Rocksounds, wie sie schon die Generation vor uns zu genießen pflegte, scheinen sich in den letzten Monaten weltweit erneut zu Kassenschlagern emporgearbeitet zu haben. Sehr fein, kann man da nur sagen, zumal man diese Entwicklung wohl auch als pädagogisch wertvoll betrachten kann. Nicht zuletzt deshalb, um der "Jugend" alte Helden, wenn auch "indirekt" endlich schmackhaft machen zu können.
Dabei darf aber nicht außer acht gelassen werden, daß zahlreiche dieser Bands sehr wohl auch eine eigene Duftnote zu versprühen imstande sind. Einer der wohl momentan am heftigsten durchstartenden Truppen sind für mich die Schweden GRAVEYARD, die vor kurzer Zeit ihr zweites Album »Hisingen Blues« kredenzt haben.
Die herrlich wabernden Rockklänge in bester Tradition funktionieren darauf ebenso gut wie bei der Live-Darbietung, weshalb es an der Zeit gewesen ist, bei Sänger und Gitarrist Joakim Nilsson (der übrigens seine Karriere zusammen mit Bassist Rikard Edlund und dem heutigen WITCHCRAFT-Mann Magnus Pelander bei NORRSKEN gestartet hat) durchzuklingeln, um weitere Informationen zum Status der Band zu entlocken. Der Schweden erweist sich dabei als überaus netter Zeitgenosse und gibt gleichzeitig auch den Fremdenführer auf seinem "Friedhof".
Ein feines Teil habt Ihr da abgeliefert, keine Frage, allerdings kommt eure LED ZEPPELIN-Affinität mitunter doch überdeutlich zum Vorschein, wie zum Beispiel im Opener ›Ain't Fit To Live Here‹. Was haben diese Herren denn so Spezielles an sich?
Findest Du wirklich? Klar haben LED ZEPPELIN großen Einfluß auf die Entwicklung von GRAVEYARD, allerdings denke ich, daß wir da keinen Einzelfall darstellen, denn schließlich zählt die Band mit zu den allerwichtigsten der gesamten Rock-History. Aber ganz so offensichtlich nach ihnen klingen wir auch wieder nicht. Gerade in dieser Nummer schwingt ja auch jede Menge Punkrock mit. Aber wie auch immer man unsere Musik auch beschreibt oder bezeichnet, wir lieben die Musik jener Generation einfach, wollen uns diesbezüglich aber auch keinesfalls limitieren lassen. GRAVEYARD stehen schlicht und ergreifend für klassische Rockmusik, allerdings sehen wir uns selbst in einem durchaus zeitgemäßen Gewand.
Ist Euch eigentlich bewußt, daß Ihr mit Eurem Bandnamen für Verwirrung sorgen könntet? Schließlich existieren momentan zeitgleich mehrere musikalische "Friedhöfe"!
Ja, das wissen wir, und es ist durchaus schon vorgekommen, daß jemand "andere" GRAVEYARD hören wollte. Viele Fans erwarten von einer Band mit diesem Namen offenbar wesentlich düsterere, dunklere Klänge, und dabei wird man bei uns einfach nicht fündig. Doch auch diesbezüglich sehen wir nicht wirklich ein Problem, sondern bauen auf die Offenheit und den Weitblick der Fans.
Vor weiteren Verwechslungen oder auch späteren, eventuellen Rechtstreitigkeiten habt Ihr also keine Bedenken?
Ganz ehrlich nicht. Bis vor kurzer Zeit habe ich noch nicht einmal gewußt, daß es noch andere Bands mit diesem Namen gibt, und von daher sehe ich die Sache eher entspannt. Zudem verlasse ich mich diesbezüglich auf den Verstand der Musikliebhaber selbst, denn es kann doch heutzutage nicht allzu schwer sein, exakt jene Informationen für sich zu finden, die man auch wirklich braucht. Außerdem glaube ich nicht, daß unter den Bands selbst jemals Probleme in irgendeiner Form auftreten, so etwas kann ich mir eher auf Management-Ebene vorstellen und zerbreche ich mir daher erst gar nicht den Kopf.
Gute Einstellung, auch wenn Neid und Mißgunst in unserer sogenannten "modernen Zeit" ja leider durchaus zum Tagesgeschäft gehören.
Apropos: Um die "Moderne" habt Ihr Euch, zumindest was den Sound betrifft, noch nicht einmal im Ansatz bemüht, oder steckt da etwa Kalkül dahinter und Ihr wolltet nach jener Phase, in der unter anderem die bereits erwähnten "Luftschiffe" die Szene regierten, klingen?
Weder noch. Allerdings hatten wir von Beginn an ein klares Ziel vor Augen. Unsere Songs sollten nämlich genau so klingen, wie wir diese auch gerne hören würden, wenn sie von einer anderen Band aufgenommen worden wären. Von daher stimmt der Begriff Kalkül durchaus. Keineswegs aber, wenn man uns unterstellen möchte, wir klängen bewußt nach "früher", denn wir das Album keineswegs auf "retro" getrimmt. Ein warmer, erdiger Sound schwebte uns jedoch schon vor, und diesbezüglich muß ich sehr wohl gestehen, daß uns vorwiegend Bands aus den frühen 70er Jahren inspiriert haben."
Der Sound geht klar. Und "retro" zu sein, will ich Euch jetzt auch gar nicht unterstellen, schließlich habt Ihr schon mit eurem Debut vor gut vier Jahren Musik in ähnlicher Machart präsentiert. Ist denn »Hisingen Blues« als logischer Nachfolger zu verstehen?
Auf jeden Fall. Auch wenn unser aktuelles Album deutlich anders klingt, war zumindest die Herangehensweise dieselbe. Es gibt bei uns allerdings keine Vorgaben, wie GRAVEYARD klingen müssen, die Sache muß auf ihre Art einfach wachsen. Noch viel weniger wollten wir uns bei den einzelnen Songs während der Entstehung zu sehr auf eine Richtung festlegen, denn dadurch würde unsere Spontaneität völlig flötengehen, und ich will mir erst gar nicht vorstellen, wie es sich anhört, wenn wir verkrampft und zwanghaft versuchen müßten, neue Songs zu schreiben. [lacht]
Diese Spontaneität empfinde ich generell als einen der essentiellsten Bestandteile Eures neuen Drehers. Man weiß wirklich nie, was passieren wird und stößt bei jedem Durchlauf auf weitere Details. Sehe das eigentlich nur ich so, oder andere Kollegen auch?
Die Reaktionen waren bisher durchaus positiv, wobei speziell unsere Spontaneität vielerorts positiv aufgefallen ist. Das freut uns natürlich sehr, denn im Endeffekt fühlen wir uns in unserer Arbeitsweise bestätigt. Man kann also davon ausgehen, daß wir in Zukunft nicht viel daran ändern werden.
Mit der Veröffentlichung von »Hinsingen Blues« scheint ihr obendrein auch noch den richtigen Zeitpunkt erwischt zu haben, schließlich verlangt die Szene momentan vorwiegend altbewährte und bekannte Klänge. Seht Ihr das auch so?
Nicht ganz. An dieses Thema sollte man ein wenig differenziert herangehen. Es mag zwar durchaus sein, daß im Moment einige Bands auf gewisse Weise ähnlich klingen wie wir, allerdings möchte ich betonen, daß GRAVEYARD sich weder an anderen Bands, noch an etwaigen Strömungen orientieren. Unsere Intention ist es vielmehr, jene Musik, die wir selbst schon seit langen Jahren zu schätzen wissen, auch selbst zu kreieren. Ich muß zwar zugeben, mich nicht wirklich mit der sogenannten "Szene" zu befassen, habe jedoch sehr wohl mitbekommen, daß zur Zeit viele Bands im Stile der alten Meister aktiv sind. Allerdings sehe ich uns keineswegs als Retro-Band, die bloß Altbewährtes neu aufwärmt. Auf unserem "Friedhof" geht es nämlich sehr lebendig zu, und zudem können wir von uns behaupten, zeitgemäße Sounds nicht völlig zu ignorieren.
Da soll mir noch jemand damit angetanzt kommen, daß es in derlei Einrichtungen keinen Spaß geben würde...
http://myspace.com/graveyardsongs
Photos: Anders Bergstedt [Photo 2-5]