Mit einem Paukenschlag tauchte vor wenigen Wochen die Formation ADAGIO in der Szene auf, die nicht nur mit ihrem gelungenen, sehr klassisch angehauchten Power Metal verblüffen konnten, sondern auch mit der Besetzung. Mastermind und Feuerfinger Stéphan Forté hatte neben seinem langjährigen Freund Frannck Hermanny drei international bekannte Musiker für ADAGIO losgeeist: PINK CREAM 69-Sänger David Readman, Keyboarder Richard Andersson von MAJESTIC sowie ELEGY-Schlagwerker Dirk Bruinenberg wirkten auf »Sanctus Ignis« mit. Zwei Franzosen, ein in Deutschland lebender Brite, ein Holländer und ein Schwede formieren ADAGIO. Grund genug, die Band ohne Vergangenheit, aber mit großer Zukunft näher zu erforschen. Stéphan half bereitwillig mit.
Warum ist ADAGIO keine echte Band? Die Musiker außer Dir und Deinem Kumpel Franck Hermanny sind nur hired guns.
Ich kann dir nicht ganz zustimmen. Es ist richtig, daß ADAGIO zu Beginn nur ein Projekt war, weil ich alles komponiert habe und anschließend nach Musikern gesucht habe, um die Platte aufzunehmen. Ich wollte jedoch stets in einer echten Band spielen und momentan scheint es so, daß die Besetzung von ADAGIO stabil bleiben wird: Wir haben uns während der Aufnahmen angefreundet und wollen weiterhin zusammenarbeiten. Es ist dabei kein Problem, daß David ein bekannter Musiker ist, denn sein Engagement bei den PINKies läßt ihm immer noch genügend freie Zeit, um auch bei ADAGIO aktiv zu sein. Lediglich bei Richard könnten sich Probleme ergeben, da er die treibende Kraft bei MAJESTIC ist. Es wird zwar weiterhin so sein, daß ich den Großteil der Songs schreiben werde, aber Dirk und Richard haben schon ein paar Ideen für neue Songs beigesteuert und David ist schon dabei, die Texte zu schreiben. Ich glaube es ist wichtig für ADAGIO, daß die musikalischen Visionen nicht ausschließlich von mir kommen.
Wie hast Du die Musiker gefunden?
Mit Frank bin ich seit Jahren befreundet und Dirk kenne ich ebenfalls schon sehr lange. Zunächst hatte ich mit dem ukrainischen Keyboarder Vitalij Kuprij von ARTENSION zusammengearbeitet, der heute bei RING OF FIRE mit Marc Boals spielt. Ich war nach Amerika geflogen und wir fanden schnell heraus, daß wir musikalisch die gleichen Visionen hatten. Doch unter dem busineßtechnischen Aspekt konnten wir keine einheitliche Linie finden. Daher fragte ich statt dessen Richard, den ich ebenso schon zuvor kannte. Zu David stellte Olivier Garnier von unserer Plattenfirma NTS den Kontakt her und David schließlich brachte seinen Bandkollegen Dennis Ward als Produzenten ins Spiel.
Verbirgt sich hinter »Sanctus Ignis« ein religiöses Konzept? Das Artwork, ein Song wie ›In Nomine...‹ oder der "Ave Maria"-Chor in ›The Stringless Violin‹ deuten darauf hin.
Es ging mir dabei nicht um die Religion an sich, zumal wir nicht nur christliche Elemente sondern auch Elemente aus dem Buddhismus und Islam verwenden. Es geht mehr um Mystik und die Aura, die zu ADAGIO paßt. Aus dem gleichen Grund benutze ich auch viele lateinische Worte.
Mann hat Euch in vielen Reviews vorgehalten, daß ADAGIO sich zu sehr an YNGWIE MALMSTEEN oder SYMPHONY X orientieren.
Es war ein großer Fehler, diese Namen im Info zu erwähnen und ich bin ein wenig abgenervt über diese immer wiederkehrenden Vergleiche, denen ich nicht zustimmen kann. Ich verehre Yngwie Malmsteen zwar sehr, aber mein Gitarrenspiel ähnelt viel mehr dem von Marty Friedman oder Jason Becker. Der Vergleich zu SYMPHONY X hinkt ebenfalls, da sie sehr viel progressiver sind während ich meine Songs viel symphonischer gestalte. Außerdem kann ich jetzt schon ankündigen, daß die nächste Platte sich sehr viel deutlicher abheben wird: Es wird sehr viel düsterer und noch orchestraler ausfallen.
ADAGIO sind wie Phoenix aus der Asche aufgestiegen. Hat ein Stéphan Forté denn auch eine musikalische Vorgeschichte?
Meine ersten Bands, in denen ich im Alter von 12 oder 13 Jahren spielte, waren Death- und Grindcore-Bands. Ich stand damals tierisch auf DISMEMBER oder ENTOMBED. Irgendwann hörte ich zum ersten Mal Yngwie Malmsteen, der meinen Geist für andere Musik öffnete, so daß ich in einer melodischeren Bands spielte. Doch dies beendete ich relativ schnell und konzentrierte mich einzig darauf, meine Spiel- und Kompositionstechnik zu verbessern. Schließlich schrieb ich mich in einem Gitarreninstitut in Paris ein. Anschließend nahm ich 1996 ein Instrumentaldemo mit Titel »Visions« auf, um einen Sponsor oder einen Plattenvertrag zu finden. Die Resonanzen waren sehr gut, doch man sagte mir stets, daß es ohne Gesang nicht funktionieren würde.
Die Musik von ADAGIO ist sehr stark von Klassik beeinflußt. Rührt das von Deinem Studium her?
Meinem älteren Bruder habe ich zu verdanken, daß ich Death Metal & Co. kennenlernte. Zur Klassik kam ich durch meine Eltern in Kontakt, während die Schule, auf der ich studiert habe sich viel mehr an moderner Musik von Jazz bis Heavy Metal orientiert. Meine Fähigkeiten und Kenntnisse im Bezug auf klassische Musik habe ich mir komplett in Selbststudium mit Bücher angeeignet. Ich träume davon, irgendwann ein komplettes klassisches Werk zu komponieren.
Wie bist du zu dem Bandnamen ADAGIO gekommen? Das Wort bezeichnet bekanntlich ein sehr langsames Tempo während die Band einen ziemlichen Zacken vorlegt.
Das ist richtig, aber ich wollte einen Namen der einerseits einen Bezug zur Klassik herstellt, andererseits zugleich einfach zum merken ist, aber auch weich und rund klingt und somit zum melancholischen Aspekt der Musik paßt. Ich mag keine Musik, die in Dur komponiert ist und der Name ADAGIO klingt nach Moll.
Was sind Deine Ziele mit ADAGIO?
Das wichtigste für mich ist, daß ich meine musikalischen Visionen verwirklichen kann. Wenn sich dabei Menschen finden, die ihren Gefallen daran finden, dann wird mich das sehr freuen. Der kommerzielle Erfolg ist mir relativ egal, wobei mir schon bewußt ist, daß ich größere Pläne verwirklichen kann, je mehr Platten wir verkaufen können. Geld ist mir auf jeden Fall völlig einerlei!
Photo: Marc Villalonga