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”Y-Files”-Datasheet

Contents:  "Time For A Change"-Benefizfestival -''Living Underground''-Artikel

Date:  10.03.1996 (created), 27.06.2022 (revisited), 27.06.2022 (updated)

Origin:  FEEDBACK

Status:  published

Task:  from paper to screen

Comment:

Livekonzerte hatten einen ganz besonderen Stellenwert beim FEEDBACK, was auch darauf zurückzuführen war, daß Herausgeber Jens Vollmer selbst Musiker war und darüber hinaus auch viele Musiker unter den freien Mitarbeitern waren. Somit waren dies Leute, die auch selbst auf den lokalen Bühnen zugange waren. Daher war auch ein umfangreicher Konzertkalender quasi das Herzstück des FEEDBACK.

Zudem traten bei diesem Benefizfestival einige der interessantesten neuen Bands aus der Kaiserslauterer Szene auf, so daß man mich nicht zweimal bitten mußte, die Show zu besuchen.

P.S.: Das erwähnte Projekt, das an diesem Abend seinen ersten Auftritt absolvierte, waren natürlich SYSTEM\EYES - auch wenn die Truppe zu diesem Zeitpunkt eben noch keinen Namen hatte.

Supervisor:  Stefan Glas

 
 

"Time For A Change"-Benefizfestival

Kaiserslautern, Kammgarn

03.1996

Im Programm der "Kammgarn" mysteriöserweise als "Death Metal-Festival" ausgewiesen, ging am Abend jenes Tages, der die ersten Frühlingsanzeichen präsentiert hatte, in Kaiserslauterns Kulturzentrum ein Festival von der Bühne, bei dem eigentlich kein einziger reinrassiger Death Metal-Act zu sehen war. Dafür sollte es ein Abend der Besonderheiten werden, wie er kontrastreicher und vielleicht auch widersprüchlicher kaum sein konnte. Zugleich präsentierte sich an diesem Abend der Tierschutzbund von Kaiserslautern, dem zwei Mark des Eintrittspreises zugutekamen.

Als erste Band gingen DIVIDING HORIZONS auf die Bühne, um einen der letzten Auftritte mit ihrem Keyboarder Jörg Enke zu absolvieren. Wie Gitarrist Steffen Krüchten erklärte, steckt die Band momentan in einer kreativen Talsohle, so daß man DIVIDING HORIZONS vorerst auf Eis gelegt hat. Daher wird die Band erst wieder im Spätherbst aktiv werden. Vorerst wird man sich auf ein Projekt zusammen mit Musikern der Band ODIOUS konzentrieren. Zum Abschluß des Konzertreigens kam dieses noch namenlose Projekt noch zu Ehren. Bei DIVIDING HORIZONS traten die bandinternen Probleme auch auf der Bühne zutage, so daß der Funke kaum überspringen wollte und die Band mehr pflichtbewußt als enthusiastisch ihre Songs darbot. Daher wird eine künstlerische Pause der Band gewiß guttun, denn in dieser Verfassung wird es nur schwerlich gelingen, die Fans zu überzeugen, wie man das auf der CD »Seizure« noch spielend geschafft hatte.

Deutlich heftiger wurde der Abend fortgesetzt, doch auch DARK, die an diesem Abend zugleich ihre CD-Release-Party feierten, können kaum dem echten Death Metal-Lager zugerechnet werden. Ihre Musik sollte vielmehr als Power Metal mit Gothic-Einflüssen und einem deathlastigen Gesang angesehen werden. Leider startete die Band mit einem grottenschlechten Sound, der jedoch schon bald in erträgliche Bereiche korrigiert wurde. Erwartungsgemäß ernteten DARK beim Publikum mit ihrem recht straighten Material den besten Zuspruch. Das Jungvolk vor der Bühne hopste und pogte was die Socken hergaben. Anfänglich verzagte Stagedivingversuche mutierten zur Manie, so daß phasenweise mehr Hüpfer als Fänger vorhanden waren, sehr zur Freude der anwesenden Unfall-Chirurgen. Auffällig, daß vor allem bei den vereinzelt fliegenden Frolleins besonders beherzt zugegriffen wurde. Man sollte sich also nicht wundern, wenn demnächst bei der Traumhochzeit zum Thema "Wie wir uns kennenlernten" die Mär von "Wir haben uns beim Diven getroffen" (im wahrsten Sinne des Wortes...) erzählt wird. Anyway - DARK boten einen mächtigen Auftritt und waren der Abräumer des Abends!

MURDER SHE WROTE-Liveshot

Der Bruch zur nächsten Band konnte kaum krasser ausfallen. MURDER SHE WROTE, die neue Band um Ex-THE END OF MUSIC-Sänger Axel Westrich, hatten mit irgendwelchen brachialen Kisten gerademal gar nichts am Hut. Die Musik baut vielmehr auf mystische Atmosphäre und eine natürliche Verrücktheit. Musik, die nicht in Worte zu fassen ist, die sich erfolgreich gegen jegliche Vergleiche wehrt, wie auch auf dem Demo zu bewundern ist, welches an jenem Abend zum ersten Mal präsentiert wurde. Optisch waren MURDER SHE WROTE die uneinheitlichste Band und boten von Narrenkappe bis Anti-Matte alle nur erdenklichen Schattierungen. Ebenso waren MURDER SHE WROTE (bei dem Bandnamen handelt es sich nebenbei um den englischen Originaltitel, des Miss Marple-Romans "12 Uhr Paddington") die passivste Band auf der Bühne. Lediglich Frontman Axel schien vor dem Gig zu viel Känguruhfleisch verspeist zu haben und hampelte in der ihm eigenen, charismatischen Art über die Bühne. Doch nicht nur musikalisch war die Band die Überraschung des Abends, sondern sie verstanden, dies auch showmäßig zu unterstreichen. Das Highlight hatte man sich für den Schluß aufgespart: beim überlangen ›Egypt‹, dem ausgereiftesten Song der Band, kam ein Feuerspeier auf die Bühne, der das Publikum besonders dadurch zum Erschauern brachte, daß er gleich mal seinen eigenen Bart mit in Flammen setzte. Ein wahrhaft außergewöhnliches Finish für eine außergewöhnliche Performance.

ODIOUS legten schließlich nochmal einige Härtegrade zu und sprachen mit ihrem kompliziert-verspielten, ja geradezu jazzigen Death Metal vornehmlich das Publikum an, das zuvor bei DARK für Action gesorgt hatte, bei MURDER SHE WROTE jedoch eher verwirrt beiseite gestanden hatte. Dementsprechend war die Publikumsresonanz erneut recht lebhaft, und es gab eine Menge Bewegung vor der Bühne. ODIOUS spielten den Gig in überzeugender Manier, so daß man in keinster Weise merkte, daß die Band einen Ersatz für ihren zweiten Gitarristen Andreas sucht und somit ebenfalls in einer Umbruchphase steckt.

DIVIDING HORIZONS-ODIOUS [D]-Projekt-Liveshot

Ohne Unterbrechung leitete man zum bereits erwähnten Projekt über und spielte ein Cover von FEAR FACTORY sowie ein eigenes Stück, das einige sehr interessante Ansätze enthielt. Es handelte sich dabei sozusagen um das offizielle (vorläufige) Ruhestands- und Fusionierungskonzert für DIVIDING HORIZONS und ODIOUS. Während also beide Stammbands versuchen, ihre Besetzungslisten zu komplettieren und neuen Schwung zu sammeln, wird man mit dem Projekt experimentieren und will schon möglich bald per Tonträger präsent sein.

So endete ein gelungener Abend, der für jeden etwas zu bieten hatte und zugleich Zündstoff für die kommende Zeit offenbarte, so daß wir uns auf einige interessante Explosionen freuen dürfen. Dann endlich räumten die Anwesenden das Terrain, um den Saal den "umtz-umtz-umtz"-Tekkno-Rhythmen des "Basement" zu übergeben.


Stefan Glas

Photos: Stefan Glas


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