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  UE-Home → History → Online Empire 55 → Interview-Übersicht → HERETIC (US, CA, Los Angeles)-Interview last update: 27.03.2024, 15:23:21  

HERETIC (US, CA, Los Angeles)-Logo

Zwar ist »A Time Of Crises« längst nicht mehr taufrisch, die Freude der US-Metal-Gemeinde darüber ist aber immer noch ungetrübt. Kein Wunder, schließlich handelt es sich dabei um das erst zweite Langeisen der Kulttruppe HERETIC, deren Erstlingswerk »Breaking Point« seit dem Erscheinungsdatum 1988 ungebrochen für Furore in einer eingeschworenen Fanbase sorgt. Dieser erweisen METAL BLADE RECORDS aktuell mit einem Komplett-Paket, das den Titel »From The Vault... Tortured And Broken« trägt, die Ehre, wobei darin neben besagtem Debutalbum auch die knapp zwei Jahre zuvor erschienene EP »Torture Knows No Boundary« sowie jede Menge an Bonusmaterial und eine DVD als "Zusatz-Zuckerl" enthalten sind. Nicht zuletzt dadurch sollte das gute Stück nicht nur für die treuesten Fans der Band, sondern jedes schwermetallische Jäger- und Sammlerherz erfreuen können.

HERETIC [US, CA, Los Angeles]-Bandphoto 2012: Glenn Rogers, Angelo Espino, Julian Mendez, Ignazio Iggy Coppola, Brian Korban

Da die Band aber seit dem erwähnten, vom Kultlabel METAL ON METAL RECORDS in Umlauf gebrachten »A Time Of Crises« erneut wieder voll im Saft steht und zudem in Kürze auch vermehrt auf den Bühnen zu sehen sein will, galt es, die sich aufgrund der erwähnten aktuellen Compilation bietende Gelegenheit beim Schopf zu packen, um mit Gitarrist Brian Korban die Geschichte von HERETIC einigermaßen aufzurollen und darüber hinaus auch ein wenig in die Zukunft zu blicken.

Bevor wir auf die Band zu sprechen kommen, wollte ich wissen, wie Du selbst überhaupt zum Heavy Metal gekommen bist.

Musik begleitet mich schon seit meiner frühesten Kindheit. Meine Eltern und auch meine Schwester haben mich zu Hause ständig mit Musik konfrontiert, weshalb ich auch schon sehr früh THE BEATLES und LED ZEPPELIN kannte. Danach entdeckte ich Bands wie BLACK SABBATH oder UFO für mich, wobei speziell Michael Schenker großen Einfluß auf mich hatte. Ich würde sogar sagen, daß er es war, der mich zum Gitarristen gemacht hat. Zu jenem Zeitpunkt war aber nicht nur mein Interesse am Instrument geweckt, sondern auch meine Motivation, eigenes Material zu komponieren. Ich habe auch schon sehr früh erste Startversuche mit Bands unternommen, doch wirklich ernstzunehmend wurde die Sache erst, als wir HERETIC gegründet hatten. Zu diesem Namen hat mich seinerzeit inspiriert, daß mir zum einen der Begriff "Häretiker" imponierte und ich obendrein eine Art "Antithese" an den Start bringen konnte, da man Heavy Metal ja als "Teufelszeug" verdammte.

Was waren denn die ersten Höhepunkte in Deinem Werdegang als Musiker?

Klarerweise die Tatsache, daß ich es schon sehr früh geschafft hatte, eigenes Material komponiert zu haben und dadurch als "Jungspund" von den beiden deutlich älteren und erfahreneren Musikern Mike Torrez (der sich später "Mike Towers" nannte und als einer der Sänger von HERETIC in die Analen der Metal-Historie einging) und Rick Merrick (HERETIC-Drummer bis zum Ende der Band in den späten 80er Jahren) als Mitstreiter akzeptiert zu werden. Das bedeutete mir wirklich sehr viel!

HERETIC [US, CA, Los Angeles]-Liveshot 1984: Brian Korban, Scott Patton, Rick Merrick, Mike Towers, Rick Halpin

Der Start in die Karriere schien mit der EP und dem Debutalbum auch durchaus verheißungsvoll, allerdings war die Band nach dem Weggang von Sänger Mike Howe zu METAL CHURCH ebenso schnell von der Bildfläche wieder verschwunden. Was war los?

Exakt das war das Problem! An sich suchten wir lediglich einen neuen Sänger, doch als sich unsere Wege mit denen des früheren METAL CHURCH-Sängers David Wayne kreuzten, war es an der Zeit, etwas Neues zu beginnen. David war zwar vollauf begeistert davon mit uns zusammenzuarbeiten, wollte aber keinesfalls nur als Ersatzmann für Mike Howe gelten. Aus diesem Grund erfolgte ein Neustart unter dem Banner REVEREND. Es sollte von Anfang an nicht der Eindruck eines "Ersatzprogrammes" entstehen, und von daher war die Umbenennung notwendig.

Leider war auch das Bestehen dieser Formation nicht wirklich von langer Dauer geprägt, und so war nach einer EP, zwei Langeisen und der 1992er »Live«-EP wieder Schicht im Schacht. Danach war es um Deine Person völlig still geworden. Hattest Du Dich denn damals komplett aus dem Musikbusiness zurückgezogen?

Nein, gar nicht! Die Band, also REVEREND minus David, hatte gemeinsam mit einem Sänger namens Chris Roseberry ein neues Projekt mit Namen SEED am Start, doch wir verloren den Kampf gegen den Grunge, so daß wir unsere - meiner Meinung nach wirklich guten - Demos nur für uns selbst einspielten und irgendwann resignierten. Aber auch danach war ich keineswegs untätig, hatte allerdings weder eine Band, noch wirklich einen Fokus, denn ich schrieb Songs, die keiner Richtung zuzuordnen waren. Was auch immer mir in den Sinn kam, wurde allerdings festgehalten, ganz egal ob Rock, Pop, Folk oder doch Heavy Metal. Ich versuchte mich sogar als Sänger, auch wenn ich das nicht wirklich wollte, und deshalb kamen Glenn (Rogers, der seit 2011 bei HERETIC in die Saiten langt) und ich mit CONTROL ISSUES auch nicht von der Stelle.

Und irgendwann überkam es dich dann, und HERETIC wurden erneut an den Start gebracht, oder wie?

Dafür muß ich wohl nachträglich bei Glenn bedanken, denn er lag mir so oft mit dem Thema HERETIC in den Ohren, daß ich keine andere Wahl hatte. [lacht] Er und Angelo Espino (aktuell Bassist bei HERETIC) waren ja viel mit HIRAX unterwegs, und ich muß zugeben einigermaßen eifersüchtig gewesen zu sein, schließlich mußte ich immer wieder Photos von meinen beiden Freunden betrachten, die in Europa von unzähligen Metalheads bejubelt werden. Da mußte ich einfach auch etwas unternehmen. [lacht]

HERETIC [US, CA, Los Angeles]-Bandphoto 1985

Alles klar, wie kam denn das Line-up zusammen? Glenn, Angelo und Du dürften sich ja recht schnell einig gewesen sein.

Unser Sänger Julian Mendez wollte zunächst zwar nur einige Shows spielen, doch ich wußte, daß ich die Sache mit Volldampf angehen wollte, so daß es auch wieder Alben von HERETIC gibt. Allzu lange dauerte es dann auch nicht, ihn davon zu überzeugen, und schon am nächsten Tag machte ich mich wirklich ans Werk und begann, Songideen zu filtern und erste Tracks zu komponieren.

Sind denn die Nummern Eurer Comeback-Scheibe allesamt erst nach der Reunion entstanden, oder habt Ihr auch auf älteres Material oder gar Basis-Tracks zurückgegriffen?

Die Texte und auch der größte Teil des Materials sind tatsächlich brandneu gewesen, einzig ›Remains‹ hat schon gut zehn Jahre auf dem Buckel, und für ›Tomorrow's Plague‹ mußte ich das Arrangement neu anlegen und die Texte überarbeiten, da diese Nummer aus zwei älteren, von Glenn komponierten Songs besteht.

Laß' uns nun ein wenig über die brandaktuelle, mehr als nur empfehlenswerte Compilation sprechen. Was war die Idee dahinter?

Glenn war von Anfang an Initiator dieser Sache und hat sich voll ins Zeug gelegt. Wir wollten den Metalheads die Band erneut schmackhaft machen und wissen darüber Bescheid, daß die beiden Teile mittlerweile so gut wie nicht mehr erhältlich sind. Außerdem wollten wir unseren Fans eine faire Chance geben, sich unser altes Material anhören zu können, ohne dafür auf eBay Unsummen bezahlen zu müssen.

HERETIC [US, CA, Los Angeles]-Bandphoto 1986

Eine gute wie auch nachahmenswerte Idee, zumal Ihr mit "Bonüssen" keineswegs gespart habt. Gibt es denn überhaupt noch Aufnahmen, die Ihr eventuell für einen späteren Veröffentlichungszeitpunkt aufgespart habt?

Aus den 80er Jahren nicht mehr, allerdings haben wir im Vorjahr eine Show von uns im "Malone's"-Club in Orange County mitgeschnitten. Die Aufnahmen sind wirklich gut geworden, den richtigen Zeitpunkt, um damit an die Öffentlichkeit zu gehen, warten wir jedoch noch ab.

Wenn ich richtig informiert bin, dürftet Ihr auch mit den Arbeiten für ein Nachfolgewerk zu »A Time Of Crises« schon ziemlich weit sein, oder?

Das schon, allerdings wird es voraussichtlich doch noch einige Zeit dauern, ehe wir mit dem Album auf den Markt kommen. Da wir für die Produktionskosten selbst aufkommen müssen, ist noch nicht wirklich geklärt, wie sich unser Budget und die Kosten vereinbaren lassen und zuletzt haben wir außerdem unsere Geldreserven für unseren Trip zu Euch nach Deutschland anzapfen müssen, um beim "Headbangers Open Air" dabei sein zu können, worauf wir uns natürlich schon sehr freuen!

Nicht nur Ihr, auch Eure hiesigen Fans können es kaum noch erwarten. Was wird es denn zu hören geben?

Ich denke, wir werden einen guten Querschnitt all unserer Veröffentlichungen anbieten können, auch wenn der Schwerpunkt auf Klassikern liegen wird. Doch auch unser noch immer aktuelles Album wird vorgestellt werden, und zudem kann ich jetzt schon verraten, daß wir auch brandneues, noch unveröffentlichtes Material vorstellig machen werden. Wir sind mindestens genau gespannt auf diesen Auftritt wir Ihr! [lacht]

HERETIC [US, CA, Los Angeles]-Bandphoto 1987: Mike Howe und Produzent Kurdt Vanderhoof bei den Studioarbeiten zu »Breaking Point«

Da kommt aber auch wirklich Freude auf! Apropos neuer Stoff: Mit welcher Intention wird denn bei Euch an Kompositionen herangegangen?

Ich sehe da keine bestimmte Intention als vielmehr Inspiration. Was auch immer mich gerade beschäftigt, veranlaßt mich mitunter, einen Song darüber zu verfassen. Manchmal mache ich mir fast Sorgen, denn es kann durchaus sein, daß mich die Arbeiten an einem Song dermaßen fesseln, daß ich für sonst nichts zu gebrauchen bin. Das kann aber auch beim Texten passieren, denn auch diesbezüglich lasse ich mich nur zu gerne von Themen aus Politik, Religion oder der Umwelt inspirieren und gehe auch dabei so richtig auf. Üblicherweise läuft die Sache dann bei uns so ab, daß ich quasi mit dem Grundgerüst eines Songs antanze und meine Kollegen dann im übertragenen Sinne für die Nerven, Muskeln und Organe zuständig sind. Bei HERETIC wird die Musik immer im Kollektiv erarbeitet, einzig die Texte gehen zumeist einzig und allein auf meine Kappe.

Und darüber hinaus bist Du auch an den Arbeiten zum Artwork beteiligt, oder?

Ja, das Bandlogo zum Beispiel stammt von mir, und darauf bin auch sehr stolz! Auch der Titel unserer EP »Torture Knows No Boundary« war meine Idee, auch wenn die Ausführung dann von unserem Manager Ron Laffite stammte. Zu »Breaking Point« konnte ich insofern etwas beitragen, da ich das Konzept mit der Zeitbombe und dem Uhrglas dafür in mir trug, während für das Cover unserer aktuellen Scheibe Angelo seinen Tätowierer Tom Berg vorschlug, den wir dann mit unseren Ideen fütterten und er diese zur Vollendung brachte.

Du hast zuvor schon erwähnt, daß Ihr demnächst auf dem "Headbangers Open Air" gastieren werdet - was geht denn sonst noch so bei Euch in Sachen "Live-Aktivitäten"?

Wenn wir wieder aus Deutschland zurück sind, werden wir noch einige Gigs in Kalifornien, Nevada und Texas absolvieren, bevor es mit Hochdruck an die Arbeiten für das kommende Album geht. Für 2014 sind immerhin schon einige Festivalgigs gebucht. Es geht also durchaus voran, auch wenn noch keine Tournee fixiert ist.

HERETIC [US, CA, Los Angeles]-Bandphoto 1987: Dennis O'Hara, Brian Korban, Mike Howe, Bobby Marquez, Rick Merrick

Stimmt, könnte durchaus noch mehr sein, aber vielleicht kommt ja noch was dazu. Wie sah es denn mit Konzerten zuletzt aus?

Es ist einfach immer ein ganz spezielles Gefühl, live zu spielen, und egal, wo auch immer zwischen Los Angeles und New York wir spielen durften, sind die Fans ebenso abgegangen wie wir! Durch die Hilfe von METAL ON METAL RECORDS und METAL BLADE RECORDS können wir uns in diesem Sommer endlich auch in Europa zeigen, und das wird für alle Beteiligten mit Sicherheit ein wahres Fest!

Da kannst Du dir sicher sein. Haben Euch denn Bands, mit denen Ihr eventuell mal zusammen Gigs absolviert habt, auch nachhaltig beeinflußt?

Nein, nicht unbedingt, unsere wichtigsten Einflüsse sind seit den Anfängen die "Klassiker" wie ACCEPT, MOTÖRHEAD, BLACK SABBATH und so weiter.

Seid Ihr momentan mit HERETIC ausgelastet, oder gibt es da noch etwaige Nebenprojekte an denen Ihr arbeitet?

Da wir alle unseren Jobs nachgehen müssen und zudem auch Verpflichtungen unseren Familien gegenüber haben, bleibt leider nicht viel Platz für derlei Aktivitäten. Ausgenommen davon sind nur Glenn und Angelo, die immer wieder mal was anderes machen. Aber auch sie haben ihren Fokus ganz klar auf HERETIC ausgerichtet.

Eure Heimat galt früher als eine der Hochburgen für Heavy Metal schlechthin. Wie ist es denn um die Szene aktuell bestellt?

In den letzten 20 Jahren hat sich hier in L.A. leider vieles in der Musikszene verändert, weshalb diese als solche mittlerweile kaum noch vorhanden ist. Ihr in Europa habt aber dankenswerterweise den Metal wie ein Kind aufgenommen und Euch blendend darum gekümmert. Hier gibt es nur noch Fans, jedoch keine wirklich aktive Szene mehr, während Ihr Eure von Beginn an regelrecht "hochgezogen" habt. Doch ich sehe mich zumindest als Teil einer weltweit florierenden Szene und nicht zuletzt deshalb beantworte ich ja auch Deine Fragen. [lacht] Ich sehe meine Musik und mich als Bandmitglied von HERETIC auch nach dieser langen Zeit immer noch als relevanten Teil davon und möchte das auch noch für einige Zeit sein. Und so lange es Spaß macht, anderen Menschen mit Musik Freude zu bereiten, braucht man sich ja erst gar nicht auf das einst von THE WHO "vorgegebene" Motto "I hope I die before I get old" einlassen.

HERETIC [US, CA, Los Angeles]-Bandphoto 1987: Dennis O'Hara, Bobby Marquez, Mike Howe, Brian Korban, Rick Merrick

Genau so sehe ich das auch, und daher warte ich jetzt schon sehnsüchtig auf das für 2014 zumindest einmal eingeplante nächste HERETIC-Album, schließlich hat jenes, von dieser legendären Truppe einst verkündete "Motto" für mich auf alle Zeit seine Berechtigung: "Don't turn your back on the HERETIC"!

http://www.hereticusa.com/

Vorbereitung, Interview & Bearbeitung:
Walter Scheurer

Photos: Bill Hale [Photo 1985], David Plastik [Photo 1986], Jim Eller [Studiophoto 1987], Dion DeBois [Photos 1987], Aaron Grodin [Photo 2012]

HERETIC (US, CA, Los Angeles) (Besetzung 4) im Überblick:
HERETIC (US, CA, Los Angeles) – From The Vault... Tortured And Broken (Re-Release-Review von 2013 aus Online Empire 57)
HERETIC (US, CA, Los Angeles) – Online Empire 55-Interview (aus dem Jahr 2013)
HERETIC (US, CA, Los Angeles) – Online Empire 56-"Living Underground"-Artikel (aus dem Jahr 2013)
HERETIC (US, CA, Los Angeles) – News vom 28.07.2006
HERETIC (US, CA, Los Angeles) – News vom 04.10.2007
HERETIC (US, CA, Los Angeles) – News vom 20.05.2011
HERETIC (US, CA, Los Angeles) – News vom 26.09.2011
HERETIC (US, CA, Los Angeles) – News vom 24.10.2011
HERETIC (US, CA, Los Angeles) – News vom 25.03.2014
HERETIC (US, CA, Los Angeles) – News vom 25.06.2014
HERETIC (US, CA, Los Angeles) – News vom 26.01.2016
Playlist: HERETIC (US, CA, Los Angeles)-Album »Breaking Point« in "Playlist Heavy 99" auf Platz 5 von Stefan Glas
Playlist: HERETIC (US, CA, Los Angeles)-Vinyl-EP »Torture Knows No Boundary« in "Playlist Heavy 128" auf Platz 2 von Stefan Glas
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