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  UE-Home → History → Heavy, oder was!? 75 → Rubriken-Übersicht → "Off The Board"-Artikel-Übersicht → LORDI-"Off The Board"-Artikel last update: 27.03.2024, 15:23:21  

”Y-Files”-Datasheet

Contents:  LORDI-"Off The Board"-Artikel

Date:  31.03.2004 (created), 24.01.2023 (revisited), 11.01.2024 (updated)

Origin:  HEAVY, ODER WAS!?

Status:  published

Task:  from paper to screen

Comment:

Diese Ausgabe stand für mich im Zeichen des Reisefiebers: zweimal Finnland, neben LORDI ging es noch zu ALTARIA, und das "Rock Station Festival" in der Türkei.

Nach der Livepräsentation etwa ein Jahr zuvor, bei der das Interview entstand, verdankte ich den Monstern also einen weiteren Besuch in Helsinki. Glücklicherweise ist mir eine Rahmenstory eingefallen, die den Studioreport eigentlich ganz lesenswert macht; das lag daran, daß ich in der Tat von einem solchen Schneemonster fast über den Haufen geschoben worden wäre, während ich von einem Plattenladen zum nächsten schnatterte, um begehrenswerte finnische Scheiben an Land zu ziehen.

 


 

Dies war eine der Stories, bei welcher der intern nur als "Head" titulierte Minibeitrag in der Kopfzeile abgedruckt wurde. Mittlerweile wurde kein Unterschied mehr zwischen der Plazierung auf einer rechten oder einer linken Seite gemacht, sondern das kleine Dekophoto stand nun immer auf der rechten Seite. Im vorliegenden Fall gab der Head folgendes preis:

LORDI-HEAVY-HeadHiili Hiilesmaa,
Producer des neuen LORDI-Albums,
produzierte auch zwei HIM-Alben.

 


 

Da bei den bereits im UNDERGROUND EMPIRE online veröffentlichten Artikeln bei der Portierung der HEAVY-Seiten nur ein kleines Thumbnail der HEAVY-Story zu sehen ist, von dem aus man zu der bereits veröffentlichten, meist umfangreicheren Version gelangt, soll diese kleine Graphik im Falle einer noch nicht online zu findenden Story nun hier auftauchen:

LORDI-Story

Supervisor:  Stefan Glas

 
 

LORDI

Monster haben anno 2004 wieder Hochkonjunktur! War die erste Zusammenrottung in den Jahren 2002/'03 beobachtet und mittels einer CD namens »Get Heavy« urkundlich gemacht worden, so ist man heuer in den finnischen Wäldern erneut seines Lebens nicht sicher. Dennoch kehrte unser glasiger Mitarbeiter wohlbehalten von der Listening Session zurück, um von der kommenden LORDI-Scheibe zu berichten. Vermutlich hatte er sich durchsichtig gemacht...

LORDI-Studiophoto

Chauffeur eines Minivans in Helsinki zu sein, ist ein Job, der nicht ohne Risiken auskommt: Zum einen sind die Straßenbedingungen in der verschneiten finnischen Hauptstadt bei weitem nicht so problemlos wie in Deutschland; statt Tonnen von Salz wird hier auf den Straßen und Bürgersteigen hauptsächlich Rollsplitt verstreut. Ansonsten werden Schnee und Eis mit "regulären" Schneepflügen, aber auch mit normalen Baumaschinen zur Seite geräumt - jedes Fahrzeug, das mit einem potentiellen Schneeschieber ausgestattet ist, wird im Winter zum Schneeräumen rekrutiert. Und es ist ein wahrlich abenteuerliches Bild, wenn ein solches Monstrum mit einem Affenzahn um die Straßenecke schießt, im letzten Moment vor parkenden Autos einen Haken schlägt, um diese millimetergenau zu umkurven. Dabei veranstaltet es einen Höllenlärm und versprüht Funken wie eine ganze Ladung Wunderkerzen, da die ganze Zeit über der Schieber ohne Rücksicht auf Verluste über den Asphalt schreddert.

Doch zurück zu dem Minivan-Fahrer: Der einfachste Teil seines heutigen Jobs bestand darin, die deutsche Journalistenmeute in deren Hotel aufzusammeln und trotz besagter Straßenbedingungen und umherschwärmender Kamikaze-Schneepflügen sicher ins "Finnvox"-Studio zu schippern. Diese Aufgabe erfüllte der freundlich lächelnde Mittfünfziger problemlos, doch man hatte ihm gegenüber schon erwähnt, daß es noch schlimmer kommen würde... Während er sich also anschickte, Kräfte zu sammeln, um den restlichen Tag zu meistern, erstürmten die Passagiere die geheiligten Räumlichkeiten des "Finnvox", wo sie von einer Bande Monster herzlich begrüßt wurden.

Doch bei genauerem Hinsehen konnte man eine gewisse Nervosität bei den Gastgebern erkennen: Immerhin wollten sie ihr zweites Album vorstellen, für das ein gewisser Erfolgsdruck auf der Band lastet. In ihrer Heimat konnten LORDI mit dem Debut ›Get Heavy‹ nämlich einen überraschend großen Erfolg verbuchen, und auch im Ausland konnte die Band mit ihrer Platte und den aufsehenerregenden Liveauftritten etliche Anhänger gewinnen.

Dabei können wir uns rühmen, die ersten zu sein, die das Vergnügen haben, in die neue LORDI-Scheibe hereinzuschnuppern: Die Band steckt nämlich noch mitten im Produktionsprozeß, so daß einige Songs, die wir zu Gehör bekommen, noch nicht gemischt sind und nur der kleinste Teil gemastert ist. Daher werden uns die Songs in mehr oder minder wahlloser Reihenfolge präsentiert und wahrscheinlich werden nicht alle zwölf Songs auf der CD auftauchen. Während sich die Monster in einer Studioecke zusammenkuscheln, um dann versonnen zu ihrem eigenen Erzeugnis mitzunicken, übernehmen Hände am Mischpult geistergleich die Kontrolle...

LORDI-Studiophoto

Es beginnt mit einem eher pathetischen Intro, bei dem die Hauptakteure des anstehenden Spektakels vorgestellt werden, bevor uns der erste Song wissen läßt: "Bring it on, the raging hounds return!" Neben dem hintergründigen Keyboard fällt vor allem der effektgeladene Mittelteil auf, was sich im Verlauf der nächsten Minuten als generelle Tendenz abzeichnet: LORDI haben sich stilistisch geöffnet. Im Gegensatz zum äußerst traditionell ausgerichteten ersten Album ist die Band experimenteller zu Werke gegangen, so daß hier moderne Effekte zum Einsatz kommen und die Songs eine größere Variabilität zeigen, was der Bandleader problemlos erklären kann: "Die erste Platte hatte ich komplett im Alleingang geschrieben. Doch jetzt hat jeder der Musiker Songs beigesteuert." Dennoch sind LORDI nicht von ihrem Kurs abgewichen, möglichst einfach strukturierte und eingängige Heavy Rocker in den Vordergrund zu stellen, wie der nächste Song ›Shotgun Divorce‹ verdeutlicht: Es handelt sich um eine coole Hymne, mit einer Ohrwurmgitarre am Anfang, einem harmonischen Gitarrensolo sowie einem eingängigen Refrain. Ähnliches trifft auch auf ›Blood Red Sandman‹ zu, das einem harten Anfang atmosphärische Chöre entgegenzusetzen hat. "Eigentlich hieß die Nummer mal ›Blood Red Santa‹ und erzählte die Geschichte von einem mörderischen Weihnachtsmann", grinst Lordi. "Doch unsere Plattenfirma hatte Bedenken, weil Weihnachtslieder nur einmal im Jahr Saison haben und ansonsten nicht im Radio gespielt werden." Nicht etwa daß der Song ernsthaft Chancen gehabt hätte, ›Stille Nacht‹ oder ›Jingle Bells‹ aus den X-Mas-Charts zu verdrängen, wollten LORDI für ihre erste Singleauskopplung kein Risiko eingehen, so daß der Song leicht umgestrickt wurde - weshalb der Videoclip, der gerade in Arbeit ist, bestimmt nicht weniger furchterregend ausfallen wird...

Mit der Aufforderung ›Pet The Destroyer‹ geht es weiter, doch es wird schwierig werden, hier in schmusige Stimmung zu geraten, da der Song sehr rhythmusorientiert ist und auf ein rohes Gerüst aufbaut. Von einem psychotischen Keyboard unterstützt, wirkt der Mitgrölrefrain wie eine Befreiung. Doch bevor es so weit ist, malträtiert Obermonster Lordi versehentlich den Hauptstromschalter des Studios, so daß schlagartig die Musik verstummt und der ganze Raum in Dunkelheit getaucht wird. Ob er nur seine eigene Musik nicht mehr ertragen konnte oder ob er die Dunkelheit ausnutzen wollte, um ein kleines Monstermassaker anzurichten, ihn in letzter Sekunde aber doch der blutige Mut verließ, sie dahingestellt. Im zweiten Anlauf schaffen wir es jedoch, den Track komplett zu hören. ›My Heaven Is Your Hell‹ besitzt einen ähnlich herausstechenden Chorus, wird aber ansonsten vom Baß und schneidenden Gitarren dominiert. ›Wake The Snake‹ legt dann noch einen drauf und entpuppt sich als die schnellste Nummer, die aber ebenfalls einen Refrain hat, der sich ins Hirn bohrt. Daher geht ›Children Of The Night‹ zur allgemeinen Abkühlung mit einem ruhigen keyboarddominierten Anfangspart an den Start; auch nachdem der Verzerrer angeworfen wird, bleibt der Track doomig und glänzt mit einem orchestral-mystischen Anstrich.

Der eröffnende Baß gibt die Richtung für ›Kalmageddon‹ vor, bei dem es sich um einen schleppenden und rhythmusorientierten Track handelt, der zudem von entzückenden "Horror-Keyboards" durchsetzt wird - der glatte Gegensatz zu ›Forsaken Fashion Dolls‹, das am ehesten an die erste Scheibe erinnert und glatt als ›Would You Love A Monsterman?‹-Nachfolger durchgehen könnte. Bei ›Fire in The Hole‹ geben indes Gesang und Baß den Ton an, so daß sich der Song zu einem amtlichen Groover entwickelt. Beim letzten Stück ›Haunted Town‹ zücken LORDI wieder einen Mitsingrefrain, der ebenso wie die hymnischen Bridge den atmosphärischen Song prägt.

Schon dieser erste Höreindruck verdeutlicht, daß LORDI offensichtlich den Spagat zwischen dem Festhalten am eigenen Sound und der notwendigen Weiterentwicklung geschickt gelöst haben, so daß sie ihre Fans nicht enttäuschen werden, aber zugleich Kontakt zu neuen Hörerschichten bekommen können.

LORDI-Studiophoto

Dann war es Zeit, wieder unseren Minivan-Fahrer zu belästigen. Da dieser jedoch vorgewarnt worden war, blickte er der Extrazuladung in Form von fünf furchterregenden Monstern relativ gelassen entgegen und startete in Richtung des Firmengebäudes der BMG Finnland, wo nach der vollzogenen Listening Session nun eine Watching Session angesagt war: LORDI haben nämlich die filmischen Erfahrungen, die ihr Oberhäuptling in der Vergangenheit gesammelt hat, genutzt und einen eigenen Film gedreht. Dieser wird der Erstauflage des LORDI-Zweitwerkes, für das mittlerweile »The Monsterican Dream« als Titel erkoren wurde, als Bonus-DVD beiliegen. Leider können wir den Streifen nur in Fragmenten begutachten, und vor allem die Special Effects-schwangeren Parts sind noch nicht fertiggestellt. Doch das weitgehend monsterfreie Setup des etwa halbstündigen Films reicht aus, um die grobe Storyline kennenzulernen: Die Hauptdarstellerin ist eine junge Frau, die sich als "Monsterforscherin" verdingt und im Zuge ihrer Arbeit mit dem LORDI-Trupp und dessen Arbeit Bekanntschaft macht. Zusätzlich zum relativ unblutigen Anfangsteil, serviert man uns als Appetizer (oder Appetitzügler - ganz wie man das persönlich bewerten mag) noch einige der Guts'n'Gore-Szenen heraus, die verdeutlichten, daß das LORDI-Movie gewiß ein Spaß für die ganze Familie sein wird...

Nachdem Lordi, der Initiator des blutig-lustigen Streifens, alle Fragen zur allgemeinen Zufriedenheit beantwortet hat, verabschiedet sich die Monstermannschaft, da das Demaskieren seine Zeit braucht und beim anschließenden Abendessen, zu dem die Plattenfirma geladen hat, Vermummungsverbot herrschen wird...

Kurze Zeit später war es auch für die Schreiberlinge Zeit aufzubrechen. Vor dem Gebäude erwartete uns wieder unser Minivan-Fahrer, ohne den wir uns den Aufenthalt in Helsinki mittlerweile nicht mehr vorstellen konnten. Doch er schien seltsam verändert und hatte ein überbreites Grinsen auf dem Gesicht. Auf dem Weg zurück zum Hotel darauf angesprochen, was seine Heiterkeit erregt habe, antwortete dieser: "Na, Ihr hättet mal den Gesichtsausdruck meines Kollegen sehen sollen, als Eure fünf Monsterkumpels auf ihn zukamen und sich dann in seinen Van quetschten. Den hat's glatt aus den Socken gehauen!" Wie man sieht - es ist nicht ungefährlich, in Helsinki Minivan-Fahrer zu sein. Vor allem, wenn die Monster in Rudeln auftreten.


Stefan Glas

Photos: Stefan Glas

LORDI im Überblick:
LORDI – Babez For Breakfast (Rundling-Review von 2010 aus Online Empire 45)
LORDI – Monstereophonic (Theaterror vs. Demonarchy) (Rundling-Review von 2016 aus Online Empire 68)
LORDI – Scare Force One (Rundling-Review von 2014 aus Online Empire 61)
LORDI – Sexorcism (Rundling-Review von 2018 aus Online Empire 75)
LORDI – To Beast Or Not To Beast (Rundling-Review von 2013 aus Online Empire 55)
LORDI – Zombilation - The Greatest Cuts (Rundling-Review von 2009 aus Online Empire 39)
LORDI – Heavy, oder was!? 68-Interview (aus dem Jahr 2003)
LORDI – Heavy, oder was!? 75-"Off The Board"-Artikel (aus dem Jahr 2004)
LORDI – Heavy 88-"Off The Board"-Artikel (aus dem Jahr 2006)
LORDI – Heavy 96-"Living Underground"-Artikel (aus dem Jahr 2006)
LORDI – Online Empire 15-Interview (aus dem Jahr 2003)
LORDI – Online Empire 20-Special (aus dem Jahr 2004)
LORDI – Online Empire 29-"Living Underground"-Artikel (aus dem Jahr 2006)
LORDI – Online Empire 48-"Living Underground"-Artikel (aus dem Jahr 2011)
LORDI – Online Empire 56-"Living Underground"-Artikel (aus dem Jahr 2013)
LORDI – Online Empire 69-Interview (aus dem Jahr 2016)
LORDI – Online Empire 89-Special (aus dem Jahr 2021)
LORDI – News vom 01.01.2006
LORDI – News vom 07.04.2006
LORDI – News vom 20.05.2006
LORDI – News vom 04.10.2010
LORDI – News vom 26.10.2010
LORDI – News vom 26.04.2012
LORDI – News vom 25.07.2012
LORDI – News vom 17.12.2012
LORDI – News vom 14.03.2019
LORDI – News vom 07.05.2022
Soundcheck: LORDI-Album »Get Heavy« im "Soundcheck Heavy, oder was!? 68" auf Platz 25
Soundcheck: LORDI-Album »The Arockalypse« im "Soundcheck Heavy 89" auf Platz 16
Soundcheck: LORDI-Album »The Monsterican Dream« im "Soundcheck Heavy, oder was!? 76" auf Platz 18
siehe auch: Die LORDI-Musiker als Darsteller im Film "Dark Floors", zu dem die Band auch einen Song beisteuert
siehe auch: LORDI-"Eurovision Song Contest"-Outing
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