UNDERGROUND EMPIRE the ONLINE EMPIRE-Titel
  UE-Home → History → US Metal Vol. 2 → Rubriken-Übersicht → Special-Übersicht → SACRED BLADE-Special last update: 11.12.2024, 10:02:25  

”Y-Files”-Datasheet

Contents:  SACRED BLADE-Special

Date:  19.10.1997 (created), 13.07.2022 (revisited), 18.03.2024 (updated)

Origin:  IRON PAGES-Verlag

Status:  published

Task:  from paper to screen

Comment:

Dieser Artikel gibt natürlich nur den Stand der Dinge bis zum Herbst des Jahres 1997 wider, als ich ihn verfaßte und das Buch dann im IRON PAGES-Verlag veröffentlicht wurde.

 


 

1999 erschien dann tatsächlich die Neuauflage von »Of The Sun + Moon«. Ab 2004 machte Jeff zusammen mit Ted unter dem Namen OTHYRWORLD weiter und veröffentlichte in »Beyond Into The Night Of Day« eine weitere Platte, auf der einige der alten SACRED BLADE-Stücke eingespielt wurden. Doch das war das letzte Werk von Jeff, der im März 2013 viel zu jung verstarb. Doch auch wenn es nicht sehr umfangreich war, enthält das Schaffen des Kanadiers einige der außergewöhnlichen Werke, die der Metal zu bieten hat.

Supervisor:  Stefan Glas

 
 

Sacred Blade

The Pilot (v, g)
Nascar (g)
Zed (b)
Pol (d)

Obwohl die Band SACRED BLADE bereits seit fast 20 Jahren existiert, gibt es nur verhältnismäßig wenig von ihnen zu berichten - aus Gründen, die im Verlauf dieses Artikels aufgedeckt werden sollen.

Dabei läßt sich die Sache ganz normal an. Im Mai 1978 gründet in Vancouver, Kanada, Jeff Ulmer die Formation SACRED BLADE. Zusammen mit Gitarrist Will Rascan, Basser Greg Chan und Drummer Paul Davis schreibt er in den ersten Jahren über siebzig Songs, wie er dem deutschen Fanzine ESCAPE gegenüber zu Protokoll gibt. Schon bald stehen die ersten Demos an: 1982 spielt man die Stücke ›Salem‹, ›Crystal‹ und ›Hammerhead‹ ein, und im darauffolgenden Jahr erscheint ein weiteres Tape mit ›The Enlightenment‹, ›Master Of The Sun‹ und ›Moon‹. Alle Stücke offenbaren eine supertalentierte Band, die einen Stil gefunden hat, der absolut neuartig ist: "Space Metal" titulieren SACRED BLADE ihre Musik. Die sphärischen Songs mit faszinierenden Melodien und intelligenten Arrangements lassen die Herzen des gesamten Undergrounds höherschlagen. Prompt erscheint noch 1983 der Song ›The Alien‹ auf »Metal Massacre IV«. Außerdem ist im gleichen Jahr ein Wechsel in der Besetzung des Raumschiffs "SACRED BLADE" zu verzeichnen: Im Mai 1983 kommt James Channing für Greg Chan.

Soweit ist anscheinend alles problemlos verlaufen, doch beim Start der Aufnahmen zur ersten Platte »Of The Sun + Moon« im September 1984 tauchen die ersten Sandkörner im Getriebe auf. Probleme mannigfaltigster Art im Studio haben zur Folge, daß die Platte erst eineinhalb Jahre später fertiggestellt wird. Was das französische Label BLACK DRAGON letztendlich im Oktober 1986 veröffentlicht, sind jedoch nur die Demos, die die Band für die Platte angefertigt hatte. Jeff erklärt: "Wir hatten unser Budget erschöpft, und unser Toningenieur wollte die Aufnahmen nicht fortsetzen. Schließlich kamen wir zu einem Toningenieur-Assistenten, mit dem wir die Aufnahmen beenden konnten und haben hastig gemixt, um das Album fertigzubekommen. Ich wollte dafür die Demos nochmals neu abmischen, aber kein Geld, kein Mix. Ich war zwar auch mit diesem Mix nicht zufrieden, aber da gab's nichts mehr zu ändern. Also haben wir die Tapes veröffentlicht, sie 'Album' genannt und schon waren sie an BLACK DRAGON unterwegs." [Quelle: Escape Nr. 8, S. 26] Kein Wunder, daß er 1991 im Rückblick sagt: "Wenn wir die Möglichkeit hätten, würden wir alles löschen und nochmal aufnehmen, denn wir kennen das Material jetzt viel besser als damals und können es somit auf einem weitaus höheren Standard vortragen." [Quelle: Underground Empire Nr. 4, S. 35] Jedoch offenbart diese Aussage zugleich einen Hauptcharakterzug von Jeff: Er ist ein Ultrapedant und Megaperfektionist, bei dem diese Eigenschaften so extrem ausgeprägt sind, daß es als krankhaft bezeichnet werden muß, wie sich im Verlauf der nächsten Jahre noch herausstellen wird.

»Of The Sun & Moon« ist allen Problemchen zum Trotz ein überragendes Album. Die Kompositionen sind erstklassig und scheinen ihrer Zeit weit voraus. Hinzu kommt der faszinierende Background der Scheibe: »Of The Sun + Moon« fußt auf einem Science Fiction-Buch namens "The Seven Moonz Of Xercez", das der Feder von Jeff Ulmer entstammt. Daher geben sich die Musiker die Künstlernamen "The Pilot", "Nascar", "Zed" und "Pol" und spielen die Rolle von Außerirdischen, die auf der Erde bruchgelandet sind. Ebenso lernt man nun zum ersten Mal einen netten, geradezu schrulligen Spleen von SACRED BLADE kennen: Alle endständigen "s" in Songtiteln, Texten oder gar Musikernamen wandeln sie zu einem "z", was schon bald ein Markenzeichen der Kanadier wird. Multitalent Ulmer hat darüberhinaus auch das wunderbare Cover der Platte gemalt. Er entpuppt sich mehr und mehr als der einzige Motor von SACRED BLADE, und daher erscheint es als kaum tragisch, daß noch bevor die Platte erscheint, Will Rascan und Paul Davis nicht mehr zur Crew von SACRED BLADE gehören. Im Juni 1986 befördert man Drum-Roadie Ted Zawadzki zum hauptamtlichen Stockschwinger, während die Stelle des zweiten Gitarristen über Jahre verwaist bleibt.

In einem Interview erzählt Jeff, daß man zusammen mit »Of The Sun + Moon« bereits die zweite Seite des nachfolgenden Albums aufgenommen hätte. Ergo - eigentlich müßte die zweite Platte schon bald folgen, zumal die erste Seite auch bald steht: Jeff hat aus der Unmenge alter Songs Ideen extrahiert und sie zu dem Song ›Seven Moonz Of Xercez‹ synthetisiert. Kein Wunder also, daß diese Nummer, die als Titeltrack für die Platte fungieren soll, aus 17 Parts besteht, die zusammen eine Spielzeit von 28 Minuten erringen. Das Fieber der Erwartung grassiert binnen kürzester Zeit unter den Anhängern, die die Band rund um den Globus erhalten hat. Jedoch weiß man heute, daß nie wieder eine neue SACRED BLADE-Platte erscheinen wird und das obwohl »Seven Moonz Of Xercez« unzählige Male im Homestudio, das Jeff sich nach und nach zusammengestoppelt hat, aufgenommen wird. Jedoch ist Jeff in seinem perfektionistischen Wahn nie "ganz zufrieden": mal stimmt der Gesang nicht hundertprozentig oder die Gitarre hätte können etwas dynamischer gezupft werden oder aber die Windrichtung war am Tag der Aufnahme nicht die richtige. Dennoch wird Jeff nicht müde, in Interviews immer wieder zu versichern, daß die Platte, "bald erscheinen wird". So behauptet er Mitte 1989, "...ich hoffe, unsere zweite LP wird Anfang 1990 fertig sein" [Quelle: Rock Hard Nr. 34, S. 43], und im Februar 1991 läßt er verlauten: "Wir haben bereits vier verschiedene Demoversionen der Platte aufgenommen. Trotzdem war ich mit keiner dieser Versionen glücklich, so daß ich die vergangenen Jahre genutzt habe, um das Material zu überarbeiten. Auf jeden Fall sollte die LP Mitte 1991 erhältlich sein!" [Quelle: Underground Empire Nr. 4, S. 35] Doch auch dieses Versprechen kann er ebensowenig einhalten, wie alle anderen zuvor.

Da die Stimmung ob der Hinhaltetaktik langsam aber sicher von Begierde und Interesse in Richtung Zorn und Ignoranz gegenüber SACRED BLADE umschlägt, gibt Jeff das Material scheibchenweise preis. ›I C Eyez‹, ›The Transient‹ (eine Neubearbeitung des speedigen 1982er Demosongs ›Hammerhead‹), ›Perpetual Movementz‹ und ›Til Death Do Us Part‹ werden in der Demoversion aus dem Sommer 1988 per Tape veröffentlicht - logischerweise mit dem Titel »Seven Moonz Of Xercez«. Zwei Jahre später gibt es das nächste Appetithäppchen: die Demonstrationskassette »Advance Mix 1990«. Darauf ist erneut ›I C Eyez‹ zu finden, nun aber logischerweise in einer Aufnahme von 1990 und das Instrumental ›Cathedral Forest‹. Letztendlich bleiben beide Tapes nur ein schwacher Trost, und das verstockte Schweigen von SACRED BLADE ruft Bootleger auf den Plan. Da Jeff sich gegen eine CD-Veröffentlichung von »Of The Sun + Moon« wehrt - er will das Album logischerweise nochmal aufnehmen, was nahezu zwangsläufig bedeutet, daß die Scheibe nie in digitaler Version erscheinen wird - erscheint eines Tages in der "Reborn Classics"-Reihe ein ganz besonders fieser Bootleg: Unter dem Titel »Seven Moonz Of Xercez« wird ein Sammelsurium aus Songs von »Of The Sun + Moon« und eben jenen neuen Demos veröffentlicht. Kein Wunder, daß Jeff vor Wut geradezu platzt, als er erfährt, welchen Schindluder man mit seinem geistig-kreativen Eigentum getrieben hat, in das er Jahre seines Lebens investiert hat. Jedoch hat das völlige Ausbleiben von offiziellen Veröffentlichungen eine solche verabscheuungswürdige Schwarzpressung begünstigt, natürlich ohne diese nur im geringsten zu rechtfertigen. Dennoch beginnt Jeff Ulmer jetzt endlich verstärkt, an dem Re-Release von »Of The Sun + Moon« zu arbeiten: In der siebzehnten und letzten Ausgabe des deutschen Fanzines THUNDERBOLT gibt er bekannt, daß er von den Originalbändern von »Of The Sun + Moon« eine limitierte Auflage von 2.000 CDs hat pressen lassen. Zugleich rechnet Jeff mit Hilfe dieses Artikels mit den Raubkopierern ab.

Dabei ist der gute Mister Ulmer alles andere als faul. Zum einen bringt er die x-te Version von ›Seven Moonz Of Xercez‹ zu Band und schreibt neue Songs, so daß er in einem Interview beiläufig erwähnt: "Mittlerweile haben wir bereits ein Demo mit 14 Songs für die dritte Platte, einiges für die vierte und bald bin ich wohl beim siebten angelangt." [Quelle: MORTAL SIN Nr. 10, S. 4] Er betreibt weiterhin seine Grafik-Agentur und beginnt sogar, im heimischen Studio andere Bands zu produzieren. Jeff arbeitet mit der Band ANESTHESIA, von der er dermaßen angetan scheint, daß er Split-Tapes verschickt, auf denen sich neben dem eigenen »Seven Moonz Of Xercez«-Demo auch das »In Your Face«-Demo von ANESTHESIA befindet. Außerdem arbeitet er mit einer Band namens GENGIS KHAN, die später mithelfen, SACRED BLADE zu komplettieren. Als nämlich die beiden GENGIS KHAN-Gitarristen ihre Band verlassen, nimmt einer der beiden, Randy Robertson, die vakante Gitarrenposition an Jeff Ulmers Seite ein.

Das wahrscheinlich letzte Lebenszeichen von SACRED BLADE gibt's im Frühjahr 1993: THUNDERBOLT-Boß Jürgen Tschamler besucht auf einem Amerikatrip kurzerhand die Band in Vancouver und bringt dabei die interessante Neuigkeit mit, daß Jeff derweil sogar begonnen hat, sein eigenes Bier zu brauen. Bei konkreten News über die neue Platte muß er jedoch passen. Dennoch bestätigt Jeff, daß es sich quasi nur noch um Augenblicke handeln kann: "Jetzt sind wir aber soweit, daß wir stark daran arbeiten, endlich ein neues Album herauszubringen." [Quelle: THUNDERBOLT Nr. 16, S. 22]

So bleibt nur noch auf eine Ankündigung aus der vierten Ausgabe des bandeigenen Newsletters "Moonwatch Commandscript" hinzuweisen: Dort erläutert Jeff, daß »Of The Sun + Moon« eigentlich das zweite SACRED BLADE-Album sei, denn es würde bald ein Album namens »Memory Cloudz« geben, welches dem brachliegenden Material aus den Jahren 1978 bis '84 Rechnung tragen würde, das nicht in den Gigasong ›Seven Moonz Of Xercez‹ eingegangen ist. Doch auch diese Ankündigung wartet bis heute auf ihre Realisierung.

Bedenkt man all' diese Punkte, so muß es als glückliche Fügung des Schicksals angesehen werden, daß überhaupt jene eine SACRED BLADE-Platte erschienen ist, wenngleich sie nicht in der von Jeff angestrebten hundertprozentig perfekten Form vorliegt.

Jeff Ulmer zum derzeitigen Stand seiner verschiedenen Projekte: "Die remasterte Version von »Of The Sun + Moon« ist noch nicht erhältlich. Ich mußte viele Dinge überarbeiten und warte noch auf ein Software-Update für mein Studio, um die Version endgültig abschließen zu können." Doch es wird noch eine weitere Version von »Of The Sun + Moon« geben: "Ted und ich nehmen gerade »Of The Sun + Moon‹ nochmals komplett neu auf. Wir haben versucht, all' die Kleinigkeiten zu bereinigen, die mich an der 1986er Version gestört haben. Der Unterschied zwischen der alten und der neuen Aufnahme ist kaum zu glauben," verspricht Jeff. Zudem wirbt er um Verständnis für die scheinbar endlosen Verzögerungen: "Ich habe mir ein digitales 56-Kanal-Studio aufgebaut und der Großteil meiner Zeit geht bei verschiedenen Jobs drauf, um die Raten für diesen 'Luxus' abzuzahlen. Daher kann ich mich den Belangen von SACRED BLADE nur in meiner Freizeit widmen, wenn ich noch genügend Energie habe." Außerdem verkündet Jeff, daß Randy und James nicht mehr zum Line-up von SACRED BLADE gehören: "Dazu gibt es eigentlich nicht viel zu sagen. Die beiden spielten noch 1991 bei unseren letzten Liveauftritten mit, aber seither hatten sie nichts mehr mit der Band zu tun. Die beiden hatten nie eine Rolle beim Songwriting oder der Weiterentwicklung des Materials gespielt. Bei den Aufnahmen zeichne ich für Gesang, Gitarre und Baß verantwortlich, und Ted spielt die Drums. Randy und Jeff waren bei SACRED BLADE nicht mehr involviert und somit nicht mehr notwendig. Sobald wir wieder auf die Bühne gehen werden, werde ich neue Musiker anheuern." [Quelle: Interview des Autors mit Jeff Ulmer 10/1997]

Die Hoffnung auf neue alte SACRED BLADE-Produkte bleibt also bestehen, jedoch stellt sich die Frage, ob die SACRED BLADE-Anhänger gewillt sind, noch länger zu warten. Denn bei allem Respekt vor dem überwältigenden Talent Jeff Ulmers und seinem selbstverzehrenden Genie, sei die bescheidene Frage gestattet, was das alles nützt, wenn er nicht fähig ist, sein Werk mit seinen Freunden und Fans zu teilen, so daß sie sich daran erfreuen können!


Stefan Glas

LP:

»Of The Sun + Moon« Black Dragon 1986

unveröffentlichter Samplerbeitrag:

›The Alien‹ auf »Metal Massacre IV« LP Metal Blade 1983

 


››››› weitere Artikel über SACRED BLADE ›››››


 

Stop This War! Support The Victims.
Button: here