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”Y-Files”-Datasheet

Contents:  PRODIGY (US, FL)-Interview

Date:  14.01.1993 (created), 24.04.2022 (revisited), 24.04.2022 (updated)

Origin:  UNDERGROUND EMPIRE 7

Status:  unreleased

Reason:  time-out-error

Task:  revitalize

Comment:

Nachdem UNDERGROUND EMPIRE 7 endlich komplett online ist, steht nun die "Nacharbeit" an: Während des Transfers sind nämlich diverse Texte aufgetaucht, die in der gedruckten Ausgabe nicht verwendet werden konnten, so daß sie nun in die "Y-Files" einsortiert werden.

 


 

Während UNDERGROUND EMPIRE 7 entstand machten auch PRODIGY eine Menge Veränderungen durch, wie man auch der endgültigen Story entnehmen kann, die in der Printversion unter dem späteren Bandnamen ORACLE erschien. Dies ist die ursprüngliche Version des Interviews, das vor allem an die Namensänderungen zu LEGION, dann zu THRESHOLD und schließlich zu ORACLE angepaßt wurde.

Supervisor:  Stefan Glas

 
 

PRODIGY (US, FL)-Logo

In dieser von Mißgriffen gezeichneten Szene gibt es doch immer mal wieder ein paar freudige Nachrichten. Eine davon lautet folgendermaßen: MASSACRE RECORDS, die mittlerweile zusammen mit DREAM CIRCLE RECORDS als das Label mit dem größten Durchblick gelten müssen, haben PRODIGY gesignt und werden zunächst mal ihr »As Darkness Reigns«-Tape, welches von der gesamten UNDERGROUND EMPIRE-Redaktion als obergut befunden wurde, in rundem Format veröffentlichen, woraufhin man dann neue Taten anstreben will. Dies erzählte mir Brent Smedley, der, wenn er gerade nichts Dummeres zu tun hat, sich als Gitarrero eben jener Florida-Combo PRODIGY betätigt, in einem Brief, den er mir schrieb, damit sich das Interview in seinem Umschlag nicht so einsam fühlte. Ach richtig - Interview...

Was ist denn eigentlich so wunderbar an PRODIGY, wie das Euer Bandname offensichtlich suggerieren will?

"PRODIGY" bedeutet für uns "etwas unglaublich Gutes" oder "ein herausragendes Talent", und wir fühlen, daß wir diesem Namen gerecht werden können, nach all' den Proben, der harten Arbeit und der Energie, die wir der Band und der Musik gewidmet haben. Wir sind alle geschulte Musiker von einem sehr jungen Alter an, und das beeinflußt unsere Musik. So gibt es viele Jazz-, Klassik- und auch Funk- und Grooveeinflüsse in unserer Musik. Wir denken nicht, daß es einfach "nur" Heavy Metal ist. Es steckt ein bißchen von allem drin!

PRODIGY [US, FL]-Bandphoto

Was waren Eure Beweggründe, ein Demo mit einer solchen Länge zu veröffentlichen?

Wir hatten zuerst ein 4-Song-Demo eingespielt, dessen vier Songs auch alle auf »As Darkness Reigns« stehen, aber die Aufnahmen waren nicht besonders gut ausgefallen, zumal wir kein gutes Studio gewählt hatten. Also beschlossen wir, daß wir einen Schritt weitergehen und ein Album aufnehmen sollten, welches wir dann versuchen würden, in Eigenregie zu verkaufen. Wir wurden damals von keiner Plattenfirma berücksichtigt, wollten aber den Ball zum Laufen bringen, und zugleich wollten wir den Leuten etwas bieten können, das einen echten Gegenwert für ihr Geld darstellt. Dieser Entschluß half uns schon allein insofern, daß wir mit Hilfe des Tapes die "Jammy Awards" gewannen und als Floridas beste Heavy Metal-Band gewählt wurden. Jetzt da wir gesignt sind, können wir also »As Darkness Reigns« zunächst mal veröffentlichen, während wir momentan schon an unserem nächsten Album arbeiten.

Was können wir von dem neuen Album erwarten?

Die Stücke sind mehr fokussiert, was wahrscheinlich eine natürliche Weiterentwicklung ist, da wir mittlerweile viel bessere Songwriter sind. Zudem ist zu berücksichtigen, daß wir die Stücke von »As Darkness Reigns« geschrieben hatten, bevor unser Sänger Bill zu uns kam. Und so wurden die Songs mehr als Instrumentalstücke geschrieben, ohne wirklich Gesangslinien zu berücksichtigen. Da wir seither eng zusammenarbeiten, bilden die Songs auch eine bessere Einheit.

Den ersten Schritt habt Ihr mittlerweile getan, aber wie gut würdet Ihr Eure Chancen einschätzen, mit Eurer Musik mal Euren Lebensunterhalt zu erwerben?

Wir müssen unsere Chancen als sehr gut ansehen, denn wenn wir das nicht täten, würden wir nie und nimmer so viel Energie und Zeit in die Band investieren. Man kann einfach nicht seine komplette Zeit in etwas investieren, ohne dir davon zu erhoffen, daß du auch etwas davon zurückkriegen wirst! Und wenn du nicht erwartest, daß du davon etwas kriegen wirst, dann wirst du nichts davon kriegen, weil du dann nämlich nicht 100 Prozent hineininvestierst und somit das Resultat nicht so gut wird, wie es sein könnte. Man muß realistisch sein, aber ganz speziell in diesem Business muß man auch sehr optimistisch sein!

Florida ist bekanntlich immer noch ein Schmelztiegel für Death Metal jedes Härtegrades und jeden Qualitätsniveaus. Gibt es eigentlich noch andere Bands, die ähnliche Musik wie Ihr spielt?

Das Death Metal-Mekka in Florida ist zweifelsohne Tampa, aber es gibt auch sonst in Florida überall ziemlich viele Death Metal-Bands, auch hier rund um Jacksonville. Allerdings gibt es hier bei uns keine andere Band, die uns stilistisch irgendwie ähnlich wäre, und wir fühlen uns auch sehr wohl dabei, daß es hier anscheinend niemand gibt, der das tun kann, was wir tun. Ein weiterer Grund, weshalb wir uns PRODIGY nennen.

Man kann sagen, daß die Death Metal-Welle ihren Zenit überschritten hat. Wie beurteilt Ihr das, wenn Ihr Euch die Szene direkt vor Eurer Haustür anschaut?

Da sind die Meinungen in der Band geteilt. Der Death Metal ist hier eine Underground-Geschichte, aber diese Musik erhält mehr Beachtung, da mittlerweile auch größere Labels die Musik etwas ernsternehmen. Gerade hat die erste Death Metal-Band einen Majordeal unterschrieben. Kenn glaubt, daß dieser Trend weitergehen wird, da er einen starken Rückhalt im Underground hat, während Bill der Meinung ist, daß Death Metal nicht mehr sehr lange existieren wird, ebenso wie sich der christliche Metal nicht durchsetzen konnte, weil niemand das gleiche Thema wieder und wieder vorgekaut kriegen will. Vielleicht kriegen einige Bands große Deals, aber wenn sie in der Szene bleiben wollen, werden sie sich verändern und mehr anpassen, ähnlich wie das auch METALLICA oder MEGADETH getan haben.

Habt Ihr schon mit Death Metal-Bands gespielt, und wie hat das Publikum auf Euch reagiert?

Ja, wir haben schon mit einigen Death Metal-Bands gespielt, und wir sind mit ihrem Publikum eigentlich immer sehr gut zurechtgekommen. Ein Großteil unseres Materials ist sehr heavy und das schien das Publikum anzusprechen. Prinzipiell denke ich, daß wir mit jedem Publikum zurechtkommen werden, da wir eine sehr gute Liveshow haben.

In Eurer Thanks-Liste dankt Ihr allen "real metal bands". Definiere den Begriff doch mal!

"Real metal bands" sind für uns Bands, die ihr Herz bei der Sache haben, die sie machen und an das glauben, was sie spielen und nicht mit einer Welle schwimmen und sich einem Stil anpassen.

Mir ist aufgefallen, daß Eure Songs keine richtig hervorstechenden Refrains haben. Ist das Absicht oder gar ein wichtiges Songwritingprinzip für Euch?

Wie wir schon vorher erwähnt hatten, kam Bill zu uns, als schon das gesamte Material stand, was der Grund dafür sein könnte. Als Bill dann in die Band kam, änderte er die Songs etwas, um die Gesangslinien besser einzupassen, aber damals kannten wir uns noch kaum, und alles war sehr experimentell. Jede Band muß einige Jahre experimentieren, wenn sie etwas taugen wollen. ›Paradise‹, ›As Darkness Reigns‹ oder ›Nightmares‹ haben Refrains, die sich recht deutlich vom Song abheben, aber andere haben überhaupt keinen regelrechten Chorus. Auf unserem nächsten Album werden gewiß mehr hervorstechende Refrains zu finden sien, allein schon deshalb, weil wir nicht das Gleiche machen wollen, wie zuvor. Beim Songwriting schreiben wir einfach so, wie es für unsere Ohren gut klingt und folgen keinen vorgegebenen Schemen. Irgendwie soll es so sein wie bei einer endlos langen Symphonie, die trotz ihrer Länge den Hörer ständig fesselt. Jede Note zählt! So versuchen wir, unsere Songs zu schreiben, daß sie in jedem Detail stimmen.

Auf »As Darkness Reigns« sind zweistimmige Gitarrenparts zu hören. Wie verwirklicht Ihr das live?

Mal abgesehen von Harmoniegitarren bei einigen Soloparts haben wir keine zweistimmigen Gitarrenparts, sondern alle anderen Harmonieparts, die zusammen mit anderen Gitarrenlines erklingen, stammen von einer Gitarre allein. Ich habe lediglich im Studio die Rhythmusspur doppelt eingespielt. Live hört man also genau das Gleiche wie auf dem Tape, sieht man mal von den Harmonien bei den Soli ab. Dies ergibt aber keine wirkliche Lücke, die geschlossen werden müßte, zumal wir so viel Energie in unserer Liveshow haben, daß das Fehlen einiger Harmoniestellen nicht auffällt. Ich nehme einfach die Prinzipien, mit denen Bands mit zwei Gitarristen arbeiten und verwirkliche sie auf einer Gitarre. Das hat mit meiner klassischen Gitarrenausbildung zu tun. Man kann zwei oder drei Noten gleichzeitig in einem Rhythmuspart verwenden, also warum sollte ich es nicht so tun?

Eure Songs besitzen jeweils recht viele Parts und sind in der Regel recht lang ausgefallen. Dadurch werden sie schwieriger für den Hörer zu verstehen!

Es mag sein, daß man etwas länger braucht, um sich an einen unserer Songs zu gewöhnen. Wir sind jedoch überzeugt, daß sie dadurch die Macht haben, länger zu verweilen, als Songs mit drei Parts und einem Refrain, die jeder sofort liebt und die ihn nach zwei Wochen krank machen. Schau Dir doch mal wirkliche Klassiker der Rockmusik an, wie zum Beispiel ›Stairway To Heaven‹ von LED ZEPPELIN oder ›Freebird‹ von LYNYRD SKYNYRD. Beide sind sehr lang, haben eine Menge verschiedener Parts und so weiter. Wenn ein langer Song gut geschrieben ist, wird er die Aufmerksamkeit des Zuhörers genauso bannen wie ein kurzer Song. Das nächste Album wird jedoch beide Aspekte in sich vereinen, so daß da ebenso ganz lange, komplizierte Stücke zu finden sein werden wie Songs, die man auch im Radio einsetzen könnte. Ganz abgesehen davon wird die nächste Platte besser geschrieben sein, da sich unsere Zusammenarbeit und unser Songwriting enorm verbessert hat. Wir gehen das Songwriting anders an, und wir fühlen, daß wir eine neue Generation des Heavy Metals repräsentieren. Wir wollen den Standard heben und versuchen, in jeder Hinsicht extremer zu sein - genau wie jede andere große Metalband zuvor auch!

Erklär' doch mal das Covermotiv in Verbindung mit dem Titel des Tapes »As Darkness Reigns«! Wenn ich mir den Text des gleichnamigen Songs dazu durchlese, glaube ich, daß Ihr mit dem Cover und dem Titelsong eine Story vom Ende der Zeiten basteln wollt!

Der Song handelt davon, daß Gott die Welt auslöscht und eine neue entstehen läßt. Ich bin eigentlich nicht besonders religiös, sondern es ging mir eher darum, ein Bild in der Vorstellung der Hörer zu erschaffen. Dazu paßt das Cover, welches die Vier Reiter der Apokalypse darstellt. Leider sieht das Cover nicht so toll aus, wie wir es gerne gehabt hätten, denn wir mußten die Sache sehr kostengünstig gestalten. Wir sind nämlich nicht besonders reich - besonders jetzt, wo Clinton die Wahl gewonnen hat, worüber wir sehr deprimiert sind. Nicht, daß wir je Geld gehabt hätten, aber trotzdem... Wir bezahlen nebenbei auch keine Steuern, aber erzählt das ja nicht weiter. Ich glaube wirklich, daß die Dunkelheit für uns regiert...

Eure Texte wirken auf mich ziemlich düster und depressiv. Was quält Euch denn so sehr, daß Euch solche Visionen befallen - abgesehen davon, daß Clinton die Wahl gewonnen hat und daß Ihr keine Kohle habt!

Vielleicht sind die Texte für Dich düster und depressiv. Ich führe in diesem Zusammenhang immer das Beispiel an, daß sich zwei Leute eine grüne Wiese anschauen können und jeder sieht ein anderes Grün. Genauso will ich die Texte offenlassen, so daß jeder eine andere Bedeutung rauslesen kann. Die meisten Songs haben zwischen den Zeilen eigentlich eher positive Aussagen.

Ihr habt schon für Bands der Größenordnung MEGADETH und Doro eröffnet. Wie ist es dazu gekommen? Dann könntest Du gleichzeitig etwas zu Eurer Liveshow sagen, die Du schon mehrfach erwähnt hast.

Unsere Liveshows sind total verrückt - besonders unser Bassist. Es ist echt gefährlich, sich während eines Gigs in seiner Nähe aufzuhalten. Live geben wir alles, was wir haben, und nach der Show sind wir tot und brauchen Bier, viel Bier... Wenn wir mit einem Wort unsere Show beschreiben müßten, so würde das Wort Energie, intensive Energie lauten. Es waren manchmal Erwachsene bei unseren Shows, die keinen Metal mochten, uns aber sagten, daß es ihnen gefallen hat, einfach zuzuschauen. Warum wir für solche recht große Bands eröffnen konnten, lag primär daran, daß wir die bekannteste Local-Band waren. Wir hatten also diese Möglichkeiten und nahmen sie wahr.

Um bei dem Stichwort "Möglichkeiten" zu bleiben, so kann man sagen, daß sich PRODIGY mit dem Deal mit MASSACRE gute Möglichkeiten für die Zukunft aufgetan haben. Hoffen wir also, daß »As Darkness Reigns« bei den Fans gut ankommt und schauen gespannt auf weitere Taten der Band. Große Worte sind gefallen - ich wäre hocherfreut, wenn die Band sie erfüllen kann und bin eigentlich auch ganz zuversichtlich, daß ihnen dies gelingen wird. »As Darkness Reigns« offenbart so viel Potential, daß es mehr sein muß als eine Silvesterrakete.

Vorbereitung:
Heiko Simonis + Stefan Glas

Interview & Bearbeitung:
Stefan Glas

PRODIGY (US, FL) im Überblick:
PRODIGY (US, FL) – As Darkness Reigns (Demo-Review von 1991 aus Metal Hammer 12/91)
PRODIGY (US, FL) – Underground Empire 6-"Upcoming Internationals"-Artikel (aus dem Jahr 1992)
PRODIGY (US, FL) – Underground Empire 7-Interview (aus dem Jahr 1994)
PRODIGY (US, FL) – Y-Files-Interview (aus dem Jahr 1993)
unter dem späteren Bandnamen LEGION (US, FL):
LEGION (US, FL) – Underground Empire 7-Interview (aus dem Jahr 1994)
unter dem späteren Bandnamen THRESHOLD (US, FL):
THRESHOLD (US, FL) – Underground Empire 7-Interview (aus dem Jahr 1994)
unter dem späteren Bandnamen ORACLE (US, FL):
ORACLE (US, FL) – Underground Empire 7-Interview (aus dem Jahr 1994)
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