MACHINE HEAD (US) – The Blackening
ROADRUNNER RECORDS/WARNER MUSIC
Wenn es um MACHINE HEAD geht, muß man die Band wohl nicht mehr lange vorstellen. Endlich bringen nun die vier Amis nach vier Jahren wieder ein neues Album auf den Markt, welches den Titel »The Blackening« trägt. Schenkte man diversen Vorberichten und der Band selbst Glauben, so sollte dieses Album bahnbrechend und ein Meilenstein der Geschichte des Metals sein.
Zunächst einmal macht sich bei mir aber Skepsis breit, weil das Album gerade mal acht Stücke bietet. Dies verspricht keine ganz so leicht verdauliche Kost. Dann stelle ich aber schnell fest, daß dies kein Wunder ist. Man bedenke, daß drei der acht Songs über zehn Minuten gehen und der kürzeste Titel auch auf beachtliche 4:49 Minuten kommt.
Beim ersten Reinhören bin ich spontan etwas enttäuscht, denn der erste Song schleppt sich die ersten anderthalb Minuten intro-artig dahin, ist aber eben kein Intro. Danach geht es allerdings ganz gut ab. Im typischen MACHINE HEAD-Stil wird viel Wert auf die Gitarren gelegt, es wird mächtig thrashig geknüppelt und im Mittelteil der Songs kommt ein ruhigerer Slow-Part. Auch die ganz flotten Stellen fehlen nicht, so daß - rein musikalisch betrachtet - die Sache Hand und Fuß zu haben scheint. Das große Aber kommt dennoch, denn bei einer Truppe wie MACHINE HEAD schraubt man seine Erwartungen schon ganz gewaltig hoch. Man setzt schon mal von vornherein voraus, daß die Jungs richtig gut spielen und daß die Produktion brillant sein muß. Also muß sich ein neues MACHINE HEAD-Album durch andere Dinge als die reine Qualität und musikalisches Können hervorheben. Um das ganze abzukürzen - beim ersten Hören von »The Blackening« habe ich die ganze Zeit auf dieses besondere Aha-Erlebnis gewartet, den Kracher, das gewisse Etwas, wie es eben Übersongs wie ›Davidian‹ oder ›Ten Ton Hammer‹ oder ›Imperium‹ haben. Und dieses Aha-Erlebnis fehlt mir komplett, bis ich bei Song Nummer 6 namens ›Halo‹ lande. Dieser Titel ist für mich spontan der Höhepunkt des Albums, weil dieses Lied alles hat, was MACHINE HEAD ausmacht. Angefangen bei den absolut für MACHINE HEAD typischen Gitarrenriffs bis hin zu den verschiedenen Rhythmus- und Tempowechseln. ›Halo‹ hat ein erkennbares Thema, das sich auch nicht im Song verliert. So ein bißchen wirkt es, als ob die Jungs in diesem Titel ihr gesamtes Können vereinen wollen, nach dem Motto "Schaut her, wir können es, und wir können es bis hin zur Perfektion!".
Beim zweiten Hören tun sich mir schon ganz andere Welten und Hörerlebnisse auf. Die Eindrücke vom ersten Mal vermischen sich mit neuen Erkenntnissen, nämlich solchen, daß mir »The Blackening« von Mal zu Mal besser gefällt. Vor allem kristallisiert sich nach und nach ›Slanderous‹ als der wohl authentischste Titel heraus, ein Stück, das auch gut auf das Vorgängeralbum »Through The Ashes Of Empires« gepaßt hätte. Einziger Haken an der Geschichte ist für mich nach wie vor der erste Teil vom ersten Stück, der aus meiner Sicht einfach nicht zu MACHINE HEAD paßt.
Für mich steht außer Frage, daß es Robb Flynn und seinen Mannen wohl nur schwerlich gelingen wird, ihr Hammer-Album »Burn My Eyes« von 1994 zu toppen. Auch »The Blackening« wird dies nicht schaffen, auch wenn MACHINE HEAD zweifelsohne ihr unbestrittenes Können unter Beweis stellen. Manchmal kommt es aber so vor, als ob die Stücke künstlich in die Länge gezogen werden, nur um eben den Beweis zu erbringen, daß man sich immer wieder steigern kann. Und ein bißchen Kommerz ist dann ja doch dabei, sonst hätten MACHINE HEAD wohl nicht ausgerechnet einen einzigen Titel auf das Album gepackt, der zumindest annähernd die Länge eines musiksender- oder radiotauglichen Liedes erreicht.
Ich habe mir lange Gedanken darüber gemacht, wie ich diesen Review anpacken soll. Denn im Grunde meines Herzens weiß ich, daß »The Blackening« einfach perfekt ist. Es ist perfekt produziert, enthält perfekte Melodien, ist außergewöhnlich abwechslungsreich und technisch höchst anspruchsvoll. Es gibt keinen echten Mega-Hit, aber das Album selbst ist in sich ein Meisterwerk. Warum dann trotzdem ein paar abwertende Worte? Weil Perfektion alleine vielleicht kein Meisterwerk ausmacht und weil man sich vielleicht manchmal auch nach ein paar Macken sehnt. Wo es keine Fehler gibt, da sucht man um so mehr nach ihnen...
genial | 19 |