DEATH – Individual Thought Patterns (Doppel-CD)
RELAPSE/ROUGH TRADE
Das unvergessene Genie Chuck Schuldiner hatte es mit Sicherheit niemals einfach. Zu kompromißlos ging der Ami an viele Dinge heran, die er zu bewerkstelligen hatte, auf der anderen Seite erscheint eben jenes Bedürfnis, sich selbst gerechtzuwerden, eines der allerwichtigsten Merkmale in der Karriere von Chuck gewesen zu sein.
Wir schrieben das Jahr 1993 als mit »Individual Thought Patterns« jenes Album erschien, das zum damaligen Zeitpunkt als das musikalisch und technisch ausgereifteste Werk in der Historie von DEATH galt. Insofern unerwartet, da sich die Herren Paul Masvidal und Sean Reinert nach der Tournee zum Vorgänger »Human« verabschiedeten, um sich fortan nur noch um CYNIC zu kümmern.
Doch Chuck wußte sich insofern zu helfen, indem er mit Gene Hoglan einen Schlagzeuger von unnachahmlicher Energie und Brachialität ins Studio holte, der durch dieses "Sprungbrett" heute als einer der renommiertesten Drummer überhaupt gilt, während an der Klampfe King Diamond-Gitarrero Andy LaRoque einberufen wurde, der die anschließende Tournee jedoch nicht mitspielen (und durch den späteren ICED EARTH-Musiker Ralph Santolla ersetzt wurde) konnte, zusammen mit Chuck aber für sensationelles Spiel sorgte, auch wenn man mitunter dem Jazz näher war als dem Death Metal.
Exakt diese Gangart prägte dieses Album auch, wobei man jedoch nicht vergessen darf, daß Chuck in jener Zeit auch schon mit deftigem Power Metal der harschen und filigranen Art umzugehen wußte, was spätestens seit dem Gott-Album von CONTROL DENIED als manifestiert gilt. Die Basis - Riffs und Gitarrenlicks aus der Feder von Chuck Schuldiner - sind zwar auch auf »Individual Thought Patterns« ganz klar das dominante Element, dermaßen abgedreht und frickelig gab sich der Ami zuvor jedoch niemals.
Den berühmt-berüchtigten "Test Of Time" übersteht dieses Album locker und unbeschadet, auffällig war und ist für mich ohnehin vielmehr der Umstand, daß es unzählige Zeitgenossen erst ab diesem Zeitpunkt mit Chuck Schuldiners Schaffen überhaupt beschäftigt haben und sei es nur deshalb, weil ›The Philosopher‹ eine der essentiellsten Nummern eines gesamten Genres überhaupt hier verewigt wurde. Für mich steht fest, daß ohne dieses Album vieles, was wir heute als Progressive Death Metal verehren, anders klingen würde! Von daher macht diese Veröffentlichung nicht nur aus "pädagogischer" Sicht Sinn, sondern auch weil sich die Macher nicht lumpen haben lassen und uns eine Bonus-CD auftischen, die es in sich hat.
Klotzen nicht kleckern, war wohl die Maxime der Herausgeber und so gibt es zehn Songs, die während eines Gigs im April 1993 in Deutschland aufgezeichnet wurden zu bestaunen (und mitzuerleben, denn die Stimmung beim Konzert, wie auch der Sound selbst klingen mehr als passabel), sowie einen Studio-Outtake von ›The Exorcist‹ als Abschluß - ein Dankeschön von mir an die Macher und noch vielmehr an Chuck - R.I.P., brother!