteren Aktivitäten mitzuteilen hatte.
Wir warten alle schon sehnsüchtig auf Euer neues Album. Was dürfen wir erwarten?
Ein Album, das zu 100 Prozent unseren aktuellen Status und ein weiteres echtes EVILE-Werk darstellt! Das mag vermessen, oder gar arrogant klingen, aber du kannst mir glauben, daß wir innerhalb der Band unsere heftigsten Kritiker sind, wenn auch zugleich wohl unsere größten Fans. Das Arbeiten war deshalb phasenweise wirklich stressig, weil wir ungemein intensiv geackert haben. Doch wir haben uns intern darauf verständigt, in demokratischer Manier nur das Beste aufzunehmen und auch abzuliefern.
Ich darf Dir schon einmal meine ersten Höreindrücke vermitteln, ehe du mich dann wissen läßt, was Du von meiner Meinung hältst, okay?
Na, da bin aber gespannt...
Also: Nach den ersten Durchläufen ist mir aufgefallen, daß Ihr zwar ein wenig kontrollierter klingt, zugleich aber ganz offensichtlich Eure Vorliebe für die ganz, ganz frühen METALLICA erneut hervorkehrt. Irgendwelche Einwände?
Ehrlich gesagt nicht. Im Gegenteil, damit triffst Du des Pudels Kern durchaus. Auch wenn wir uns nicht bewußt an den frühen METALLICA orientiert haben, ist uns das auch selbst aufgefallen. Allerdings halten wir das auch für keine Schande, sondern empfinden es vielmehr als Ehre. Völlig leugnen können wir den Einfluß ja ohnehin nicht, und da wir zudem einst als METALLICA-Coverband begonnen haben, liegt der Querverweis ja regelrecht auf der Hand.
Gab es denn eine Zielvorgabe für »Five Serpent's Teeth«?
Nicht wirklich, allerdings haben wir versucht, die Essenz unserer bisherigen Veröffentlichungen zu kombinieren. Von daher waren wir in gewisser Weise bestrebt, die Spontaneität von »Enter The Grave« mit dem technischen Anspruch von »Infected Nations« zu vereinen.
Nachvollziehbar. Meiner bescheidenen Meinung nach wurde der technische Aspekt aber deutlich reduziert, oder irre ich mich?
Keineswegs. Alle Songs, die auf »Five Serpent's Teeth« zu hören sind, leben vordergründig von ihren Emotionen und nicht von ihrer Spielweise. Keiner von uns ist daran interessiert, sich als Instrumentalist ins Rampenlicht zu drängen, bei uns regiert das Kollektiv.
Auch wenn es vielleicht nicht einfach nachzuvollziehen sein mag, vermeine ich zudem, auch noch herauszuhören, daß Ihr Briten seid und das trotz aller Einflüsse aus Amiland. Wie kommt's?
Auch das kommt für mich nicht ganz so überraschend. Vielleicht liegt es ja speziell an dieser britischen Besonderheit, die man wohl auch als Emotionalität bezeichnen kann. Abgesehen davon ist es ja auch kein Geheimnis, daß mich einheimische Bands ebenso inspiriert haben. Mehr noch, ich kann mit Fug und Recht behaupten, mit Formationen wie ONSLAUGHT aufgewachsen zu sein. Deren »In Search Of Sanity« hatte ich übrigens für das bis dato beste Thrash Metal-Album überhaupt, das jemals hier auf der Insel eingespielt wurde.
Gute Wahl, keine Frage. Apropos: Der seinerzeitige Mißerfolg dieser Band ist und bleibt für mich - ebenso wie jener von XENTRIX und anderen - bis heute nicht nachvollziehbar. Ist es denn ein so großer Nachteil, von den britischen Inseln zu stammen?
Mittlerweile wieder nicht mehr, aber in jener Zeit, als diese Bands gerade ihre veröffentlichungsreichsten Phasen hatten, war das auf jeden Fall so. Die ganze Musikwelt war nahezu ausschließlich an den USA interessiert und orientiert, während überaus talentierte Truppen vielerorts ein trauriges Dasein im heimatlichen Underground fristen mußten und es nur ganz selten nach Amerika geschafft haben.
Davon kann bei euch keine Rede sein. Die US of A zählt wohl mittlerweile zu Euren wichtigsten Märkten, oder?
Schon, wobei man die Marktsituation mit der damaligen nicht vergleichen darf. Heutzutage ist es nämlich fast schon egal, wieviele Scheiben du abzusetzen imstande bist, als Band kannst Du nur noch über Konzerte gewinnen. Da wir uns das Ziel gesetzt hatten, die USA zumindest annähernd flächendeckend abzugrasen, um uns bekanntzumachen, nahmen wir die Sache sehr ernst und können von uns behaupten, allein im letzten Jahr mehr als 150 Gigs in den Staaten absolviert zu haben.
Respekt. Das klingt jetzt aber nicht gerade nach erholsamer Urlaubsreise. Gab es irgendwelche Besonderheiten?
Ich weiß schon, was du hören möchtest, aber leider ist - zu unserem Glück - nichts Aufregendes passiert. Allerdings war die Sache im Nachhinein betrachtet alle Mühe wert, zum einen, weil der Name EVILE in der Tat einen gehörigen Bekanntheitsschub erleben durfte, und abgesehen davon sind wir auf dieser Reise noch weiter zusammengewachsen.
Zusammengehörigkeitsgefühl und die Emotionalität prägen ja auch Euer neues Album. Welche Tracks würdest Du denn als die aufwühlendsten Momente davon erwähnen?
Ganz eindeutig ›In Memoriam‹, das unserem leider viel zu früh verstorbenen Kollegen und Freund Mike Alexander gewidmet ist (Mike verstarb während der Skandinavien-Tournee mit AMON AMARTH am 2. Oktober 2009 völlig unerwartet an einer Lungenembolie - der Verf.). Ich bin mir sicher, daß der Fortbestand der Band ebenso ganz in seinem Sinne war, wie er auch am neuen Album sehr viel mitkonzipiert hätte, da »Five Serpent's Teeth« ein Album ganz in seinem Stil geworden ist.
Schlicht eine Tragödie, ein herber Verlust für Euch wie auch für die Fans. Doch es muß weitergehen im Leben, weshalb Ihr ja binnen einiger Monate mit Joel Graham einen Nachfolger präsentiert und erneut losgelegt habt. Habt Ihr denn eine Idee, was für Euch mit Eurem neuen Prachtgerät zu schaffen ist?
Da sind wir eher bescheiden und zunächst einmal durchaus damit zufrieden, was wir bisher schon erreicht haben. Ich meine, welche Band, die erst seit wenigen Jahren zusammen ist, kann denn schon von sich behaupten, nahezu alle großen und relevanten Festivals in Europa gespielt zu haben?
Natürlich sind wir ungemein ambitioniert und auch ehrgeizig, aber ganz ehrlich, der Kick, den man als Musiker bei einem Festivalauftritt verspürt, ist mit Verkaufszahlen in keiner Weise zu vergleichen.
Wo würdest du denn mit EVILE besonders gerne auftreten?
Natürlich noch einmal in Wacken, aber auch die anderen großen Festivals in Deutschland und Mitteleuropa wären ein Traum. Für uns als Briten ist aber auch ein Slot beim "Download"-Festival mehr als nur begehrenswert.
Wie siehst Du denn die Chancen für den ganz großen Schritt nach vorne - Stichwort: aktuelle Lage des Thrash Metal generell?
Bestens, da es um unsere Musik momentan besser bestellt ist als je zuvor. Ich bin sogar davon überzeugt, daß der Thrash heutzutage beliebter ist als vor gut 25 Jahren. Allerdings ist mir durchaus bewußt, daß durch eine eventuelle Trendumkehr die Sache auch wieder sehr schnell beendet sein kann. Aber was soll's?! Solange nicht nur die Helden unserer Jugend permanent für feinste Arbeit sorgen - ich bin übrigens sogar der Meinung, daß beispielsweise EXODUS zur Zeit in besserer Verfassung sind als je zuvor - und auch unsere Generation von Bands es schafft, die Fans altersübergreifend glücklich zu machen, ist es um diese Art von Musik bestens bestellt! Von daher verspüre ich keinerlei Gewissenbisse zu behaupten, daß uns das auch mit »Five Serpent's Teeth« gelingen wird!
Photos: Tom Barnes