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AUTUMN HOUR-Headline

Obgleich seine einstige Hauptband HADES schon seit einigen Jahren nicht mehr aktiv ist, war Alan Tecchio nie abgetaucht. So war er hauptsächlich auf den letzten beiden SEVEN WITCHES-Alben sowie »Out In The Cold«, dem zweiten Soloalbum von Oberhexe Jack Frost, zu hören. Doch schon seit 2003 kocht er an einem eigenen Süppchen: Damals hatte er mit dem Gitarristen Justin Jurman ein Projekt namens SATURNINE SMILE ins Leben gerufen, aus dem 2008 durch den Zugang der Rhythmusmannschaft Clint Arent (b) und Dave Lescinsky (d) AUTUMN HOUR wurde. Vor etwa einem Jahr erschien in Amiland »Dethroned«, der Erstling der Combo, der nun endlich auch hierzulande erhältlich ist.
Grund genug, Alan mal wieder ausgiebig auf den Zahn zu fühlen, denn der Mann mit der Wahnsinnsstimme hat bekanntlich noch einige andere Leichen im Keller - zu denen sich just noch ein paar weitere gesellt haben...

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Ist »Dethroned« nun schlußendlich das Resultat dessen, was im Jahr 2003 unter dem Namen SATURNINE SMILE begonnen hat? Nenn' uns doch bitte die markanten Fakten zu Deinem Projekt!

Das ist es in der Tat! Justin und ich schrieben damals etwa ein Dutzend Songs und nahmen sie in seinem Haus mittels Computer auf, wobei damals nur seine Akustikgitarre und meine Stimme zum Einsatz kamen. Von diesem Projekt übernahmen wir ›How Were We Supposed To Know‹ und ›Unbelieveable‹. Nach einigen Modifizierungen an den Texten paßten die beiden Songs perfekt ins Konzept von »Dethroned«.

Warum hattest Du damals den Namen SATURNINE SMILE gewählt, und warum wurde er zu AUTUMN HOUR geändert? Hat(te) einer der Namen eine besondere Bedeutung?

SATURNINE SMILE (= "düsteres Lächeln") wurde gewählt, weil der Ausdruck für Justin und mich einfach passend für den Sound, den wir gemeinsam geschaffen hatten, erschien; ein schiefes Lächeln, etwas, das nicht dem typischen Glückslächeln entspricht, sondern einfach ein wenig düsterer ist. Keine Ahnung, es paßte einfach. Als dann aber Clint und Dave in das Projekt involviert wurden, waren sie sich einig, daß sie auf keinen Fall das Wort "Smile" im Bandnamen haben wollten. Also haben wir mit ein paar neuen Ideen jongliert, um etwas zu finden, das der Stimmung der Musik entspricht. Der Name AUTUMN HOUR paßte sogar zum Konzept von »Dethroned«, da es vom Ende der Welt, wie wir sie kennen, handelt; sie erzählt gewissermaßen die Geschichte vom Herbst der Menschheit, bevor sie durch in einen langen, kalten Winter gehen muß.

Was hat es mit dem Symbol auf sich, daß man unter dem AUTUMN HOUR-Schriftzug sieht?

Dies ist ebenso wie das gesamte Artwork auf dem Mist des meisterlichen schwedischen Designers Monowasp entstanden. Er kam mit diesen ganzen Entwürfen an, nachdem er in unsere Musik und Texte eingetaucht war. Er und ich haben bislang drei CDs zusammen gestaltet: von SEVEN WITCHES »Amped« und »Deadly Sins« und nun die AUTUMN HOUR-CD. Er ist einfach unglaublich! Soweit ich weiß, gibt es keine besondere Bedeutung hinter diesem Symbol, aber wir lieben es!

Sind AUTUMN HOUR eigentlich ein Projekt oder eine echte Band? Wird es mehr als dieses eine Album geben? Meines Wissens habt Ihr bereits einige Liveshows gespielt; werden weitere folgen?

Wir sind eine echte Band insoweit es angesichts der vollgestopften Terminkalender aller Musiker, beruflich wie auch privat, möglich ist. Selbstverständlich wollen wir nicht unseren Lebensunterhalt mit der Band bestreiten, aber wir planen, in naher Zukunft mehr Songs zu schreiben, und wir würden liebend gerne eine weitere CD aufnehmen. Auf alle Fälle wäre eine reguläre Tour für uns alle nur schwer zu verwirklichen, und die Liveclubszene hier in New Jersey und New York ist neuen Bands nicht gerade sonderlich zugetan, aber es gibt schon ein paar kleine Schuppen, in denen wir spielen können. Außerdem haben wir einige Akustikshows bei Radiosendungen, in Musik- und Plattenläden gespielt, und es hat viel Spaß gemacht, die Songs auf diese Weise zu interpretieren. Für uns wären ein paar Festivalauftritte in Europa ideal, um für Eure Leser spielen zu können, denn unser Berufsleben macht flächendeckendes Touring quasi unmöglich.

Wie hast Du Deine Mitmusiker ausgesucht? Ist es richtig, daß Du Justin schon zu NON-FICTION-Zeiten kennengelernt hast?

Ja, Justin hatte damals eine Band namens FUEL, die allerdings nichts mit der gleichnamigen Truppe zu tun hat, die vor einigen Jahren recht bekannt wurde - sehr schade! Ich hatte einige Gastvocals auf einem ihrer Demos eingesungen, das aber leider nie gemischt und veröffentlicht wurde. Damals begann die Freundschaft zwischen ihm und mir: Unsere Bands spielten ein paarmal zusammen, und ich mochte seinen Stil beim Komponieren und Spielen ebenso wie seinen freundlichen Charakter. Bei der Auswahl der Musiker für AUTUMN HOUR waren für mich zwei Gesichtspunkte ausschlaggebend: Die Jungs mußten großartige Musiker sein und tolle Ideen auf Lager haben, aber zugleich auch nette Kerle sein. Einfach solche Typen, mit denen ich auch noch ein Bier trinken gehen will, wenn die Probe oder der Gig vorbei sind. Das ist bei Dave und Clint mit Sicherheit der Fall.

Du hast Clint wohl getroffen, als er einige Baßspuren für das 2007er SEVEN WITCHES-Album »Deadly Sins« aufgenommen hat, auf dem Dave auch einige Vocals beigesteuert hat. Ansonsten hatte Dave natürlich die beiden HADES-Alben »$avior$elf« (1998) und »The Downside« (2000) eingetrommelt.

Ja, Clint hat einige echte Killerbaßlinien für SEVEN WITCHES auf den »Deadly Sins«-Demos hingelegt, woran ich mich natürlich erinnert habe. Letztendlich hat es ein Teil davon zwar nicht auf die CD gepackt, aber wenn ich die Songs hörte, muß ich sofort an sein exzellentes Ohr und seine tollen Ideen denken, die er entwickelt hatte.
Dave hat sein Spiel seit den Tagen, als wir gemeinsam bei HADES waren, immer mehr verbessert, und wir sind dicke Freunde. Daher war es für mich völlig klar, daß ich ihn fragen würde, und glücklicherweise mochte er die Songs sehr.
Er und Clint haben eine Menge dazu beigesteuert, daß die AUTUMN HOUR-Songs letzten Endes so herausgekommen sind, wie man sie auf der CD hören kann.

Wir sprechen hier von einem Projekt, das mit Akustikgitarren begonnen hat, und nun hier und da Growlvocals verwendet - da scheint sich ja einiges über die Jahre verändert zu haben...

Wie schon erwähnt, war es wohl eher Zufall, daß die beiden Akustiksongs sich so gut in die CD eingefügt haben. Diese beiden Songs haben sich nicht allzu sehr verändert, aber die restlichen Songs haben eine Menge unterschiedliche Stimmungen anzubieten.
Unser Songwriting geht normalerweise sehr flüssig und schnell vonstatten. Bei uns entstehen neue Ideen, Riffs und Arrangements schneller als bei jeder anderen Band, mit der ich bislang zu tun hatte. ›Rebirth‹, der Bonussong für die europäische Version, wurde während einer einzigen Probe geschrieben und an einem weiteren Tag aufgenommen.
Dave hat eine großartige Stimme, und ich liebe es, Gesangsparts für ihn zu schreiben, die brutal heavy sind, was ich momentan beispielsweise auch für das MIND'S MIRRORS-Projekt tue, an dem ich beteiligt bin. Dave kann aber auch fast alle Harmonyvocals singen, wenn wir live spielen.

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Ich finde es interessant, daß doch eine Menge HADES in der Musik von AUTUMN HOUR steckt - und zwar nicht nur wegen Deines Gesanges, sondern auch wegen der Gitarrenarbeit. War das beabsichtigt, und wo ziehst Du die Trennlinie zwischen AUTUMN HOUR und HADES?

Das finde ich auch interessant, daß Du das hören kannst, denn ich kann es nicht... Bei HADES denke ich eher an Doppelgitarrenattacken und viele Gitarrenharmonien, etc. Ich denke, daß AUTUMN HOUR viel straighter ist, und ich fühle mich im AUTUMN HOUR-Umfeld gesanglich viel entspannter und natürlicher. Außerdem glaube ich, daß AUTUMN HOUR keine Angst davor haben, ein sanfteres und emotionaleres Territorium als HADES zu betreten. Meiner Ansicht nach, gibt es für AUTUMN HOUR keine Grenzen, während HADES als reinrassige Metalband doch eher gewisse Grenzen gesetzt sind.
Ich habe für AUTUMN HOUR tief in meine Seele hineingelauscht, um die richtigen Vocals für die Musik zu finden, und ich glaube, daß die anderen Jungs das gleiche mit ihren Instrumenten gemacht haben. Ich kann nicht sagen, daß wir beim Songwriting irgendwelche besonderen Einflüsse vor Augen hatten, aber natürlich kann ein Zuhörer immer Vergleiche ziehen.

Vielleicht hätte ich "spätere HADES und auch NON-FICTION" sagen sollen, aber egal; weiter im Text. Alan, was ist Dir nur in den letzten Jahren alles zugestoßen, daß Du jetzt solche Thesen wie "Being human is overrated" von Dir gibst? Ernsthaft: Erzähl doch bitte etwas über das Konzept von »Dethroned«, das sich vor mir anhand der Vorab-CD ohne Booklet und Texte nur schemenhaft abzeichnet.

Der neue Schlußsong deutet an, um was es sich dreht: ›Rebirth‹ - und ich gebe Dir recht: Ohne Linernotes ist es schwer, das Konzept nachzuvollziehen. Grob gesagt handelt es sich selbstreplizierende Nanomaschinen, die die Menschheit davor bewahren sollen, sich selbst zu zerstören. Der Mensch muß sich verändern, um diese Maschinen einzugliedern und überleben zu können. Die US-Version von »Dethroned« endet mit dem Song ›The Past‹, bei dem es sich um einen Aufschrei der menschlichen Rasse handelt, die sich nichts sehnlicher wünscht, als einfach wieder menschlich zu sein und keine Verschmelzung von Mensch und Maschine. Das Hinzufügen des Songs ›Rebirth‹ verändert die Meinung der Menschheit dahingehend, daß man das neue Schicksal akzeptiert. Folglich drückt die Zeile "Being human is overrated" einen Teil dieser Akzeptanz aus. Ich liebe diesen Song, weil er mit dem Klang eine Maschine, die anläuft, beginnt und mit dem Pfeifen eines Menschen endet und somit gewissermaßen die komplette Storyline des Albums einkapselt.

Warum habt Ihr »Dethroned« in drei Parts unterteilt, und wie konnte das EURYTHMICS-Cover ›Here Comes The Rain Again‹ in das Konzept hineinpassen?

Die Dreiteilung war Justins Idee. Ich denke, er wollte damit die Storyline des Konzepts besser zum Ausdruck bringen, da nun die klassische Aufteilung in drei Akte zum Zuge kommt. Von der Idee des Coversongs war ich zunächst nicht sonderlich angetan, da ich den Songs nie sonderlich mochte. Aber die Jungs hatten sich in einer Probe, bei der ich nicht mitmachen konnte, dazu entschlossen. Da sie so heiß darauf waren, den Song umzusetzen und er zudem an dieser Stelle der Timeline einen düsteren Anstrich beisteuerte, so daß alles einen Sinn ergab, stimmte ich dennoch zu. Ich denke, daß das Resultat durchaus gelungen ist.

Absolut - ich bin normalerweise bei Coverversionen sehr kritisch, doch Euer Werk verdient eindeutig Lob. War es eigentlich schwer, die Gesangslinien einer Sängerin rüberzubringen - vor allem wenn es sich dabei um eine so außergewöhnliche, ja fast schon exzentrische Sängerin wie Annie Lennox handelt?

Es war eigentlich nicht schwer, da ich den Gesang einfach möglichst natürlich gestaltet habe. Annie Lennox ist in der Tat außergewöhnlich, aber ich habe nicht versucht, ihren Stil nachzuahmen, sondern habe diese Aufgabe auf meine Weise bewältigt. Ich glaube, daß ich als Sänger auf »Dethroned« endlich meine Stimme gefunden habe, so daß ich dieses neue Wissen genutzt habe, um diesem Song etwas von mir selbst zu verliehen.

Warum hat es fast ein Jahr gedauert, bis »Dethroned« auch in Europa veröffentlicht wird? Gibt es neben den drei Bonussongs irgendwelche Veränderungen? Zu ›Rebirth‹ hattest Du Dich ja schon geäußert, aber stören die beiden anderen Songs nicht den Fluß des Albums?

»Dethroned« erschien im Mai 2009 in den Staaten, und unser amerikanisches Label bat mich, ein wenig zu warten, bevor ich mich auf die Suche nach einem Deal in Europa machen würde. Da eine solche Suche immer Zeit verschlingt, kam diese Zeitspanne zustande. CYCLONE EMPIRE haben die Platte allerdings recht flott veröffentlicht, so daß wir sehr beeindruckt von ihrer Arbeit sind. Bislang habe ich sieben Reviews gelesen, die hauptsächlich aus Deutschland stammen und allesamt hervorragend ausgefallen sind, so daß wir bislang mit der Resonanz höchst zufrieden sind.
Was Unterschiede betrifft, ist neben den Bonussongs das neue Mastering zu nennen, das wir etwas traditioneller angelegt haben und nicht jedes Level auf 100 Prozent hinaufgepeitscht haben, wie das heutzutage bei fast allen neuen Releases üblich ist. Daher klingt die Euroversion etwas dynamischer als die US-CD, so daß die Heavyparts härter kommen, die weichen Passagen subtiler.
Letzten Endes bin ich über den Bonussong ›Rebirth‹ sehr froh, da er die CD in eine etwas positivere Richtung dreht, während die US-Version einfach herzzerreißend traurig war. Wir haben durch die Wiedergeburt der Menschheit mit einem offeneren Geist einen positiven Ausblick hinzugefügt.
Bei den beiden anderen Songs handelt es sich einfach um einen kompletten Akustikremix von ›How Were We Supposed To Know‹, während der andere Song ein alter SATURNINE SMILE-Song ist, dessen Text ich umgeschrieben habe, so daß ich ihn nun meinem alten Freund Rafi gewidmet habe, der 2005 an Krebs gestorben ist. Er war die Person, die mich in Teenagertagen am meisten beeinflußt hat und dafür verantwortlich ist, daß ich dem Heavy Metal verfallen bin. Der Song paßt nicht im geringsten zum Konzept, aber ich wollte ihn ehren, und ich glaube, es hätte ihm gefallen, Teil solch' einer coolen CD zu sein.

Einen Mann ehren, der uns eine der größten Stimmen des Metal beschert hat? Aber jederzeit!
Kann man AUTUMN HOUR gewissermaßen als einen Nachfolger zu ALL TIME LOW ansehen, Deinem Projekt von Mitte der Neunziger?

Ich kann auf alle Fälle vergleichbare Elemente zwischen beiden Bands entdecken - auf alle Fälle mehr als zu HADES, die Du gehört haben willst. [lacht] Aber ALL TIME LOW war mehr oder minder ein Stoner Rock-Projekt mit Mike Cristi, mit dem ich bei NON-FICTION gespielt habe und hat somit einen ganz anderen Vibe als AUTUMN HOUR. Ironischerweise hat übrigens Dave bei ALL TIME LOW getrommelt, obgleich er nie etwas mit uns aufgenommen hat.

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Ich glaube, daß wir nun den richtigen Punkt erreicht haben, um uns ein wenig in die Vergangenheit vorzutasten, und uns einigen Deiner anderen Projekte zu widmen. Zunächst mal: Wie ist die Situation in Bezug auf SEVEN WITCHES? Jack Frost hatte ja mit Pauken und Trompeten die Rückkehr des Line-ups mit James Rivera angekündigt, doch wirklich viel ist danach nicht passiert: Zumindest in Europa hat die Band nie gespielt, neue Aufnahmen gibt es nicht, und mittlerweile scheinen auch Mike LePond (b) und Taz Marazz (d), die als Rhythmusgruppe für die "Rivera-WITCHES" angekündigt waren, nicht mehr mit von der Partie zu sein. Dennoch hat Jack damals bekräftigt, das die andere Inkarnation von SEVEN WITCHES nur eine Zeitlang auf Eis liegen würde. Fühlst Du Dich als noch wie eine (schlafende) Hexe?

Nun, da mein musikalischer Teller momentan ziemlich voll ist, würde ich sagen, daß ich ein inaktives Mitglied von SEVEN WITCHES bin. Das Line-up mit James Rivera spielte viel in Amerika; wir eröffneten sogar mit AUTUMN HOUR bei einem Gig in New Jersey. Soweit ich weiß, hat Jack einen neuen 3-Album-Deal unterzeichnet, aber ich weiß nicht, mit welchem Label. Mike und Taz sind wohl noch mit von der Partie, aber ich glaube, daß sie auf der Suche nach einem Sänger sind. Ich wurde gefragt, ob ich den Job nicht übernehmen möchte, aber ich bin momentan derart mit Musikangelegenheiten beladen, daß ich kaum atmen kann. Es wäre nicht fair denen gegenüber, mit denen ich schon arbeite, und auch nicht Jack gegenüber, wenn ich zugesagt hätte. Ich habe einen neuen SEVEN WITCHES-Song mit James' Gesang gehört, der, wenn ich mich recht entsinne, den Titel ›Wheels Of Fire‹ trug und sehr heavy und cool klang.

Bist Du eigentlich sauer auf Jack, weil er diese Reunion angeleiert hatte?

Nicht im geringsten! Jack und ich sind gute Freunde, und die Reunion lag vielmehr darin begründet, daß es mir nicht möglich war, etwas mit den WITCHES zu machen, weil ich so sehr mit der AUTUMN HOUR-CD eingespannt war. Daher hat Jack Kontakt mit James aufgenommen, da er etliche Angebote für Shows vorliegen hatte. Ich glaube, daß viele Fans James ohnehin mir vorzogen haben. Ich kann mich noch zurückerinnern, daß wir uns vor ein paar Jahren beim "Keep It True" trafen, wo Du einen Kumpel bei Dir hattest, der genau dies zum Ausdruck brachte. Das war eine weitverbreitete Ansicht unter den SEVEN WITCHES-Fans, aber ich bin dennoch stolz auf das, was ich mit der Band getan habe, und zwar auf die »Deadly Sins«-CD im speziellen.

Du hast gerade eine Reunionshow mit NON-FICTION gespielt. Wie waren die Reaktion darauf? War es eine einmalige Angelegenheit oder sind weitere Shows geplant?

Es war großartig! Fans kamen aus allem Teilen des Landes eingeflogen, was den Jungs und mir eine Menge bedeutet hat. Ich würde die NON-FICTION-Show als eine "einmal alle fünf Jahre"-Angelegenheit bezeichnen. Wenn wir zu oft solche Shows spielen würden, dann würde diese besondere Magie verschwinden. Derzeit gibt es keine Pläne für neue Musik von NON-FICTION, allerdings wird in naher Zukunft von der Reunionshow eine Live-DVD erscheinen.

Für HADES rückt die Show beim "Keep It True"-Festival näher. War es eigentlich nur das Interesse der Festivalmacher, das HADES wieder zusammengeführt hat, oder hattet Ihr ähnliche Pläne schon heimlich in Eurem Kämmerchen gesponnen?

Ich glaube, das Angebot hat uns den nötigen Anstoß gegeben, aber wer weiß, ob wir nicht irgendwann sowieso eine Reunion in Angriff genommen hätten. Ich glaube, wir haben mit HADES ohnehin mehr Reunion- als reguläre Shows gespielt. [lacht schallend] Die Jungs vom "Keep It True" haben uns gebeten, lediglich Songs von den ersten beiden Alben zu spielen, um es für die alten Fans zu einem besonderen Erlebnis zu machen. Mittlerweile hat es sich herausgestellt, daß wir quasi das erste Line-up wieder zusammen haben, das die ersten Aufnahmen der Band angefertigt hat, aber seit den frühen Tagen der Band nicht mehr miteinander gespielt hat.

Wie geht es mit HADES nach dem "Keep It True" weiter? Werdet Ihr mit der Band weitermachen, oder soll es einen Abschied darstellen?

Wir werden uns bei den Fans verabschieden. Es gibt keine weiteren Pläne für HADES, und es ist zweifelhaft, ob es solche jemals geben wird, zumindest was mich angeht. Ich liebe die Band natürlich, da ich dort meine Karriere als Musiker begonnen habe, aber meine musikalischen Vorlieben haben sich mit den Jahren gewandelt. Ich kann nicht für die anderen Jungs sprechen, aber ich glaube, daß sich ihr Geschmack mittlerweile auch geändert hat.

Zumindest habt Ihr unlängst eine DVD veröffentlicht, die ich zumindest als Dokument für diese alten Tage sehr genossen habe - wen interessiert da schon die Bootlegqualität? Ich glaube, ich brauche nicht zu betonen, daß es viele Fans gibt, die HADES gerne wieder zusammen sehen würden. HADES haben sich über die Jahre verändert, aber immer starke Alben veröffentlicht, und ich bin mir sicher, daß Ihr das auch heute noch schaffen könntet.

Du beschämst uns, und ich danke Dir dafür. Der Großteil des Verdienstes geht sicherlich an Dan Lorenzo und sein produktives Songwritingtalent. Nach all den Jahren bedeuten mir Deine Worte und die Gefühle der Fans mehr als ich sagen kann - ehrlich! Wer weiß... Ich meine, ernsthaft, ich hätte auch nie gedacht, daß ich an diesen Punkt meines Lebens noch derart mit der Musik eingespannt sein würde. Aber, hey: Genau das bin ich!

Nach »DamNation« ist HADES mehr oder minder Schritt für Schritt eingeschlafen. Weitaus verwirrender fand ich jedoch den ersten Split Ende der Achtziger. Ich hatte Euch damals live gesehen, Ihr hattet eine phantastische Show hingelegt, nach dem Konzert hatte ich ein Interview mit Ed geführt, und ein paar Tage später hörte ich, daß die Band sich aufgelöst hätte.

Wir sind uns bei dieser Europatour gegenseitig an die Gurgel gegangen. Ich könnte da viele Gründe anführen - Dan und ich hatten Zoff wegen einer Freundin, überhaupt hatten Dan und ich oft Streit miteinander, Jimmy und Dan hatten sich zerstritten... Tom stand auf meiner Seite, während Ed mehr oder minder zu Dan hielt. Das Hauptproblem war, daß wir ohne Pause über Stunden in einem Minibus zusammengepfercht waren, da unser Tourmanager das besondere Talent hatte, sich immer wieder in ganz Europa zu verfahren. Dadurch ist dieses ungute Klima überhaupt erst entstanden. Wir waren eine tickende Zeitbombe, die nur darauf wartete zu explodieren. Vor mir lag das Angebot von WATCHTOWER, und es schien einfach der richtige Zeitpunkt zu sein, um diese Möglichkeit beim Schopf zu packen.

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WATCHTOWER ist ein gutes Stichwort! Erzähl' uns doch etwas über Deine erneute Zusammenarbeit mit den Jungs aus Texas. Es ist mittlerweile ein offenes Geheimnis, daß Du mit WATCHTOWER beim "Keep It True" auftreten wirst und zudem gerade die neue Platte einsingst. Wann werdet Ihr das offiziell machen?

Yeah, ich weiß, daß es nicht mehr sonderlich geheim ist, aber die TOWER-Jungs haben mich gebeten, nichts zu sagen, bevor wir einen Song im Internet veröffentlicht haben, den sich die Leute anhören können. Dieser Prozeß dauert sehr lange, weil die Jungs extrem wählerisch sind, wie mein Gesang zu klingen hat. Daß sie in Texas leben und ich in New Jersey, macht die Sache zudem nicht gerade einfacher. Ich vermute also, daß die Neuigkeit offiziell wird, sobald besagter Song, der übrigens ›Size Of Matter‹ heißt, fertig ist und hochgeladen wird.

Was ist mit Jason McMaster los? Warum singt er nicht mehr für WATCHTOWER? Inwiefern wird sich das Album verändern, da Du es jetzt einsingen wirst? Hast Du irgendwelchen Einfluß auf die Songs, oder interpretierst Du die Gesangslinien exakt so, wie sie Dir vorgegeben werden?

Jason und ich sind gut miteinander befreundet. Ich glaube, die Trennung hat eine Menge damit zu tun, daß Jason auf so vielen Hochzeiten tanzt und keine Zeit hat, sich den TOWER-Aufnahmen zu widmen. Was meinen Einfluß angeht, so stehen die Texte komplett, und ich kann meine Melodien und Harmonien dazu entwickeln, was ich voller Hingabe tue. Ich liebe es auch, Texte zu schreiben, aber ihre Texte sind so verdammt gut, daß es mir nicht das geringste ausmacht, an diesen Punkt einzusteigen. Ich habe einige von Jasons Aufnahmen gehört, aber ich glaube, mein Ansatz wird ein wenig anders sein. Seit damals haben sich unsere Stimmen in unterschiedliche Richtungen entwickelt, und wir klingen beide heute anders als noch in den Achtzigern.

Wann wird das WATCHTOWER-Album erscheinen, und wie sehen die weiteren Pläne bei Eurer Kooperation aus? Immerhin sind wir ja schon völlig hin und weg, daß »Mathematics« nun doch noch erscheinen wird, jenes Album, das seit vielen Jahren gewissermaßen als Geist durch die Szene schwebt.

Ich habe keine Ahnung bezüglich eines Veröffentlichungstermins, da die Jungs noch keinen Plattenvertrag haben. Es gibt Angebote, aber noch ist nichts entschieden, da es wie erwähnt noch keine fertigen Songs gibt, die man irgendjemand vorspielen könnte. Ich kann Dir verraten, daß die Musik schlicht unfaßbar ist. Es wird »Control And Resistance« in den Schatten stellen - sofern Du Dir das vorstellen kannst. Es wird es wirklich! Meine Pläne sehen vor, so lange mit ihnen zu arbeiten, wie sie es mir erlauben werden, oder bis ich sie alle erwürgt habe, weil sie mal wieder meine Gesangsideen in der Luft zerrissen haben. [lacht] Wie schon gesagt: Die Jungs sind sehr wählerisch, aber mit dem nötigen Willen zu einem Kompromiß denke ich, daß wir ein magisches Musikwunderwerk erschaffen können.

Jeden anderen würde ich nach einer solchen Aussage als arroganten Schnösel bezeichnen, doch in diesem Fall sieht das etwas anders aus. Alan, Du hattest mal erwähnt, daß Du Dich nicht gerade im Guten nach »Control And Resistance« von WATCHTOWER getrennt hast. Was war damals passiert, und wie seid Ihr wieder zusammengekommen? Bist Du Dir sicher, daß die alten Probleme nicht wieder aufkommen werden?

Ich hatte sporadischen Kontakt mit Ronnie Jarzombek nachdem ich gegangen war, aber yeah, ich dachte, daß sie angepißt waren, weil ich ausgestiegen war, um mich NON-FICTION anzuschließen. Damals mußte Ron eine Operation an seine Fingern durchführen lassen, und er konnte eine lange Zeit nicht spielen. Daher fühlte ich mich mit einer nicht funktionsfähigen Band in Texas ein wenig verloren und nutzlos. Ein anderer Grund für meinen Abschied war, daß ich auch in tieferen Lagen und nicht nur in höchsten Höhen singen wollte, doch die Jungs von WATCHTOWER wollen das nicht. Doch jetzt schneller Vorlauf bis letzten Herbst, als meine Beteiligung beim MIND'S MIRRORS-Projekt konkret wurde. Der Mann hinter dem Projekt, der Ungar Daniel Szabo, suchte einen Gitarristen für ein Gastsolo, und da es sich um eine Prog-Metalband handelt, schlug ich Ron vor. Also rief ich ihn an, um ihn diesbezüglich zu befragen, was dann schließlich dazu führte, daß wir darüber diskutierten, ob ich wieder bei ihnen mitarbeiten könne. Ironischerweise schaffte kurze Zeit später »Control And Resistance« beim US-Magazin DECIBEL den Sprung in deren "Hall Of Fame". Als ich die Antworten der Jungs in dem Magazin las, merkte ich, daß sie deutlich mehr Verständnis für meinen damaligen Schritt zurück in meine Heimat gezeigt hatten, als ich gedacht hätte. Zu guter Letzt ist also alles bestens!

Gibt es sonst noch irgendwelche Geheimnisse, die Du vor uns verbirgst? Dann verrate sie uns auf der Stelle, verdammt nochmal!

Ja, ich liebe Hufeisenwerfen (Eine Sportart, die bei uns kaum verbreitet ist, sich in Amerika aber großer Beliebtheit erfreut - Stefan) Außerdem betätige ich mich in meiner Freizeit (will heißen: nie, oder wie..? - Stefan) als Motorradfahrlehrer an einem College, und ich schreibe für UltimateMotorcycling.com.

Oh, da gibt es noch ein Tecchio-Projekt aus längst vergangenen Tagen: POWER. Weißt Du, was mit Daniel Dalley passiert ist? Nach seinem CHAMBER CRYPT-Projekt ist er spurlos verschwunden.

Ich habe leider keine Ahnung, was aus Dan geworden ist. Ich kann aber sagen, daß er mir einen Höllenspaß bereitet hat, die CD mit ihm in den frühen Neunzigern zu machen.

Laß' uns doch mal einen Blick auf Deine bisherigen Schandtaten werfen: Was ist Dein Lieblingsalbum, an dem Du mitgewirkt hast?

HADES - »The Downside«: Irgendetwas an der CD ist für mich ganz besonders. Es gibt auch starke Elemente von NON-FICTION auf dieser Platte, aber ich glaube, daß ich damals begann, als Sänger enorm zu wachsen, und ich liebe die Songs auf dieser Scheibe. Dan hatte damals wirklich sein Riffing gesteigert.

Was ist Dein wichtigstes Album?

WATCHTOWER - »Control And Resistance«: Es gibt einfach keine Band auf diesen Planeten, die wie TOWER ist! Diese CD mag zwar in Sachen Produktion ein paar Schwächen haben, aber die Musik und die Ideen sie einfach meisterlich.

Deine Lieblingsband?

AUTUMN HOUR! Keine andere Band hat so problemlos funktioniert für mich, und alles, was wir machen, ist einfach ein reines Vergnügen - ganz gleich, ob wir jammen, aufnehmen, komponieren oder einfach nur abhängen. Es klappt alles vorzüglich und macht einen Heidenspaß.

Deine wichtigste Band?

Vermutlich WATCHTOWER, weil sie einfach in einer eigenen Liga spielen. Ich fühle mich geehrt, mit diesen Psycho-Genies spielen zu dürfen. Auch wenn es schwer ist, Ideen zu servieren, die ihren Ansprüchen genügen, habe ich doch immer etwas gelernt und mich verbessert, wenn ich mit ihnen zusammengearbeitet habe. Ich lerne dabei sowohl mehr über mich selbst als auch über Musiktheorie an sich.

Gibt es irgendetwas, das Du bereust und im Rückblick nicht mehr machen würdest?

Da gibt es allenfalls ein paar wacklige Momente bei meinem Gesang, die ich auf den Aufnahmen hören kann. Eigentlich hätte ich nichts davon belassen sollen, aber ich war manchmal so frustriert, daß ich einfach nur mit einem Song fertig werden und weitermachen wollte. Das war ein Fehler, denn diese kurzen flachen oder zu scharfen Momente im Gesang sind daran schuld, daß ich mir den betreffenden Song heute nicht mehr anhören kann. Heutzutage nehme ich meinen Gesang in meinem kleinen Aufnahmeraum im Keller auf, so daß die ganze Sache mit deutlich weniger Streß verbunden ist und vielmehr Spaß macht. Ich kann Fehler sofort korrigieren und brauche mich nie mit etwas zufriedenzugeben, das mir nicht behagt.

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Du und HADES-Gitarrist Dan Lorenzo arbeitet immer noch für das "Steppin' Out"-Magazine. Was ist Euer Job dort? Sucht Ihr die wohlgebauten Mädels, die auf Eurem Cover landen, und das "Model Of The Week" aus?

Ja, das machen wir! [lacht] Nein, unser Herausgeber Chaunce Hayden erledigt diesen Job. Dan und ich verkaufen Anzeigen und schreiben ein paar Kolumnen, während Chaunce den ganzen Spaß hat.

http://www.autumnhour.com/

atecchio@yahoo.com

Vorbereitung, Interview & Bearbeitung:
Stefan Glas

AUTUMN HOUR im Überblick:
AUTUMN HOUR – Dethroned (Rundling-Review von 2010 aus Online Empire 43)
AUTUMN HOUR – Heavy 127-Interview (aus dem Jahr 2010)
AUTUMN HOUR – Online Empire 42-Interview (aus dem Jahr 2010)
AUTUMN HOUR – News vom 16.01.2009
Soundcheck: AUTUMN HOUR-Album »Dethroned« im "Soundcheck Heavy 127" auf Platz 15
unter dem ehemaligen Bandnamen SATURNINE SMILE:
SATURNINE SMILE – News vom 02.06.2005
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