Als vor gut zwei Jahren mit »Surrender To None« ein neues Album der nach David T. Chastain benannten Band erschien, war die Freude bei den Fans gewaltig. Schließlich war mit der Rückkehr von Sängerin Leather Leone nicht wirklich zu rechnen. Doch schlußendlich hat auch bei CHASTAIN wieder zusammengefunden, was zusammengehört.
Mit der stimmgewaltigen Frontdame scheint auch ein monströser Motivationsschub Einzug gehalten zu haben, denn keine 24 Monate später liefert das Quartett mit »We Bleed Metal« schon einen Nachfolger ab. Einen, der dem auf Anhieb ins Auge stechenden Titel vollends gerecht wird.
Wie es dazu kam und weitere Details zum aktuellen Status des Unternehmens wußte uns der Chef persönlich zu berichten, der zunächst nach der Entstehungsgeschichte von »We Bleed Metal« befragt wurde.
Ich muß gestehen, daß ich eigentlich gar keine Pläne für ein weiteres Album der Band hatte. Erst als sich Leather wieder dazu entschlossen hatte, erneut mitzumachen, kam die Sache ins Rollen. Zwar standen wir mehr oder weniger durchgehend in Kontakt, mehr war aber dennoch nicht zu machen, denn Leather war zu einer Kooperation lange Zeit einfach nicht bereit. Ich hatte ihr zwischenzeitlich zwar sogar angeboten, ein Soloalbum zu produzieren, doch in dieser Zeit lag ihr Fokus ausschließlich bei ihrem SLEDGE/LEATHER PROJECT. Erst als sich herausstellte, daß bei dieser Formation nicht viel weitergehen würde, begannen wir abermals, über eine neuerliche Kooperation zu reden.
Danach ging es jedoch relativ flott los. Es scheint, als wäre das Material für die abermalige Zusammenarbeit bereits in einer Schublade gewesen. War das tatsächlich so?
Ja. Mein Glück war, daß ich zu diesem Zeitpunkt bereits vollständig ausgearbeitete Instrumental-Versionen von Songs für zumindest ein Album am Start hatte. Leather mußte also nur noch ihren Gesang hinzufügen, und schon war »Surrender To None« zur Veröffentlichung fertig. Auch ein großer Teil der Tracks von »We Bleed Metal« stammt im Prinzip aus dieser Phase und wartete auf eine Umsetzung. Nach einer mit genau dieser Stimme! Und eines Tages kam es schlußendlich doch noch zu dem, wozu es einfach kommen mußte.
Auch wenn diese Zusammenarbeit nicht wirklich zu planen war, gab es fast keine andere Möglichkeit für uns.
War es denn schwierig, Leather für CHASTAIN zu motivieren?
Zunächst schon, denn sie war sich ihres Status offenbar nicht mehr bewußt. Das Wissen bezüglich der geschäftlichen Basis von LEVIATHAN RECORDS reichte längst nicht mehr aus, um Überzeugungsarbeit zu leisten, ich mußte ihr immer wieder sagen, daß es schade wäre, wenn man ihre Stimme nicht mehr auf einem Album hören könnte und daß die Fans regelecht darauf brennen. Das Feedback der Fans in den Jahren davor war dermaßen fordernd und imposant, daß es einfach sein mußte! Sie wären zu recht zutiefst enttäuscht gewesen, wenn wir es nicht zumindest versucht hätten. Zugegeben, Überredungskunst war auf jeden Fall notwendig, ehe Leather wieder im Boot war, doch jetzt ist alles wieder so, wie es sich die Fans und auch ich herbeigesehnt hatten.
Seit »Surrender To None« ist in Stian Kristoffersen auch ein neuer Drummer an Bord bei Euch. Wie lange kam denn der Kontakt zustande?
Stian kenne ich schon lange. Er ist mir schon damals aufgefallen, als ich für FIREWIND die Produktion von »Burning Earth« übernommen hatte. Sein Schlagzeugspiel hat nicht nur Punch, er weiß obendrein durch technische Finessen den Songs zusätzlichen Tiefgang zu geben. Hör' bei seiner Stammband PAGAN'S MIND mal ganz bewußt auf die Drum-Fills, dann weißt Du, was ich meine! Stian ist aber auch insofern ein Gewinn für uns, da Leather, unser Basser Mike Skimmerhorn (der in den frühen 80er Jahren sowohl bei CHASTAIN und Davids Nebenprojekt CJSS mit dabei war und seit 2013 beziehungsweise »Surrender To None« abermals zum Line-up zählt - der Verf.) und ich in jeder Weise der "alten Schule" angehören, Stian dagegen ein gehöriges Maß an modernen Einflüssen einbringt.
Wie und wann ist es schlußendlich mit den Aufnahmen zu »We Bleed Metal« losgegangen?
Das läßt sich nicht mehr auf den Tag genau eruieren, denn irgendwie lief ab einem bestimmten Zeitpunkt alles glatt und schnell. Wie schon erwähnt, existierten einige der Tracks - zumindest fragmentarisch - schon seit gut fünf Jahren. Fertiggestellt haben wir diese jedoch erst in den letzten 24 Monaten. Durch das akzentuierte, mitunter regelrecht brutale Drumming und den Umstand, daß ich meine Gitarren für einige Songs tiefergestimmt habe, klingen wir aktuell dunkler und heftiger denn je. Lange habe ich an diesen Einstellungen aber nicht schrauben müssen, denn zu einigen meiner Texte, die alles andere als positiv ausgefallen sind, paßte das harsche Tuning einfach perfekt.
Das läßt sich auf Anhieb gar nicht vermuten, denn der Titel an sich deutet in eine andere Richtung, oder sollte man sich diesbezüglich als Metaller täuschten?
Keineswegs, der Titel ist ein Statement. Mehr noch, eine Ode an die Musik. Doch darüber hinaus gibt es auch jede Menge deutlich nachdenklicherer und vor allem düsterer Texte, die für mich ohnehin leichter zu schreiben sind. Happy Songs kann ich generell nicht besonders gut komponieren, und noch weniger mit Texten versehen. Diesbezüglich brauchen sich die Fans also auch in Zukunft keine Gedanken zu machen. Zu den Texten dagegen dürfen - und sollen - sie das jedoch sehr wohl.
Und wie wird es nun weitergehen?
Sollte ausreichend Interesse an CHASTAIN und unseren Alben bestehen, wird es logischerweise auch zu einer Fortsetzung kommen. Damit meine ich jetzt nicht nur, daß wir weiterhin Alben aufnehmen und veröffentlichen, sondern auch Live-Konzerte und, sollte es Sinn machen, selbstverständlich auch Tourneen. Doch das läßt sich zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht planen, da es schlicht zu früh dafür ist. Generell empfinde ich Konzerte in kleinen Clubs als persönlicher, von daher würde ich es bevorzugen, als Headliner durch die Lande zu tingeln, auch wenn das an sich das finanziell höhere Risiko darstellt. Anderseits ist es inzwischen leider nur noch schwer möglich, als Supportband unterwegs zu sein, ohne drauflegen zu müssen. Tourneen sind mittlerweile ein finanzielles Risiko geworden, auch wenn man das in der Branche mitunter völlig anders darstellt.
Photos: Steven Taylor, Jim Schumacher & Missie Tong