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  UE-Home → History → Underground Empire 7 → Interview-Übersicht → DARK MILLENNIUM (D)-Interview last update: 11.12.2024, 10:02:25  

”UNDERGROUND EMPIRE 7”-Datasheet

Contents:  DARK MILLENNIUM (D)-Interview

Date:  1993 (estimated, created), 15.11.2012 (revisited), 27.10.2024 (updated)

Origin:  UNDERGROUND EMPIRE 7

Status:  published

Task:  from paper to screen

Availability:  original printed issue sold out! Several earlier issues still available; find details here!

Comment:

Im Heft hatten wir auch jenes Hochkantphoto als Starter verwenden, weil man hier so schön das Logo im unteren rechten Bereich auf den Boden hineinsetzen konnte. Allerdings hatten wir noch das alte, etwas "fusselige" Logodesign verwendet, während DARK MILLENNIUM selbiges mittlerweile etwas entstaubt hatten.

Außerdem legten wir den Interviewtitel auf der ersten Seite in den Texthintergrund, wobei wir einen ähnlichen Schrifttypus gewählt hatten, wie auf dem Albumcover für den Albumtitel »Diana Read Peace« verwendet worden war. Auch den kleinen Twister bei den Buchstaben des Wortes "Peace" hatten wir nachgebaut.

Aus heutiger Sicht wäre es wohl besser gewesen, wenn DARK MILLENNIUM sich zusammengerauft und ihre Gesangsdifferenzen ausgeräumt hätten - auch wenn das eventuell bedeutet hätte, daß man mit einem neuen Sänger hätte weitermachen müssen, denn sämtliche Nachfolgeprojekte (auch die später von Sänger Christian Mertens und Gitarist Michael Burmann gestartete Band SOULS FOR SALE) sollten leider nie über ihre Anfangsbemühungen hinauskommen.

Supervisor:  i.V. Stefan Glas

 
 

DARK MILLENNIUM (D)-Logo

DARK MILLENNIUM (D)-Headline

Ich bin schon seit Demotagen von dieser begnadeten Band angetan. Mit ihrer Debutscheibe wurde der damals eingeschlagene Weg, nämlich progressiv angehauchter, atmosphärischer Death Metal, noch perfektioniert und machte »Ashore The Celestial Burden« zu einem Muß im anspruchsvollen Metalbereich. Das vor kurzem erschienene Zweitwerk »Diana Read Peace« ist nochmal eine gehörige Steigerung und machen DARK MILLENNIUM für meinen Geschmack zu Deutschlands kreativstem Export überhaupt. Weg vom Death Metal und hin zum emotionellen progressiv-independent-mystery-was-weiss-ich-Metal. Da dies eine der absolut besten Scheiben des gesamten Jahres geworden ist, muß endlich das lange überfällige Interview her. Drummer Christoph erklärte sich bereit meine Fragen zu beantworten.

DARK MILLENNIUM (D)-Bandphoto 1

Ihr habt auf »Diana Read Peace« einen riesigen musikalischen Schritt gemacht. Weg vom Death Metal, hin zu einer eher progressiveren rockigeren Richtung. Wollt Ihr ein breitere Zuhörerschaft ansprechen? Die "alten" Fans könnten aber durchaus ihre Probleme damit bekommen!

Rockig? Hm... Na ja, ob wir mit »Diana Read Peace« ein breiteres Publikum ansprechen, wird sich zeigen. Wir hoffen halt, daß auch einige Fans der eher progressiv-experimentellen Richtung mal ein Ohr in die Platte wagen und nicht wegen des Namens gleich mit Death Metal assoziieren. Gewiß ist jedenfalls, daß einige der sogenannten "alten Fans" - zumindest diejenigen unter Ihnen, die vorwiegend phlegmatisch auf stilistische "Neuerungen" reagieren - ihre Schwierigkeiten mit dem neuen Album haben werden, aber man kann es eh' nicht jedem recht machen. Jedenfalls haben wir ein von Grund auf ehrliches Album abgeliefert, welches unsere Emotionen meiner Ansicht nach recht treffend reflektiert.

Habt Ihr Euch eigentlich jemals als Death Metal-Band gefühlt beziehungsweise konntet Ihr Euch mit dieser Szene identifizieren?

Ich denke schon, allerdings haben wir nie den berühmten Blick über den Tellerrand gescheut und uns stets hinreichend Freiraum für andere Stilrichtungen gelassen, um uns nicht gleich selbst zu isolieren. Nur hat die einstig vorhandene Identifikation mehr und mehr nachgelassen...

Ich würde gerne etwas über die Texte der neuen CD wissen! Auf dem Debut hattet Ihr viel Fantasystuff!

Das ist richtig! Auf »Diana Read Peace« hat sich ein spürbarer Wandel mehr in die - na ja - fast philosophische Ecke vollzogen. Das heißt, daß es keine traditionellen Fantasyfiguren und -allegorien sind, die in unseren Texten auftauchen, sondern im großen und ganzen der Mensch selbst, und zwar in all seinen Erscheinungen, mit all seinen Idealen, Ängsten, Verlangen und Perversionen. Gedanklich ist das sicher eine nachvollziehbare Entwicklung, da fiktive Figuren und Bilder aus der Fantasywelt - ohne dieses Genre irgendwie abwerten zu wollen - keine ausreichende Anwendbarkeit für uns hatten. Obwohl ein Kritiker auch unsere jetzigen Texte der Kategorie Fantasy/Fiktion zuordnen würde.

Stichwort »The Apocryphal Wisdom«-Demo. Euer Manager teilte mir mit, daß Pläne bestehen, das erste Demo nochmal auf CD zu veröffentlichen, da es restlos vergriffen ist und sich die Anfragen häufen!

Stimmt. Ich persönlich wäre dem gegenüber nicht abgeneigt, nochmal eine limitierte Stückzahl auf CD rauszubringen. Das Ganze ist jedoch noch nicht dingfest, und somit kann ich auch noch nichts Konkretes dazu sagen. Eventuell wird es eine Split-CD mit dem CREMATORY-Demo geben!

Wie war das eigentlich damals? Auf »The Apocryphal Wisdom« sang Christian, aber auf dem zweiten Demo »Of Sceptre Their Ashes May Be« jemand anderes, während auf der Debut-CD wieder Christoph das Mikro schwang. Wart Ihr mit dem Gesang auf dem zweiten Demo nicht zufrieden? Mir persönlich war der Gesang zu identitätslos!

Wir hatten Christian zwischenzeitlich gefeuert aus sehr trivialen Gründen, die ich hier nicht so gern nennen möchte. Also hat eben ein Kumpel von uns das zweite Tape eingegrunzt, wobei ich mit seinen Vocals überhaupt nicht mehr zufrieden bin. Ich meine, ich persönlich mag Gegrunze sowieso nicht, von daher brauchen wir uns darüber nicht streiten. Zum ersten Album hin haben wir es uns ja auch wieder anders überlegt.

Seht Ihr Eure Musik eigentlich als Kunst?

Wie es mehr oder weniger Joseph Benys formulierte, der Begriff "Kunst" kann nur subjektiv verstanden werden, das heißt Kunst ist irgendetwas dann, wenn irgendjemand es als solche versteht oder empfindet. Daher halte ich eine versuchte objektive Definition dieses Begriffs - ebenso wie des "Kitsch"-Begriffs - für Unsinn. Kunst bedarf in meinen Augen nicht einmal einer verständlichen Intention, solange irgendjemand für sich seinen Teil daraus beziehen kann, selbst wenn es banal klingt. So ist zum Beispiel Grindcore für die einen übelster Lärm und für andere wiederum Kunst.
Schließlich ist Musik - um damit zum Thema zu kommen - ja nicht nur erst/nur dann Kunst, wenn die Musiker ihre Instrumente/Stimme virtuos beherrschen, sondern sie ist vielmehr dann Kunst für den Musiker, wenn er in seinen Augen die Stimmung mittels Musik rüberbringt, die er erzielen wollte, und für den Rezipient, das heißt Hörer, wenn er aus der Musik die Stimmung "bekommt", die er erwartet oder für sich adäquat verarbeiten kann. Also sage ich, daß für mich sowohl unsere, als auch viele andere Musik, Kunst ist.

DARK MILLENNIUM (D)-Bandphoto 2

Wie ist es eigentlich bei MASSACRE RECORDS? Von der Bandauswahl ist es eigentlich das beste Label der Welt, und außerdem scheinen sie relativ viel Werbung für ein Independent-Label zu machen. Seid Ihr glücklich dort unterschrieben zu haben, oder wärt Ihr lieber bei einem Major?

Nee, im Moment ehrlich gesagt nicht. Da man mit Musik in unserem Status ohnehin kein Geld verdient, sollte es uns wenigstens Spaß machen, um auch ohne finanzielle Reize genug Motivation aufzubringen, zumal der Zeitaufwand nicht unerheblich ist. Bei MASSACRE RECORDS haben wir wenigstens die "künstlerische" Freiheit, die wir brauchen, um eben erwähnten Spaß nicht zu verlieren. Unsere Songs werden somit keinem kapitalistischen, systemerkrankten Major-Präsidenten durch ein kommerzielles Richtlinien-Sieb boxiert, um jegweder finanziell unlukrativen Experimentierfreude im Songwriting vorzubeugen. Ich hasse diese sterilen Trend- und Kommerztrottel - das mußte einfach raus!

Spielt Ihr eigentlich oft live? Ihr habt bereits zweimal durch Deutschland getourt, wie sind Eure Eindrücke?

Wie wir live sind, können sicherlich nur die Zuschauer entscheiden. Unsere Eindrücke sind bis auf die UNLEASHED-Tour sehr gut. Insbesondere die Tour mit ATROCITY hat höllisch Spaß gemacht. Ist auf jeden Fall weiterzuempfehlen. Das Feeling jeden Tag zu spielen, stellt jedenfalls jeden Einzelgig in den Schatten.

Was zieht Ihr Euch privat rein? Ich schätze mal, daß nicht allzuviel Death Metal dabei ist, wenn überhaupt!

Meine Faves sind RUSH, VOIVOD, FIELDS OF THE NEPHILIM, TYPE O NEGATIVE, PRONG, WARRIOR SOUL, old BLACK SABBATH (logisch!) und DREAM THEATER.

Was denkt Ihr über die zunehmende Gewalt in unserer Gesellschaft, was besonders bei der Jugend auffallend ist?

Den Grund, daß die Jugendlichen unter wirtschaftlichen Rezessionen leiden, ist meiner Ansicht nach totaler Unsinn, wenn er dazu benutzt wird, den nach dem neoreaktionären '80er Jahrzehnt ohnehin zu erwartenden Rechtsextremismus zu erklären oder gar zu entschuldigen. Solange der Staat nicht endlich versucht, der Gewalt als Mittel für seine Legitimation abzusprechen, beispielsweise Reduzierung oder Auflösung der Bundeswehr, wird Gewalt immer als "problemlösende", letzte Instanz in Frage kommen. Das Mittel der Gewalt wird den Kindern ja praktisch vorgelebt durch die Existenz einer Armee. Und bei der konkreten Umsetzung in die Praxis, das heißt Gewalt auf der Straße, paaren sich manische Identitätslosigkeit und gravierende Unwissenheit, die möglicherweise die Hemmschwelle gerade bei Jugendlichen drastisch senken. Allein dieser kranke Männlichkeitswahn, sich beweisen zu müssen etc., betört peinlicherweise immer noch und trotz jeder Aufklärung - wenn sie denn stattfindet - die Herzen vieler junger Männer. Schade!

Welche Band würde Eures Erachtens am besten live zu Euch passen?

Meine Faves wären utopisch gesehen - VOIVOD! Realistisch gesehen weiß ich noch keine.

Ich habe mal in einem Fanzine über Euch gelesen, daß Eure Musik recht interessant wäre, aber der Sänger zu stark nach Sabina Classen klingen würde. Dein Kommentar, Christoph?

Hm... Eher gar nichts.

Von Eurer mystischen Musik her, könnte man ableiten, das ihr auch von Filmen beeinflußt seid? Irgendwelche Faves?

a.) Filme: David Cronenberg, Clive Barker, David Lynch, b.) Bücher: Clive Barker, J.R.R. Tolkien, politische und philosophische Schriften und geistige/klassische Literatur.

Was ist für Euch Erfolg?

Viel Streß, Stargehabe und viel Presse..., Nee, im Ernst, keine Ahnung. Stell' mir diese Frage mal dann, wenn wir erfolgreich sind, [lacht] hehe.

Famous last words!

Viel Glück beim Wiedererobern der alten Leser, und bleibt dem Begriff "Underground" treu. PEACE SHALL RISE!!!

Vorbereitung, Interview & Bearbeitung:
Ralf Henn

DARK MILLENNIUM (D)-Bandphoto 3

Das hätte Ralf sicherlich nicht geahnt, daß seine letzte Frage quasi symbolhaften Charakter haben sollte, denn dies waren gewissermassen wirklich die Berühmten Letzten Worte aus dem DARK MILLENNIUM-Lager, da sich die Band bekanntlich kürzlich aufgelöst hat. Dennoch wollten wir das Interview nicht aus dem Heft kicken, sondern es soll gewissermassen, um ein Statement zu Split aufgestockt, als Tribut an eine der interessantesten Bands des brachialeren Sektors stehenbleiben.
Der Trennungsgrund kann auf Differenzen um den gesanglichen Kurs der Band zurückgeführt werden, so daß man sich jedoch, wie man mir versicherte, in Freundschaft trennte. Die Nachfolgeprojekte existieren schon und sind im einzelnen: die Formation SKELETON CREW, in der Gitarrist Michael zusammen mit dem Ex-Basser Jörg, der noch das Debut eingespielt hatte, wirkt, sowie CHERUB, wo Drummer Christoph und Gitarrist Hilton eine neue Heimat fanden, während Sänger Christian derzeit eine schöpferische Pause einlegt. Ebenfalls nicht aktiv ist Bassist Klaus, der, nachdem sich erst seine alte Formation DESPAIR aufgelöst hatte, nun wieder im Regen steht, und vermutlich vorerst die Schnauze mal gestrichen voll hat.
Tja, so sollte eben aus dem, von Christoph vorgegebenen, Interviewtitel "Peace Shall Rise" leider ein "Rest In Peace" werden.

Stefan Glas

DARK MILLENNIUM (D) im Überblick:
DARK MILLENNIUM (D) – Of Sceptre Their Ashes May Be (Demo-Review von 1992 aus Metal Hammer 10/92)
DARK MILLENNIUM (D) – The Apocryphal Wisdom (Demo-Review von 1991 aus Metal Hammer 12/91)
DARK MILLENNIUM (D) – Underground Empire 5-"German Metal"-Artikel (aus dem Jahr 1991)
DARK MILLENNIUM (D) – Underground Empire 7-Interview (aus dem Jahr 1994)
DARK MILLENNIUM (D) – Underground Empire 7-Special (aus dem Jahr 1994)
DARK MILLENNIUM (D) – News vom 30.01.2016
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