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"Doom Shall Rise III"-Festival

Göppingen, Chapel

15.-16.04.2005

Am 15. und 16. April läuteten die Glocken der Chapel zu Göppingen erneut die Doomfamilie zusammen, um beim dritten "Doom Shall Rise" zwei Tage lang Lavagenüsse zu verköstigen. Zwar war das Festival erstmals nicht im Vorfeld ausverkauft, weil man einige zusätzliche Tickets freigegeben hatte, und folglich konnten noch einige besonders langsame Zeitgenossen an der Abendkasse ihr Glück probieren. Dennoch waren auch anno 2005 erneut etwa 600 Doomer anwesend, was verdeutlichte, daß sich das "Doom Shall Rise" erfreulicherweise etabliert hat.
Fortschritte konnte man ebenso ausmachen, denn die Veranstalter hatten in besseres Licht investiert und organisatorisch lief alles völlig reibungslos ab, so daß in diesem Jahr keine Zeitverzögerungen eintraten.

LAHAR-Liveshot

Und so gehen die Holländer LAHAR pünktlich auf die Bühne, um das dritte DSR zu eröffnen. Die Band scheint tight eingespielt und die Musik wirkt kompakt, doch die Mängel sind ebenfalls unübersehbar: das Stageacting ist ziemlich lahm, den Stücken fehlt auf lange Sicht die entscheidende Abwechslung und Sänger Bert wirkt bei seinen Ansagen unbeholfen. Aber immerhin ist er mit einem extrem coolen Fifties-Mikro gesegnet, das chromverziert die Zuschauer anblitzt. Doch trotz dieses Funkelns wagt sich zu diesem Zeitpunkt noch niemand auf die oberste Altarstufe, so daß der Raum direkt vor der Bühne noch freibleibt.

WELL OF SOULS-Liveshot

WELL OF SOULS, die Band von Mitveranstalter Frank Hellweg, greifen ebenso wie MIRROR OF DECEPTION, die Truppe um den zweiten Mitorganisator Jochen Fopp, in diesem Jahr wie schon beim ersten DSR selbst aktiv ins Geschehen ein. Doch zuvor hatte es einige Umbesetzungen bei WELL OF SOULS gegeben: So hat Sänger Petro Kapakos nun auch den Baß übernommen, während man endlich einen festen Drummer gefunden hat: Sein Name ist Marco Schreiner, der vor zwei Jahren beim DSR-Auftritt von MIRROR OF DECEPTION ausgeholfen hatte. Aufgrund gesundheitlicher Probleme von Frank konnten die Band in den letzten Monaten nur zweimal proben, doch während dieser Sessions schaffte man es, jeweils einen neuen Song zu schreiben, so daß Petro stolz verkünden kann, daß man endlich nicht mehr nur die gleichen Songs anzubieten hat, die man schon seit etwa fünf Jahren live spielt. Doch trotz des Trainingsrückstandes gibt es keine Probleme bei WELL OF SOULS, die einen makellosen Gig spielen.

THE RIVER-Liveshot

Der nächste Auftritt wird von einer echten Rarität geprägt: Nicht nur daß Frauen in der Doomszene generell selten sind (obgleich sich unter den Besuchern des DSR III erstaunlich viele holde Weiblichkeiten befinden), so stellt Vicky als Sängerin eine um so größere Ausnahmeerscheinung dar. Von zierlichem Wuchs, so daß sie auch bei der LITTLE RIVER BAND hätte mitmachen können, vermag ihre Stimme einige Spitzen in den ansonsten eher trägen, sludgigen Doom von THE RIVER, bei dem die Gitarre bestenfalls noch ein Grollen von sich gibt, einzufügen. Zwar wirkt sie ein wenig schüchtern ebenso wie die ganze Band eher statisch agiert, aber dennoch sind zum jetzigen Zeitpunkt die Zuschauer direkt bis zur Bühne vorgeschritten.

MIRROR OF DECEPTION-Liveshot

Es ist zum einen erfreulich, daß es im Dienste der Abwechslung bei MIRROR OF DECEPTION wieder etwas songorientierter zur Sache geht, und zum anderen ist es noch viel erfreulicher, daß die Band einen phänomenalen Gig abliefert, der um Klassen besser ist als der Auftritt beim "Doom Shall Rise" vor zwei Jahren. Es ist überdeutlich, daß diese Konstellation, der anfangs ein wenig der Status einer Notlösung angehaftet hatte, zur mit Abstand stärksten MIRROR OF DECEPTION-Besetzung geworden ist. Auf jeden Fall spielt die Band so druckvoll, daß während des Sets das "Doom Shall Rise"-Banner teilweise herunterfällt und anschließend gleich ganz abgehängt wird. Doch die Zugaberufe, die erschallen, haben sind bestimmt nicht auf diesem Umstand zurückzuführen, sondern auf den brillanten MIRROR OF DECEPTION-Auftritt...

WARNING [GB, Harlow]-Liveshot

Zurück auf die Insel zu einer Band, die eigentlich überhaupt nicht mehr existiert: WARNING. Gottlob hatte die Band sich für das DSR überreden lassen, noch einmal gemeinsam auf die Bühne zu gehen, wobei das Trio offensichtlich einen immensen Spaß hat. Über diesen Umstand witzelt Sänger und Gitarrist Pat Walker ein wenig herum, weil beim letzten WARNING-Gig in Deutschland, der vor etwa vier Jahren stattgefunden hatte, sich ein Fan enttäuscht gezeigt hatte, daß die Musiker nicht depressiv genug gewirkt hätten. Mit ihren klassischen BLACK SABBATH-Klängen, die viiiel doomiger als die MIRROR OF DECEPTION-Epik ausgelegt sind, können WARNING spielend beim Publikum punkten: Die fünf überlangen Songs, die WARNING spielen - wobei man je zwei ineinander übergehen läßt, was den Endloseindruck der Songs noch mehr verstärkt - werden von den Anwesenden gierig aufgesogen, so daß man ohne eine Zugabe nicht davonkommt. Doch offensichtlich hatte man es nicht geschafft, mehr Songs einzustudieren, so die Briten einen der Songs wiederholen müssen.

THUNDERSTORM [I, Bergamo]-Liveshot

Obgleich es den ganzen Tag phänomenales Wetter war, setzt während WARNING ein Gewitter ein, so daß zum Abschluß des ersten DSR-Tages sowohl in als auch außerhalb der Chapel nur noch eins angesagt ist: THUNDERSTORM! Leider haben sich die Reihen schon ein wenig gelichtet, doch das läßt die Italiener in ihren Bemühungen nicht zurückstecken: Gitarrist und Sänger Fabio hat seine Bühnendynamik gegenüber früher noch mehr verstärkt und wenn er nicht am Mikro beschäftigt ist, tobt er wild bangend über die Bühne, während Basser Omar wie üblich für den ruhenden Pol sorgt. Doch auch Drummer Attilio kann sich fast nicht auf seinem Hocker halten und steht sogar während seines Spiels auf, um die Arme hochzureißen und das Publikum anzufeuern - was eigentlich nicht notwendig gewesen wäre, denn die DSRler gehen angesichts der späten Uhrzeit und der bereits vorherrschenden allgemeinen Müdigkeit hervorragend mit - doch die THUNDERSTORM-Jungs beweisen dadurch, mit welcher Leidenschaft sie ihre Musik leben.

GORILLA MONSOON-Liveshot

Wie schon im letzten Jahr im Falle ORODRUIN, startet auch der zweite Tag des DSR III mit einem echten Kracher: GORILLA MONSOON. Da sich die Doomgemeinde am vorigen Abend schon gut in Stimmung gebracht hat, gibt es heuer keine Schüchternheit bei der Annäherung an die Bühne. Doch die Leistung von GORILLA MONSOON hätte ohnehin jeden sofort magnetisch nach vorne gezogen: Supertight gespielt und mit energiegeladener Performance versehen kann die Band mit doomcorige Mucke im Sinne von CROWBAR & Co. überzeugen. Und geht dabei durchaus einige Risiken ein: Am Mikroständer ist ein Tierschädel (ich tippe mal auf Antilope) befestigt, so daß Sänger und Gitarrist Jack Sabbath ständig in der Gefahr schwebt, sich bei seinem wilden Stageacting die Halsschlagader an den Hörnern aufzuritzen. Am Ende des Gigs werfen alle drei Saitenbezwinger ihre Streitäxte auf die Bühne und gehen ab. Vermutlich ist ihnen klar, daß sie angesichts ihres hervorragenden Sets nochmal zu einer Zugabe gebeten würden und daher ihre Instrumente nicht unnötig mitschleppen brauchen. Und tatsächlich: Die Menge fordert stürmisch nach mehr, so daß die Dresdner GORILLAs zurückkommen, ihre Instrumente aufsammeln und ein weiteres Mal auf die Kacke hauen.

RISING DUST-Liveshot

Auch am zweiten "Doom Shall Rise"-Tag herrscht erstaunlich gutes Wetter, so daß draußen vereinzelte Doom-Picknicks abgehalten werden. Und so sind die Franzosen RISING DUST die Verlierer des umplättenden GORILLA MONSOON-Gigs: Vielen steht es nun eher nach einem Happen frischer Luft plus Relaxen, so daß in der Chapel so wenig los ist wie bei keiner anderen Band. Musikalisch versteht die Band aus Paris mit ihrem traditioneller Doom zu gefallen, aber das quasi nicht vorhandene Stageacting ist nicht dazu angetan, die wenigen Anwesenden zu mehr Mitmachleistung zu animieren.

BURNING SAVIOURS-Liveshot

Bühne frei für die "Boy Band of Doom": BURNING SAVIOURS! Die Schweden können die Befürchtungen entkräften, es würde im Doom keinen Nachwuchs geben: Die drei "Frontstreiter" sehen aus wie Milchbärte, so daß man ihnen ihr Lebensalter von unter beziehungsweise knapp über 20 Jahren fast nicht abnehmen will, während Drummer Martin Wijkström mit 27 Jahren der Bandopa ist. Natürlich merkt man BURNING SAVIOURS die Unerfahrenheit und Unsicherheit deutlich an - immerhin ist es erst der dritte Auftritt ihrer Karriere - doch die exzellente Stimme von Gitarrist Andrei Amartinesei und die hervorragenden Kompositionen im traditionellen Siebziger-Stil (mit der zugehörigen, blümchenverzierten Schlaghosen-Optik) lassen große Hoffnungen für die Zukunft aufkeimen: BURNING SAVIOURS könnten die kommende Doomband schlechthin sein!

THE GATES OF SLUMBER-Liveshot

Nun wird erstmals beim "Doom Shall Rise" 2005 das große Wasser gekreuzt, denn THE GATES OF SLUMBER aus Indianapolis sind gekommen, um zu beweisen, daß man in ihrer Heimatstadt nicht nur Vollgas à la "Indy 500" kennt, sondern es auch schön langsam angehen lassen kann: In der Mucke des Trios kann man viele SAINT VITUS- und TROUBLE-Einflüsse, aber ebenso viele normale Metalelemente entdecken. Konnten BURNING SAVIOURS zuvor mit ihrem jugendlichen Charme begeistern, liegen die Stärken von THE GATES OF SLUMBER woanders: Auch wenn das BURZUM-Shirt von Basser Jason McCash einen unguten Nachgeschmack hinterläßt, beweisen die Amis sich als professionelle Band, was sich fatal auf die Konsumverhalten vor der Chapel auswirkt. Der eingetrudelte Eisverkäufer findet trotz relativ angenehmen Wetters nur einen Kaufinteressenten. Nachdem er diesem eine Portion in die Tüte gewuchtet hat - natürlich gibt es drei zähflußkompatible Kugeln Schoookoooeis - trollt sich der Eisverkäufer of Doom wieder.

BEYOND BELIEF [NL]-Liveshot

Die Holländer BEYOND BELIEF stellen einen coolen Kontrast dar - in jeder Hinsicht: Mit ihrem geilen Doom-Death, der teilweise sogar als Doom-Thrash umschrieben werden muß, mischen sie das DSR ordentlich auf. Das Publikumsfeedback ist jedoch eher schizophren, denn vor der Bühne gibt es einige, bei denen die Mähne während des gesamten Auftritts nicht stillsteht, während in der restlichen Chapel eher Zurückhaltung angesagt ist. Auch optisch stechen die in Tarnhosen gekleideten Veteranen der Szene (immerhin existiert die Band schon seit 15 Jahren) mit ihren exzentrisch, nach alter BC RICH-Lehre geschnittenen Gitarren heraus; außerdem wird die Lichtshow weitaus düsterer als bei den anderen Bands gefahren und man setzt die Scanner sehr effektiv ein. Zu guter Letzt bitten BEYOND BELIEF ihren Landsmann, OFFICIUM TRISTE-Sänger Pim, als Gast auf die Bühne, um eine klasse Show abzurunden.

ISOLE-Liveshot

Die Schweden ISOLE können auf eine ähnlich lange Karriere wie BEYOND BELIEF zurückblicken, da die Kapelle ebenfalls schon seit 15 Jahren existiert, bis 2003 unter dem Namen FORLORN operierte und schon unzählige Demo-CDs veröffentlicht hat. Dennoch spielen ISOLE beim "Doom Shall Rise" ihren ersten Gig außerhalb von Schweden. Musikalisch gehen sie indes ganz anders zur Sache als ihre holländischen Kollegen: epischer Doom, der ungeheuer intensiv rüberkommt und die Doomer sofort gefangennimmt, so daß vor der Bühne wieder eine gute "Füllung" zu verzeichnen ist - was gewiß nicht daran liegt, daß Basser Henka mit freiem Oberkörper und geilem RICKENBACHER-Baß aufrockt... Ohne Frage - die Doom-Isolde kann rundum überzeugen.

PALE DIVINE-Liveshot

Nun steuert das DSR auf sein überseeische Finale zu: Die letzten drei Bands des heutigen Tages, PALE DIVINE, MAR DE GRISES und PLACE OF SKULLS, mußten allesamt den großen Teich überqueren, um bei dieser großartigen Doomparty dabei sein zu können.
So ziehen PALE DIVINE nach den äußerst bedächtig agierenden ISOLE die Geschwindigkeit wieder an. Gelegentlich könnte man fast schon von US-Power Metal mit Epic-Einflüssen von Bands à la BROCAS HELM und MANILLA ROAD sprechen. Eine Assoziation, die nicht allzu überraschend ist, da PALE DIVINE eine gewisse Nähe zu FALCON hegen: Drummer Darin McCloskey und Basser Perry Grayson (der uns auch von DESTINY'S END her bekannt ist und bei dem Europaabstecher von PALE DIVINE den etatmäßigen Bassisten Jim Corl vertritt) spielen nämlich bei beiden Kapellen, so daß sie bei FALCON an der Seite von US-Metal-Veteran Greg Lindstrom, bekannt von CIRITH UNGOL, zocken. Daher richtet Perry Grüße von Greg Lindstrom aus, weil FALCON ebenfalls fürs DSR III geplant gewesen waren (und eigentlich sogar eine zusätzliche PALE DIVINE/FALCON-Tour hätte stattfinden sollen), doch Greg aufgrund einer familiären Angelegenheit verhindert war und den Europatrip absagen mußte.
PALE DIVINE vergrößern zudem die Schar der Trios beim "Doom Shall Rise" 2005 (denn über die Hälfte der Bands agierte in Dreierbesetzung und bei den meisten war außerdem eine Flying V zu erspähen...) und präsentieren sich als tighte, hervorragend eingespielte Band, so daß sie dementsprechend hervorragendes Publikumsfeedback ernten.

MAR DE GRISES-Liveshot

Gewiß - ihre »The Tatterdemalion Express«-Scheibe bescherte uns schon ein emotionsgeladenes Hörerlebnis, doch daß MAR DE GRISES zum ultimativen Highlight des "Doom Shall Rise"-Festivals werden würden, war von vorneherein gewiß nicht abzusehen gewesen. So verwirrt zunächst der ungewöhnliche Anblick, daß Sänger Marcelo Rodriguez in der Bühnenmitte hinter dem Keyboard steht, doch kaum haben die Chilenen begonnen, wird klar, daß er definitiv etwas zum Aufstützen braucht, denn Marcelo versenkt sich so sehr in seine Musik, daß er ansonsten wahrscheinlich nach vorne übergekippt wäre. Er ist auch der Dreh- und Angelpunkt der kompletten Show, die von einer unbeschreiblichen Dynamik lebt: Innerhalb weniger Augenblicke werden wir in einer lauen Sommernacht von einer Geröllawine überrollt, um anschließend in Fluten aus Milch und Honig einzutauchen. Wer hätte gedacht, daß eine Doom-Death-Gothic-Epic-Mischung so unter die Haut gehen kann? MAR DE GRISES haben mit diesem Auftritt endgültig bewiesen, daß sie eine absolute Ausnahmestellung in der Szene einnehmen.

PLACE OF SKULLS-Liveshot

In diesem Jahr hatte sich für die DSR-Organisatoren die Headlinersuche als äußerst schwierig gestaltet, bis man dann endlich in PLACE OF SKULLS einen solchen küren konnte. Zwei Monate vor dem Festival wollte sich die Band dann allerdings auflösen, doch die DSR-Macher konntens PLACE OF SKULLS beknien, zumindest noch beim Festival aufzutreten. Ein dankenswerter Schritt, denn es scheint so, als hätte die Band noch einmal Blut geleckt und sei bereit weiterzumachen; zumindest ist während der Show mehrfach davon die Rede, daß die nächste Platte für 2006 angedacht sei.
Auch ohne Wino (ex-THE OBSESSED), der sich mittlerweile auf THE HIDDEN HAND konzentriert, können PLACE OF SKULLS ein attraktives Line-up anbieten: Victor Griffin (einst bei PENTAGRAM) konnte Dennis Cornelius von REVELATION für die Baßarbeit gewinnen. Daher erscheint es nur allzu logisch, daß bei der PLACE OF SKULLS-Show vor allem Musiker von anderen Bands vor der Bühne versammelt sind, um ihren Idolen zu huldigen. Wenngleich jene emotionale Dichte wie im Falle MAR DE GRISES nicht erreicht werden kann, bieten PLACE OF SKULLS auch für den Nichtmucker eine sehr gute Show, die einen amtlichen Schlußpunkt unter eine in allen Belangen wundervolle Veranstaltung setzt. Wir freuen uns auf die "Doom Shall Rise"-Fortsetzung im nächsten Jahr!


Stefan Glas

Photos: Stefan Glas


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