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BANGALORE CHOIR-Logo

Nach dem Ende von ACCEPT - Mark II ging Sänger David Reece nach Amerika zurück und gründete BANGALORE CHOIR. Doch die Combo, die sich aufgrund des Vorschlags von Davids Bruder Robert, der seinerzeit bei der Marine war, nach dem gleichnamigen Torpedo benannte und das Wort "choir" hinzusetzte, um auf die Verwendung von großen Harmonien in der Musik hinzuweisen, löste sich nach nur einem Album wieder auf. Nach einem mißglückten Comebackversuch 2008 stehen BANGALORE CHOIR jetzt wieder mit einem neuen Album auf der Matte, so daß wir uns David, der mit einer deutschen Frau verheiratet ist und heute in der Nähe von Aachen lebt, zur Brust nahmen.

BANGALORE CHOIR-Headline

Bevor Du Dich 2007 der schwedischen Band GYPSY ROSE angeschlossen hattest, warst Du jahrelang wie vom Erdboden verschluckt. Was hast Du in dieser Zeit getrieben, und was hat Dich dazu gebracht, wieder Musik zu machen?

Nach meinem letzten Projekt SIRCLE OF SILENCE hatte ich die Schnauze vom Musikbusiness voll und beschloß, die Musik an den Nagel zu hängen. Ich ging wieder zurück zu meinem Job in der Baubranche, heiratete und wurde Vater. Ich habe also einige Zeitlang ein ganz normales Leben geführt. Zudem mußte ich einige persönliche Probleme wie Angstgefühle oder Depression in den Griff bekommen, von denen ich denke, daß sie verhindert haben, daß ich früher mit der Musik Erfolg hatte. Ich habe mich diesen Problemen gestellt und fühle mich nun deutlich besser.

Was sind die Gründe für das Comeback von BANGALORE CHOIR?

Zum einen bin ich davon überzeugt, daß BANGALORE CHOIR nie die Chancen erhalten hatten, alles auszuleben, zu dem sie in musikalischer Hinsicht fähig gewesen wären. Zum anderen spielte ich mit GYPSY ROSE einige Shows in Europa, und viele Leute outeten sich als Fans von BANGALORE CHOIR und fragten mich, ob denn die Möglichkeit einer weiteren Platte bestünde. Das hat mich sehr überrascht, denn wir waren damals kurze Zeit nach Veröffentlichung unserer Platte von unserem Label wie eine heiße Kartoffel fallengelassen worden, woraufhin sich die Band auflöste.

Ich kann mich entsinnen, daß 2008 während Deiner Zeit bei GYPSY ROSE schon mal ein BANGALORE CHOIR-Comeback zusammen mit Gitarrist John Kirk im Gespräch war, das dann aber wieder zu den Akten gelegt wurde. Zudem konnte man damals lesen, daß Ihr eigentlich nur noch auf den Rückruf von Ian Mayo und Jackie Ramos warten würdet. Was hat sich damals abgespielt, und warum verschwanden dann doch wieder alle Pläne in der Schublade?

Es ist richtig, daß John und ich über eine neue BANGALORE CHOIR-Platte nachgedacht hatten und an Songmaterial arbeiteten. John war damals und ist auch heute noch stark in der Reggaeszene involviert, so daß das Material, das entstand, für mich nicht wirklich nach BANGALORE CHOIR klang. Er hatte außerdem einige Zwistigkeiten mit Curt Mitchell, und für eine echte BANGALORE CHOIR-Reunion hätte er an Bord sein müssen. Ian und Jackie zeigten damals keinerlei Interesse, und ich glaube, daß Ian zukünftig verstärkt mit Doug Aldrich arbeiten wird und demzufolge seine Zeit sehr beschränkt ist.

Warum ist keiner der Musiker, die bei dem 2008er Comeback im Spiel waren, heute involviert, während Curt Mitchell und Danny Greenberg, die damals nicht im Gespräch waren, nun an Bord sind? Du hast ja schon angedeutet, daß zwischen den ehemaligen BANGALORE CHOIR-Musiker nicht nur eitel Sonnenschein herrschte. Das führte wohl auch dazu, daß in der kurzen Lebenspanne der Band einige Line-up-Wechsel stattfanden: So ging kurz vor den Aufnahmen Drummer Rusty Miller seiner Wege und wurde durch Darek Thomas Cava ersetzt, der aber ebenso wie Bassist Danny Greenberg bei der anschließenden Tour schon nicht mehr an Bord war. An ihrer Stelle fungierten Ian Mayo (b) und Jackie Ramos (d) bei der Tour als Rhythmusgruppe.

Nun, in jeder Gruppe gibt es Reibungspunkte, und um ehrlich zu sein, gab es bei BANGALORE CHOIR immer eine Menge Probleme zwischen einigen Mitglieder, die hauptsächlich auf Frustration zurückzuführen waren. Nach der Veröffentlichung von »On Target« 1992 bekamen wir massenhaft Airplay, spielten gute Touren und erhielten viel positives Feedback. Aber wie wir alle wissen, kamen wir einfach ein paar Jährchen zu spät, denn die Seattle-Szene bestimmte damals alles, und es war nicht zu übersehen, daß sich dadurch vieles verändert hatte. Bei unseren Gesprächen über das mögliche Comeback von BANGALORE CHOIR stellte Curt klar, daß er nicht mehr mit John arbeiten wolle, aber zugleich darauf bestünde, daß Danny Greenberg wieder mit im Boot sei. Ich stimmte zu, da Danny für BANGALORE CHOIR sehr wichtig war und ist.

Ist es eigentlich korrekt, daß Darek Thomas Cava, der das BANGALORE CHOIR-Debut eingetrommelt hatte, aber vor der zugehörigen Tour durch Jackie Ramos ersetzt wurde, zu Beginn seiner Karriere bei der superben Power bis Thrash-Combo namens KIL D'KOR spielte, deren '86er Demo »Rode The Lightning« ein wahrer Klassiker ist? Vor seinem Einstieg bei BANGALORE CHOIR trommelte er auf alle Fälle an der Seite des heutigen Axel Rudi Pell-Sängers Johnny Gioeli bei BRUNETTE, doch die KIL D'KOR-Verbindung ist nicht hundertprozentig nachgewiesen, obgleich man immer wieder entsprechende Quellen findet. Kannst Du uns diesbezüglich aufklären?

Tut mir leid, da weiß ich leider nicht das geringste darüber.

Warum wurde eigentlich auf dem Cover der vor wenigen Monaten erschienenen Wiederveröffentlichung von »On Target« die gutgebaute Dame von dem Torpedo runtergekickt?

Der Entschluß, sie nicht zu verwenden, fiel aus verschiedenen persönlichen und rechtlichen Gründen.

BANGALORE CHOIR-Bandphoto 1

Für mich klingt das neue BANGALORE CHOIR-Album »Cadence« längst nicht so "amerikanisch" wie »On Target«. Kannst Du dem zustimmen?

Es ist offensichtlich, daß »Cadence« einige andersgeartete Zutaten enthält, da ich stark vom europäischen Klang des Rocks beeinflußt bin. Aber Songs wie ›Martyr‹, ›Livin' Your Dreams‹ und ›Survival Of The Fittest‹ klingen definitiv nach BANGALORE CHOIR.

Auf der anderen Seite unterscheidet sich »Cadence« nicht so entsetzlich stark von Deinem letztjährigen »Universal Language«-Soloalbum. Wie kannst Du also untermauern, daß die neuen BANGALORE CHOIR kein Retortenprodukt sind, dem lediglich aus kommerziellem Interesse der alte Bandname aufgedrückt wurde? Dabei sollte man nämlich besonders bedenken, daß heuer Ex-U.D.O.-Gitarrist Andy Susemihl bei BANGALORE CHOIR involviert ist, der mit Dir schon bei Deinem Soloalbum zusammengearbeitet hat, und daß einige Songwriting-Credits auf »Cadence« an Tommy Denander gehen, denen man als einen der "üblichen Verdächtigen" in der Melodic-Szene bezeichnen könnten, wenn man ihm übel wollte.

Für mich ist es BANGALORE CHOIR! Da Curt nicht mehr mit John arbeiten wollte, mußten wir natürlich einen anderen Gitarristen finden. Wer hätte nähergelegen als Andy? Wie Du schon gesagt hast, hat er »Universal Language« mit mir komponiert und produziert. Er ist ein brillanter Musiker, mit dem ich bei »Universal Language« hervorragend zusammengearbeitet habe, so daß uns die Wahl ganz einfach fiel.
Zu Deiner Frage bezüglich Tommy Denander kann ich nur sagen, daß ich auf »On Target« einen Song zusammen mit Steve Plunkett von AUTOGRAPH und einen anderen mit Jon Bon Jovi sowie Aldo Nova geschrieben habe. Demzufolge ist das heute nicht anders als früher. Ein guter Song ist ein guter Song, und ich denke, daß es unter musikalischen Gesichtspunkten sinnvoll ist, sich mit anderen auszutauschen, um einem Gemälde den letzten Schliff zu geben. Kurz: Ich mit Curt und Danny im Bunde fühlt sich für mich wie BANGALORE CHOIR an.

Welche Pläne habt Ihr für die Zukunft von BANGALORE CHOIR geschmiedet? Ihr habt ja schon ein paar Liveshows gespielt.

Ich habe zudem neues Material mit Christian Tolle von COOPER INC. in seinem Studio hier in Köln aufgenommen, und viele Songs haben das BANGALORE CHOIR-Feeling, aber ich arbeite derzeit auch an einer neuen Soloplatte. Daher kann uns wohl nur die Zeit verraten, wo die Songs landen werden. Auf alle Fälle werden BANGALORE CHOIR aktiv bleiben und weiterhin Musik machen. Nach unseren Liveshows in Europa im Oktober und November arbeiten wir momentan schon dran, daß wir in diesem Jahr bei einigen Festivals auftreten können.

Laß uns von der möglichen Zukunft doch einen Schritt in die Vergangenheit unternehmen: Gibt es eigentlich irgendwelche Pläne, die beiden SIRCLE OF SILENCE-Alben wiederzuveröffentlichen?

Sie wurden bereits 2007 von ESCAPE MUSIC als Doppel-CD wiederveröffentlicht und sind derzeit noch erhältlich.

Oh, das ist dann wohl an mir vorbeigegangen. Okay, wenn wir einen Schritt weiter zurückgehen, landen wir bei ACCEPT: Wie bist Du mit der Tatsache umgegangen, daß viele eingefleischte ACCEPT-Fans Dich dafür gehaßt haben, daß Du die alten ACCEPT mutmaßlich zerstört hast? Natürlich wissen wir heute, daß dem die bewußte Entscheidung der Band vorausging, mit einem amerikanischen und massentauglicheren Sänger kommerziell erfolgreicher zu werden.

Meine Philosophie zu dieser Zeit lautete: "Steck' Deinen Kopf in das Maul des Löwen". Und wenn er zubeißt? Na ja, dann verlierst Du eben Deinen Kopf... Man sollte einfach bedenken, daß ich wegen der Platte mit ACCEPT heute hier stehe, da sie mir viele Türen geöffnet hat.

Denkst Du, daß das ACCEPT-Experiment mit Dir jemals eine Chance hatte? Warum wurde selbiges so schnell beendet? Offiziell hörte man dazu, daß es zu einem Handgemenge zwischen Dir und Bassist Peter Baltes kam. Das deutet darauf hin, daß das Verhältnis der Musiker untereinander nicht sonderlich gut war. Willst Du etwas dazu sagen?

Was zu diesem Ende führte, geht eigentlich niemand was an, und es ist an der Zeit, diese Dinge ruhenzulassen. Wen interessiert schon, was damals passierte? Es war auf alle Fälle von Beginn an eine schlechte Beziehung.

ACCEPT sind mittlerweile wieder aktiv und hatten sich im Zuge dieses Comebacks zunächst darum bemüht, Udo wieder in die Band zu holen. Hypothetische Frage, denn mit der Wahl von Mark Tornillo haben ACCEPT verdeutlicht, daß sie heuer auf einen Sänger mit einer Udo-ähnlichen Stimme setzen wollen: Für den Fall, daß sie ihren anderen Ex-Sänger, also Dich, gefragt hätten, hättest Du diesen Job wieder übernommen? Wie gefallen Dir die neuen ACCEPT?

Komischerweise hat Gaby Hoffmann, Managerin von ACCEPT und Gattin von Gitarrist Wolf, mich letztes Jahr kontaktiert, obwohl wir seit 20 Jahren nichts mehr voneinander gehört hatten. Wir hatten ein sehr freundliches Gespräch, und später hörte ich davon, daß über meinen Namen diskutiert worden sein soll. Wenn sie mich gefragt hätten - warum nicht? Es ist seit damals eine Menge Wasser den Rhein runtergeflossen, und ich habe keine schlechten Gefühle oder Vorbehalten gegenüber einen der ACCEPT-Musiker.
Was ich über den neuen ACCEPT-Sänger denke? Ich glaube, daß Udo einfach zu ACCEPT gehört, was sich nie ändern wird. Aber, hey, sie wollten wieder loslegen und mußten eine Lösung finden, da Udo nicht mitmachen wollte, so daß ich ihnen das Beste wünsche.

In einem Interview, das Du zu »Universal Language« geführt hast, hattest Du ausgeführt, daß Du seit jeher ein gutes Verhältnis zu Ex-ACCEPT-Sänger Udo Dirkschneider hattest und daß Du einige Songs geschrieben hättest, die Du gerne mit Udo im Duett gesungen hättest. Hat sich da was getan?

Ich habe im April mit Udo gesprochen. Er war vorbeigekommen, um mich live zu sehen, und bei dieser Gelegenheit sprachen wir darüber. Derzeit gibt es einige Songs, die für ihn maßgeschneidert sind, so daß wir an der Idee weiterspinnen. Ich hoffe, daß sie bald Realität wird, denn es wäre eine Ehre für mich, das Mikro mit ihm zu teilen.

Bevor wir zum Ende kommen, würde mich noch interessieren, was Du vor Deinem Einstieg bei ACCEPT gemacht hast, denn Du warst damals eigentlich ein unbekannter Sänger gewesen. In welchen Bands hattest Du zuvor gespielt?

Ich tingelte hauptsächlich durch die Clubs in Amerika. Außerdem nahm ich mit Mitch Perry, der unter anderem mit Michael Schenker gespielt hatte, einige Demos auf und jammte mit Yngwie Malmsteen.

Abschließend seien noch die verschiedenen Homepages genannt, auf denen man Davids Schaffen begutachten kann. Die offizielle BANGALORE CHOIR-Webseite befindet sich hier:

http://www.bangalorechoir.com/

während sich Davids Webpräsenz für seine Solotätigkeiten hier verbirgt:

http://www.reeceworld.com/

Vorbereitung, Interview & Bearbeitung:
Stefan Glas

BANGALORE CHOIR im Überblick:
BANGALORE CHOIR – Heavy 131-Interview (aus dem Jahr 2010)
BANGALORE CHOIR – Online Empire 46-Interview (aus dem Jahr 2011)
BANGALORE CHOIR – News vom 03.03.2008
BANGALORE CHOIR – News vom 11.06.2008
BANGALORE CHOIR – News vom 15.07.2010
Soundcheck: BANGALORE CHOIR-Album »Cadence« im "Soundcheck Heavy 131" auf Platz 45
Soundcheck: BANGALORE CHOIR-Album »Metaphor« im "Soundcheck Heavy 140" auf Platz 38
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