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”UNDERGROUND EMPIRE 5”-Datasheet

Contents:  OZ-Interview

Date:  18.05.1991 (created), 29.09.2010 (revisited), 22.01.2022 (updated)

Origin:  UNDERGROUND EMPIRE 5

Status:  published

Task:  from paper to screen

Availability:  original printed issue still available, order here!

Comment:

Die vorhergehenden OZ-Releases - und dabei vor allem »III Warning« ('84), die supercoole »Turn The Cross Upside Down«-EP ('85) sowie »Decibel Storm« ('86) - gehörten seit jeher zu meinen Lieblingsscheiben, so daß OZ fett auf meiner Interviewwunschliste standen, wie in der Story ausgeführt, so daß ich voller Begeisterung zusagte, als mir ein Talk mit der Band angeboten wurde. Sicherlich ist »Roll The Dice« trotz eines erstklassigen Titeltracks nicht die beste OZ-Platte, doch sie wandert bis heute immer mal wieder in meinen Player. Die stilistichen Veränderungen im Hause OZ sind einfach zu erklären, denn in den fünf Jahren, die zwischen »Decibel Storm« und »Roll The Dice« lagen, waren nur Sänger Tapani Anselm und Drummer Mark Ruffneck, der sich beim Interview übrigens als sehr netter Zeitgenosse entpuppte, verblieben; neu an Bord waren indes Ex-GOTHAM CITY-Gitarrist Michael Lundholm, der Basser Fredrik Thörnblom sowie Keyboarder Jörgen Schelander, der uns später bei MERCURY FANG wiederbegegnen soll.

Supervisor:  Stefan Glas

 
 

OZ (SF → S)-Logo

Der Würfel ist gefallen, das Spiel läuft. Mit ihrer Comebackplatte »Roll The Dice« versuchen die Schweden OZ ein weiteres Mal, das zu erreichen, was ihnen mit den Vorgängerplatten »Hey You«, »Fire In The Brain«, »III Warning« und »Decibel Storm« versagt geblieben war - sich zu etablieren nämlich. Musikalisch sollte die Nummer 5 in der OZ-Bandgeschichte dazu imstande sein, ob allerdings auch die anderen Faktoren so beschaffen sind, daß die Zeichen auf Sieg stehen, wird uns nur die Zeit sagen können. Der Würfel ist auf jeden Fall gefallen und nichts wird das Spiel vor seinem definitiven Ende bremsen können.

OZ (SF → S)-Headline

Ich persönlich hatte schon überhaupt nicht mehr an die Existenz der skan­di­na­vi­schen Combo, die sicherlich eine der dienstältesten der ganzen Region ist, geglaubt. Als dann eines Tages die Testpressung von »Roll The Dice« bei mir eintrudelte fiel ich aus allen Wolken und konnte meinen Augen nicht glauben. Folglich war es nahezu unumgänglich, mal interviewmäßig mit den Jungs ein paar Worte zu wechseln, um sie etwas auf dem erneut angetretenen Weg zu unterstützen. Drummer Mark stellte sich zu diesem Zweck zur Verfügung und rief mich aus Stockholm an.

OZ (SF → S)-Bandphoto 1

Ich hatte schon mal vor etwa einem Jahr probiert, Euch brieflich zu kontakten, erhielt aber keine Antwort. Da war seit »Decibel Storm« bei Euch wohl das große Abtauchen in der Versenkung angesagt gewesen?

Oh je, das liegt inzwischen schon über vier Jahre zurück. Ich werde versuchen, mich kurz zu fassen. »Decibel Storm« wurde in Europa über RCA veröffentlicht und tragischerweise wurde der Mitarbeiter von RCA, der sich um alle unsere Belange kümmerte schwer krank und lag sechs Monate im Krankenhaus und starb schließlich. Daher war die Arbeit seitens RCA für uns nicht besonders gut, da der zuständige Mann im Krankenhaus lag. Wir hatten in dieser Beziehung also etwas Pech. Wir versuchten dann, mit MOTÖRHEAD in Schweden auf Tour zu gehen, was aber fehlschlug. Im Nachhinein stellte sich heraus, daß das nicht schlimm war, da die Tour ein totaler Flop für MOTÖRHEAD wurde. Stattdessen begannen wir, Demos aufzunehmen und uns auf die nächste Platte vorzubereiten. Doch als wir gerade ins Studio gehen wollten, verließen uns beide Gitarristen kurz hintereinander. Sie waren über sechs Jahre bei OZ gewesen, und sie waren der Meinung, daß dies genug sei, und sie wollten sich in Zukunft ihrer Familie und ihren Kindern widmen. Also suchten wir nach neuen Gitarristen, und über ein Jahr lang fanden wir niemand, der irgendwie geeignet gewesen wäre. Deswegen entschied sich unser Bassist, nach New York zu gehen, wo er jetzt auch in einer Band spielt. Also mußten wir neue Leute finden und genau damit waren Tapani und ich über drei Jahre beschäftigt. Als wir endlich mal jemand gefunden hatten, der zu uns paßte, passierte immer irgendetwas, so daß er wieder austeigen mußte. Es war eine verdammte beschissene Zeit, und wir haben uns mehr als einmal überlegt, ob wir nicht besser aufhören sollten, Musik zu machen.

Wie sieht es mit dem aktuellen Line-up aus. Ist es halbwegs stabil?

Mit unserem neuen Gitarristen sind wir jetzt seit einem Jahr zusammen, und ich denke, daß er echt super ist. Da wir aber solche Probleme hatten, Gitarristen zu finden, beschlossen wir, statt eines zweiten Gitarristen einen Keyboarder in die Band aufzunehmen. Nachdem wir im "Skytrack"-Studio in Berlin die Platte aufgenommen hatten, stieg dann unser Bassist aus, so daß wir also schon wieder einen Line-up-Wechsel zu verzeichnen haben. Außerdem kam unser Keyboarder sehr kurzfristig zu uns, so daß er in Berlin im Studio noch überhaupt nicht dabei war. Da wir die Platte aber in Stockholm gemixt haben, spielte er nachträglich noch die Keyboardparts ein.

Wenn Du heute zurückdenkst und Dich an Dinge wie das »Hey You«-Cover oder an die »Turn The Cross Upside Down«-Maxi erinnerst, was geht da in Deinem Kopf vor?

»Hey You« war unser erstes Album, und wir lebten damals noch in Finnland. Ich glaube, es waren einige gute Songs drauf. Wir damals noch ziemlich jung. »Turn The Cross Upside Down« war eine totale Verarschung auf irgendwelche Black Metal-Bands. Diese Cover mit den Schädeln waren damals eine gute Idee, aber heute benutzen wir viel lieber andere Dinge. Wir sind erwachsener geworden, aber ich glaube, wir können ertragen, was wir damals gemacht haben. Wir waren aber schon jeher nicht besonders ernsthaft in solchen Dingen - besonders was die Texte betrifft. Wir wollen nicht die Welt verändern.

Jetzt hast Du mir mein nächstes Stichwort schon vorgegeben. Da waren in der Vergangenheit einige Peinlichkeiten dabei. Das hat sich inzwischen auch etwas geändert.

Früher schrieb Jay, unser Bassist, die meisten Texte. Er hatte beispielsweise viele Science Fiction-Texte dabei. Für »Roll The Dice« hat Tapani die Texte geschrieben, und er hat sich vielmehr am realen Leben orientiert.

Wie kommt man eigentlich als schwedische Band an ein neugegründetes Label aus Berlin wie BLACK MARK PRODUCTIONS?

Wir sind schon so viele Jahre in diesem Business drin, und so kriegt man mit der Zeit Kontakte. Als wir hörten, daß BLACK MARK gegründet wurde, nahmen wir Kontakt auf, denn wir kennen den Chef der Company ein wenig. Wir waren vor einigen Wochen in Berlin bei BLACK MARK, und ich denke, daß es eine großartige Firma ist, die sich echt Mühe gibt.

OZ (SF → S)-Bandphoto 2

Dennoch ist für Euch doch ein riesiger Unterschied von RCA, einem riesigen Majorlabel, zu einem Indie wie BLACK MARK zu wechseln.

Bei BLACK MARK kann ich persönlich mit den zuständigen Leuten sprechen. Bei RCA konnte ich nie jemand erreichen, der auch Kompetenzen hatte. Es gab so viele Bands, so viele Leute, keiner fühlte sich zuständig und keiner konnte dir irgendwas sagen. (Bürokratie nennt man dieses Phänomen - Red.). Für die Band ist es bei einem kleinen Label einfacher, da man immer in Kontakt bleibt.

Auf »Decibel Storm« habt Ihr Synthesizer zur Erzeugung von Effekten eingesetzt. Inzwischen habt Ihr einen festen Keyboarder, der aber erst parallel zu den Aufnahmen zu Euch kann und daher »Roll The Dice« nur minimal beeinflussen konnte. Wie wird seine Rolle in Zukunft aussehen?

Ich glaube, die Keyboards werden eine gewichtigere Rolle erhalten, da wir die Songs von »Roll The Dice« geschrieben hatten und erst nachträglich die Keyboardlines eingefügt haben. Die neuen Stücke werden jetzt gleich zusammen mit dem Keyboarder geschrieben, so daß sie mehr Einfluß haben werden. Wir wollen aber auf keinen Fall die Gitarrenpower verlieren! Man kann Keyboards einsetzen, ohne die Songs zu verwässern. Gitarren und Drums sollen die Richtlinien festsetzen, und darüber denkt Jörgen, unser Keyboarder, genauso.

Auf »Roll The Dice« klingen OZ doch etwas gemäßigter und zahmer als in der Vergangenheit.

Ja, ich glaube Du hast recht. Wir haben drei Jahre lang Songs geschrieben, und da sie nie veröffentlicht wurden, haben wir sie immer wieder neu überarbeitet. Außerdem liegt »Decibel Storm« schon über vier Jahre zurück, und da liegt es doch nahe, daß sich der Sound einer Band verändert.

Ich glaube, es liegt auch stark daran, daß Tapanis Gesangsstil sich verändert hat.

Früher schrieb unser Bassist die Texte und sagte Tapani, wie er sie zu singen hätte. Heute singt Tapani wie er will und gestaltet seinen Gesang so, wie er ihn am besten findet. Wir haben uns auf jeden Fall verändert - ob zum Besseren oder Schlechteren hin, weiß ich nicht - aber wir hoffen doch, daß er besser ist!

Auf dem Cover von »Roll The Dice« sieht man ein Skelett, das zwei Würfel in der Hand hält. Dieser Würfel ist bemalt mit Hammer und Sichel, dem Dollarzeichen, etc. Eine Anspielung auf die politische Lage?

Oh nein, der Zeichner des Covers kommt aus der Sowjetunion, und es war ganz einfach seine Idee zu dem Thema »Roll The Dice«. Ich glaube, es soll soviel wie "Roll The Dice" für das Volk bedeuten, denn es kann nichts mitbeeinflussen. Die Mächtigen der Welt bestimmen, und die kleinen Leute können es in der Zeitung lesen. Wir halten uns aber bewußt von stellungnehmenden politischen Aussagen fern.

Ich kenne die Band nun schon einige Jahre, und etwas, das mich immer interessiert hat, ist, was der Name "OZ" überhaupt bedeutet.

Alle denken, es hätte etwas mit dem "Wizzard Of Oz" zu tun, was aber nicht der Fall ist. Als wir die Band gründeten, schlug einer meiner Freunde den Namen vor. Er war sehr an der griechischen Mythologie interessiert und "Oz" ist einer der Götter der damaligen Zeit, und so wurden wir zu OZ.

OZ (SF → S)-Bandphoto 3

Was denkst Du als Mitglied einer der ältesten skandinavischen Band eigentlich von der NWOSHM (= New Wave Of Scandinavian Heavy Metal; ist übelst abgekupfert, ich weiß - Red.)?

Es kommen eine Menge Bands aus Skandinavien, aber wir haben das große Problem, daß es hier nur sehr wenige Plätze gibt, an denen man spielen kann. Ich kenne etliche gute Bands hier aus Stockholm - GLORIOUS BANKROBBERS, BANGIN OUT, und außerdem sind ALIEN wieder aktiv. (Nun ja, da kennt der gute Mark wohl nur einen ganz kleinen Teil der bevorstehenden skandinavischen Invasion. - Red.)

Auf »Decibel Storm« habt Ihr Euren damaligen Labelkollegen ACCEPT gedankt "for giving us the strength to carry on". Was hat es damit auf sich?

Für mich sind ACCEPT eine der besten Bands der Welt, und wenn ich ihre Platten höre, so gibt mir das immer den Kick, weiter Musik zu machen. Daher wollten wir den Jungs danken. Wenn ich mich mies fühle und ziehe mir dann »Breaker« rein, sieht die Welt plötzlich ganz anders aus. Leider haben wir uns nie getroffen.

So, Mark, ich bin am Ende. Solltest Du noch etwas anfügen wollen, so tue es einfach!

Ich hoffe, daß wir bald mal in Deutschland auftreten können. In zwei Wochen werden wir in Estland bei einigen Festivals auftreten, aber ich hoffe, daß wir auch ins restliche Europa kommen werden.

Abwarten - Tee trinken - oder noch'n bißchen die Zeit mit Würfelspielen tot­schla­gen. Zur musikalischen Hintergrundgestaltung bietet sich dabei natürlich die neue OZ-Scheibe »Roll The Dice« an.

http://www.ozofficial.com/

Vorbereitung, Interview & Bearbeitung:
Stefan Glas

OZ (SF → S) im Überblick:
OZ (SF → S) – Underground Empire 5-Interview (aus dem Jahr 1991)
OZ (SF → S) – News vom 18.02.2007
OZ (SF → S) – News vom 30.03.2007
OZ (SF → S) – News vom 24.02.2010
Playlist: OZ (SF → S)-Album »Burning Leather« in "Playlist Heavy 137" auf Platz 2 von Stefan Glas
Playlist: OZ (SF → S)-Album »III Warning« in "Playlist Heavy, oder was!? 62" auf Platz 1 von Stefan Glas
Playlist: OZ (SF → S)-Album »live @ Keep It True« in "Playlist Heavy 141" auf Platz 3 von Stefan Glas
Playlist: OZ (SF → S)-Liveshow Lauda-Königshofen, "Keep It True"-Festival 27.04.2012 in "Jahrescharts 2012" auf Platz 5 von Stefan Glas
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