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Raimund Burke's SPIRIT OF LAO DAN-CD-Cover

Raimund Burke's SPIRIT OF LAO DAN

Secret Life

(11-Song-CD: Preis unbekannt)

Der Hamburger Raimund Burke ist nicht nur einer der besten (Metal-)Gitarristen, sondern auch immer wieder für eine Überraschung gut. Nachdem er mit seiner Glenn Miller-Tribute-CD nicht nur Metalfans in Staunen versetzte (die Bläsersektionen einer kompletten Bigband ausschließlich mit E-Gitarren zu reproduzieren verdient absoluten Respekt), hat sich Burke diesmal daran gemacht, Texte des Daoismus zu vertonen. Dabei rennt er nicht einem Zeitgeist hinterher, denn der Multi-Instrumentalist beschäftigt sich seit vielen Jahren mit Daoismus. Wie auch bei seinen bisherigen Veröffentlichungen spielte der Hamburger jedes Instrument selbst und stellte dabei wieder einmal unter Beweis, daß er nicht nur ein begnadeter Saitenkünstler, sondern auch ein hervorragender Schlagzeuger und Keyboarder ist.

»Secret Life« ist ein Konzeptalbum, und so sollte man es auch hören. Das Intro der CD macht das Thema deutlich: Zu asiatischen Klängen wird ein chinesischer Text von Laozi rezitiert. Das klingt im ersten Moment vielleicht seltsam, aber die anderthalb Minuten sind sehr stimmiger Einstieg in die nun folgende Metal-Achterbahnfahrt, die dann doch weit weg ist von daoistischer Entspannung.

Die Lyrics der Songs sind in Englisch verfaßt. Übersetzt wurden die Originaltexte bereits vor langer Zeit von Richard Wilhelm. Diese Übersetzung wurde durch den Daoismus-Experten und Tai Chi Chuan-Lehrer Jan Silberstorff verifiziert und ergänzt.

Asiatische Instrumente verbinden die einzelnen Songs in kurzen Instrumentalpassagen und wirken wie Ruhepausen, in denen der Hörer den Geist freimachen kann für das nächste Metalbrett. Dies verleiht der CD einen besonderen Touch und animiert dazu, das Werk der Reihenfolge nach zu hören und die Finger von der Skip-Taste zu lassen (oder dem unsäglichen Spotify-Random-Button).

Ein Novum: Raimund Burke arbeitet auf dieser CD mit Sängern zusammen, was in der Vergangenheit eher sporadisch der Fall war. Natürlich liegt der Schwerpunkt auf den Instrumenten, aber der Gesang hebt die Kompositionen von Raimund Burke auf ein (noch) höheres Niveau, als die reinen Instrumentalwerke der Vergangenheit.

Die Liste der Sänger ist vom Feinsten: Rasmus Andersen (DIAMOND HEAD), Henning Basse (METALIUM, FIREWIND), Oliver Hartmann (AT VANCE, AVANTASIA), Sebastian Zierow (Udo Lindenberg im Musical "Hinterm Horizont"), Roland Grapow (MASTERPLAN, HELLOWEEN), David Readman (PINK CREAM 69, VOODOO CIRCLE) und Christian Erik (LATE NIGHT UNION).

Nach dem bereits erwähnten Intro steigt ›All Things‹ mit einem kräftigen Midtempo-Riff ein, um mit Einsetzen des Gesangs die Schlagzahl zu erhöhen. Flirrende Synthesizer deuten die Prog-Färbung an, die das gesamte Album durchzieht. Eingängige Melodien prägen den Song in der ersten Hälfte, bevor Raimund Burke progressive Passagen einwebt. Ein Einstieg nach Maß.

›One Brings About‹ lädt zum entspannten Headbangen ein, bevor auch hier das Tempo angezogen wird. Abwechslungsreich, eingängig und irgendwie zu schnell vorbei.

Mit ›The One‹ präsentiert Raimund Burke die erste von zwei Balladen. Kraftvoll und in akustischem Cinemascope demonstriert der Gitarrist, daß er auch gefühlvoll kann.

Der Titelsong ›Secret Life‹ beginnt spannend und erinnert an QUEENSRŸCHE. Eigentlich ein sehr guter Song, doch in diesem Fall ist die musikalische Vielschichtigkeit für mich zu viel des Guten. Die Chöre passen nicht so recht ins akustische Bild und die ansonsten hervorragende Stimme von Sebastian Zierof ist in den hohen Passagen anstrengend. Aber das ist Geschmackssache.

Das folgende ›How They Return‹ bekommt durch Roland Grapows Stimme eine ungewöhnliche Färbung. Keyboards und Gitarren halten sich die Waage und duellieren sich streckenweise in bester Prog-Manier.

›Attained The One‹ ist die gradlinigste und gefälligste Nummer. Trotzdem (oder vielleicht deswegen) packt mich die Nummer nicht. Andere Bands würden sich nach einem solchen Song die Finger lecken, aber bei dem hohen Niveau dieses Albums fällt das Stück etwas ab. Sehr gut gefällt mir allerdings die an Michael Schenker erinnernde Gitarrenarbeit. Top.

›Movement Of Dao‹ ist der zweite Song, der von Sebastian Zierof veredelt wird, und startet mit einem knackigen Burke'schem ›Eruption‹. Melodiös und leicht verwinkelt steuert ›Movement Of Dao‹ auf ein kurzes Gitarren-/Keyboard-Duell zu, unterlegt von dezenten asiatischen Klängen.

Auch Roland Grapow wurde von Raimund Burke zweimal vors Mikrophon gebeten: ›If All On Earth‹ heißt das Stück, dem der einstige HELLOWEEN-Mitstreiter seine Stimme leiht, und wieder bekommt der Song ein besonderes Timbre durch seinen Gesang. Ein schönes, ruhiges Gitarrensolo mit Piano-Sprenkeln ist dann das Sahnehäubchen.

Kurz vor Schluß wird das Tempo nochmal angezogen. ›Mother Of The World‹ wurde im Vorfeld des Albumrelease bereits als Video veröffentlicht. David Readman rockt kraftvoll durch die Uptempo-Nummer, die zu gepflegtem Headbangen einlädt, bevor die abschließende Entspannung folgt.

Jede Qi Gong und Tai Qi Session endet mit einem "Ommmmh". Hier heißt es ›Live Forever‹. Der Song packt noch mehr als ›The One‹. Erhaben und breitwandig und schön intoniert von Christian Erik. Feuerzeuge raus und treiben lassen. Mit dieser Ballade findet das hervorragende Album einen würdigen Abschluß.

Unterm Strich gehen die Daumen definitiv hoch. Kleine Abstriche bei zwei Songs tun der Güte keinen Abbruch. Man kann nicht oft genug erwähnen, daß Raimund Burke das Album im Alleingang eingespielt und produziert hat. Bleibt zu hoffen, daß der fünfte Geniestreich des Hamburger Gitarristen in der Masse der Veröffentlichungen nicht ungehört verhallt.

https://www.spiritoflaodan.com/

achtsam Headbangen


Thomas Heyer

 
Raimund Burke's SPIRIT OF LAO DAN im Überblick:
Raimund Burke's SPIRIT OF LAO DAN – Secret Life (Do It Yourself-Review von 2021 aus Online Empire 88)
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