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  UE-Home → History → Online Empire 87 → Interview-Übersicht → ELECTRIC BOYS-Interview last update: 27.03.2024, 15:23:21  

ELECTRIC BOYS-Logo

Da die Schweden mit dem überaus ambitionierten »The Ghost Ward Diaries« vor drei Jahren wieder gehörig Aufmerksamkeit auf sich ziehen konnten, überrascht es nur wenig, daß mit »Ups!de Down« dieser Tage ein nicht minder zwingender Nachfolger in den Startlöchern steht.
Ob die ELECTRIC BOYS damit an ihre - zumindest finanztechnische - Glanzzeit in der ersten Hälfte der letzten Dekade des vorigen Jahrhunderts anknüpfen können, weiß zwar niemand, Sänger, Bandsprachrohr und Oberhaupt Conny Bloom blickt aber zumindest positiv in die Zukunft.

Mit dem nunmehr bereits vierten Dreher seit der Wiederaufnahme des Bandbetriebs habt Ihr bereits mehr Material veröffentlicht, als das in Eurer ersten Existenzphase der Fall war. Motivation scheint bei Euch wieder im Übermaß vorhanden zu sein, oder?

An Motivation hat es im Prinzip auch nie wirklich gemangelt. Also, an jener Motivation, die es braucht, um Musik zu machen, meine ich. Ich kann und will diesbezüglich zwar jetzt nur für mich sprechen, aber selbst in jenen dunkelsten Stunden der Band, als wir uns dazu entschlossen haben, die "BOYS" auf Eis zu legen und eine kreative Pause einzulegen, hatte das nichts mit der Musik selbst zu tun. Alles andere drumherum jedoch, konnte mir zu diesem Zeitpunkt gerne gestohlen bleiben. Vom Business hatte ich damals die Schnauze wirklich voll!

ELECTRIC BOYS-Headline

Zum Glück für uns alle, hat sich Deine diesbezügliche Laune alsbald aber doch wieder gebessert. Gab es einen speziellen Moment dafür?

Nein, eigentlich nicht. Im Nachhinein denke ich, daß allein die Tatsache ausgereicht hat, ein wenig Abstand von all dem Geschäftskram bekommen zu haben. Auch wenn es sich danach für unsere Fans ewig angefühlt haben muß, ehe wir uns als Band wieder zusammengefunden und ins Getümmel geschmissen haben.

Untätig warst Du ja ohnehin nicht, auch wenn Deine Betätigungsfelder in unseren Breiten nur zum Teil bekanntgeworden sind. Woran lag das?

Du meinst die Geschichte mit Ginger, oder? Das kann ich gut nachvollziehen. Er war damals in einer ähnlichen Situation wie ich. Wir trafen uns zunächst lediglich zum Jammen, hatten aber recht bald einige Songs aufnahmebereit. Den Rest übernahm mehr oder weniger das Label. Der Name des Projekts, SILVER GINGER 5, ging zwar auf ihn zurück, alles andere aber war vom Label angeordnet und gesteuert. Unter anderem die Dringlichkeit ein Album zu veröffentlichen. Warum die Geschichte an Mitteleuropa nahezu unbemerkt vorübergezogen ist, kann ich Dir schnell erklären. Die Veröffentlichung des Albums war von Anfang an auf Japan und das UK beschränkt. Dafür aber mit viel Streß verbunden, weshalb die Geschichte für mich auch bald wieder beendet war.

Bei HANOI ROCKS scheinst Du glücklicher gewesen zu sein, korrekt?

Auf jeden Fall! Und das nicht nur, weil es mir in jener Zeit wieder viel einfacher gefallen ist, mich in eine Band einzubringen. Mit Michael Monroe und Andy McCoy zu arbeiten war generell eine ganz andere Hausnummer, auch wenn ich mich lediglich bei »Street Poetry«, dem zweiten Album, das wir gemeinsam eingespielt haben, am Songwriting beteiligen konnte.

Darf ich daraus schließen, daß es eine Neuaufnahme des Bandbetriebs der ELECTRIC BOYS womöglich gar nicht gegeben hätte, wenn HANOI ROCKS nicht anno 2008 offiziell zu Grabe getragen worden wären?

Schwer zu sagen. Ich glaube nicht, daß wir es bleiben hätten lassen, der Zeitpunkt wäre aber wohl ein anderer gewesen. Irgendwann wäre es aber bestimmt passiert. Und Andy Christell wäre als Bassist auch auf jeden Fall dabeigewesen. Was mich damals aber doch etwas überraschte, war, wie schnell sich alle anderen dazu entschieden hatten, mit dabei zu sein. Das Feuer war also wieder entfacht, und es war wirklich nicht allzu kompliziert mit dem Schreiben neuer Tracks loszulegen.

Die Entscheidung weiterzumachen, dürfte einen gehörigen Motivationsschub ausgelöst haben, schließlich veröffentlicht Ihr nun schon das vierte Album seit der Reunion. War das geplant?

Nein, überhaupt nicht! Da wir zunächst zwar wußten, was uns vorschwebte, aber keinerlei Idee davon hatten, wie die Sache ankommen würde, sind wir es zunächst eher entspannt angegangen. Da sich im Laufe der Zeit aber jede Menge Songideen und Riffs ansammelten, ergab sich alles weitere fast von selbst. Ich selbst hatte zudem noch dermaßen viele weitere Riffs und Songfragmente geschrieben, daß ich sicher war, nach »The Ghost Ward Diaries« ein Soloalbum in Angriff zu nehmen.

ELECTRIC BOYS-Bandphoto 1

Damit hast Du Deine Fans sicher etwas überrascht. Wie bist Du auf die Idee gekommen, auf »Game! Set! Bloom!« die Texte in schwedischer Sprache vorzutragen? War lediglich eine Veröffentlichung in Deiner Heimat geplant?

Da sich die Musik des Materials von Beginn an so gar nicht mit den ELECTRIC BOYS kombinieren ließ, war recht schnell der Entschluß gefaßt, ein Soloalbum daraus zu machen. Nicht zuletzt, die doch deutlich persönlicheren Texte haben mich dann dazu verleitet, es erst einmal ohne Übersetzung zu probieren. Da die Tracks für mich dadurch wesentlich emotionsreicher klangen, habe ich es dabei belassen.

Auf »Ups!de Down« gibt es zwar ausnahmslos englischsprachige Lyrics, an Aussagekraft mangelt es aber dennoch nicht. Wenn man etwa behauptet, ein ›Supergod‹, wie Ihr in besingt, hätte diese Pandemie schon längst erledigen können, hätte man wohl bald zahlreiche Anhänger, oder?

[Lacht] Das finde ich super! Wir sollten uns als Verschwörungstheoretiker versuchen, unbedingt! Genau, der schwedische ›Supergod‹ wird die Welt retten. Ich hoffe nicht, daß irgendjemand ernsthaft an so etwas glaubt. Schon gar nicht, weil wir uns ja mit dem animierten Video über all das lustig machen. Genau deshalb haben wir den Protagonisten im Video auch als Mischung aus Superman, Jesus und, ähem, unserem Drummer dargestellt. So zumindest stellen wir uns einen ›Supergod‹ vor. Cool, was?

Absolut! Das klingt ja fast als ob Ihr Euch auf ganz besondere Art bei Niclas bedanken wollt. Warum ist er denn nicht mehr dabei?

Oje. Da scheint etwas nicht korrekt kommuniziert worden zu sein. Niclas Sigevall ist nicht bei uns ausgestiegen! Er hatte bloß nicht die Möglichkeit, mit uns an diesem Album zu arbeiten und im Studio dabei zu sein, da er nicht aus den Staaten ausreisen durfte. Deshalb haben wir unseren Kumpel Jolle Atlagic von THE QUILL für das Album engagiert. Da er schon einige Male auf Tour ausgeholfen hat, und das wohl auch in Zukunft so sein wird, wenn Niclas nicht aus L.A. raus darf, haben wir ihn offiziell zum Zweitdrummer der Band ernannt!

Da Tourneen wohl in absehbarer Zeit weiterhin Fiktion sind, besteht die Möglichkeit schon bald wieder neues Material von Euch hören zu dürfen, oder?

Sicher! Auch wenn ich das immer noch eher als "Plan B" sehe, oder besser, eher sehen möchte. Es wird wohl tatsächlich keine drei Jahre in Anspruch nehmen, ehe ein weiteres ELECTRIC BOYS-Album erscheinen wird. Einiges an Material haben wir sogar schon in der Pipeline. Davor werde ich aber noch mein nächstes Soloalbum herausbringen. Seit ich mein eigenes Studio eingerichtet habe, läuft aufnahmetechnisch und auch von der Zeiteinteilung her, einfach alles wie am Schnürchen. Und an Songideen mangelt es ja ohnehin nicht, die kommen einfach daher - und das, ganz ohne den ›Supergod‹ anzubeten übrigens! [lacht]

http://www.electricboys.com/

Vorbereitung, Interview & Bearbeitung:
Walter Scheurer

Photo: Sven Isaksson

ELECTRIC BOYS im Überblick:
ELECTRIC BOYS – The Ghost Ward Diaries (Rundling-Review von 2018 aus Online Empire 76)
ELECTRIC BOYS – Ups!de Down (Rundling-Review von 2021 aus Online Empire 88)
ELECTRIC BOYS – Online Empire 87-Interview (aus dem Jahr 2021)
ELECTRIC BOYS – Online Empire 97-Interview (aus dem Jahr 2023)
ELECTRIC BOYS – News vom 25.09.2007
ELECTRIC BOYS – News vom 02.03.2009
Soundcheck: ELECTRIC BOYS-Album »Funk-O-Metal Carpet Ride« im "Soundcheck Metal Hammer 17-18/90" auf Platz 9
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