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”UNDERGROUND EMPIRE 5”-Datasheet

Contents:  PRIMUS-Interview

Date:  14.07.1991 (created), 02.06.2010 (revisited), 22.01.2022 (updated)

Origin:  UNDERGROUND EMPIRE 5

Status:  published

Task:  from paper to screen

Availability:  original printed issue still available, order here!

Comment:

Es liegen etliche Stories und Reviews schon seit Jahren unveröffentlicht auf Halde, weil eigentlich der damalige Autor noch ein "Extra-Info" hätte verfassen sollen. Doch diese Idee soll nun in die Tonne gekloppt werden, weil auf diese Weise diese alten Artikel vielleicht nie online gehen. Daher wird meine Wenigkeit - sofern möglich - ein "Ersatz-'Extra-Info'"verfassen. Sollte der damalige Autor doch noch Lust verspüren, etwas zu diesem Kasten beizusteuern, so werde ich das dann eben hinzufügen.


In der gedruckten Version war übrigens eine kringeliges Eigendesign des PRIMUS-Logos zu sehen, das ebenfalls zu den wenigen - in vorliegendem Fall blauen - Farbklecksen in UNDERGROUND EMPIRE 5 zählte. Es schmiegte sich zusammen mit einem leicht abgedrehten Design des Interviewtitels auf die linke Seite des Liveshot von Les Claypool, der heuer weggeschnitten wurde, weil er seine Funktion verloren hat. Ergänzt wurde die ganze Angelegenheit dafür nun um ein weiteres Livephoto, das Gitarrist Larry LaLonde zeigt, sowie ein offizielles Bandbild aus diesen Tagen.

Ach ja - und in den Bilduntertitel schmuggelte ich pietätloserweise die Frage, ob Les denn "Amerikas Antwort auf Dieter Thomas Heck?" sei...

Stefan Glas

Supervisor:  i.V. Stefan Glas

 
 

PRIMUS-Logo

PRIMUS-Headline

Ich konnte es gar nicht glauben. Ein Interview mit der Band, die mich seit gut einem Jahr mit ihrem genial-abgedrehten Thrashfunk völlig in Ekstase zu versetzen verstand. Kaum ein Tag, an dem nicht gefrizzled wurde. Mehrfache Versuche schriftlich mit der Band um Ausnahmebassist und Schnellsprecher Les Claypool in Kontakt zu treten, schlugen leider fehl. Im November letzten Jahres schwebte ich wie auf Wolken in Richtung Hamburger "Markthalle". Sollten sie doch dort livehaftig losfrizzlen. Unverständige, ja fast mitleidige Reaktionen aus meinem (damals noch) ignoranten Freundeskreis erntete ich, da ja am gleichen Tag noch QUEENSRŸCHE in Hamburg gastierten. Egal, ich hab es nicht bereut!!! Was PRIMUS an dem Abend vor einem Minimalpublikum losließen, war einfach zu gut. In den folgenden Wochen sollte meine Umwelt dann in meiner Gegenwart auch nur noch eine Band hören; das PRIMUSfieber hatte mich völlig erwischt. So nach und nach hatte die PRIMUSfolter allerdings seine spürbaren Folgen. Immer mehr fanden Gefallen an der Band, die doch so total anders klang, als alles bis dato Gehörte. Nun im April 1991 grassierte dieses Fieber. Ein neues Album!!! »Sailing The Seas Of Cheese« ist anders; ruhiger, aber für PRIMUSignoranten auch anstrengender. Halt typisch PRIMUS! Durch das Rhythmusunwetter von Les Claypool und Herb Alexander paddelt Larry LaLonde mit seinen spärlichen, aber äußerst effektiven Gitarrenparts. Über allem der comicartige Sprechgesang des Viersaitenmeisters. In Eindhoven durfte ich dann erleben, daß PRIMUS auch vor Menschenmassen und unter freiem Himmel nichts von ihrer animalischen Ausstrahlung und Komik verlieren. Ganz im Gegenteil! Sie räumten tierisch ab. Holland im Frizzlefieber!!! Nun war ich natürlich gespannt, ob denn wenigstens diesmal auch die deutschen Frizzlefreaks aus ihren Löchern in die Konzerthallen strömen würden, um sich die eine fröhlich-psychedelische Funkthrashschlacht einzuverleiben. Und ich wurde nicht enttäuscht. Zumindest in Hamburg war die Halle gut gefüllt, die Stimmung sehr gut. Vor dem Konzert hatte ich die einzigartige Gelegenheit, mich mit Les Claypool zu unterhalten. Mein Gesprächspartner entpuppte sich als aufgeschlossener Typ, der teils sehr abgefahrene Statements auf Lager hatte. Im Hintergrund konnte sich dann auch der gute Larry zu einigen Äußerungen hinreißen, die leider nicht alle ganz jugendfrei waren, sorry. Frizzl' on...

PRIMUS-Bandphoto

Zuerst wollte ich wissen, warum PRIMUS von VIRGIN zu EAST WEST gewechselt sind.

Wir haben mit diversen Majorcompanies verhandelt, aber im Endeffekt gaben EAST WEST die besten Konditionen. Sie haben uns völlige Freiheit beim neuen Album gelassen, was natürlich sehr wichtig für eine unkonventionelle Band wie PRIMUS ist. Hinzu kamen einige Probleme mit VIRGIN betreffend der letzten Tour. Wir haben so gut wie keine Promotion bekommen. Diesmal läuft alles wesentlich professioneller ab.

Ja, ich erinnere mich nur zu genau an Euren letzten Auftritt hier in Hamburg vor knapp 50 (!!!) Zuschauern. Man muß zwar erwähnen, daß am gleichen Tag QUEENSRŸCHE ebenfalls in der Hansestadt zu Höchstformen aufliefen, was aber den echten PRIMUS-Fan (Fan = Fanatiker!!! - Red.) nicht weiter stören sollte.

Stimmt wohl, außerdem denke ich, daß wir nicht unbedingt die gleichen Leute anziehen wie QUEENSRŸCHE. VIRGIN hatten halt einfach kein Interesse, eine Band zu unterstützen, die kurz davor stand, ihr Label zu verlassen.

Wo Du gerade Euer Publikum ansprichst. Wie würdest Du denn Euren Stil beschreiben?

Well, it is just crap! Weird, self-indulgent crap! Ich weiß auch nicht. Wir machen halt, was wir wollen.

Was hältst Du von "Indonesischem Metalfunk"?

Yeah!!! That is cool! (Hallo Kai, hast doch recht gehabt - Red.)

Aber Ihr verkauft doch wohl vorwiegend in der Metalszene. Woran liegt das? Denkst Du Metalfans sind aufgeschlossener anderer Musik gegenüber? Im Augenblick erscheinen ja recht viele Metalbands, die plötzlich irgendwelche Funkeinflüsse verarbeiten.

Ich denke, der Begriff "Funk" hat sich mit der Zeit stark verändert. Für mich spielen George Clinton, TOWER OF POWER oder Prince wirklich Funk. Heutzutage ist alles, was nur diesen funky Baß hat, gleich Funk. Die Metalfans sind auf der Suche nach etwas Neuem. Warum sie deshalb ausgerechnet PRIMUS kaufen, keine Ahnung!

PRIMUS-Liveshot: Les Claypool

Wo siehst Du denn die Motivation, Musik zu machen? Just for fun?

Nun ja, klar es ist Spaß. Aber auf der anderen Seite ist es mein Beruf. Baßspielen ist das, was ich neben Masturbieren am besten kann. Da man aus dem einen kaum einen Beruf machen kann, spiele ich halt Baß. Quite simple, eh?

Hast Du Dir schon Gedanken gemacht, was Du machen würdest, wenn sich PRIMUS auflösen?

No idea. Ich werde wohl immer Musik machen. Das muß ja nicht unbedingt PRIMUS sein. Wir spielen solange zusammen, bis wir uns nicht mehr ertragen können. Nein, mal im Ernst. Solange wir uns selbst noch für PRIMUS begeistern können, werden wir auch weitermachen. Wie lange das sein wird, kann ich Dir natürlich nicht sagen. Aber wir haben ja gerade erst angefangen!

Du bist ja auch schon eine ganze Weile dabei. Du hast ja auch schon auf der genialen BLIND ILLUSION-LP gespielt. Wie ist es dazu gekommen? Existieren die eigentlich noch?

BLIND ILLUSION gibt es wohl seit mindestens 13 Jahren! Ich war nur eins von 30 Mitgliedern! Wie ich an die geraten bin? Nun, ich hatte mich für die vakante Stelle bei METALLICA beworben und bei den Auditions Marc Biedermann (Sänger und Gitarrist von BLIND ILLUSION - Red.) kennengelernt. Da ich den Posten bei METALLICA nicht bekommen habe, bin ich bei Marc eingestiegen. Zu dem Zeitpunkt existierten PRIMUS aber bereits. Für mich war es damals mehr eine Freizeitband. Als es dann mit BLIND ILLUSION nicht so richtig vorwärtsging, haben wir mit PRIMUS »Suck On This« veröffentlicht. Das Ding lief ziemlich gut, so daß ich meine ganze Energie in PRIMUS setzte. BLIND ILLUSION existieren übrigens immer noch! (Yeah! Good news! - Red.) Sie spielen jetzt eine Art Psychedelic Rock (Tapes her!!! - Red.)

Zu »Frizzle Fry« habt Ihr mit ›John The Fisherman‹ ein ziemlich abgedrehtes Video herausgebracht. Was dürfen wir diesmal erwarten?

Das Video zu ›Jerry Was A Racecar Driver‹ ist schon im Kasten. Laßt Euch überraschen! Es wird auf "Headbanger's Ball" laufen. Wir haben einfach einige Rennfahrerszenen mit Liveausschnitten gekoppelt. Nothing too exciting!

Dürfen wir wieder mit prominenten Gästen rechnen? Vielleicht wieder Kirk Hammett?

Kein Kirk Hammett dieses Mal. Aber wir werden eventuell ein zweites Video zu ›Tommy The Cat‹ drehen. Wir wollen versuchen Tom Waits, der ja auch auf dem Album zu hören ist, dafür zu gewinnen. Die Zusammenarbeit mit ihm war einfach cool. Wir haben ihm einfach zum Spaß ein Tape geschickt und angefragt, ob er Interesse hätte den Part von ›Tommy The Cat‹ zu übernehmen. Er hat spontan zugesagt. A real nice guy.

Eine Frage, die mir schon eine ganze Weile auf der Seele brennt: Wie entstehen Eure exzellenten Covers?

Als wir in Berlin waren, entdeckte ich in einem Antiquitätenladen dieses Modelschiff. Ich sah es und dachte, "Das muß aufs Cover der nächsten Scheibe." Da wir uns bereits über den Albumtitel einig waren und das Schiff halt optimal dazu paßt, war die Sache schon klar.

»Sailing The Seas Of Cheese« ist ja unbestrittenerweise ein recht ungewöhnlicher Albumtitel. Wie kommt man bitte darauf?

Wie gesagt, wir hatten uns schon geeinigt, daß es irgendwas mit "cheese" werden sollte. There are so many cheesy aspects to this life! Das ganze Musikbusiness ist cheesy... So we are sailing the seas of cheese! Das ist der tiefsinnige Hintergrund unseres Albumtitels.

PRIMUS-Liveshot: Larry LaLonde

Da wären wir nun bei Deinen höchst interessanten, wie auch amüsanten Texten angekommen. Woher nimmst Du die Ideen dazu? Aus Deiner direkten Umwelt?

Du magst meine Texte??? Wenigstens einer, der sie mag! Ich hab' sie bis heute nicht begriffen. Ich schreibe, was mir gerade in den Sinn kommt. Da ich wohl etwas verrückt bin, sind auch meine Texte ziemlich merkwürdig. Man sollte nicht nach einem hintergründigen Sinn in allem suchen. Life is crazy!

Wie Du gerade schon selbst erkannt hast, ist Les Claypool eine recht eigenwillige Persönlichkeit, oder?

No, nothing too exciting... I am just a bastard. (Here they come!!! - Red.)

Da sich in Deinen Texten eine gewisse Unzufriedenheit über den amerikanischen Lifestyle widerspiegelt, muß ich Dich fragen, ob Du vielleicht lieber hier leben möchtest?

No!!! In Kalifornien, wo ich lebe, scheint ja wenigstens die Sonne! Es gibt keinen Platz, an dem es nicht irgendetwas herumzunörgeln gäbe. Also suche ich mir den aus, der mir am wenigsten mißfällt. Ich mag Deutschland, aber ich bin halt so ein verfluchter Ami, der Eure furchtbar komplizierte Sprache nicht versteht. Das ist ein weiterer Grund für mich, nicht hier leben zu wollen.

Wie siehst Du »Frizzle Fry« im direkten Vergleich zum neuen Album?

Einfache Frage, es ist älter!!!

Mal ernsthaft bitte!

Es ist nicht so brutal wie »Frizzle Fry«. Das resultiert ganz einfach aus den besseren Aufnahmebedingungen. Wir hatten ein besseres Studio, mehr Geld und Zeit. Obwohl wir genauso verfahren haben, wie beim letzten Mal. Es war keine bewußte Veränderung. Einige Stücke sind ja auch schon älter. Für mich ist es halt die logische Weiterentwicklung für PRIMUS. Auf der nächsten Scheibe werden wir nur einen einzigen Ton aufnehmen, etwa so: "zzziiieeeooonnnggghhh"!!! Das wird dann meine Soloplatte!

Nun meine berühmt-berüchtigte Feen-Frage: Angenommen, Du hättest drei Wünsche frei, was würdest Du Dir wünschen?

Ooohhh god! Well, ich wünschte, ich wäre ein bißchen intelligenter, damit ich solche Fragen besser beantworten könnte. Ich wünschte, ich wäre Larry, he is exciting, man!

Bei diesem Stichwort schaltet sich Larry ein:

Drei Wünsche??? Einen größeren Bus, dicke Titten und einen Haufen Knete!

Noch einen Wunsch??? Was erwartest Du? Ich wünsche mir Frieden auf Erden, yeah! Nein, jetzt weiß ich: Ich möchte unter Wasser atmen können. Dann könnte ich mehr Fische fangen. Ja, das ist mein dritter Wunsch.

Alles klar?!? Hier mußten wir leider unser recht witziges Gespräch beenden, da auch noch andere Interviews anstanden. Schade, denn Les ist, wie bereits eingangs erwähnt, ein sehr interessanter Interviewpartner gewesen. Mir hat die Sache auf jeden Fall viel Spaß gemacht. Das anschließende Konzert war natürlich einfach frizzlig gut! Ich mach jetzt einfach Schluß! Meine Finger zittern schon so komisch. Muß wohl mal wieder eine Runde frizzlen.

http://www.primussucks.com/

Vorbereitung, Interview & Bearbeitung:
Holger ''Alles Käse'' Andrae

Photo: J. Blakesberg [Photo 1], Stefan Glas [Photos 2+3]

PRIMUS im Überblick:
PRIMUS – Pork Soda (Rundling-Review von 1994 aus Underground Empire 7)
PRIMUS – Underground Empire 5-Interview (aus dem Jahr 1991)
PRIMUS – News vom 27.01.2001
PRIMUS – News vom 13.08.2003
Playlist: PRIMUS-Album »Sailing The Seas Of Cheese« in "Playboylist Underground Empire 5" auf Platz 1 von Heiko Simonis
siehe auch: Musik von PRIMUS im Film "Airheads"
siehe auch: PRIMUS als Bestandteil der Storyline einer Episode der zweiten Staffel der TV-Serie "South Park"
siehe auch: PRIMUS komponieren Titelmusik zur TV-Serie "South Park"
siehe auch: PRIMUS-Poster als Bestandteil der Storyline einer Episode der sechsten Staffel der TV-Serie "Family Guy"
siehe auch: ›John The Fisherman‹ von PRIMUS als "Guitar Hero"-Futter in einer Episode der elften Staffel der TV-Serie "South Park"
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