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Das Höllenfeuer, von dem hier die Rede ist, stammt aus Polen. Ja, nicht nur hochheilige Personen wie der verblichene Karol W. (R.I.P.) kommen aus jener Gegend, auch famose Metal-Bands treiben ihr Unwesen zwischen Oder und Ostsee. Bei Metal aus Polen denkt der Musikliebhaber wohl in erster Linie an technisch perfekte Extremmetaller wie VADER oder BEHEMOTH, doch auch für eher traditionelle Klänge scheint es ein guter Boden zu sein. Als bestes Beispiel dafür sei das vor kurzer Zeit erschienene Konzeptalbum »Requiem For My Bride« von HELLFIRE erwähnt. Vor allem KING DIAMOND und/oder MERCYFUL FATE fallen dem Hörer immer wieder ein, wenn Tomasz Twardowski zum Gesang in höchsten Regionen ansetzt. Dazu passend fabrizieren Kuba "Oley" Olejnik und Artur Grabowski messerscharfe, teilweise recht speedige Riffs, die Vergleiche zu internationalen Größen ebenso standhalten können, wie ihr Gesangspartner.
Kurz gesagt, ich war hin und weg, als mir »Requiem For My Bride« ins Haus flatterte und ich mir das Werk zu Gemüte geführt hatte, weshalb es auch gerade zu Pflicht war, den angebotenen Interviewtermin anzunehmen und der Band ein wenig auf den Zahn zu fühlen. Oley beantwortete ebenso schnell meine Fragen, wie er im Normalfall seine Klampfe spielt.

Wann und wie bist Du denn zum ersten Mal mit Metal konfrontiert worden?

Das muß in der Grundschule gewesen sein. Ich erinnere mich gut daran, daß einer meiner Kollegen ständig HELLOWEENs »Wall Of Jericho« auf und ab gehört hat. Irgendwann überkam es auch mich und seit dem zähle auch ich zu den Metal-Freaks.

Ich hoffe Dich mit dem folgenden Vergleich nicht zu langweilen, aber Eure Scheibe und der Gesang von Tomasz erinnern mich mitunter recht stark an KING DIAMOND. Zählt der "König" überhaupt zu Euren persönlichen Favoriten?

MERCYFUL FATE und KING DIAMOND zählen schon seit Jahren mit zu meinen Lieblingsbands. Allerdings bin ich der Meinung, daß der gute Mann seine besten Tage hinter sich hat. Es macht mir überhaupt nichts aus, mit Bands wie diesen verglichen zu werden, allerdings hoffe ich nicht, daß HELLFIRE als Abklatsch bezeichnet werden.

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Was Euch wohl nicht passieren wird, denn bei aller Nähe zu den genannten Referenzformationen, überwiegt auf »Requiem For My Bride« die Eigenständigkeit. Wenn ich richtig informiert bin, ging es mit HELLFIRE im Jahre 1999 so richtig los. Euer Debut »Recoffination« erschien 2003, viel mehr ist aber nicht bekannt. Was gibt es denn zur Geschichte der Band sonst noch Wissenswertes zu vermelden?

Ja, im Jahre 1999 wurden HELLFIRE in Warschau gegründet. Nach einigen Line-up-Wechseln kristallisierte sich die Besetzung Tomasz Twardowski (v), Kuba Olejnik (g), Artur Grabowski (g), Tomasz Weglewski (b) und Jarek Stanczyk (d) als die optimale und auch dauerhafteste heraus. »Recoffination« erschien 2003 in Eigenregie und konnte durchwegs gute Presseresultate im In- und Ausland einheimsen. Nichtsdestotrotz mußten wir uns von unserem Drummer verabschieden und brauchten einige Zeit, bis wir mit Grzegorz Olejnik einen geeigneten Ersatzmann finden konnten. In dieser Besetzung machten wir uns auch gleich an die Arbeit, um 2004 eine Single mit dem Titel »Where Is The Answer?« aufzunehmen. Damit haben wir uns dann auch bei zahlreichen Labels beworben, bis wir schließlich in SONIC AGE RECORDS den unserer Meinung nach optimalen Partner finden konnten. Leider hat sich in der Zwischenzeit auch unserer Bassist Tomasz verabschiedet, weshalb wir im Moment nach einem brauchbaren Ersatzmann suchen. Als Höhepunkt unserer bisherigen Karriere muß mit Sicherheit die Veröffentlichung von »Requiem For My Bride« genannt werden.

Das Album ist in der Tat ein wahres Leckerli geworden. Wovon handelt denn das Konzept?

Die Geschichte handelt von einer jungen Frau namens Mary, die versucht Selbstmord zu begehen, indem sie in einen Abgrund springt. Die Tragödie beginnt damit, daß sie überlebt, im Schock wegläuft und sich in einem dunklen Wald verirrt. Sie findet schließlich ein altes Haus, in dem ein Mann namens Jack lebt und dort einige Mädchen gefangenhält. Das Haus ist eine Falle und Jack sperrt auch Mary darin ein. Die übrigen Mädchen sind fluchtunfähig, weil sie von Jack verwundet worden sind. Das erste Mädchen ist blind, ihre Augen wurden zerstochen. Der Zweiten hat er ihre Ohren abgetrennt, der dritten die Hand und der Vierten die Beine. Jack ist ein Psychopath und das Haus hat ebenfalls einen starken Einfluß auf ihn. Das Haus selbst ist ein "Überbleibsel" des Bösen, hat seinen eigenen Willen und versucht immer wieder aufs Neue, Menschen den Verstand zu rauben. Ein Entkommen ist unmöglich, weil es in einem "Zeitloch" gebaut wurde. Wann immer Leute zu flüchten versuchen, kehren Sie, ähnlich wie in einer Spirale, wieder an den gleichen Platz zurück. Die einzige Möglichkeit den Willen dieses Gebäudes zu zerstören, wäre die Wesenskraft einer Familie im Sinne des Zusammenhaltes auszunutzen.
Aber..., das ist jetzt genug. [lacht] Ich höre jetzt auf, die Geschichte weiter zu erzählen. Bei intensivem Konsum der Scheibe und eingehender Beschäftigung mit den Lyrics im Booklet wird das Ende dieser obskuren Geschichte ans Tageslicht gefördert. Ich kann nur sagen, es ist eine sehr verworrene und furchteinflößende Geschichte geworden.

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Da scheint wohl nicht nur die Musik schwer von KING DIAMOND inspiriert worden zu sein. Eine ähnliche Geschichte würde uns auch vom Meister der metallischen Horror-Stories nicht wundern.
Wie aber sind denn diese Songs eigentlich entstanden? Existiert so etwas wie eine "Zauberformel"?

Bei uns ist immer ein Riff oder ein Gitarrenthema der Beginn für einen neuen Song. Erst nach und nach kommen dann Melodien, Harmonien, Gesangspassagen und Texte dazu. Im Prinzip ist genau das unsere "Formel". Ehrlich gesagt haben wir noch gar nichts anderes ausprobiert, denn bisher sind wir gut damit gefahren.

Anderes Thema. Ihr seid zwar bei weitem nicht die einzige Metal-Band aus Polen, aber in eurem Genre eine von nur wenigen. Ist es denn für eine noch unbekannte Band noch immer ein Problem aus diesem Land zu kommen, oder hat der EU-Beitritt etwas verändert?

Ich denke nicht, daß es ein Problem darstellt, daß wir aus Polen kommen. Die Szene wächst, es gibt jede Menge Fans und auch mehr als genug gute Bands hier bei uns. In der Zwischenzeit meiden auch internationale Acts unsere Heimat nicht mehr, das heißt, man kann auch "größere" Bands hier live erleben.
Unterstützung von Medien, Radio oder Fernsehen ist aber immer noch keine in Sicht. Immerhin gibt es bereits eine eigene Metal-Sendung auf einem Radiosender, aber die läuft einmal unter der Woche zwischen 1:00 und 3:00 nachts. Wer bitte hört da schon Radio?
Was die EU betrifft, hat es zumindest einmal den Vorteil, daß man sich endlos lange Grenzwartezeiten bei einer Ein- oder Ausreise ersparen kann. Wirtschaftlich befürchte ich eher Negatives, denn die Preise werden wohl steigen, während die Gehälter gleich bleiben werden. Erst in einigen Jahren werden sich eventuelle Vorteile eines EU-Beitritts bei uns bemerkbar machen. Für uns als Band hat es aber wie schon gesagt, den Vorteil bei eventuellen Auftrittsmöglichkeiten im benachbarten Ausland nicht einen halben Tag länger für unseren Zoll einkalkulieren zu müssen. Gerade was den Zoll betrifft haben sich hier früher reale Horror-Stories abgespielt.

Gutes Stichwort. Besteht denn die Chance, Euch auch außerhalb Polens zu Gesicht zu bekommen?

Dazu kann man im Moment noch gar nichts sagen. Sollte sich das Album gut verkaufen, könnte es durchaus sein, daß unser Label in irgendeiner Form auch in Konzerte investieren wird. Aber bis dahin bedarf es zunächst einmal positiver Resonanzen seitens der Presse und Fans, von denen sich hoffentlich sehr viele das Album zulegen werden. Natürlich wäre es ein Traum auch in anderen Ländern spielen zu können, aber mehr als zu träumen getraue ich mich noch nicht.

Vielleicht schafft Ihr es ja nach Griechenland. Nicht nur, weil zahlreiche Fans dort eure Musik wohl aufs innigste lieben werden, sondern auch, weil ihr mit SONIC AGE RECORDS einen Businesspartner aus Hellas an Eurer Seite habt. Wie seid Ihr denn überhaupt mit diesen Herrschaften ins Geschäft gekommen?

Über einen Bekannten von uns, Bart Gabriel. Er hat die Single damals auch an SONIC AGE RECORDS geschickt und siehe da, es hat gefunkt. [lacht] Es wäre übrigens eine sehr interessante Angelegenheit für uns, in Griechenland auftreten zu können, da dort im Moment wohl der traditionelle Metal schwer angesagt zu sein scheint.

Traditionell musizierende polnische Metal-Bands sind bei uns leider noch recht unbekannt. Neben HELLFIRE fallen dem mitteleuropäischen Traditonsmetaller wahrscheinlich gerade noch TURBO oder CHAINSAW ein. Was gibt es denn sonst noch aus dieser Abteilung der polnischen Szene zu berichten?

Der Zusammenhalt innerhalb der Szene ist bei uns wirklich noch gegeben. CHAINSAW sind in der Tat eine phantastische Band, deren aktuelles Album ja auch bei Euch über SHARK RECORDS erhältlich sein sollte. Generell ist aber eher Black und Death Metal bei uns angesagt und Bands dieser Richtung schießen hier wie Pilze aus dem Boden. Die wenigen Bands unserer Stilrichtung pflegen aber eine recht intensive Freundschaft zueinander. Man organisiert Gigs, lädt sich gegenseitig dazu ein und Ähnliches mehr. Die intensivsten Kontakte diesbezüglich pflegen wir mit den ebenfalls aus Warschau stammenden Bands HORRORSCOPE und DRAGON'S EYE.
Was das Geschäft betrifft, gibt es kaum Labels, die für Metal etwas übrig haben. Auch für den sonst recht populären Extrem-Metal sieht es da nicht viel besser aus. Unsere Plattenfirmen investieren lieber in ausländische Bands als in polnische.

Die alte Geschichte vom Berg und dem Propheten also. Was werdet Ihr den unternehmen, um Euch trotz der Ignoranz der polnischen Labels Gehör zu verschaffen?

Spielen, spielen, spielen. Am besten wäre es, jede Woche einen Gig absolvieren zu können, aber das ist leider unmöglich. Im Moment sind wir gerade dabei, einen geeigneten Bassisten zu suchen, um dann eine Polen-Tournee zu organisieren. Nebenbei haben wir auch schon zwei Songs für das nächste Album fertiggestellt, um die Fans zumindest mit einem weiteren Album erfreuen zu können.

Dann wollen wir den Herrschaften die Daumen drücken, daß sich ein Bassist finden läßt und HELLFIRE in weiterer Folge die Vorteile der EU-bedingten vereinfachten Ein- und Ausreise nützen können.

http://www.hellfireband.com/

hellfireband@o2.pl

Vorbereitung, Interview & Bearbeitung:
Walter Scheurer

HELLFIRE (PL) im Überblick:
HELLFIRE (PL) – Recoffination (Do It Yourself-Review von 2003 aus Online Empire 17)
HELLFIRE (PL) – Online Empire 24-Interview (aus dem Jahr 2005)
Soundcheck: HELLFIRE (PL)-Album »Requiem For My Bride« im "Soundcheck Heavy 81" auf Platz 34
Playlist: HELLFIRE (PL)-Album »Requiem For My Bride« in "Jahrescharts 2005" auf Platz 8 von Walter Scheurer
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