Alice Cooper
DOGS D'AMOUR
Sindelfingen, Glaspalast
30.11.2002
Alice köpft Britney!" So hätte die Schlagzeile in der BILD-Zeitung in der letzten November- beziehungsweise ersten Dezemberwoche 2002 lauten müssen. Während dieses Zeitraums tingelte Onkel Alice nämlich durch Deutschland und ließ die Klinge am Spears-Hals singen. Doch das war nicht alles. Und obgleich es kein großes Geheimnis ist, daß im Schwabenländle gerne gespart wird, hatte man keine Kosten und Mühen gescheut, um den Altrocker zusammen mit seiner kompletten Show in den Glaspalast nach Sindelfingen zu holen.
Gespart wurde woanders - nämlich an dem bei allen Personalchefs immer wieder beliebten Kostenfaktor "Personal". Die beiden Mädels an der Abendkasse glänzten durch Unfreundlichkeit und "Hier werden Sie garantiert nicht geholfen"-Einstellung und daß die Rechnung, über 2.000 Leute in weniger als einer Stunde durch zwei schmale Eingangstüren zu schieben, nicht aufgehen kann, sollte auch einem schwäbischen Konzertveranstalter klar sein. Dazu wurde an beiden Türen so intensiv durch- und untersucht, als würde man gleich auf der Bühne den amerikanischen Präsidenten persönlich bejubeln dürfen. Erst als der Zorn der frierenden Konzertbesucher in spe hochzukochen begann, immer lautere Sprechchöre zu vernehmen waren, befürchtete man wohl, es würde demnächst zu einer Revolte kommen, so daß man weitere Pforten öffnete und nun spaßeshalber die Besucher fast überhaupt nicht mehr kontrollierte. Die diesjährige Auszeichnung für unschlagbare Organisation geht an...
Obgleich die Wartenden nun quasi sintflutartig in die Halle strömten, gingen die DOGS D'AMOUR (die für die verhinderten L.A. GUNS eingesprungen waren, die ihrerseits wieder für die noch be...., äh verhinderteren CINDERELLA eingespringen wollten) dann auch planmäßig auf die Bühne, als noch ein nicht unbeträchtlicher Teil des Publikums die Hallenansicht von außen genießen durfte. Nicht, daß sie viel versäumt hätten, aber immerhin war bei den lieblichen Hunden ein Kuriosum am Baß zu bewundern: Share Pedersen von VIXEN bedient mittlerweile die hündischen vier Saiten - und sie war ein weitaus erfreulicherer Anblick als der reichlich verlebt aussehende Fronter Tyla. Ansonsten lagen die DOGS mit ihrem Ami-Rock genau im Mittelpunkt zwischen interessant und uninteressant - soll heißen: sie taten keinem weh, begeisterten aber auch nur wenige so richtig.
Dann war die Stunde des Meisters gekommen, und Alice Cooper entführte das Publikum nach "Dragontown", der gefährlichsten Stadt auf dem "Brutal Planet". Weder das Setup noch die Setlist unterschieden sich wesentlich von dem auf »Brutally Live« veröffentlichten Material, nur hier und da wurde ein Song durch einen brandneuen oder steinalten ausgetauscht - auf Material aus der Zeit Anfang der Achtziger mußte man (mal wieder) verzichten.
In der Begleitband gab es ebenfalls einige Änderungen (so saß an den Drums der ehemalige KISS-Trommler Eric Singer), die sich aber mehr optisch denn musikalisch bemerkbar machten, wobei die teilweise recht skurrile Optik natürlich auch ein Teil der Show ist. Vor allem der Bassist könnte mit seinem blau blinkenden Brust-Panel Darth Vader Konkurrenz machen! Sämtliche Frauenrollen während der Show wurden von Alices Tochter Calico Cooper übernommen, die sowohl im Lederoutfit als auch als Krankenschwester im wahrsten Sinne des Wortes eine gute Figur machte und von Papi mehrere Male um die Ecke gebracht wurde. Als sie dann im passenden Spears-Pepsi-Look auftauchte und "Hit me, baby, one more time" wimmerte, war es soweit: "Alice köpft Britney!"
Gelungen auch der Rauswerfer: Nach der Bandansage "Die Show ist beendet, ihr habt überlebt. Und nun geht!" war wohl jedem klar, daß es keine Zugaben mehr gibt, so daß alle Anwesenden - bis auf eine Person - der Aufforderung Folge leisteten. Unterhaltsame Show, die man mindestens einmal im Leben gesehen haben sollte.
Photos: Stefan Glas
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