UNDERGROUND EMPIRE the ONLINE EMPIRE-Titel
  UE-Home → History → Heavy 91 → Rubriken-Überblick → Eye 2 I-Review-Überblick → Movie – »La belle noiseuse«-Review last update: 27.03.2024, 15:23:21  

”Y-Files”-Datasheet

Contents:  Movie-Eye 2 I-Review: »La belle noiseuse«

Date:  07.04.2006 (created), 28.04.2023 (revisited), 02.03.2024 (updated)

Origin:  HEAVY

Status:  published

Task:  from paper to screen

Comment:

Ab der HEAVY-Ausgabe 87 steuerte auch meine Wenigkeit zu der Filmrubrik "Eyecatcher" Reviews bei, was sicherlich auch damit zu tun hatte, daß sie die Existenz der Rubrik herumgesprochen hatte und verschiedene Firmen begonnen hatten, uns zu bemustern. Das führte nicht nur dazu, daß nach ein paar Ausgaben der "Eyecatcher" auf zwei Seiten ausgedehnt wurde, sondern das Einbinden anderer Schreiber war sinnvoll, da die stilistische Breite sich gegenüber den ersten drei Auflagen, bei denen Peter Fischer seinen extrem exzentrischen Filmgeschmack auslebte, verbreiterte.

An dieser Stelle soll allerdings keine eigene "Eyecatcher"-Kategorie eingeführt werden, sondern meine Filmreviews kommen einfach in die "Eye 2 I"-Rubrik, denn dort gibt es ja schon seit jeher Filmbesprechungen, wo allerdings die "Zulassungsbedingung" herrscht, daß die Filme eine Querverbindung zum Rock oder Metal haben müssen. Dies gilt natürlich für die "Eyecatcher"-Reviews nicht.

 


 

In dieser Ausgabe hatte ich erstmals auch die Einleitung zum "Eyecatcher" geschrieben, die es bei den frühen Ausgaben noch gab. Hier ließ ich mich über ein Ärgernis aus, das bis heute existiert:

Während Euch an dieser Stelle bis dato immer unser Film-Fischer begrüßt hatte, soll heute ein Wechsel am Rednerpult erfolgen, denn ich will etwas über ein Thema loswerden, das mir schon länger sauer aufstößt: die kleinen, netten "Beigaben" auf DVDs, denen man sich fast nicht erwehren kann.
Schon länger stellen für mich die Intros, in denen die jeweilige Firma ihren Namen ins rechte Licht rücken will und die man nicht mittels eines Drucks auf die Menü- oder die Vorwärts-Taste abbrechen oder überspringen kann, ein echtes Ärgernis dar. Denn: Wer will schon zum fünfhundertsten Mal die gleiche Sequenz sehen - ganz egal, wie toll sie gemacht ist?
Doch in letzter Zeit kommt immer häufiger ein weiteres DVD-Starthindernis hinzu: An die Copyrightwarnungen auf Deutsch, Englisch, Französisch und Suaheli, die gebetsmühlenartig an allen nur erdenklichen Stellen bei DVDs auftauchen, hat man sich mittlerweile gewöhnt, zumal man sie mit einem behenden Knopfdruck einfach abschießen kann. Doch mittlerweile muß man nicht selten kurze, meist reichlich reißerische Filmchen, die sich gegen das illegale Downloaden von Filmen im Internet wenden, über sich ergehen lassen, die sich als immun gegenüber jeglichen Steuerbefehlen von der Fernbedienung entpuppen. Ehrlich: Ich kann es nur als eine ausgemachte Frechheit empfinden, wenn sich jemand erdreistet, mir auf solche Weise meine Zeit zu stehlen!
Auch wenn das Raubkopierproblem für die Filmindustrie im digitalen Zeitalter mindestens genauso groß ist wie für die Musikindustrie und illegales Downloading und Schwarzbrennen im großen Stil keinesfalls gutgeheißen werden können, werden durch solche ärgerlichen Machenschaften doch immer nur die ehrlichen Käufer gestraft: Wer sein sauerverdientes Geld in einen Musiksilberling mit Kopierschutz investiert hat, darf eine Un-CD in seine Sammlung stellen, während derjenige, der sich illegal MP3-Files herunterlädt, von diesen Nachteilen garantiert nichts zu spüren bekommt. Und während derjenige, der sich einen Film "gesaugt" hat, schon längst mitten in der Handlung steckt (Denn: Besagte "Vorfilme" werden garantiert nicht ins Internet gestellt...), darf derjenige, der auf ehrlichem Wege eine DVD erworben hat, sich noch mit erhobenem Zeigefinger belehren lassen. Und es ist in der Tat äußerst amüsant, wenn man sich vor dem Genuß einer zwanzigminütigen "Simpsons"-Episode erst mal durch fünf Minuten solcher "Begleiterscheinungen" arbeiten muß...
Doch kommen wir nun endlich zum erfreulichen Part der hohen Flimmerschule!

Doch später ging es in der Einleitung auch um die "schöne Querulantin": In HEAVY 94 verfaßte ich diese nämlich erneut und ging dabei auf den Film ein:

Da wir Euch heuer mit besonders vielen Filmkritiken beglücken wollen, sei zur Eröffnung des aktuellen Eyecatcher lediglich erwähnt, daß Jacques Rivettes Meisterwerk "La Belle Noiseuse (Die schöne Querulantin)" (Review s. Heavy 91) 15 Jahre nach der Uraufführung in Cannes seit dem 10. August über einen Zeitraum von mindestens einem halben Jahr nochmal in ausgewählten Kinos zu sehen sein wird. Wer großes französisches Kino in großem Format erleben möchte, erhält auf der Homepage von FLAX FILM weitere Infos.
Und jetzt gibt es von den passionierten Heavy-Filmfreaks Infos, womit Ihr in den nächsten Wochen Eure Glotze füttern könnt.

Das war's aber immer noch nicht, was "La belle noiseuse" angeht, denn es gab eine weitere Episode: In HEAVY 97 verfaßte ich ein weiteres Mal die Einleitung des "Eyecatchers", die sich erneut auf den Film bezog:

Urlaub. Ein Wort, das meine Wenigkeit fast schon aus dem Wortschatz gestrichen hatte. Doch im Oktober der Jahres 2006 sollte es tatsächlich mal wieder passieren - und fast zu einer Begegnung einen cineastischen Art führen.
Bei einem Zwischenstop in München spazierte ich nämlich zufällig an einem Kino vorbei, in dem Jacques Rivettes "La Belle Noiseuse" ("Die schöne Querulantin") lief. Da der Film, wie wir unlängst schon berichtet hatten, aus Anlaß des 15-jährigen Premierenjubiläums mit nur zwei Kopien durch die Kinos tingelt, kann man in diesem Fall wahrlich von einem riesigen Zufall sprechen. Ärgerlich war allerdings, daß jenem Abend, an dem der Streifen laufen sollte, meine unumstößlichen Planungen vorsahen, daß ich schon einige hundert Kilometer weg sein würde. Doch zum Trost ist just die Jacques Rivette-Box via FLAX FILM erschienen, die wir in dieser Ausgabe natürlich vorstellen werden, so daß unsere Eröffnungsanekdote doch noch ein teilweises Happy End bekommt und wir uns nun umgehend dem Reviewgeschäft zuwenden müssen...

Dies war dann auch der Auslöser einer Diskussion über die Sinnhaftigkeit der Einleitung beim "Eyecatcher". Zweifelsohne war das Thema etwas kleinkarriert, aber das hing vor allem damit zusammen, daß keiner der anderen "Eyecatcher"-Mitarbeiter eine Idee hatte, worüber wir die Einleitung schreiben könnten. Somit hämmerte ich den Notnagel über den "Eyecatcher" in HEAVY 97. Letzten Endes war die Konsequenz, daß wir dann die Einleitung beim "Eyecatcher" strichen und allenfalls noch dann wiederbelebten, wenn es ein Thema gab, das wirklich unter den Nägeln brannte.

 


 

Für den "Eyecatcher" in HEAVY 91 hatte ich keine Reviews verfaßt, die wegen der oben erwähnten rockigen respektive metallischen Querverbindung schon im UNDERGROUND EMPIRE online gesetzt worden waren.

Generell war dies das einzige Review, das ich in dieser Ausgabe zur Filmseite beisteuerte.

Supervisor:  Stefan Glas

 
 


Movie

La belle noiseuse



ARTE VIDEO

Doppel-DVD



Stefan Glas


"La belle noiseuse" ist seit Jahren einer meiner Lieblingsfilme, der jedoch bis dato nur in Fernost auf DVD erschienen war; unter anderem als Kleinstauflage, die für ein Festival angefertigt wurde, in dessen Rahmen der Film lief. Doch jetzt ist dieses Meisterwerk von Jacques Rivette, einem der bedeutendsten Regisseure der Nouvelle Vague im französischen Kino, auch in Frankreich als Doppel-DVD erschienen. Allerdings ist auf den beiden Scheiben nur das französischsprachige Original ohne Untertitel verewigt worden. Doch letztendlich wird man bei "La belle noiseuse" um diesen sauren Import/Original-Apfel nicht herumkommen, denn es existiert lediglich eine stark gekürzte synchronisierte Version des Filmes, den Arte vor Jahren mal ausgestrahlt hatte. Doch im Falle von "La belle noiseuse" führt kein Weg an der fast vierstündigen Langversion vorbei.

In dieser, auf den ersten Blick schier endlos anmutenden Zeit versteht es Jacques Rivette auf meisterliche Weise, den Zuschauer umgehend derart zu fesseln, daß man die monumentale Länge des Werks nie gewärtigt. "La belle noiseuse" handelt von dem berühmten Maler Edouard Frenhofer (Michel Piccoli), der seit vielen Jahren mit seiner Frau Liz (Jane Birkin), die früher sein Modell war, völlig zurückgezogen lebt, da er sich in einer Schaffenskrise befindet und deshalb die Malerei komplett aufgegeben hat. Doch durch den Besuch des jungen Künstlers Nicolas und seiner Freundin Marianne (Emmanuelle Béart) wird die kreative Ader von Frenhofer wieder angeregt: Marianne soll ihm Modell stehen, so daß er sein Hauptwerk, das Aktgemälde "La belle noiseuse" fortsetzen kann.

Dieser Schaffensprozeß prägt den Großteil der Spielzeit und Jacques Rivette zieht in deren Verlauf alle Konfliktebenen in Betracht: der Maler, der zunächst seine eingerosteten handwerklichen Fähigkeiten entstauben muß, um sich dann erst auf die Suche nach der Inspiration von früher machen zu können; das Modell, das seine Scheu vor dem Posieren überwinden muß, bevor sie irgendwann fast schon zu ungehemmt mit ihrer Nacktheit umgeht; aber auch die ständig wachsende Angst der Ehefrau, sie könne plötzlich in jeglicher Hinsicht durch eine Jüngere ersetzt werden; und ebenso das Unbehagen des Freundes, daß seine Geliebte Dinge mit einem Mann teilt, die bis dato ihm vorbehalten waren. Das Hauptaugenmerk des Films liegt jedoch auf der Dynamik zwischen Maler und Modell: Auf der einen Seite die anfängliche Ratlosigkeit des Malers bis hin zu einer Phase, in der es scheint, er wolle sein Modell förmlich zerbrechen, und auf der anderen Seite die zwischenzeitlich fast schon unterwürfige Ergebenheit des Modells, bis hin zu jener Entwicklungsstufe, in der sie nicht mehr bereit ist, ein starres Püppchen abzugeben, erst gegen die Anweisungen des Malers aufbegehrt und sich schließlich selbst in den kreativen Prozeß einbringt, wodurch sie maßgeblichen Anteil daran hat, daß aus diesem inspirierten Miteinander das Projekt einen befriedigenden Abschluß findet.

"La belle noiseuse" stellt die Frage nach der Existenz von Grenzen, denen sich die Kunst beugen muß, und dem Preis, den die Beteiligten für die Kunst zu bezahlen bereit sind, und läßt den Zuschauer hautnah an all den Dingen, die untrennbar mit dem kreativen Prozeß verbunden sind, teilhaben und mitempfinden: Qual, Befriedigung, Krisen, Euphorie.

Doch "La belle noiseuse" ist viel mehr als nur ein "Kunstfilm", bei dem sowohl Regisseur als auch Schauspieler außergewöhnliches geleistet haben, so daß dieses wundervolle Stück Kino verdientermaßen 1991 den großen Preis der Jury in Cannes erhielt.

 
© 1989-2024 Underground Empire

Stop This War! Support The Victims.
Button: here