Mit »The Landing« kredenzte Piet Sielck letztes Jahr endlich wieder ein neues Werk seines Flaggschiffs IRON SAVIOR. Darüber, aber auch über die Schaffenspause von gut vier Jahren, in der längst nicht alles rosig ausgesehen hat, wußte ein, wie immer gutgelaunter, sympathischer und zudem ungemein unterhaltsamer Piet als Gesprächspartner viel zu berichten.
Wir kennen Dich lange Jahre als absolut arbeitswütiges, eifriges Geschöpf, dennoch hat es sehr lange gedauert, ehe wir uns an einem weiteren IRON SAVIOR-Album ergötzen durften. Was genau hat denn die unerwartete lange Pause verursacht?
Ihr könnt' mir glauben, daß dies keineswegs mit mir allein zu tun hatte. In erster Linie kann man das Business an sich dafür verantwortlich machen, denn ich hatte ja auch eine Plattenfirma am Start. Diese wurde jedoch von offenbar nicht ausreichend kompetenten Mitarbeitern in die falsche Richtung geführt, und von daher mußten wir sämtliche Tätigkeiten aufgrund finanzieller Schwierigkeiten einstellen. Auch wenn ich für zahlreiche Verfehlungen nicht persönlich verantwortlich gewesen bin, hatte ich als Geschäftsführer die Geschehnisse zu verantworten.
Klingt ja ordentlich angepißt. Gab's denn auch Momente, in denen Du generell die Schnauze voll hattest?
Mehr als genug. Es ging sogar so weit, daß ich für einige Zeit wirklich mit dem Gedanken spielte, die Musik für immer an den Nagel zu hängen. Irgendwann kommt man in derlei Situationen wohl immer zur Frage nach dem Sinn, und ich sah in der Tat keinen mehr.
Wir können also von Glück reden, überhaupt ein neues IRON SAVIOR-Album beklatschen zu dürfen?
Na ja, ganz so kraß würde ich das jetzt auch wieder nicht sehen. Das alte Klischee von Musikern, die sich hinsetzen, um sich mit ihren Songs selbst zu therapieren, trifft aber auf jeden Fall voll und ganz zu. Im Laufe dieser Zeit hat es mich dafür um so heftiger gepackt. Ich brannte förmlich vor Energie und wußte plötzlich wieder, was mir eigentlich fehlt, wenn ich mich nicht um Musik kümmere. Da kann nicht einmal meine Tätigkeit als Produzent, der ich mit ebenso viel Liebe nachgehe, mithalten.
Diesen Enthusiasmus kann man förmlich spüren, schließlich sprüht das neue Album nur so davor. Es scheint, als ob all Deine Energie in »The Landing« gesteckt hättest, oder?
Exakt. Als ich mich dazu entschloß, mit IRON SAVIOR wieder loszulegen, war die Band mein einziger Fokus.
SAVAGE CIRCUS spielen also keine wesentliche Rolle mehr?
Nein, die Band liegt momentan auf Eis. Auch wenn ich SAVAGE CIRCUS nie wirklich als dermaßen persönliches Anliegen von mir betrachtet habe wie IRON SAVIOR, war es doch so, daß ein nicht gerade unwesentlicher Teil aller Tätigkeiten an mir hängengeblieben ist. In Wahrheit habe ich dieses Unternehmen auch immerzu eher als Projekt betrachtet. Das Gemeinschaftsgefühl einer Band, wie auch das Feeling zusammen mit den Mitstreitern im Proberaum zu stehen, war in diesem Fall eben nicht in einem vergleichbaren Ausmaß vorhanden.
Schade zwar, aber durchaus nachvollziehbar. Jetzt bei IRON SAVIOR aber alles wieder gut und genauso, wie es einmal mehr, oder?
Ich weiß, was Du meinst. [lacht] Ja, ich war in der Tat heilfroh, daß Jan nicht allzu schwierig zu überreden gewesen ist. Vorausschicken möchte ich allerdings, daß sich Yenz Leonhardt und IRON SAVIOR im Guten getrennt haben. Durch die Unzahl an Bands und Projekten, in die Yenz involviert ist, war ihm die Sache einfach zu viel. und von daher kann ich seine Entscheidung auch voll und ganz nachvollziehen. Wir sind ja schließlich auch nicht mehr die allerjüngsten Exemplare, und von daher ist derartiges Selbstmanagement in gewisser Weise fast schon logisch. [lacht] Was Jan betrifft, war es so, daß MASTERPLAN ja auch nicht unbedingt rund um die Uhr aktiv sind und ich mich von daher auch von keinerlei Gewissensbissen gegenüber diesen Kollegen quält sehe. [lacht] Außerdem habe ich es Jan sofort angemerkt, daß er mit demselben Enthusiasmus wie früher an sein Engagement bei IRON SAVIOR herangeht. Mehr noch, es hat sich dermaßen gut angefühlt, wieder mit ihm zusammenzuarbeiten, daß wir uns beide glückselig in den Armen gelegen sind. Ich habe diese Situation schon einmal mit dem Satz kommentiert, daß wir wohl geweint hätten, wenn wir Frauen wären. [lacht]
Bevor Ihr jetzt in Eurer Euphorie noch auf die Idee kommt, eine Fernseh-Serie zu diesem Thema ins Leben zu setzen, wenden wir uns wieder dem aktuellen Silberling zu. Für mich wirkt »The Landing« gewissermaßen wie die Essenz von IRON SAVIOR, schließlich sind die früheren, typischen PRIEST-Anleihen ebenso in reichlicher Anzahl zu finden, wie auch ungemein melodische Passagen, die durchaus auch an SAVAGE CIRCUS erinnern. Hattest Du eine Art Vorgabe beim Komponieren, oder hat sich das alles im Laufe der Zeit entwickelt?
Nein, es gab weder eine Vorgabe, noch war es meine Absicht, mit den Songs irgendwelche Erwartungen zu erfüllen. Im Gegenteil, ich fühlte mich im Laufe der Zeit befreit von jeglicher Erwartungshaltung, so daß ich mich auch an Songs herangewagt habe, die ich bislang noch nicht zu kreieren imstande gewesen bin. Ein gutes Beispiel dafür ist die Ballade ›Before The Pain‹, die ich meinem verstorbenen Bruder gewidmet habe. Dieses Thema beschäftigt mich ja bekanntlich schon längere Zeit, doch erst jetzt fühlte ich mich dazu befähigt, es auch adäquat als Song zu verarbeiten.
Die Nummer geht unter die Haut, keine Frage. Mir persönlich sind aber nicht nur dabei autobiographische Züge aufgefallen. Darf man demnach »The Landing« als sehr persönliches Album bezeichnen?
Auf jeden Fall, denn es stecken ungemein viele von meinen persönlichen Emotionen drin. Und selbst für jene Songs kann ich dir zustimmen, die den ersten Blick noch eher simpel wirken und geradewegs lospreschen wie ›Heavy Metal Never Dies‹, oder ›R.U. Ready‹. Der positive Nebeneffekt an diesen Abgehnummern ist jener, daß ich mir dabei bei etwaigen Gigs keinerlei Sorgen über die Wirkung zu machen brauche, denn schon beim Komponieren konnte ich die Fäuste der Zuseher gen Himmel gereckt sehen. [lacht] Aber auch diese Tracks kommen direkt von Herzen.
Das unterschreibe ich Dir blind. Mir persönlich gefällt zudem auch das aktuelle Artwork verdammt gut. Euch ist damit ein Wohlfühlpaket allerfeinster Sahne geglückt, dessen Aufmachung geradezu nach einer Auflage in Vinyl schreit und sich obendrein perfekt auf Bekleidungsstücken, wie auch auf dem Backdrop der Band machen würde. Ich darf doch annehmen, daß auch Du damit zufrieden bist?
Gut, daß ich da nicht mit meiner Meinung alleine dastehe. [lacht] Im Ernst, ich bin mit der Umsetzung des Artworks nicht nur zufrieden, sondern davon schwer beeindruckt. Die Zusammenarbeit mit Felipe Machado Franco (sollte Euch der Name bekannt vorkommen - es handelt sich dabei um den Sänger der Kolumbianer THUNDERBLAST, die vor einiger Zeit mit ihrem Debut ›Invaders From Another World‹ aufhorchen haben lassen, der auch für unsere Ausgabe 46 das Cover gestiftet hat - der Verf.) war zudem wirklich überaus entspannt, da sich der gute Mann als eingeschworener Fan der Band geoutet hatte und regelrecht darauf brannte, endlich für uns arbeiten zu können. Inwiefern das Motiv weitere Ehren erhalten wird, kann ich zum momentanen Zeitpunkt zwar noch nicht wirklich beantworten, aber auch bin sehr optimistisch, daß es gut ankommen wird.
Das heißt wohl auch, daß nach der aktuellen "Punktlandung" wieder einiges von IRON SAVIOR zu erwarten ist?
Sicher doch, momentan kann ich zwar leider noch nichts zu Themen wie Konzerte oder gar Tourneen von mir geben, ihr könnt' mir aber glauben, daß »The Landing« eine Art neuerlicher Startschuß ist!
Wir nehmen dich beim Wort, Piet - und hoffen, daß wir schon bald wieder über IRON SAVIOR berichten dürfen.
Photos: Anabell Ganske