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Fish-Logo

Wie bei vielen anderen, hat sich auch bei diesem Album der ursprüngliche Zeitplan nicht einhalten lassen. An sich war nämlich vorgesehen, »Weltschmerz« spätestens im vergangenen Frühling zu veröffentlichen, und im Herbst damit auf Tournee zu gehen. Das klappte aber eben nicht, und dürfte auch noch einige Zeit dauern.

Völlig unabhängig davon, hat Fish bereits vor Monaten angekündigt, sich mit »Weltschmerz« aus dem Musikbusiness zurückzuziehen und die dazugehörige Tournee als Abschiedsreise zu betrachten. Wann auch immer er die Chance dazu haben wird, weiß man zwar nicht, eine traurige Geschichte wird es für seine Fans aber mit Sicherheit. Seine Entscheidung muß man aber respektieren, auch mitunter tiefste Bestürzung darüber herrschte, als der Schotte seinen "Pensionsantrag" öffentlich machte.

Dieser ist allerdings absolut verständlich und auch nachvollziehbar. Schließlich hat Derek William Dick mit den unter seinem Künstlernamen aufgelegten Scheibletten seine Fans mehr als 30 Jahre lang mit feinstem Stoff versorgt und schon eine Dekade davor mit MARILLION für Prog-Feinkost der edelsten Art gesorgt. Daß Fish eine nur schwer zu füllende Lücke in der ProgRock-Szene hinterlassen wird, steht außer Frage. Ebenso aber auch, daß er sich mit seinem letzten Album auf mehr als nur ansprechende Manier verabschiedet.

Fish - »Weltschmerz«-Cover

»Weltschmerz« verbreitet nämlich nicht bloß aufgrund der Tatsache, daß es sich um das finale Werk des eingefleischten Fans des schottischen Erstligisten Hibernian FC handelt, ein überaus hohes Maß an sentimentaler Melancholie. Das war in einem gewissen Maß durchaus zu erwarten, auch wenn es zu keiner Sekunde allzu "weinerlich" zugeht, wie man aufgrund des Titels durchaus befürchten hätten können. Doch davon ist der gute Mann meilenweit entfernt und liefert stattdessen mit dem auf zwei Silberlinge aufgeteilten Material keine Selbstmitleidstour, sondern jede Menge Stoff zum Nachdenken.

Damit wird er dem Titel ebenso gerecht, wie mit seinen, nahezu vollständig autobiographisch angelegten Texten. Da dem Schotten in den letzten Jahren, sprich in der Zeit des Komponierens der insgesamt zehn Titel, einige persönliche Dramen widerfahren sind, darf die generell eher düstere Atmosphäre nicht verwundern. Ebenso sollte sich herumgesprochen haben, daß Fish längst fernab von jeglichen Konventionen Musik kreiert und man daher nie irgendetwas vorhersehen kann.

»Weltschmerz« ist daher ein von der Basis her stilistisch nicht ganz einfach begreifbarer, und auch nicht viel einfacher zu beschreibender "musikalischer Hybrid" geworden.

Fish-Singleshot

Dieser beinhaltet unzählige Facetten dessen, was man landläufig als "Progressive Rock" bezeichnet. Aber auch zahlreiche Reminiszenzen aus dem Jazz sowie aus der World Music sind zu vernehmen. Alles jedoch durchgehend stringent arrangiert und zu keiner Sekunde sperrig. Um all diese Ideen auch entsprechend umzusetzen, hat der Schotte nicht nur erneut seine Langzeit-Getreuen Steve Vantsis als Co-Komponisten, und Calum Malcolm als Produzenten, um sich geschart, sondern sich darüber hinaus auch Könner wie IT BITES- und LONELY ROBOT-Gitarrist John Mitchell, Drummer Craig Bundell, der zuletzt mit Steve Hackett gearbeitet hat, und VAN DER GRAAF GENERATOR-Saxophonisten David Jackson ins Boot geholt.

Als besonders ergreifend entpuppen sich während der knapp 80 Minuten Spielzeit das fast schon aus dem Rahmen fallend fröhlich arrangierte ›The Party's Over‹, das dezent folkloristisch ummantelte, von Doris Brendel mit feinen Hintergrundgesängen ausgestattete, und vom "Scottish Chamber Orchestra" mit Kammermusik-Zitaten auf elegante Weise unterlegte, ›Rose Of Damascus‹ sowie das berührende ›Garden Of Remembrance‹, in dem sich Fish mit dem Thema Demenz auseinandersetzt. Unbedingt gehört haben muß man aber auch die dreiteilige Final-Suite, die im elegischen Titelsong, der dem Hörer wahrlich die Tränen in die Augen treibt, ein tiefschürfendes Ende findet.

Vielen Dank für dieses letzte, unter die Haut gehende Album, Mister Dick. Wenn in Zukunft von einem "Abschiedswerk" die Rede ist, wird »Weltschmerz« wohl als Referenz dienen. Viel packender kann man den Weg in die Musikerrente nämlich nicht inszenieren! Uns bleibt zum Glück das nun um »Weltschmerz« ergänzte, durch die Bank imposante Lebenswerk dieses Mannes, dem wir auf diesem Weg viel Spaß bei seiner zukünftigen Hauptbeschäftigung, dem Gärtnern, wünschen!

https://www.fishmusic.scot/


Walter Scheurer

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