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  UE-Home → History → Online Empire 65 → Interview-Übersicht → THE WINERY DOGS-Interview last update: 18.03.2024, 21:42:28  

THE WINERY DOGS-Logo

Die Vorfreude war groß, als man vor gut vier Jahren erste Anzeichen dafür mitbekommen konnte, daß sich unter dem Namen THE WINERY DOGS eine weitere sogenannte "Super-Group" - bestehend aus Mike Portnoy, Ritchie Kotzen und Billy Sheehan - formiert hat. Mit dem zwei Jahre später aufgelegten selbstbetitelten Debutalbum unterstrichen die drei nicht nur ihre Klasse, sondern obendrein auch ihren auferlegten Status, den sie jedoch überhaupt nicht mögen.

THE WINERY DOGS-Headline

Bassist Billy Sheehan, dessen Laufbahn bei den legendären TALAS begann und ihn über die Stationen David Lee Roth, NIACIN und MR. BIG zu THE WINERY DOGS führte, gab jede Menge an Infos preis, unter anderem zum Thema "Supergroup".

THE WINERY DOGS-Bandphoto 1

Man sagt landläufig, daß Du diese Bezeichnung so gar nicht magst, weshalb eigentlich?

Das stimmt, aber es gibt plausible Gründe dafür, die hoffentlich auch für alle Außenstehenden plausibel sind. Vielleicht war es ja einfach nur Pech und der Zeitpunkt für unser Debut ungünstig. Dennoch habe ich den Eindruck, als hätten wir es in einer Zeit auf den Markt gebracht, als solche Formationen en vogue waren und nahezu jede Woche eine mit mehr oder weniger prominenten Musiker besetzte Band gegründet wurden. Daher kann ich im Nachhinein diese Bezeichnung für uns durchaus nachvollziehen. Die Plattenfirmen-Angestellten posaunten natürlich sofort hinaus, wer bei THE WINERY DOGS dabei ist und setzten alle Hebel in Bewegung, um uns zu promoten. Das ist zwar logisch und auch durchaus positiv, könnte aber auch unzählige Interessierte gerade deshalb davon abgehalten haben, sich überhaupt erst mit dem Album auseinanderzusetzen.

Das heißt, vom geschäftlichen Aspekt betrachtet, kannst Du durchaus nachvollziehen, weshalb Ihr in diese Kategorie eingeordnet werdet?

Ja, allerdings auch nur in einem gewissen Rahmen. Leider beinhaltete aber so mancher Text kein Wort zu unseren, von Beginn an festgelegten langfristigen Plänen. Dadurch ist es passiert, daß sich Fans und Presse zwar sehr angetan zeigten, sich aber keineswegs sicher waren, ob es sich bei »The Winery Dogs« nicht doch nur um ein weiteres ein "One-Album-Thing" handeln würde. Und genau das wollten wir vermeiden, denn diese Band war von Anfang an als langfristiges Unternehmen geplant, und deshalb war ich auch mit dem Begriff "Super-Group" sehr unglücklich. Ich befürchtete, daß man uns schlicht mißverstehen würde und hoffe nun um so mehr, daß durch unser neues Album zumindest ein Teil dieser Skepsis ebenso verschwunden ist wie auch so manche, fast schon als Vorgabe zu bezeichnende Erwartung uns gegenüber, wie wir uns denn anzuhören hätten.

THE WINERY DOGS-Singleshot: Ritchie Kotzen

Das klingt, als ob es bei Euch - ganz im Gegenteil zu einem Großteil vieler ähnlich zusammengesetzter Formationen - eher der Zufall wollte, daß ausgerechnet Richie Kotzen, Mike Portnoy und Du gemeinsam aufgeigt?

Exakt! Natürlich macht es für diverse Institutionen im Musikbiz absolut Sinn, sich bekannte Musiker zu schnappen und gemeinsam loslegen zu lassen. Uns aber scheint eher irgendetwas Höherstehendes zusammengeführt haben. [lacht] Und das sage ich nur, weil wir noch nicht einmal irgendeinen Außenstehenden als Ideengeber oder Initiator gebraucht haben! Wir haben uns getroffen, zum gemeinsamen Musizieren verabredet, und schwupp, schon waren die ersten Ideen für das Debut fertig.

THE WINERY DOGS-Singleshot: Billy Sheehan

Klingt eher nach Jam-Band als nach von einem von irgendeinem von Euch gestarteten Projekt.

Kann man so sagen. Diese Herangehensweise hat auf lange Frist auch mit sich gebracht, daß bei THE WINERY DOGS drei gleichgestellte Charaktere gemeinsame Sache machen. Das "gleich" gilt übrigens nicht nur in der Papierform! Auch unser neues Album lebt von dieser Arbeitsweise, und es besteht auch kein Grund, in Zukunft etwas daran zu ändern.

THE WINERY DOGS-Singleshot: Mike Portnoy

Dennoch ist ein eklatanter Unterschied zwischen dem Debut und dem brandneuen »Hot Streak« zu hören. Wie erklärst Du uns diesen?

Ganz einfach: Mit dem Begriff "Freiheit"! Wir haben schon zu Debut-Zeiten sowohl den Business-Kram wie auch die Produktion zum Großteil im Alleingang erledigt, um so selbstbestimmt wie nur möglich arbeiten zu können. So frei und locker wie heute waren wir aber noch nicht. Dadurch klingt das neue Album auch noch abwechslungsreicher. Wir hatten zwar noch nie interne Limits bezüglich etwaiger Stilvorgaben, auf »Hot Streak« haben wir aber dennoch stilistisch deutlich vielfältiger agiert.

Klingt schwer nach relaxter Arbeitseinstellung; "erlaubt ist, was gefällt" ist nämlich schon lange nicht mehr Usus.

Doch, bei uns schon. Wenn beispielsweise Ritchie mit einem Song ankam, das eher aus der Blues- oder Soul-Ecke stammte, war das für uns überhaupt kein Thema. Der Song mußte "nur" in seiner Gesamtheit überzeugen, alles andere war und ist uns egal. Für mich ist das insofern gar keine großartige Umstellung, da Ritchie und MR. BIG-Gitarrist Paul Gilbert eine ähnliche Arbeitsweise an den Tag legen. Durch unsere "Do It Yourself"-Attitüde mag für uns so manches vielleicht ein wenig mühsamer sein als für andere Bands, dafür können wir aber tun und lassen, was wir wollen!

Wie bitte läuft in einem solchen Fall das Songwriting ab?

Nicht besonders spektakulär. Wir lieben es einfach zu improvisieren, eine wahnsinnig wichtiger Kleinheit für das Erarbeiten von Songs. Ein großer Teil unserer Nummern sind bislang auf diese Weise entstanden. Etwas Besonderes dürfte das aber wohl auch nicht sein, oder?

THE WINERY DOGS-Bandphoto 2

Na ja, Alltag ist so etwas aber definitiv auch nicht. Wie darf man sich denn Eure Liveshows vorstellen? Die wohl für viele Fans größte Sorge ist dabei jene, daß Ihr eine Show zwar vielleicht durchaus albumgetreu beginnt und die eine oder Nummer mehr oder weniger wie im Studio vom Stapel laßt, Euch dann aber vielleicht völlig in diversen Jamsessions verliert.

Klar kommt es vor, daß sich ab und zu einmal einer von uns bei Konzerten mehr dem Improvisieren hingibt als die anderen, doch unsere Auffassung von Improvisation lautet immer noch: Alles mit Maß und Ziel! Es macht doch keinen Sinn, einfach drauflos zu improvisieren und dabei die Strukturen eines Songs einfach außen vor zu lassen. Auch ich würde es als Zuseher nicht wirklich gutheißen, wenn die Band da oben zwar mit einer bekannten Nummer beginnt, in weiterer Folge aber nur noch irgendetwas spielen. Die Songs müssen die Essenz deines Auftritts sein, und von daher muß jede Nummer, bei allem Respekt vor etwaigen Egos, auch erkennbar und nachvollziehbar bleiben. Ein Glück, daß bei uns alle Bandmitglieder gleich ticken.

http://www.thewinerydogs.com/

Vorbereitung, Interview & Bearbeitung:
Walter Scheurer

THE WINERY DOGS im Überblick:
THE WINERY DOGS – Hot Streak (Rundling-Review von 2015 aus Online Empire 64)
THE WINERY DOGS – Online Empire 65-Interview (aus dem Jahr 2015)
THE WINERY DOGS – News vom 23.03.2013
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