DARE
WICKED SENSATION (D)
Offenbach, Hafenbahn
23.03.2002
Na also - Melodic Rocker sind doch nicht die vertrockneten Couch Potatoes, für die man sie immer hält, und die den Allerwertesten nicht hochkriegen, um bei einem Konzert abzurocken. Statt der befürchteten gähnenden Leere waren knapp 200 Melodiehungrige in die "Hafenbahn" gekommen. Freilich waren die Argumente für den abendlichen Konzertabstecher sehr gut, denn DARE hatten mit »Belief« eine der besten Melodic-Scheiben 2001 veröffentlicht und WICKED SENSATION hatten sich mit ihrem Debüt als einer der besten Newcomer auf der melodischen Metal-Schiene empfohlen.
WICKED SENSATION wurden auf der Tour offensichtlich fair behandelt: Man durfte 50 Minuten spielen, der Sound war gut und die Band hatte genug Licht, in dem sie baden konnte. Daran sollten sich DREAM THEATER mal eine kräftige Scheibe abschneiden und ihre Vorbands zukünftig nicht mehr zu Schattenwesen degradieren. Diese Voraussetzungen nutzten die routinierten Musiker von WICKED SENSATION und boten eine tighte Performance sowie erstaunlich sauberen Backgroundgesang. Daher erntete man nicht nur gute Resonanz vom Publikum, sondern wurde bei der DEEP PURPLE-Coverversion ›Perfect Strangers‹ gar mit Slips und BHs beworfen. Soviel Schlüpfrigkeit schien die Band zunächst etwas zu verwirren, doch dann gab Sänger Robert Soeterboek Gas und bewies, daß er mit seiner Coverdale-lastigen Stimme auch einem Ian Gillan gewachsen ist. Zumeist legten WICKED SENSATION jedoch ein eher schüchternes Auftreten an den Tag - völlig unnötig. Na los, Jungs! In Zukunft könnt Ihr ruhig mehr auf den Putz hauen, denn Ihr habt jetzt sowohl im Studio als auch auf der Bühne nachdrücklich untermauert, daß Ihr einer der zukunftsträchtigsten Acts in diesem Sektor seid.
Eigentlich war mit DREAMTIDE eine weitere Band angekündigt gewesen. Die neue Band von Fair Warning-Gitarrist Heiko Engelke wollte diese Dates als Warm-up für ihre Japantour nutzen. Da der Trip nach Fernost jedoch gecancelt werden mußte, sagten DREAMTIDE auch ihre Teilnahmen an dieser Gastspielreise ab.
Dann wurde die Bühne zur baßfreien Zone erklärt: eine Akustik- und eine E-Gitarre reichten DARE, um ihre Songs live umzusetzen. Daher fehlte zwar der amtliche Rumms in Bauch, doch bei DARE stehen nun mal die feinfühligen Melodien im Vordergrund. Folglich wäre wohl jeder passionierte Kopfschüttler kopfschüttelnd davongelaufen; alle anderen erlebten eine ergreifende Show ohne Hauruck-Taktiken. Zwar hatten DARE während der ersten beiden Songs noch ein wenig mit der Technik zu kämpfen, was darin gipfelte, daß das Mikro von Darren Wharton seinen Dienst versagte. Doch als eingespielte Band konnte man dieses Problem sofort aus der Welt schaffen, indem Gitarrist Andrew Moore einfach den Leadgesang für einige Takte übernahm. Da sich von Anfang an eine tolle Stimmung in der "Hafenbahn" breitmachte, spielten DARE ihren kompletten Set, während man an den letzten beiden Abenden einige Songs gestrichen hatte. Natürlich durften aufgrund Darrens Engagement bei THIN LIZZY Songs aus der Phil Lynott-Ecke nicht fehlen (wie Ihr der Setlist entnehmen könnt), doch am erfreulichsten war die spontane ›Whisky In The Jar‹-Zugabe. Dieser Bonus für gutes Abrocken sowie die Ausschnitte aus Beethovens ›Freude schöner Götterfunken‹, die man beim letzten, offiziellen Song einwob, waren genau das richtige Statement zu diesem Konzert.
Photos: Stefan Glas
|
||||||||||||||||
© 1989-2024 Underground Empire |