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Ian Paice

Not For The Pro's



THAMES-THOMPSON (Import)

DVD



Catrin Thul


Für "Quereinsteiger", die bisher noch nichts über den Zweck dieser DVD gehört haben, sei folgendes vorausgeschickt: Der Titel spielt darauf an, daß es sich hier nicht um eine todernste Lehr-DVD (so was könnte Mister Paice laut eigener Aussage rein fachlich gar nicht) für Schlagzeugprofis handelt, sondern um eine DVD, die den Spaß am Schlagzeugspielen vermitteln und Tips für Anfänger rüberbringen soll.

Herausgegeben wurde das gute Stück von THAMES-THOMPSON. Für DEEP PURPLE-Fans ist diese Firma seit einigen Jahren ein Begriff: THAMES TALENT ist das Management von DEEP PURPLE rund um Chef Bruce Payne, Drew Thompson ist ein australischer Zahnarzt (!), der es eines Tages geschafft hat, Bruce Payne davon zu überzeugen, daß er ja so was wie Merchandising Produkte und "offizielle Bootlegs" herausbringen könne (so daß Specials wie beispielsweise die »Total Abandon«-Live-CD, Single-, Mini-Disc-, Video- und -DVD-Kaskade diesem Mann ihre Geburt verdanken - sg).

Da Kritisieren immer einfacher ist, fange ich mal mit den (für mich) negativen Aspekten an. Aber keine Sorge: Es gibt irgendwann auch Positives zu berichten. ;-)

Zuerst einmal eine Warnung: Wenn Du der Meinung bist, daß die DVD ein Medium sei, das dazu geschaffen wurde, beste Ton- und Bildqualität zu liefern und dieses demzufolge auch auf jeder DVD zu liefern sei - Augen und Ohren weg von diesem Teil! Hier wurde eindeutig die Hauptaufmerksamkeit auf den mittels Sprache vermittelten Inhalt gelegt...

Ach ja, "Sprache": Daß es sich hier um ein englischsprachiges Produkt mit nur einer Tonspur handelt, ist in Anbetracht des kleinen Marktsegmentes ja nicht weiter verwunderlich - aber auch Untertitel sucht man vergeblich, also auch nix für Schwerhörige (sind das nicht viele Drummer..?) Netterweise versuchen alle Sprecher (sogar die Australier!) deutlich zu sprechen, so daß man sie - wenige Geräuschquellen im Hintergrund vorausgesetzt - recht gut verstehen kann...

Was das heißt? Ganz einfach: Von Nachvertonung hielt Mr. Paice wohl nix, so hämmert, quietscht und poltert es gewaltig, während er seine Führungen durch die Schlagzeug-Komponenten-Hersteller-Firmen macht. Auch die Interviews wurden nicht wirklich in ruhiger Umgebung geführt... Richtig nervig wird an zwei Stellen: Erstens hat Mr. Paice das Mikro während der (im schalldichten Studio gedrehten!) Zwischenmoderationen und im Tutorial so unprofessionell montiert, daß man es ständig rascheln hört (das lernt man aber mit der Zeit zu überhören). Endgültig die Krise habe ich gekriegt, als "einer der besten Live-Sound-Engineers" (nämlich der langjährige Tonmensch von Paiceys Hauptarbeitgeber DEEP PURPLE) Moray McMillan seine fachlich sicherlich hochwertigen Tips gibt. Aufgenommen auf einer Open Air-Bühne - während diese noch aufgebaut wird! Es hämmert, klopft und klingelt (nämlich ein Handy) - und windig ist es leider auch noch; jedenfalls erkläre ich mir das Dauerrauschen so. Und als Krönung dreht sich der gute Mann auch noch während des Redens einige Male um - nicht gut, wenn ausschließlich das Mikro der Kamera benutzt wird...

Bei den Live-Ausschnitten von DEEP PURPLE-Shows (fast ausschließlich von 1996 bis 2001, also die Besetzung mit Steve Morse und Jon Lord) ist der Ton allerdings gut.

Das Bild ist größtenteils okay (solch große Störungen wie beim Ton gibt es zumindest nicht), man merkt jedoch, daß es sich nicht um eine "große Produktion" handelt. Vieles wurde laut Credits am Ende von Ian Paice selbst aufgenommen (der sich laut Aussage von Steve Morse ständig den neuesten technischen Film- und Foto-Schnickschnack anschafft), anderes beispielsweise von Charlie Lewis, seines Zeichens "Production Manager" (also so etwas wie ein Ober-Roadie) von DEEP PURPLE.

Etwas seltsam ist die Bildqualität der Abbey Road-Tracks: Wenn man erst mal raus hat, daß die ungewollten Effekte dadurch entstanden, daß durch die Scheibe des Studios gefilmt wurde, ist es aber eher belächelnswert als wirklich störend. Während des "Roadie View"-Abschnittes (Live-Aufnahmen von der DEEP PURPLE-USA-Tour im Juni/Juli 2001) ist die Kamera jeweils rechts neben Ian positioniert; das heißt, man sieht Ian von schräg unten und hinter ihm den Kopf von Jon Lord. Ian Gillan und Steve Morse laufen ab und zu mal ins Bild - daß die Band auch einen Bassisten hat, kann man nur wissen oder hören. Dummerweise gab es in Oklahoma natürliches Gegenlicht (wie in der Fensterputzreklame: wenn die Sonne direkt reinscheint, sieht man, daß das Glas nicht ganz sauber ist...) und in Cayuhoga Falls (wenn mich mein Atlas nicht täuscht, liegt das in Ohio, kurz unter Cleveland) leuchtet von gegenüber ein Scheinwerfer direkt in die Kamera. Warum ausgerechnet dieses Material verwendet wurde, ist mir ein Rätsel...

Und noch ein paar negative Bemerkungen (und dann kommen wir dazu, warum die DVD vielleicht doch lohnenswert ist) zur Aufmachung: Statt eines Booklets gibt es nur das Inlay der Hülle - na ja, wenigstens keine Werbung für andere Produkte... Der biographische Text zum Hauptdarsteller und dessen Hauptarbeitgeber ist mehr oder weniger gelungen - nur ein Satz hat mich schwer ins Grübeln gebracht: "I suppose JETHRO TULL and YES are still going, but we've got most of our original members." Häh?!? Das Material auf der DVD besteht ausschließlich aus Songs, in denen das zweite Urmitglied, das über die wechselnden Besetzungen immer konstant geblieben ist (nämlich Paiceys Schwippschwager Jon Lord an der Orgel), zu sehen/hören ist - auf der Rückseite der Hülle, dem größten Foto auf der Innenseite und auf dem letzten Bild in der "Gallery" ist aber dessen Nachfolger Don Airey (der Jon Lord schon im August 2001 für zwei Wochen vertrat und nun seit Frühjahr 2002 offizielles Bandmitglied ist) zu sehen... Hält sich Mr. Paice nun für einen Gott (nun ja, in den meisten Listen der "fünf besten Rock-Schlagzeuger aller Zeiten" erscheint er ja) oder leidet der Arme unter multipler Persönlichkeit?

Zwei Tippfehler der Marke "Aua!" sind auf der DVD selbst zu bestaunen: zum einen wurde kurzerhand einer der bekanntesten Songs von DEEP PURPLE umgetauft und zum schwarzen Ritter erklärt (für Nicht-Insider: da steht "Black Knight" anstelle von ›Black Night‹). Das ist ja nun eher lustig, daß aber im Vorspann der 2001 an Krebs verstorbene Tony Ashton (der seit 1970 immer wieder bei kleineren Projekten mit Ian Paice und Jon Lord gespielt hat, am bekanntesten war wohl die Band PAL, die aus eben diesen drei Herren bestand und es 1976 leider nur zu einer LP brachte) in "Ashfon" umbenannt wurde, hat schon einige Leute zu Schimpftiraden verleitet. Ich muß allerdings zugeben, ich hätte es ohne Vorwarnung beim ersten Sehen nicht bemerkt.

So, nun aber! Teil 2 oder "Was ich an der DVD mag": Gehen wir mal rein chronologisch vor (auch wenn es bei einer DVD ja bekanntlicherweise jedem selbst überlassen ist, was er wann sieht). Ich habe zuerst übrigens auch nicht chronologisch reingekuckt, sondern das angeklickt, was mir am interessantesten schien - und dieser "Riecher" hat sich auch nach vollständigem Betrachten des Werkes als richtig erweisen: "Abbey Road Sessions - Paicesetter - Retro Vision" und "Roadie View - Fools (Drum Solo)" bleiben meine "Lieblinge".

Nach dem Intro und der obligatorischen Copyright-Warnung (die zumindest für mich neu war – oder ist das einfach nur die australische Variante?) geht es mit dem "Drummer Guide" los. Im Untermenü wird einem erklärt, daß es sich um eine 50-minütige Doku handle, die man sich nun komplett ansehen könne oder gleich zu den "Tutorials" springen könne. Begrüßt werden wir zuerst von Mr. Paice im Studio (aus dem er sämtliche Zwischenmoderationen gibt und auch das Tutorial veranstaltet), mit den bereits geschilderten Raschelgeräuschen... Es gibt ein paar Sekunden vom DEEP PURPLE-Auftritt in Montreux 2000: ein Gitarrist mit Handgelenk in Gips, so was hält Steve Morse nicht vom spielen ab. Ansonsten kann ich in dem Ausschnitt nichts Besonderes finden. Und dann geht es los: zur PEARL FACTORY nach Tokio, zu PAISTE in die Schweiz (die Firma ist anscheinend so klein, daß es sich offenbar nicht lohnt, den Ort anzugeben), dann zu REMO in die USA (im Gegensatz zu PEARL ein riesiger Laden, wie unser Moderator hervorhebt) und die Sticks gibt es von PRO MARK aus Houston, Texas (ja, die Ortsnennung ist auch in den USA nicht wirklich einheitlich). Und dann ist ein Schlagzeug aus den vier Marken, die Herr Paice bevorzugt (und die ihn sponsoren), fertig. Es gibt zur Belohnung ein komplettes Schlagzeug-Solo, DEEP PURPLE 1985 (DP-Fans dürfte der Anblick von Ian Gillan in schwarzem Leder mit gerade wieder nachwachsenden Haaren ein Lächeln ins Gesicht zaubern.) Auf ins Tutorial (im "full length"-Modus ist kein Sprung zu bemerken, aber hier landet man, wenn man "skip to tutorial" gewählt hat). Nun gibt es immer kleine Happen mit Tips, Tricks und Trivialitäten (was ist die ideale Größe eines Drumkits, wie stelle ich es auf, welche Pedale wähle ich, etc.), dabei fällt auf, daß Ian offensichtlich nicht in Dollar oder Pfund, sondern in Gold rechnet: "It is worth its weight in gold" wird zum Qualitätskriterium Nummer 1. Unterbrochen werden diese Tips durch kurze Live-Sequenzen, wobei hier nur das abschließende Drum-Solo in voller Länge heraussticht (Sydney, Australien, 1984 mit wirklich schickem Schlapphut) und ein kurzes Stück aus ›You Fool No-One‹ (Ontario Speedway, USA, 1974), bei dem man Paicey allerdings kaum sieht. Dafür sieht man Ritchie Blackmore und David Coverdale - nur hier wird deutlich, daß es DEEP PURPLE auch mal in einer anderen als der klassischen "Mark 2" (die es gleich dreimal versucht hat) und der zur Drehzeit aktuellen "Mark 8" gegeben hat. Die bereits erwähnten Ausschnitte mit dem übertönten Moray McMillan und den "schwarzen Ritter" haben wir nun auch hinter uns gebracht.

Teil 2, die "Abbey Road Sessions": Hierbei handelt es sich um zwei Songs, die extra für diese DVD aufgenommen wurden. Ian Paice im Studio mit Bassist Colin "The Bomber" Hodgkinson und Gitarrist Miller Anderson. Die beiden waren übrigens im Dezember 2001 mit Ian Paice und Pete York auf einer kurzen Deutschland-Club-Tour - falls Du Dich fragst, woher Du die Namen kennst. Der erste Song nennt sich ›Paicesetter‹ (Achtung: Wortspiel!), wurde geschrieben von Colin, war auf eben selbiger Tour schon zu hören, dauert zwei Minuten und 35 Sekunden und ist in drei Versionen zu bewundern: "Studio Cam" (die Kamera filmt mal durch die Studio-Scheibe und fliegt mal über den Herren, zeigt alle drei Musiker abwechselnd), "Roadie View" (nur Ian Paice ist zu sehen, keine Schwenks, keine Schnitte) und "Retro Vision" (so eine Art Video-Clip aus Ian Paice-Bild-Material von 1969 bis 2001 auf und hinter der Bühne). Der zweite Song heißt ›Dustbins‹, wurde von den drei Herren zusammen geschrieben, dauert 7 Minuten und 55 Sekunden und ist nur in "Studio Cam" und "Roadie View" zu sehen. Ich frage mich zwar, warum diese beiden Songs nicht "erklärt" oder dazu benutzt wurden, irgendwelche Techniken zu verdeutlichen, aber ich will ja nun eigentlich die guten Seiten der DVD betonen...

Teil 3, die "Roadie View"-Abteilung: Man darf wählen zwischen "select track" und "continous play": zuerst vier Songs in voller Länge (›Ted the Mechanic‹, ›Lazy‹, ›Knockin' At Your Backdoor‹ und ›Highway Star‹), dann wird es seltsam. Die als Extra-Track angekündigten "Monitor-Problems" bestehen darin, daß man sieht, wie ein Crew-Mitglied seinen Kopf ins Bild streckt und auf Ians Ohren zeigt und dabei gestikuliert (als fortgeschrittener DEEP PURPLE-Fan ist man sich halbwegs sicher, daß es sich um "Monitor Man" Rob Hodgkinson handelt, Aufschluß darüber gibt es allerdings nicht). Das Ganze dauert fünf Sekunden und das war's... Dafür gehöre ich zu der Fraktion, die sich sehr über die Auswahl des nächsten Stückes gefreut hat (auch wenn ich natürlich den kompletten Song lieber gehabt hätte): ›Fools (Drum Solo)‹. Darunter versteht der Texter der DVD den gesamten langsamen, instrumentalen Part (in Ermangelung von Ritchie Blackmores Anwesenheit von Jon Lord gespielt) bis zur zweiten Zeile des wieder einsetzenden Gesangs. Dieser Song gehört meiner bescheidenen Meinung nach zu den besten, die DEEP PURPLE geschaffen haben - und viel zu selten live spielen... Seltsam, zweiter Teil: ›Pictures Of Home (Intro)‹: wieder fünf Sekunden und vorbei... Dann folgt das Solo aus ›Speed King‹ und Seltsam, dritter Teil: der fallengelassene Drum-Stick - was glücklicherweise zu lesen ist, denn Paicey zaubert so schnell den Ersatz von links neben sich hervor, daß man sonst nichts sieht.

Teil 4, "The Drum Clinic": ein, wie uns der Text informiert "fernsehartiger Bericht" über eine kleine Nebenbeschäftigung, die sich Ian und Steve Morse 2001 in Melbourne geleistet haben. Verziert mit Video-Ausschnitten von Britney Spears, einer mir unbekannten Dame und N'SYNC [Schreibt man die so? (Fast N*SYNC wäre hundertprozentig exakt gewesen - sg)] Häh? Ich glaube, Britney gehört zur selben Management-Familie... Steve Morse denkt also jeden Morgen beim Frühstück daran, daß sein Essen auf dem Tisch steht, weil die Leute zu seinen Konzerte kommen... Ein paar mehr oder weniger lustige Bemerkungen von Leuten, die dieser Clinic beigewohnt haben - aber kaum Infos über selbige.

Teil 5, "Australian Interview": offensichtlich aus einer Fernsehshow übernommen, Ian gibt seine Meinung über sein heutiges Leben und die heutige Musik zum Besten. Für Einsteiger (für die diese DVD gemacht ist) ganz nett, ich habe wohl schon zu viele Interviews mit ihm gesehen/gelesen, um da was Interessantes zu finden... Mal abgesehen von der geradezu philosophischen Weisheit "Nothing is original, everything comes from somewhere.")

Teil 6, "Photographic Gallery": man wähle zwischen "slide show" (dann muß man immer auf "weiter" klicken) oder "autorun" (dann erscheint circa alle fünf Sekunden das nächste Bild) und genieße die folgenden acht (!) Bilder. Hmm, hätte ich wohl in die Meckerecke aufnehmen sollen...

Teil 7, "Biography": vier Seiten recht interessanter Text über Ians Anfänge, bis er mit 19 Jahren bei der Band landete, die sich kurz darauf DEEP PURPLE nannte, zwei Seiten über die Zeit zwischen 1968 und 2001 und eine siebte Seite, die uns über Ians heutigen Wohnort und die Namen seiner Frau und Kinder informiert...

Teil 8, "Credits", interessanter die sind, als ihr Titel vermuten lässt: Hier gibt es nämlich erst mal noch eine Reihe Bilder, dann wieder jene aus der Einleitung, während Ian dann in teilweise recht netten Worten allen dankt, die diese DVD direkt oder indirekt ermöglicht haben.

Der ersten Auflage ist noch eine Bonus CD beigelegt. Diese enthält drei Versionen von ›Dustbins‹ und vier Versionen von ›PaiceSetter‹ (ja, hier so mit großem "s" geschrieben), die sich alle nur im Mix unterscheiden, Gesamtlänge etwa 28 Minuten. Ein Schlagzeuger mit sehr guter Stereoanlage weiß die CD wohl zu schätzen - ich freue mich, daß ich ein weiteres seltsames Stück aus dem Dunstkreis von DEEP PURPLE im Schrank habe...

Fazit: Es gibt kein Fazit... Mit den mir zur Verfügung stehenden Adjektiven komme ich nicht viel weiter: Sowohl "genial" als auch "beeindruckend" als auch "schwach" treffen auf Teile des Werkes zu... Ergo 19 plus 13 plus 3 durch 3 wäre dann 11,666 - das wiederum ist ein gutes "gut" - na gut. ;-) (oder noch güter, weil Ihr gerade dem längsten DVD-Review aller Zeiten beigewohnt habt... - sg)

 
Ian Paice im Überblick:
Ian Paice – Online Empire 13-"Eye 2 I"-Artikel: »Not For The Pro's« (aus dem Jahr 2002)
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