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Contents: DREAM THEATER/FATES WARNING-''Living Underground''-Artikel |
Date: 27.03.1995 (created), 10.07.2022 (revisited), 01.03.2024 (updated) |
Origin: HEAVY, ODER WAS!? |
Status: published |
Task: from paper to screen |
Comment: Nett finde ich bis heute die Bezeichnung Auch FATES WARNING konnte man zu diesem Zeitpunkt noch rundum genießen, was für mich bei der nächsten Tour nicht mehr der Fall war. Ich habe schon desöfteren durchblicken lassen, daß ich mit dem 1997er Nachfolgealbum »A Pleasant Shade Of Gray« nie warmgeworden bin. Ich kann mich noch bestens erinnern, daß ich auf der zugehörigen Tour, bei der das Album am Stück gespielt wurde, in der Offenbacher "Hafenbahn" stand und nur die Stirn runzeln konnte. Zum Glück war dies aber auch nur eine Momentaufnahme und FW-Shows stellen schon längst wieder eine pure Freude dar.
Da bei den bereits im UNDERGROUND EMPIRE online veröffentlichten Artikeln bei der Portierung der HEAVY, ODER WAS!?-Seiten nur ein kleines Thumbnail der HOW-Story zu sehen ist, von dem aus man zu der bereits veröffentlichten, meist umfangreicheren Version gelangt, soll diese kleine Graphik im Falle einer noch nicht online zu findenden Story nun hier auftauchen: |
Supervisor: Stefan Glas |
DREAM THEATER
FATES WARNING
Offenbach, Stadthalle
10.02.1995
Da zog es also wieder durch die deutschen Landen, das Traumtheater, mit ihrem bis dato wahrscheinlich am wenigsten genialen Meisterwerk »Awake« im Gepäck, von nicht wenigen sehnlich erwartet, wie die gut gefüllten Hallen der "Waking Up The World"-Tour auf dem Zwischenstop in Deutschland zeigten.
Ein Abend der nicht ausschließlich positiven Gefühle sollte es werden. Schon der hocherfreute Blick auf den Merchandisestand mit der Feststellung, daß es neuerdings mit den T-Shirts bei 40 DM anfängt und bei den Sweatshirts mit 70 DM aufhört, ließ mein Gesicht ganz schnell die Farbe wechseln. Es kann also kein Zweifel mehr daran herrschen, daß die Metalfans mittlerweile nach den Autofahrern zu Deutschlands liebsten Melkkühen deklariert wurden. So geht's eben, wenn der szene-eigene Geldadel merkt, daß sich mit einer Band Kohle machen läßt. "Boykott" lautet da die einzig sinnvolle Alternative!
Doch wollen wir uns den Klängen des Abends zuwenden. Da hatten sich DREAM THEATER ein echtes Highlight als Special Guest eingeladen, das wir in Deutschland schon so lange entbehren mußten, so daß die Erwartungen an FATES WARNING sicherlich hoch gesteckt waren. Während ich mich noch fragte, wie man sich als Band fühlt, wenn man dankbar sein darf, im Vorprogramm einer Band spielen zu dürfen, die gerade an ihrem ersten Demo arbeiteten, während man selbst gerade die dritten Platte veröffentlicht hatte, eröffneten FATES WARNING ihre Show, und der ultraschlechte Sound wirkte sofort wie ein Schlag in die Magengrube. Leider sollte sich dieser Umstand im Verlauf des Sets nicht merklich bessern, ebenso wie man zugeben mußte, daß Ray Alder stimmlich nicht den besten Abend erwischt hatte. Dennoch legten FATES WARNING einen guten Gig hin, und man merkte der Band an, daß sie sich freuten, wieder vor deutschem Publikum spielen zu können. Für etwas Verwirrung sorgte jedoch die Setlist des Quintetts. Nicht nur, daß man die nach nahezu jedem Song aufbrandenden "Guardian"-Rufe konstant ignorierte (wahrscheinlich, weil es laut eigenen Aussagen nicht mehr gut genug ist...), sondern auch ansonsten war die Songauswahl etwas unerwartet, allein schon weil es mir verdächtig erscheint, wenn eine Band bei einem Gig Material spielt, das zu 70 Prozent nicht vom aktuellen Album stammt. Unterstreichen sollte man noch das freundschaftliche Verhältnis beider Bands, denn wo sonst sieht man, daß der Drummer des Headliners dem Gitarristen des Openers die Akustikgitarre auf die Bühne bringt, so geschehen bei diesem Gig, als Mike Portnoy bei ›Monument‹ für Jim Matheos Gitarrenroadie spielte. Sicherlich alles andere als ein Flop, aber - hatten wir FATES WARNING nicht schon mal besser erlebt?
Dem Headliner himself schlug schon beim Opener eine Welle der Sympathie entgegen, so daß einfach nichts anbrennen konnte. Einzig ernüchternd war die Erkenntnis, daß beim DREAM THEATER-Publikum mittlerweile schon das "PINK FLOYD-Syndrom" seinen Einzug gehalten hat. Rund um mich herum standen erschreckend viele Leute, die nur anwesend waren, "weil es in ist, auf DREAM THEATER zu gehen" beziehungsweise die mindestens genauso schlimme Variante, die von sich behaupteten - ich zitiere - "Ich hab' mal 'n Video von denen gesehen. ›Pull Me Under‹. War ganz gut. Also dacht' ich mir, gehst auf's Konzert, aber das is' ja total scheiße hier. Na, sauf' ich eben 'n bißchen mehr!" Leute, denen noch nicht mal in Ansätzen die Genialität dessen, was sich vor ihren Augen abspielte, bewußt wurde. Traurig, sehr traurig! Was soll man ansonsten noch zu DREAM THEATER sagen, deren Leistungen alle Worte zu Schall und Rauch verfliegen lassen? Nun, man sollte die effektvolle, aber nicht überladene Lightshow erwähnen, auch wenn die Spots, die einem bei nahezu jedem Refrain ins Gesicht knallten, tierisch nervten. Die Höhepunkte des Konzertes waren, mal abgesehen von Ober-Coolman Mike Portnoys freier Variation von ›Raining Blood‹, immer da zu suchen, wo die Band von den vorgetrampelten Pfaden der CDs wegkam und sich stattdessen lieber entweder solistisch oder beim gemeinsamen Improvisieren ihren Instrumenten widmete, während gleichzeitig die anwesenden Musiker (etwa 50 Prozent des Publikums...) auf den hinteren Rängen begannen, ihre eigenen Instrumente rituell zu verbrennen. DREAM THEATER zeigten sich eindeutig gereift gegenüber den letzten beiden Touren, wobei besonders Sänger James LaBrie deutlich sicherer über die Planken wankte. Man zeigte mehr Mut zum Risiko, hatte mehr Überraschungen in petto wie beispielsweise in Form der ersten Zugabe ›Perfect Strangers‹, bei der ich höchst überrascht feststellen mußte, daß man auch zu DEEP PURPLE headbangen kann. Okay, man hätte sich sicher noch ein Stück von der ersten Scheibe, ›A Change Of Seasons‹ in der extended version oder eine Coverversion von ›You're My Heart, You're My Soul‹ gewünscht, aber man kann ja schließlich nicht alles haben, und so sollte man es bei diesen höchst gelungenen 120 Minuten belassen.
Photos: Stefan Glas
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